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Schlagabtausch zwischen Höcke und VoigtTV-Duell mit einem Faschisten

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt wollte Höcke beim TV-Duell am Donnerstag stellen. Immerhin: Die Katastrophe blieb aus. Aber gut ist das noch lange nicht.

Björn Höcke (AfD, l) und Mario Voigt (CDU, r), Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Thüringen Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Ganz am Ende, als die Sendezeit schon weit überzogen ist, bringt Mario Voigt seine Nachricht noch einmal auf den Punkt. „Sie sind nicht bürgerlich, Sie sind völkisch; wir sind demokratisch, Sie sind autoritär“, sagt er kampfeslustig in Richtung Björn Höcke, der im Studio von WeltTV am Redepult neben ihm steht. Voigt, Thüringer Landeschef der CDU und Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahlen im September, will Ministerpräsident Bodo Ramelow von den Linken ablösen.

Für den CDU-Mann hätte der Abend schlechter verlaufen können. Er braucht im TV-Duell mit seinem Gegenkandidaten von der AfD, dem Rechtsextremisten Höcke, zwar eine Weile, bis er seinen Gesprächsmodus gefunden hat. Zunächst landet er mit staatsmännischem Ton ausgerechnet beim Thema Wirtschaft in der Defensive. Höcke wirft ihm vor, dass doch die CDU als langjährige Regierungspartei mitverantwortlich für die Probleme im Land sei.

Immerhin: Die Katastrophe bleibt aus. Voigt verliert den Zweikampf nicht. Doch gut ist damit noch lange nichts.

Dem CDU-Mann allerdings könnte das schon reichen. Denn schließlich geht es für ihn an diesem Abend strategisch um zweierlei: Mit dem Duell seine Bekanntheit zu steigern – denn viele Thüringer*innen, deren Ministerpräsident er werden will, kennen ihn gar nicht. Und Amtsinhaber Ramelow, der weiterhin beliebte Mann von den Linken, als Hauptgegner abzuräumen. Die AfD liegt in den Umfragen zwar vorn, aber da niemand mit ihr koalieren will, wird der Kampf um das Amt des Ministerpräsidenten wohl zwischen CDU und Linken ausgetragen. Ein öffentlicher Schlagabtausch zwischen Voigt und Ramelow läge auf der Hand. Eigentlich.

Podium für den Faschisten

Voigt aber will Ramelow von der Bildfläche schieben – und die Landtagswahl in Thüringen zu einem Duell zwischen CDU und AfD machen. Wer den Rechtsextremisten Höcke verhindern will, muss für die CDU stimmen, das soll die Message an die Wäh­le­r*in­nen sein. Das Fernsehduell zur besten Sendezeit ist der Auftakt dafür.

„Es ist einfach, ihn einen Faschisten zu nennen. Das muss ich nicht machen, das hat ein Gericht schon gemacht“, sagt Voigt irgendwann im Duell. Nur: Voigt – und der Springer-Verlag – bieten diesem Faschisten gerade ein bundesweites Podium, das ihn als ganz normalen politischen Mitbewerber erscheinen lässt und Rechtsextremismus so normalisiert. Ausgerechnet übrigens am Jahrestag der Befreiung des Thüringer Konzentrationslagers Buchenwald. Dafür hatte es im Vorfeld kräftige Kritik gehagelt.

Aber auch Lob für Voigts Mut. Der hatte angekündigt, die AfD inhaltlich zu stellen, Höcke „ins Licht ziehen“ zu wollen. Dabei sind Höckes Positionen bereits ausgeleuchtet.

Das etwas chaotische Duell dauert am Ende 71 statt der angesetzten 45 Minuten. Mitunter ist nichts zu verstehen, weil nicht nur die beiden Diskutanten, sondern auch die beiden Mo­de­ra­to­r*in­nen durcheinanderreden. Dass Letztere mehrfach einen Faktencheck ankündigen, aber erst für den Folgetag, macht die Sache nicht besser. Höcke kommt mit Falschaussagen etwa zu den Ausgaben für Entwicklungshilfe und Kosten illegaler Migration durch. Er kann behaupten, dass es den Briten nach dem Brexit besser gehe, und er darf gegen Muslime hetzen. Niemand greift ein.

