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Maaßens Werteunion wird ParteiZu Diensten der AfD

Die ultrakonservative Werteunion um Maaßen beschließt, sich als Partei zu gründen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD wird explizit nicht ausgeschlossen.

Presse nicht zugelassen: Tagungsort der Werteunion in Erfurt, wo die Parteiwerdung beschlossen wurde Foto: Jacob Schröter, dpa

Berlin taz | Hans-Georg Maaßen gab sich am Ende hochzufrieden. Mehr als 90 Prozent der Anwesenden auf der Mitgliederversammlung der Werteunion am Samstag in Erfurt hätten für eine Parteigründung gestimmt, erklärte der 61-Jährige in einem Video seines bisher CDU-nahen Vereins. „Das hat mich glücklich gemacht.“ Nun wolle man als eine „Union 1.0“ einen Politikwechsel einläuten und bereits zu den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Herbst antreten.

Das Vorhaben kam mit Ankündigung. Schon seit Wochen hatte Maaßen – der frühere, geschasste Bundesverfassungsschutzchef, der zuletzt immer mehr ins Rechtsverschwörertum abdriftete – mit einer Parteigründung der Werteunion kokettiert. Der mindestens strammkonservative Verein ist nicht offiziell mit der Union verbandelt, viele Mitglieder aber gehören der CDU und CSU an. Maaßen, selbst auch noch CDU-Mitglied, steht seit einem Jahr an der Spitze der Werteunion.

Auch am Samstag beklagte Maaßen, dass die Union ihre konservativen Werte verraten habe und einen viel zu angepassten Oppositionskurs fahre. Seit Monaten geißelt er den „Sozialismus der Ampelparteien“ und die „Migrationskatastrophe“, fordert eine „Politikwende“. In Interviews und Aufsätzen äußerte er sich noch überzogener: Hier redete Maaßen von „sozialistischen und globalistischen Kräften“, welche die Gesellschaften zerstören wollten. In einem Tweet behauptete er, eine „treibende Kraft des politisch-medialen Systems“ sei ein „eliminatorischer Rassismus gegen Weiße“ – was Maaßen ein CDU-Parteiausschlussverfahren einbrachte.

Ältere Anhängerschaft, die Tiraden beklatscht

Die Werteunion will Maaßen nun als „liberal-konservative“ Partei positionieren. Rund 4.000 Mitglieder zählte diese zuletzt, durch die Parteidiskussion will man bereits viele neue dazubekommen haben. Für den Beschluss zur Parteigründung brauchte und erhielt Maaßen eine Zweidrittelmehrheit. In Erfurt zeigte sich eine Mitgliederschaft mehrheitlich gehobenen Alters, die sich für ein Foto teils in Deutschlandfahnen hüllte. Auf früheren Werteunion-Veranstaltungen wurden insbesondere Maaßens Tiraden gegen die Migrationspolitik beklatscht.

Mit vor Ort war auch der Unternehmensberater Markus Krall, der immer wieder vor Systemzusammenbrüchen warnt und schon mal Erwerbslosen das Wahlrecht entziehen wollte. Zuletzt war es zwischen Krall und Maaßen zu Dissonanzen gekommen, in Erfurt zeigten sich beide wieder einträchtig. Krall bot der Werteunion sein Mitwirken bei der Wirtschaftsprogrammatik an und kritisierte ebenso den „zerstörerischen Kurs“ der „sozialistischen Regierung“. Die Parteigründung sei ein „historischer Moment“ und eine „Chance auf eine Wende im Land“, jubilierte er.

Bereits im Februar soll nun die tatsächliche Parteigründung erfolgen, im Herbst will Maaßen dann mit der Werteunion bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg antreten – und kommendes Jahr auch bei der Bundestagswahl. In Thüringen war Maaßen bereits 2021 zur Bundestagswahl angetreten, im Südthüringer Wahlkreis um Suhl und damals noch für die CDU. Am Ende unterlag er deutlich dem SPD-Kandidaten Frank Ullrich.

