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Prinzessin Kate und das FotoAls ginge es um ein Verbrechen

Kommentar von Adrian Lobe

Die Aufregung um den „Photoshop-Fail“ der britischen Königsfamilie ist gewaltig. Das verrät weniger über die Royals und mehr über den Pöbel.

Wenn der Boulevard vom Investigativen profitiert Foto: Alexandre Marchi/MAXPPP/dpa/picture alliance

A ls am vergangenen Sonntag das erste offizielle Foto von Prinzessin Catherine nach deren OP veröffentlicht wurde, atmete die Welt auf: Endlich ein Lebenszeichen von Kate! Die 42-Jährige hatte sich im Januar einer Unterleibsoperation in einer Londoner Privatklinik unterzogen und war mehrere Tage in stationärer Behandlung. Doch weil in der perfekt durchchoreografierten royalen Show jede Ungereimtheit Misstrauen weckt, schossen im Netz wilde Gerüchte und Verschwörungstheorien ins Kraut: Scheidung, missglückte Schönheits-OP, Krebs. Die Timeline von X las sich zeitweise so, als hätte jemand das Konfetti von Klatschzeitschriften verstreut.

Doch der Versuch des Kensington-Palasts, die Spekulationen mit einem kreuzbraven Familienfoto pünktlich zum britischen Muttertag zu beenden, ging nach hinten los. Nachdem Rechercheure der Nachrichtenagentur AP das Foto genauer inspizierten, stellten sie Unregelmäßigkeiten fest: So franst etwa bei Prinzessin Charlotte der linke Ärmel ihres Strickpullovers seltsam aus. Das Urteil der Faktenchecker: „Bei näherer Betrachtung scheint es, dass die Quelle das Bild manipuliert hat.“

Mehrere renommierte Nachrichtenagenturen zogen daraufhin das Foto zurück. Die Gerüchteküche brodelte weiter: Wurde ein altes Foto aus dem Archiv hervorgeholt und nachkoloriert, um die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen? Hat die Prinzessin etwas zu verbergen? Warum veröffentlicht der Palast nicht das Originalfoto als Beweis? Ist Kate vielleicht doch todkrank?

Ein Fake-Skandal am Hals

Zwar räumte die Princess of Wales die Bildmanipulation ein und bat um Entschuldigung. Sie habe mit einer Bildbearbeitung experimentiert, teilte sie reuig in einem Statement mit. Doch der Fauxpas war nicht mehr zu korrigieren. Das ganze Netz spottet über Kates „Photoshop-Fail“, und der Palast hat einen Fake-Skandal am Hals. „Krimi um Kate! Was will der Palast vertuschen?“, titelte die Bild. Ausgerechnet die Boulevard-Presse, die sonst keine Hemmungen hat, den Royals irgendwelche Storys anzudichten, profiliert sich nun im Investigativ-Journalismus. Schon beim letzten offiziellen Weihnachtsfoto der Royals im vergangenen Jahr hatte es Irritationen gegeben, weil Prinz Louis ein mittlerer Finger fehlte – vermutlich eine Photoshop-Panne, denn das freche Nesthäkchen weiß den Mittelfinger noch nicht standesgemäß einzusetzen.

Nun ist es nichts Ungewöhnliches, dass Bilder von Stars mit Photoshop bearbeitet werden. So hat das Klatschmagazin Grazia bereits 2011 ein Foto von Kate manipuliert, mit dem Effekt, dass diese auf dem Cover dünner wirkte. Was erstaunt, ist die öffentliche Empörung über eine Bildretusche, die gegenüber den KI-generierten Manipulationen von Midjourney und Co. geradezu läppisch wirkt. Da wurden ja nicht, wie bei Deep­fakes, Köpfe auf andere Personen montiert, sondern lediglich ein paar Details aufgehübscht (wenn auch stümperhaft).