Um Thüringen geht es in der Debatte nicht, wenn man von einem etwas skurrilen Disput darüber absieht, ob rohes Hackfleisch auf einem Brötchen nun Mett oder Gehacktes heißt. Voigt, der Höcke korrigiert, will damit deutlich machen, dass er wirklich Thüringer, Höcke aber nur ein zugezogener Wessi ist. Ansonsten wird über Europa und Migration, Erinnerungskultur und den Krieg in der Ukraine debattiert.

Manchmal in der Defensive

Dabei gibt es auch Momente, in denen Höcke in die Defensive gerät. Etwa als der Moderator und auch Voigt zum Thema „Remigration“ nachfragen, worunter Rechtsextremisten die millionenfache Ausweisung von Menschen verstehen, auch solcher mit deutschem Pass. Höcke hatte in seinem Buch darüber geschrieben.

Jetzt aber, nach mehrfachen Nachfragen, bietet er eine ganz neue Definition: dass es darum gehe, Deutsche zurückzuholen, die ins Ausland abgewandert seien. „Ich hätte erwartet, dass Sie mehr Mumm hätten, zu ihren Positionen zu stehen“, schiebt Voigt da ein. Dem einen oder der anderen AfD-Fan dürfte das nicht gefallen.

Oder als sich Höcke partout nicht mehr an seine Aussagen über die heutige Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz erinnern kann. Über sie hatte er gesagt, dass sie in Deutschland nichts verloren habe, weil bei ihr außer der Sprache „keine spezifisch deutsche Kultur“ zu erkennen sei. Die SPD-Politikerin hat türkische Wurzeln. In diesem Moment stellt sich das Gefühl ein, dass Höcke ins Schlingern gerät.

Nur: Selbstverharmlosung – also der Versuch, die eigene Agenda weniger radikal erscheinen zu lassen – ist eben auch eine rechtsextreme Strategie. Die AfD soll wie eine normale Partei erscheinen. Der Schlagabtausch zur Primetime mit dem Landeschef der CDU dürfte dabei eher geholfen haben. Höcke hat das Duell zwar nicht gewonnen. Aber ein Erfolg war es für ihn allemal.

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31 Kommentare

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  • Liebe Frau am Orde,

    das Totschlagargument der Bühne für Höcke, um alle positiven Effekte eines solchen Duells zu negieren, scheint mir deutlich überbewertet. Wer sich schon ärgern muss/darf, wenn seine Umfragewerte mal unter die 30% rutschen, HAT offensichtlich längst ausreichend Bühne - wo auch immer, aber dort immer unwidersprochen. Dass er die mal mit Jemandem teilen muss, der ihm ernsthaft Contra gibt, ist eigentlich eher ein Gewinn.

    Und - wie auch schon anderswo erwähnt - Her Voigt hat dieses Duell sicher nicht nutzen wollen um taz-Redaktuere und -Leser zu überzeugen, doch lieber niocht Höcke sondern ihn zu wählen. Vielmehr dürfte man die Zielgruppe wohl am ehesten definieren als "all Jene, die sich noch NICHT klargemacht haben, was die AfD sachpolitisch für ein (grell mit Ressentiments bemalter) Luftballon ist". Da sollte man den Teil "inhaltlichen Entlarvung" vielleicht nicht ganz so banalisieren.

  • Ich finde eine derartige Diskussion im Prinzip richtig. Nicht mit Leuten zu reden zu wollen, impliziert immer den Unterton der Angst vor den anderen, bzw der Furcht der Unterlegenheit der eigenen Argumente oder Fähigkeiten. Dem kann man nur mit Souveränität begegnen. Viele politisch Aktive in Deutschland sollten sich mal z.b. die Debattierklubs an englischen oder amerikanische Unis anschauen. Da werden zwei Gruppen gebildet die jeweils gegensätzliche Positionen vertreten müssen die oft nicht ihre eigenen, oder sogar ihren eigenen diametral entgegegesetzt sind. Dadurch wird man mit anderen Ansichten vertraut und kann sich solchen Rededuellen mit viel mehr Selbstvertrauen stellen. Im Übrigen war Höcke´s Aussage über Aydan Özogz eine Anspielung auf deren Aussage zur deutschen Kultur ("Eine spezifisch deutsche Kultur sei „jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar“, schrieb Özoğuz in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel.)..

