Streit um Teillegalisierung: Showdown um Cannabisfreigabe

Am 1. April soll Cannabis teillegalisiert werden. Doch die Union will das Gesetz über den Bundesrat blockieren. Lauterbach warnt vor einem Scheitern.

Beleuchtete Hanfpflanzen

Das Gesetz erlaubt den Anbau von bis zu drei Cannabispflanzen und die Aufbewahrung von 50 Gramm Cannabis

BERLIN taz | Es ist Punkt 6 der Tagesordnung der Bundesratssitzung am kommenden Freitag, der noch einmal zum Showdown führen könnte: „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis“. Denn die unionsregierten Länder wollen dann die eigentlich für den 1. April vorgesehene Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland in den Vermittlungsausschuss verfrachten – und so auf den letzten Metern noch verhindern.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) kündigte am Wochenende an, dass sein Bundesland im Bundesrat für die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen werde. „Mein Ziel ist es, dass dieses Gesetz niemals wieder aus dem Vermittlungsausschuss herauskommt.“ Auch andere Länder wollen dafür stimmen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte zuletzt, er werde sich an allem beteiligen, was dieses Gesetz außer Kraft setze. Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, er habe „keine Lust, meine Polizisten mit so einem Scheiß zu beschäftigen“. Im Bundesrat hatten zuletzt bereits die Ausschüsse für Gesundheit, Recht und Inneres die Einschaltung des Vermittlungsausschuss empfohlen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnte vor einem Scheitern des Projekts. „Jedes von SPD und Grünen mitregierte Land muss wissen, dass das Cannabisgesetz am nächsten Freitag stirbt, wenn man den Vermittlungsausschuss anruft“, erklärte er auf X. Die Unionsländer würden das Gesetz dort „mit allen Verfahrenstricks beerdigen“.

Auch Burkhard Blienert (SPD), Drogenbeauftragter der Regierung, appellierte an die Länder, das Gesetz „nicht zu verzögern“. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen warnte, dieses stehe „auf der Kippe“. Die Grünen in den Landesregierungen sollten dem Unionsvorstoß nicht folgen, sondern das Gesetz „in die Tat umsetzen“.

Sachsens Grüne geben der CDU Kontra

Dort ging man am Sonntag tatsächlich teils auf Kontra. Sachsens Vizeministerpräsident Wolfram Günther, gerade zum grünen Co-Spitzenkandidaten zur Landtagswahl im Herbst gewählt, widersprach Kretschmer. „Einen Vermittlungsausschuss mit dem Ziel, das Cannabisgesetz zu verhindern, wird es mit uns Bündnisgrünen nicht geben“, sagte Günther der taz. „Wenn wir uns dazu in der Staatsregierung nicht einigen, wird Sachsen sich im Bundesrat enthalten.“ Der Vermittlungsausschuss sei „ein wertvolles demokratisches Instrument, das man mit Verfahrenstrickserei besser nicht beschädigen sollte“.

Das von der Ampel beschlossene Cannabisgesetz erlaubt den Anbau von bis zu drei Pflanzen, privat oder in vereinsähnlichen Cannabisclubs. Auch wird der Besitz von 25 Gramm Cannabis unterwegs und bis zu 50 Gramm zu Hause legalisiert. Nach dem Beschluss der Bundesregierung und im Bundestag ist das Gesetz im Bundesrat nicht mehr zustimmungspflichtig. Dieser kann aber Einspruch einlegen, indem er den Vermittlungsausschuss anruft. Das Gremium besteht hälftig aus Mitgliedern des Bundestags und Bundesrats und schlägt dann Kompromisse vor.

Bereits zuletzt hatte sich zumindest eine Verzögerung des Can­na­bis­gesetzes angekündigt. Denn zum einen hatte die Polizei eine Übergangsfrist eingefordert, um sich vorzubereiten, wie die Teillegalisierung kon­trol­liert werden kann. Zum anderen sieht das Gesetz auch vor, dass Strafen, die wegen Cannabisdelikten verhängt wurden, nachträglich geprüft und aufgehoben werden.

Jus­tiz­mi­nis­te­r*in­nen der Länder, auch von Grünen und SPD, hatten hier erklärt, dies würde mehr als 100.000 Fälle betreffen und sei für die Gerichte in der Kürze nicht leistbar. Sie plädierten für eine Verschiebung der Teillegalisierung auf Oktober. Auch hier hatten Lauterbach und der Drogenbeauftragte Blienert widersprochen: Die Amnestie bedeute anfangs zwar mehr Arbeit, langfristig aber sei das Projekt eine Entlastung der Gerichte, weil Zehntausende Konsumdelikte wegfielen.

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