Bei einem Klatschmagazin, das die Falten eines Royals glättet, würde niemand den Vorwurf der Täuschung erheben. Umso mehr verwundert die Unnachgiebigkeit eines Publikums, das einerseits von den Windsors absolute Authentizität und Transparenz einfordert, sich aber andererseits an der klebrigen Inszenierung einer schrecklich netten Königsfamilie labt. Diese Doppelmoral verweist auf die Ambiguität der Netzgesellschaft, die noch den Traditionen und Symbolen feudaler Öffentlichkeiten verhaftet ist (Like-Button!), sich aber andererseits in eine moralisch überschießende, radikalaufklärerische Gegenöffentlichkeit entwickelt hat.

Erstaunliche Fälscherkarriere

Das Fake-Foto hat mittlerweile eine erstaunliche Fälscherkarriere hingelegt. Eine computerforensische Analyse der BBC, die den Fall mit kriminalistischem Eifer minutiös rekonstruierte, ergab, dass das Foto ausweislich seiner Metadaten mit einer Canon-Kamera geschossen und zwei Mal an einem Mac-Computer mit Adobe Photoshop bearbeitet wurde: Die erste Version wurde am 8. März 2024 um 21:54 Uhr Londoner Zeit gespeichert, die zweite am 9. März 2024 um 9:39 Uhr.

Als ginge es um ein Verbrechen! Offenbar merkten die Journalisten gar nicht, dass sie mit ihrer akribischen Recherche eine Storytelling-Maschine demontierten, von deren Bildproduktion sie selbst profitieren.

Vielleicht erzählt das Bild weniger über das traurige Dasein der Royals als vielmehr den Illusionismus unserer Zeit, in der, wie der Soziologe Jean Baudrillard schon vor Jahrzehnten anmerkte, die Zeichen ihren Referenten verloren haben. In der Hyperrealität gibt es kein Negativ mehr. Das shakespearehafte Drama, das die Windsors seit Jahrzehnten öffentlich aufführen, ist im Original fast schon unterhaltsamer als die Net­flix-Kopie von „The Crown“, weshalb daran auch andere Wahrheitsansprüche zu stellen sind. Nirgendwo sonst als im selbstreferenziellen System der Prominenz gilt der Grundsatz: Fake it, till you make it.

Dass die Royals das Familienfoto mutmaßlich mit Photoshop aufpolierten, mag im Zeitalter der KI antiquiert wirken, beweist aber auch die Bildmacht des Königshauses, das im Gegensatz zum Hollywood-Kino die Realität in der Postproduction gar nicht mehr groß aufmöbeln muss. Kate und Co. brauchen keine KI. Nur der Pöbel promptet.

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21 Kommentare

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  • der Pöbel schreit auf und die yellow-press mittendrin, dabei wollen sie alle nur wissen was an kate operiert wurde. Klasse Kate! Sag es ihnen niemals!!! Das äfgert sie mehr als wenn sie es wüssten. Auch eine Prinzessin muss nicht alles sagen.Schlimm genug das der König über seine Prostata spricht. Das hätte die echte Queen niemals zugelassen. Danke Kate, weiter gute Gesundheit.

  • Das sind so die Sorgen, welche die Leute haben sollen.

  • "Das Fake-Foto hat mittlerweile eine erstaunliche Fälscherkarriere hingelegt. Eine computerforensische Analyse der BBC, die den Fall mit kriminalistischem Eifer minutiös rekonstruierte, ergab, dass das Foto ausweislich seiner Metadaten mit einer Canon-Kamera geschossen und zwei Mal an einem Mac-Computer mit Adobe Photoshop bearbeitet wurde: Die erste Version wurde am 8. März 2024 um 21:54 Uhr Londoner Zeit gespeichert, die zweite am 9. März 2024 um 9:39 Uhr.



    Als ginge es um ein Verbrechen! Offenbar merkten die Journalisten gar nicht, dass sie mir ihrer akribischen Recherche eine Storytelling-Maschine demontierten, von deren Bildproduktion sie selbst profitieren."