  • Was heißt denn ein "Podium gegeben"? Die AfD hat mit Höcke an der Spitze in Thüringen laut Umfragen 30% und steht damit ganz oben. Das ist keine kleine renitente Randgruppe, die man irgendwie wegschweigen und in der Ecke stehen lassen kann.



    Genau diese, seit Jahren gefahrene Strategie geht offensichtlich nicht auf. Davon, dass man zu "den Guten" gehört und bei jeder Gelegenheit den Bernd nen Faschisten nennt, gewinnt man keine Wähler.



    Ich brauch weder den Voigt, noch die Union. Aber man wird nicht umherkommen, sich der Realität zu stellen. Und die heißt glaubwürdigere Politik machen, Vertrauen zurückgewinnen und ja auch die Populisten verbal zu entwaffnen. Es ist doch schlicht ein Armutszeugnis, wenn man wegen eines TV Duells Angst vor der "großen Katastrophe" hat. Wie soll die denn Aussehen? Dass auf einmal die AfD stärkste Kraft in Umfragen wird?

  • Sorgen bereitet mir derzeit die Union. Es sind viele kleine Ansätze zu erkennen, das TV Duell ist einer davon, ein anderer die jüngsten Pläne zum Asylverfahren in Drittländern, die darauf schließen lassen, dass die viel beschworene Brandmauer nur bloße Rethorik ist und schrittweise eine Annäherung zuerst auf kommunaler Ebene erfolgt, die sich dann auf Länderebene und wenn es die politischen Machtverhältnisse notwendig machen, bis auf Bundesebene ausdehnt.

    Darin besteht für mich die eigentliche Gefahr, dass die Rechten durch die Hintertür etabliert werden und dann quasi in einigen Jahren zum Establishment gehören.

    "Gekommenen um zu bleiben"

  • Höcke kann als durchtrainierter Rechtsextremist ein Spitzenduell bestreiten, kann sich als wichtiger Landespolitiker anbieten. Kann so tun, als würde er bald gewählt, als sei er wählbar.

    Michael Kühnen hat mal gesagt, keine Berichterstattung ist verkehrt, alles hilft, und es war bei ihm teilweise so, dass manchmal die Gruppe anwesender Journalisten größer war, als die angetretenen Neonazis.



    Nun ist Kühnen lange tod, aber seine Strategien wirken leider nach.

    Höcke macht keinen Hehl daraus, für ein rechtsextremistische Politik eintreten zu wollen. Bei ihm steht antidemokratisch und völkisch direkt und das propagiert er als Fortschritt.

    Sollte er Ministerpräsident werden, wird er im MDR sich bemerkbar machen, er wird ein neues Landesgesetz für die Presse verabschieden, er wird bei Staatsschutz und Verfassungsschutz neue Abteilungsleiter und Stellvertretungen einrichten, er wird die Erstaufnahmen zu Gefängnissen umwandeln und die Standards drastisch senken, er wird die Berichte des Verfassungsschutzes komplet umschreiben. Sollte er jemals das schaffen, wird es in Deutschland eine Regierung geben, die Rechtsextremisten und Neonazis freies Feld bieten wird. Parteien und DGB_Gewerkschaften, NGOs und Kirchen werden eine Menge Probleme erhalten.



    Ich halte nicht viel von Verboten, aber bei der AfD kann es sinnvoll sein, es doch zu machen, auch auf die Gefahr hin, dass es uns ein wenig durchrüttelt, so geht es Menschen mit linker Biographie in einigen Ost-Bundesländern schon länger. Das kann man aushalten.

  • Ein Aalglatter, aber beherrscht auftretender B. H. , der sich nicht " vorführen" ließ. Bei vorhersehbaren Fangfragen überraschend viel Geschwurbel und schräge Erklärungen, aber grundsätzlich auf der Line " Wolf im Schafspelz". Ein "besserer und weniger abschreckender" AfD ler.



    Da gibt es viel besser geeignete AfD ler, wie z.B. der neugewählte BrandenburgAffDchef ein Honk der ersten Güteklasse.



    Zum von der Springerpresse gekürten Duellsieger Voigt, peinlicher sich selbstüberschätzender Dampfplauderer.



