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Stellenstreichungen bei ThyssenKruppUnd die Subventionen?

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Der Stahlkonzern ThyssenKrupp will viel Personal kürzen, bekommt aber gleichzeitig Staatsgeld – das sollte künftig unterbunden werden.

ThyssenKrupp in Duisburg: Erst Staatsgeld, dann Personalkürzungen Foto: Rolf Vennenbernd / dpa

D ie angekündigte Streichung von Arbeitsplätzen bei ThyssenKrupp sollte der Politik eine Warnung sein. Um rund 20 Prozent will der Konzern seine Stahlproduktionskapazitäten senken. Treffen soll das vor allem den Standort Duisburg, wo 13.000 der rund 27.000 in seiner Stahlsparte Beschäftigten arbeiten. Auch wenn der Stahlkonzern Details bisher noch offen lässt, ist klar, dass der Stellenabbau massiv sein wird. Was dabei besonders dreist ist: Gleichzeitig erhält ThyssenKrupp vom Bund und vom Land Nordrhein-Westfalen 2 Milliarden Euro an Subventionen zum Bau einer klimafreundlichen Produktionsanlage.

Dass der Staat in der gegenwärtigen Lage für den Aufbau einer klimafreundlichen Industrie Subventionen zahlt, ist eigentlich nicht verkehrt. Die Umbrüche und Herausforderungen, vor der die Wirtschaft in den nächsten Jahren stehen, sind so groß, dass sie nur mithilfe der öffentlichen Hand gemeistert werden. Vor allem aber müssen sie planvoll angegangen werden; der Erfolg der Transformation darf nicht den freien Kräften des Marktes, also dem Zufall, überlassen werden. Deswegen ist es richtig, dass die Industrie gezielt gefördert wird. Das braucht Geld: Allgemeine Steuersenkungen, wie FDP und Union sie fordern, sind falsch.

Es kann aber nicht sein, dass ein Unternehmen wie ThyssenKrupp auf der einen Seite Subventionen in Milliardenhöhe erhält, die die Bevölkerung mit ihren Steuern finanziert, und auf der anderen Seite einen großen Teil seiner Beschäftigten feuert. Man kann also nur hoffen, dass IG Metall und Betriebsrat Worten Taten folgen lassen und sich vehement gegen diese Pläne stemmen. Schließlich haben die Ar­beit­neh­mer­ver­tre­te­r*in­nen im Gesamtkonzern durchaus etwas zu sagen. Sie stellen die Hälfte des Aufsichtsrats.

Künftige Förderungen sollte der Staat an klare Bedingungen knüpfen: Die begünstigten Unternehmen sollten Standort- und Beschäftigungsgarantien abgeben müssen. Ansonsten sind die Subventionen nur Geschenke an die Aktionär*innen, die davon profitieren, dass die Allgemeinheit die Transformation ihrer Unternehmen bezahlen.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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18 Kommentare

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  • Das ist die Konsequenz hoher Energiepreise in DE.

    Die Konkurrenz ist halt immer noch billiger, auch wenn eine klimafreundliche Stahlproduktion vom Staat unterstützt wird.

  • "Treffen soll das vor allem den Standort Duisburg, wo 13.000 der rund 27.000 in seiner Stahlsparte Beschäftigten arbeiten."

    Nach der verlinkten Meldung will ThyssenKrupp die Produktion in Duisburg "konsolidieren". Das heißt nach meinem Verständnis, das man Produktion dorthin verlagert und kleinere Standorte schließt, nicht umgekehrt. Im Gegenteil wären also gerade die subventionierten Duisburger Arbeitplätze am wenigsten gefährdet.

  • Ich bin auch für Unterstützung der Betriebe in der Transformation. Nur einfach so 2 Milliarden € für den Umbau der Produktion zu geben ist doch dumm.



    Hätte man das Geld der Bahn gegeben, mit der Auflage nur "grünen Stahl" zu verwenden, wäre es viel besser angelegt gewesen. Entweder wäre Thyssen-Krupp eingestiegen - oder vielleicht hätte ein kleineres innovatives Unternehmen das Rennen gemacht - und wir hätten auf jeden Fall die Schienen.

  • Wohlfeil. Beschäftigungsgarantien für Leute, die man nicht braucht? Und die entscheidende Frage: Ist es überhaupt sinnvoll Massenstahl noch in Deutschland mit massiven Klimasubventionen hier zu halten.? Zumal es absehbar Personalmangel gibt.