Parteienspektrum zersplittert sich rechtsaußen

Mit der Parteigründung zersplittert sich das politische Rechtsaußen-Spektrum weiter. Neben der AfD tummeln sich dort bereits Splitterparteien wie das Bündnis Deutschland oder „Wir Bürger“, in Thüringen auch die „Bürger für Thüringen“. Letztere boten noch am Samstag der Werteunion eine Zusammenarbeit und eine gemeinsame offene Liste für die Landtagswahl an. Auch die Freien Wähler fischen teils in dem Milieu.

Maaßen schielt aber vor allem auf die AfD. Die Partei spreche die richtigen Probleme an, gebe aber bisweilen zu radikale Antworten, erklärte er zuletzt. Die Werteunion brachte er als AfD-Mehrheitsbeschaffer ins Spiel. Er werde mit allen Parteien reden und mit denen zusammenarbeiten, welche die gleichen Positionen vertreten, „ganz egal, ob diejenigen AfD heißen oder FDP oder wer auch immer“, erklärte Maaßen zuletzt.

Bundesweit werden der Werteunion wenig Chancen ausgerechnet. Aber in Thüringen macht die Maaßen-Truppe die Lage vor der Landtagswahl noch undurchsichtiger. Laut einer jüngsten Forsa-Umfrage liegt die AfD in dem Bundesland mit 36 Prozent weit vorn, gefolgt von CDU (20 Prozent) und Linken (17 Prozent). Am Freitag wurde bekannt, dass auch die neue Wagenknecht-Partei BSW in Thüringen mit der Eisenacher Oberbürgermeisterin und Noch-Linken Katja Wolf antreten will. Nun kommt noch Maaßens Werteunion dazu – die sowohl der AfD als auch der CDU Stimmen kosten könnte.

„Froh, dass diese Spinner weg sind“

CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuletzt bereits einen Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei zur Werteunion angekündigt. Wer dort mitmache, dürfe kein CDU-Mitglied mehr sein. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer schrieb am Samstag auf X, ehemals Twitter, er sei „froh, dass diese Spinner weg sind“. Der Verein habe versucht, die CDU an die AfD heranzuführen und sei damit „vollends gescheitert“.

Wofür die Werteunion steht, zeigte sich zuletzt auch bei einem Geheimtreffen von AfDlern und anderen Rechtsextremen wie dem Identitären Martin Sellner bei Potsdam. Dort sollen millionenfache Deportationspläne besprochen worden sein. Mit dabei waren auch: zwei Mitglieder der Werteunion.

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17 Kommentare

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  • Ohne die Besteuerung der reichen und superreichen Finanziere und Unterstützer:innen der faschistischen und antidemokratischen Parteien und Organisation ist es sicher eine schwere Aufgabe diese wirkungsvoll Aufzuhalten.

    Prominentes Lehrbespiel dieser Dynamik, ist die Steuersenkungen der Republikaner für Superreiche 2018 später gefolgt von der Übernahme des größte Nachrichten- und Propagandamonopols- der Welt für 44 Millarden Dollar durch Elon Musk, der gleich Tür und Tor für antidemokratische Propaganda und Hassreden aufmacht und deutsche Wählerinnen offen empfielt demokratiefeindliche Parteien zu unterstützen.

    www.faz.net/aktuel...tung-19211594.html

    Das Schema gilt sicher auch für Deutschald,was mit dem Treffen im Potsdam noch einmal deutlich wurde.

    "Tax The Rich" ist daher sicher der effizienteste Weg um faschistische Parteien zurückzudrängen.

    Aber mit vielen Menschen die zusammenhalten klappt es auch so.

  • Hätte man Maaßen in der CDU behalten, hätte man ihn und seine Anhänger besser kontrollieren können.



    Zur Erinnerung: Rechts von der CDU/CSU darf es keine Partei geben (FJS).

  • was passiert mit dem herrn linnemann?