    Mir bleibt nur der Eindruck



    1. Ich bin ein echter Thüringer, sie nicht



    2. So komisch es klingt...inhaltlich sind wir eigentlich nicht weit auseinder, aber sie sind pfui ich nicht.



    3. Remigration dazu H. ,..ich meine damit die Rückholung der ausgewanderten Deutschen ( aber Hallo), Fachkräftemangel... der deutsche Mann muß endlich, die deutsche Frau, mehr begatten...statt die Lächerlichkeit dieser Aussagen anzusprechen, hatte ich das Gefühl dachte der Herr V. ..mhm müssen wir auf Wählerstimmen bringen prüfen.

    Fazit...



    Höcke nicht der geeignete Mann um die Hohlköpfe der AfD vorzuführen.

    Voigt ein aufgeblasener Selbstüberschätzer, ein Phrasendrescher.

    Ein Ramelow vs. Höcke wäre die bessere Wahl gewesen.

    • @Peace85:

      "Ein Ramelow vs. Höcke wäre die bessere Wahl gewesen."

      --> Das mag absolut sein. Dann müsste man aber mal die Partei-Linie der Linken "Mit Höcke redet man nicht!" aufgeben.

      Wenn man sich anhört, was der Partei-Chef der "Rest-Linken" Schirdewan so zum Duell mit Höcke sagte und schrieb, wird es ein Duell Ramelow vs. Höcke eben nicht geben.

      Von daher gehört Voigt überhaupt Respekt, dass er den (erwartbaren) Shitstorm ausgehalten, sich dem Plan des Duells gestellt und wenigstens nicht gänzlich untergegangen ist.

      Vielleicht ändert das (endlich) mal den Umgang mit der AfD. Denn eines ist klar: Die Medienstrategie "Mit Höcke redet man nicht" hat zu AfD Umfragewerten von jenseits 30 % geführt. Vielleicht ist es an der Zeit mal was neues zuversuchen.

  • Der Voigt hat es aber auch nicht leicht mit seiner Partei. Da muss er mit der AFD reden, weil seine Partei die immer noch demokratische Linke seit Jahrzehnten ignoriert und diffamiert. Sackgasse für die CDU im Osten, wenn man weder mit Links noch Rechts reden darf. Der DCU Mann hat seine Wahl getroffen, die AFD scheint ihm wohl politisch näher zu sein. Übrigens ein zweifelhafter Ruhm ist seine Bekanntschaft jetzt schon.

    • @Narrenfell:

      Da haben Sie im Wesentlichen nicht Unrecht: Die CDU-Bundespartei agiert in Bezug auf Linke und AfD auf der Basis anderer Stimmverhältnisse, als sie in Thüringen herrschen, und auch auf Basis anderer personeller und somit politischer Aufstellungen: Beide Parteien stehen im Bundesschnitt bei deutlich weniger Stimmen und deutlich weiter links, als sie es in Thüringen tun. Das macht einen sauber abgestimmten Umgang mit diesen Parteien, der auch der Landespartei unter die Arme greift, problematisch.

      Dass Voigt sich Höcke als Hauptgegner ausgesucht hat und nicht Ramelow, ist bei einem Blick auf deie Umfragewerte und die absehbaren Konstellationsmöglichkeiten im nächsten Landtag nur logisch, nicht IDEOlogisch - und schon gar kein Zeichen politischer Nähe: In einem Fernsehduell will man ja gerade NICHT kuscheln. Das könnte Voigt im Zweifel viel besser mit Ramelow...

  • Es ist doch völlig normal, dass sich jene streiten und diskutieren die vermutlich die stärkste Partei in Thüringen stellen werden. Dies ist eben nicht Die Linke. Und wenn man die AfD stellen will, dann geschieht das nicht dadurch, dass man sie komplett ausgrenzt, sondern in Diskussionen.

  • "Streit niemals mit Idioten. Sie ziehen dich auf ihr Niveau herunter und schlagen dich dort mit ihrer Erfahrung."



    (Mark Twain, aus der Erinnerung heraus.)



    Kann man diese Erkenntnis auch auf Nazis anwenden?

  • Ich muss dem Kommentar zustimmen.



    Es ist Sinn und hoffnungslos AFD Wähler umzustimmen.