    /



    Wenn das alles so wunderbar digitaltechnisch analysiert erklärt werden kann, warum passiert das dann nicht "analog" in für die Öffentlichkeit wesentlichen Fragestellungen transparenter, wo es oft oder immer heißt, dass die Quellen nicht unabhängig überprüft werden können, speziell in Krisen- und Kriegsgebieten? Dort geht es nämlich in der Tat um Verbrechen und VerbrecherInnen.



    Wer sich mit der Posse dieses 'Royal Fake' beschäftigt, hat einfach zuviel Zeit.

    • @Martin Rees:

      Die Metadaten der Dateien lassen sich auch manipulieren, haben also keine endgültige Aussagekraft

      • @Andreas Maschler:

        Danke für Information,



        Die Top-Manipulation,



        Gibt es heut "aus erster Hand":



        Es sind Wahlen in Russland.



        Früher 'retuschierten' sie,



        Heute aber irgendwie



        'Faken' sie die ganze Welt,



        Was vieles auf den Kopf nun stellt.



        /



        www.spiegel.de/ges...lder-a-947326.html

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Martin Rees:

      „Wer sich mit der Posse dieses 'Royal Fake' beschäftigt, hat einfach zuviel Zeit."



      Oder Er oder Sie



      nimmt sich die...



      q.e.d. (scnr) 😉

  • Die Regenbogenpresse schreit "haltet den Dieb!". Wie originell.

    Der fatale Fehler wurde schon dazumal gemacht, als Thatcher (mit nicht ganz lauteren Mitteln) Murdoch in das UK holte.

  • Die interessierte Öffentlichkeit als "Pöbel" zu bezeichnen, finde ich schon fragwürdig. Muttis, die beim Friseur hocken und dort solche Zeitungen lesen, tun doch niemandem was. Kann sich ja nicht jeder für Aktienkurse interessieren.

  • Wäre es ein gemaltes Bild, würde man es einfach “idealisiert” nennen und darauf verweisen, dass es das in der Geschichte der Porträtkunst schon immer gegeben hat.

  • Recht lehrreich. Wir betreiben Menschenfresserei und dabei wollen wir natürlich nur das Beste, das Echte. Das Filet, sozusagen. Wo soll denn auch unser Mitgefühl hin, wenn uns jetzt auch noch Kate belügt? Das ist doch eine böswillige Entwertung unserer Menschlichkeit, oder? Wo wir schon gnädig ertragen, dass man uns die Wahrheit über Kates "Zustand" verweigert. An anderer Stelle natürlich lieben wir die Lüge. Und zwar genau dort, wo sie uns bestätigt, wo die Lüge unseren Bedürfnissen folgt, letztendlich: wo man uns ernst nimmt. Da fühlt man sich einfach gesehen. Merke: das Lügen an sich ist die Bestätigung, der Inhalt der Lüge ist demgegenüber nachrangig. Ein Trump ist so erfolgreich weil er lügt, nicht trotz der Lügen. Die AFD kommt dem auch immer näher. Das Problem reicht aber viel tiefer, die beliebige "Wahrheit" gehört längst zu den Grundbedürfnissen, auch wenn das noch nicht jeder wahrhaben will. Vielleicht liegt dort eine unserer Sollbruchstellen, die einen bejohlen die offensichtliche Lüge, die anderen schätzen eher die gnädige Lüge. Kate jedenfalls scheint gegen beide Bedürfnisse verstoßen zu haben, aber klar, da geht es ja auch nicht um die unliebsamen eigenen Wahrheiten, sondern um fremde Wahrheiten. Nicht zu vergessen: man bezahlt dafür! Zeitschriften, Rundfunkgebühren etc., da darf man doch ein bisschen störungsfreie Herzerwärmung wohl verlangen, oder?

  • Die Bezeichnung 'Pöbel' in der taz (ziemlich unironisch gemeint) lesen zu müssen, kommt jetzt doch auch für mich etwas überraschend.

    • @So,so:

      Liggers - Abteilung - Jugend forsch! Woll

      Merke: Der Adel hält auf Taille!



      Nur der Pöbel frißt sich satt!