    • @Eckhard Hanseat52:

      Bei grundsätzlich wohl ähnlicher Meinung der Hinweis: In Duisburg gibt es schon lange keinen "Massenstahl" mehr, der ist in Südkorea, China, Indien etc. angelangt.

    • @Eckhard Hanseat52:

      Ich pack es nicht: seit mind. 40 Jahren verlagert die Industrie die Produktionsstätten immer weiter nach Osten, bis aktuell nach China.



      Heute Großer Jammer: Abhängigkeit, Abhängigkeit.



      Die "Unternehmer" auf allen Erdteilen verteilen keine Geschenke.

  • Das ist eine gute und richtige Überlegung. Doch jede Wette: die Pseudo-Partei FDP wird das zu verhindern wissen, sollte es überhaupt ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

  • Es macht deutlich, wie gering die Interessen der Beschäftigten der Regierung wieder einmal sind. Weitere Beispiele gibt es zuhauf!

    • @KielerSprotte:

      Sie behaupten, so mein Eindruck, einfach. Bitte begründen Sie doch auch noch etwas.



      Was auch genau meinen Sie? Wen in der Regierung genau meinen Sie?

  • Es lohnt sich ja eigendlich nicht dies hier zu schreiben dennn es ist ja eine Binse aber es sollte natürlich auch nie außer Acht gelassen werden:

    Es gehört zum guten Ton und ist zudem ein Grundprinzip unserer Wirtschaft Kosten und Risiken der Allgemeinheit aufzubürden, Gewinne aber in die Taschen der Investoren fliessen zu lassen (den Staat als Investor selbstverständlich ausgenommen)

    Und dass das so bleibt, ist erklärtes Ziel der FDP.



    Was heißt Ziel ? - Es ist praktisch die DNS der FDP.

  • Der Zusammenhang ist keineswegs zwingend. Strukturwandel und Stellenanbau sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Kostet Geld UND Arbeitsplätze.



    Also nicht moralisch "es kann doch wohl nicht sein..." sondern "gut dass durch die Maßnahme zumindest das so weiter läuft".

  • Erinnert mich irgendwie an die staatl. Unterstützung für Daimler in der Covid-Zeit. Ist noch nicht sooo lange her. Da flossen die 20 (?) Milliarden in Form von Dividenden direkt an die Saudis, als größter Investor bei Daimler.

  • "Der Stahlkonzern ThyssenKrupp will viel Personal kürzen, bekommt aber gleichzeitig Staatsgeld – das sollte künftig unterbunden werden."



    Genaus so, nur etwas martialischer, hätte es auch in der ersten taz vor 45 Jahren stehen können bzw. hat es sicher auch irgendwann mal im Gründungsjahr.



    Den dahinter stehenden Kapitalismus und den ihn möglich machenden Staat gibt es immer noch wie vor 45 Jahren.

    • @Tiene Wiecherts:

      Der Kapitalismus ist eben ein zäher Hund. Und braucht zum Funktionieren keine Menschenrechte, Demokratie und ähnliches Gedöns. Im Gegenteil: Je weniger davon, umso profitabler.

  • Was hat die Förderung von umweltfreundlicheren Produktionsanlagen damit zu tun, dass im hier und jetzt der Konzern unter dem Druck der schwächelnden Nachfrage Produktionskapazitäten abbauen muss?

  • Mit "Arbeitsplätze" sollte man sich sowieso nie erpressen lassen.



    Und so wichtig Spezial-Stahl derzeit ist für Duisburg und Umgebung und so sehr wir ihn womöglich brauchen für Windräder, Militär ... so sehr müssen wir gerade in Zeiten des Lindner-"Liberalismus" darauf achten, dass Staatsgelder nicht 1:1 an fette Katzen fließen.

  • Das Problem ist doch, dass der mögliche Erfolg eines "klimafreundlichen" Umbaus vollkommen in den Sternen steht und ein Unternehmen dieses Risiko frühzeitig einpreisen muss. Insoweit gibt es doch nur eine mögliche Alternative zu den Subventionen bei gleichzeitigem Stellenabbau: Dichtmachen.

    Die Konsequenz sollte der Autor dann auch offen benennen.

  • Derartiges Vorgehen ist doch nicht neu. Das machen die immer so. Auch geschehen bei den vielen Ansiedlungen im Osten. Es ist Marktwirtschaft, ob frei oder sozial, spielt keine Rolle, der Markt entscheidet.