    Sie sind zu enttäuscht von anderen Parteien, haben laut allen Umfragen die stärkste Parteibindung.

    • @Notizen aus Taiwan:

      In Thüringen liegt das Potenzial der AfD bei 30% aufwärts. Egal wie verbohrt die sind, eine solche Menge DARF man nicht einfach aufgeben - weder als Machtpolitiker noch als Demokrat. Zumal es eben noch das Wählersegment oberhalb dieser 30% gibt, die auch noch verloren gehen können.

    • @Notizen aus Taiwan:

      Doch, mir ist es bei zwei Leuten gelungen. Wer es nicht probiert, oder besser: es nicht probieren möchte wird auch nix erreichen.

  • Gut, jetzt wissen wir ja, dass es in Thüringen nicht Mett-, sondern Gehacktes-Brötchen heißt. Und dass CDU und AfD landespolitisch null Konzepte oder Ideen vorzuweisen haben.



    www.tagesschau.de/...hueringen-100.html



    Danke, Welt-TV!

  • "Aber ein Erfolg war es für ihn allemal."

    --> Sehe ich anders. Erfolg ist für Höcke, wenn er seine vorbereiteten und durchgeprobten Reden verbreiten kann (z.B. beim Kyffhäuser-Treffen oder auf AfD-Bühnen durchs ganze Land).

    Echte Debatten mit Rede und Gegenrede, These und Antithese kann Höcke mal gar nicht. Beinahe jeder Fernseh-Auftritt von Höcke war eine Peinlichkeitsshow sondergleichen. Man erinnere sich nur an seinen Auftritt bei Jauch ("Ich lege die Deutschlandflagge hier jetzt mal hin".) bei der er dann den Rest der Sendung eine Deutschland-Serviette auf dem Schoß hatte. Oder das berühmte abgebrochene Interview beim ZDF als man "Landolf Ladig" nach seinem Alterego und den Teilnahmen an Hardcore-Rechtsextremen-Demos befragte.

    Was Höcke und Co. hilft ist, wenn man sie mythisiert (ala "mit denen darf man nicht reden") und sie damit einerseits zur "verbotenen Frucht" erklärt (mit Folgen für Protestwähler "denen da oben zeige ich es mal") und andererseits damit diejenigen verprellt, die sich in den Ansichten der bürgerlichen Fassade wiederfinden. Denn dass selbst Höcke eine bürgerliche Fassade über die Fratze des Faschismus tragen muss (jedenfalls in öffentlichen Debatten) hat er ja beim Duell gezeigt. Deshalb ist es absolut richtig mit ihm zu reden und wenigstens denjenigen, die bürgerlich-demokratisch rechts sind zu zeigen, dass inbs. Höcke faschistisch-rechtsextrem und damit keine Alternative ist.

    An diesen bürgerlich-demokratisch rechten Wählern entscheidet sich nämlich die Frage, ob Thüringen den Faschismus wählt. Wenn es gelingt diese Kräfte zu BSW, Werteunion und CDU zu ziehen, ist viel gewonnen. Linke, SPD und Grüne werden diese Personen ohnehin nie wählen.

    Dafür muss die CDU diesen Wählern aber auch ein bürgerlich-rechtes Programm bieten können, ohne direkt bei nächster Gelegenheit als "Steigbügelhalter" abgekanzelt zu werden.

  • das wirksamste, diesen höcke im osten zu blockieren, wäre doch, seine assoziation mit ostdeutschland zu neutralisieren.



    denn er ein ausdruck des im westdeutschen verankerten faschismus, er ist zutiefst westdeutsch sozialisiert und hat - wie so viele nach der wende - in kapitalistischer manier im osten seinen erfolg gekrönt.



    genau diesen aspekt mal herauszukristallisieren, würde einen anstoß geben, die ursachen für solche phänomene wie höcke zu reflektieren. anstatt den osten als braunen fleck zu stigmatisieren. im grunde ist der osten nämlich nur - verschärft gesagt - die mülltonne für den westdeutschen braunen dreck, der fröhlich im unbewussten herumgeistert - und das ohne unterbrechung.

    • @peanuts:

      Ja, ja, die Blutspur führt stets nach Bonn, hieß es in Ost-Berlin immer.