    • @So,so:

      Ich find’s gut. Manchmal passen Worte wie Pöbel, Pack oder Gesindel. Sigmar Gabriel zB hatte seinerzeit völlig recht damit, als er randalierende Rechtsextreme so nannte.

  • Liggers. Un wenn bei den Battenbergs die Spatzen mal wieder auf dem Rücken fliegen!



    Um dess allgewöhnlichen Elend aus Bügelfalte und Windsorknotenstrick nicht länger angesichts zu sein! Newahr



    Dann - indeed - lassen wir dieses adlige Gesocks - dieses ungebildete, unkultivierte, in der Masse von 1 bis 2 gewaltbereite Menschen der gesellschaftlichen pseudoOberschicht



    Diesem gemeinen entfesselten Plebs ganz sich selbst und dem gepromten Gazettenwald!



    Na aber Si‘cher dat. Dat wüßt ich ever. Da mähtste nix,



    Normal - 💂 🇬🇧💂 - God shave the Queen and f…the king

    • @Lowandorder:

      OK, OK, aber auf Lady Di lasse ich nichts kommen.

      • @Jim Hawkins:

        Schon gut. Schon gut - alter Älbler!



        “In der Nacht zum 31. August 1997 prallte der von Henri Paul gesteuerte Wagen, in dem Diana mit ihrem damaligen Lebensgefährten Dodi Al-Fayed und dessen Leibwächter saßen, mit überhöhter Geschwindigkeit gegen einen Pfeiler im Autotunnel unter der Place de l’Alma in Paris. Diana starb an den Folgen innerer Verletzungen, und die Nachricht ihres Todes löste weltweit eine Welle des Mitgefühls aus. Das Ereignis hatte verheerende Folgen für das Ansehen des englischen Königshauses, da dessen Mitglieder wegen ihrer als herzlos wahrgenommenen Contenance massiver Kritik ausgesetzt waren.

        Am 6. September wurde in Anbetracht der überwältigenden Trauer in der Bevölkerung entgegen den Regeln des Protokolls für Diana eine öffentliche Beisetzungszeremonie durchgeführt.“

        Na bitte. Geht doch! Wollnich



        “…Ob nied'res Pack, ob hohe Herrn,



        Am Ende sind wir Brüder doch



        Dann leuchtet uns der Abendstern



        Ins gleiche finstre Loch.



        Doch scheint das Grab dir tief und dumpf sein Druck



        A la vot, und nimm noch einen Schluck



        Und noch einen hinterher



        Und noch zweie, dreie mehr



        Dann stirbst du nicht so schwer.…“

        Ooch wieder wahr - wa.



        www.musicanet.org/...eder/sotrolln.html

        • @Lowandorder:

          Wohl gesprochen.

          Wenn ich in Paris bin, schaue ich auch mal dort vorbei:

          de.wikipedia.org/wiki/Place_Diana

          "Goodbye England's Rose



          May you ever grow in our hearts



          You were the grace that placed itself



          Where lives were torn apart



          You called out to our country



          And you whispered to those in pain



          Now you belong to heaven



          And the stars spell out your name

          And it seems to me you lived your life



          Like a candle in the wind



          Never fading with the sunset



          When the rain set in



          And your footsteps will always fall here



          Along England's greenest hills



          Your candle's burned out long before



          Your legend ever will"

          www.youtube.com/watch?v=AFC8ObVw5kQ

  • Interessant ist doch vor allem, dass sich selbst die taz mit den Fotos völlig unbedeutender Leute beschäftigt...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Tut sie nicht. Der Artikel befasst sich in erster Linie mit der Berichterstattung über das Bild und die Befindlichkeiten der Diskutierenden. Was gibt es daran auszusetzen? Deswegen bezahle ich dafür.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      anschließe mich & dem eigenen 🫏 eulich 🥕🥕🥕🥕 geben! Woll



      Mit Thomas Kapielski - Einfallspinsel gleich Ausfallspinsel & schwer intellüll auf dicke Hose - quasi offen intellüll di taz - ;))

  • Einfach nur peinlich! Und die sogenannte "Presse" hat sonst nichts zu berichten?