      Voigt hat‘s doch so gemacht, wie Sie es wünschen: indem er Höcke korrigierte, dass es in Thüringen nicht Mett-, sondern Gehacktes-Brötchen heiße, hat er dessen faschistisch-westdeutsche Sozialisation doch glasklar und schonungslos entlarvt.😉



      Ich halte mal dagegen und sage: der Faschismus in Deutschland ist unteilbar.

  • "Voigt aber will Ramelow von der Bildfläche schieben – und die Landtagswahl in Thüringen zu einem Duell zwischen CDU und AfD machen."

    Und das ist auch völlig legitim. Ramelow seinerseits hat ja schon erkennen lassen, welche Rolle er der CDU zugedacht hat. Nämlich die eines Mehrheitsbeschaffers für eine von ihm geführte Koalition unter Einbeziehung des BSW.

    Dass die CDU dabei absehbar unter die Räder kommt, kann Ramelow egal sein. Aber für die Demokratie ist es essentiell, dass zu jeder Regierung eine demokratische Alternative zur Verfügung steht.

    • @Schalamow:

      Dass Voigt und die CDU danach trachten, Ramelow als MP auszubooten und sich zugleich als einzig verbleibende Alternative zu Höcke zu präsentieren, ist ihnen ja - dank Welt-TV - scheinbar gelungen.



      Dennoch bewegt sich die thüringische CDU damit auf sehr dünnem Eis: angenommen, die potentiellen Koalitionspartner SPD und/oder Grüne brechen weg - oder es reicht schlicht nicht für eine parlamentarische Mehrheit - , was dann? Fortsetzung des Erfurter Trauerspiels, diesmal mit einem CDU-MP Voigt? Oder doch irgendwie ein Zusammengehen mit der Linken?



      Diese konservative Ausschließeritis nach Hufeisen-Manjer nutzt nur der AfD, am Ende kann sich Höcke die Hände reiben. Spätestens in fünf Jahren.

      • @Abdurchdiemitte:

        Naja, die Regierung Ramelow hatte schon nach ihrer ersten Legislaturperiode keine Mehrheit mehr. Nach den letzten Umfragen bewegen sich die drei Regierungsparteien mittlerweile so um die 30%. Um in Ihrem Bild zu bleiben: Ausgebootet wird Ramelow also ganz offensichtlich vom Wähler. Weshalb also sollte die CDU eine Politik fortführen, die mehrheitlich abgelehnt wird? Um 5 Jahre später ebenfalls abgestraft zu werden?

        Im übrigen halte ich Koalitionen von Parteien mit sehr weit auseinanderstehenden Positionen für nicht wirklich erstrebenswert. Die täglichen Klagen hier im taz-forum über die böse FDP und die prinzipienlosen Grünen sprechen ja Bände.

  • Wir haben seit Jahren die Annahme: Man solle nicht mit der AFD reden, um ihr keine Bühne zu geben. Seit Jahren steigen die Umfragewerte. Wenn eine Strategie nicht zum Erfolg führt, muss man eine neue wählen. Das hat Voigt getan und zumindest andere Kommentatoren anderer Zeitungen, die andere Beispiele aus dem Duell*1 verwendet haben, haben Höcke als klaren Verlierer gesehen, der sich selbst entzaubert und zu vielen Themen keine Antwort weiß. Ich bin mir nicht sicher, was man sich mehr von einem solchen Duell erhoffen konnte als der AFD vielleicht 3-4 Prozentpunkte abzunehmen. Es scheint als wäre die Strategie aufgegangen.

    "Dabei sind Höckes Positionen bereits ausgeleuchtet." Na ja, bei einer taz-Autorin vielleicht. Bei dem Thüringer Bürger, der noch andere Sorgen hat als jeden Morgen den Politikteil der Tageszeitung zu lesen?

    *1: Ja, ich habe das Duell nicht gesehen, wie auch noch nie ein anderes Duell. Zum einen wähle ich in Thüringen nicht. Zum anderen habe ich nie verstanden, was mir das anschauen eines Duells bringen soll. Mal wird ein Kandidat auf dem falschen Fuss erwischt und weiß adhoc keine Antwort. Ja und? Wenn es später um ein Gesetz geht, wird er die Antwort schon wissen. Dann gibt es Versprecher oder im Eifer des Gefechts einen blöden Satz, der dann demjenigen jahrelang vorgehalten wird.

    • @Strolch:

      Ja, wir haben seit Jahren diese Annahme, aber es wird auch trotzdem die ganze Zeit mit der AFD geredet und ihr eine Bühne geboten. Die Strategie funktioniert nicht deswegen nicht, weil sie falsch ist, sondern weil sie nicht konsequent durchgehalten wurde.

  • Seltsam, durch die Bank sehen das alle anderen Leitmedien durchgehend positiv. Sabine am Orde bespricht die gleichen Stellen wie die Kollegen, zieht aber andere Schlüsse.

    Ich hatte auch große Bedenken, musste mich aber eines Besseren Belehren lassen. Experiment gelungen. Mehr Mut bitte

  • In Thüringen und einigen anderen Ländern ist die AfD leider nicht mehr nur irgend eine spinnerte Nazi-Partei, die mit ein paar wenigen Abgeordneten lästige Unruhe im Parlament stiftet, sondern eine Partei, die einen erheblichen Anteil an Stimmen kummulieren kann und wen nicht regieren, so durchaus blockieren kann. Da hilft ignorieren nicht mehr, sondern da muss man sich politisch damit auseinandersetzen und Voigt hat das ganz ordentlich gemacht, was ich so nicht erwartet hätte.

  • Ich hab mir das widerstrebend angeschaut. Sehe das allermeisten auch wie hier schon geschrieben. Man, also die ModeratorIn haben zu viel durchgehen lassen und Behauptungen vom Höcke einfach durchgehen lassen. Gerade beim Stichwort Erinnerungskultur und Buchenwald wurde schwach agiert. Auch vom CDU Mann. Der Vorwurf die Deutschen würde ihre Positivfiguren zu wenig feiern und zu viel des Negativen gedenken, das wurde stehen gelassen. Hier, eben weil das 'der einfache Bürger' versteht mal kräftig einzuhaken von Fanmeile Berlin bis Caspar David Friedrich und Kant Jahre und was er denn überhaupt will.... Wäre schön gewesen. Ein Beispiel von vielen.



    Ja, Höcke ist frech im Ton, aber auch anbiedernd an die Wähler und auch die CDU. Besser vorbereitet und etwas offensiver, man könnte die, bzw. die sich selbst, zerlegen in TV-Diskussionen. Wohl dosiert in wenigen Terminen und scharfer Themensetzung, ggf. eine wünschenswerte Idee. Meine Meinung.

    • @Tom Farmer:

      Stimme (als ehemaliger Geschichtslehrer) zu ... bei den "Positivfiguren" nachhaken wäre wichtig gewesen. Ich erinnere mich, dass Chrupalla (Parteichef!) ins Schwimmen kam, als er nach seinem Lieblingsdichter gefragt wurde. Er nannte schließlich Heine, was im AfD Kontext natürlich irre ist. Da gut vorbereitet, hätte man Höcke Kant, Schiller, Bebel, Peters, Augspurg, Scholl und von mir aus auch Bismarck + seine Sozialgesetze um die Ohren hauen können ... allesamt weit entfernt von AfD-Positionen.

    • @Tom Farmer:

      „Ich habe mir das widerstrebend angeschaut.“



      Seitdem ich als Pubertierender schon zu der Erkenntnis gekommen bin, dass es reine Zeitverschwendung ist, sich Horrorfilme anzuschauen, wenn man während der Hälfte des Films sowieso die Augen schließt - weil man es nicht aushält -, halte ich es mit vergleichbaren Formaten (Miosga, Will etc.) genau so.



      Und ich fühle mich nicht schlechter informiert, wenn ich es lasse. Bei TV-„Duellen“ schlafe ich meistens ein.

  • Eine nette Kolumne,



    Ich würde mir mehr Informationen die genannt wurden Wünschen und die Richtigstellung der Aussagen. Genau wie sie es von den TV Moderator_innen fordern.

  • Bei mir bleiben nur Buzzwords stehen:



    -GELD.TV



    -Pest & Cholera



    -Zwiebeln nicht vergessen

    Sobald die CDU den Mund aufmacht, kommt einfach genau NICHTS heraus. "Scharfe Muni" gegen Höcke wäre angebrachter gewesen.