  • „… der zuletzt immer mehr ins Rechtsverschwörertum abdriftete …“

    Wirklich? Als Präsident des Verfassungsschutzes hat er doch die gleiche Agenda verfolgt und Merkel war voll des Lobes für ihn!

  • Neben BSW also eine weitere Unter-Fünf-Prozent-Partei, die am Potential der AgD knabbert. Danke und weiter so!

  • Man fragt sich bei der "Werteunion" schon lange, um welche Werte es dort eigentlich geht. Die des humanistisch-christlich geprägten Abendlandes können es wohl nicht sein, die des Erbes des Römischen Reiches wohl ebenso wenig. Nicht einmal für die Werte Friedrichs des Großen reicht es. Welche Werte bleiben dann?

    • @Aurego:

      Ja und nicht einmal die finanziellen, denn bekanntlich mag nicht einmal die Wirtschaft Rechtsradikalismus mehr.

  • Maaßlos dumm

    Warum machen immer mehr auf "Völkisch", von AfDoof über Maaßen. Und selbst Wagenknecht blickt ab und zu in diese Richtung.



    Gut dass das Volk gerade aufwacht.

    • @Rudi Hamm:

      Der war gut: Sich gegen "völkisch" wenden und sich im selben Atemzug aufs "Volk" beziehen".

    • @Rudi Hamm:

      "Gut dass das Volk gerade aufwacht."

      Gehen Sie einfach mal in Telegram-Gruppen aus dem AfD-Umfeld. Vielleicht merken Sie es dann endlich mal...

  • Maaßen solle seiner Partei wenigstens einen ehrlichen Namen geben - Deutschnationale Volkspartei.

    Und wenn er sich mit anderen Rechten zusammen tun will. Bad Harzburg wäre ein geeigneter Treffpunkt...

  • Die CDU könnte mal klären wie sie eigentlich zum GG und Freiheitsrechten steht.



    Schon komisch wenn jemand sehr viele Nazis zum Freund hat, ständig gegen "undeutsches" Verhalten hetzt und sich trotzdem als Bollwerk gegen Rechtsextremismus sieht...

    • @Genosse Luzifer:

      Die CDU könnte mal klären wie sie eigentlich zum GG und Freiheitsrechten steht.



      ----



      Ist doch mittelbar ge- & erklärt!



      Wenn Du die "Sprü..." chrumm, so sorry "Vorschläge, von Merz, Söder & anderer "Politiker" mal zusammenträgst!", wirst Du erschreckt feststellen wie groß manchmal die Schnittmengen über den "demokratischen, rechtsstaatlichen Rand" hinaus sind!



      Merz ist angetreten die "ADF" zu halbieren, hat aber leider "1/2" mit "hoch²" verwechselt. DAS Pisa-Problem in DE.

      • @Sikasuu:

        Wenn Sie den Unterschied nicht kennen, ist Ihnen nicht zu helfen. Die CDU und ihre Positionen mag man nicht mögen, aber sie verfolgt diese auf dem Boden und mit den Mitteln der Demokratie. Im Gegensatz zu Faschisten, die die Demokratie selbst aushebeln wollen. Gegen Faschisten heißt es zunächst einmal mit allen zusammenzustehen, die die Demokratie verteidigen, unabhängig von politischen Inhalten. Das zu vergessen hat schon einmal die Machtübernahme der Faschisten ermöglicht.

    • @Genosse Luzifer:

      Hat die CDU jemals das GG oder Freiheitsrechte beschnitten? Ich kann mich nicht daran erinnern.

      Zweitens steht doch hier, wie Merz/CDU zur neuen Maaßen Partei stehen wird.



      "CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuletzt bereits einen Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei zur Werteunion angekündigt."



      Diesen Beschluss gibt es auch gegen AFD und Linkspartei.

      Ich komme mir mittlerweile echt bescheuert vor die CDU regelmäßig zu verteidigen. Weil ich sie selber nicht mag. Aber es werden immer mehr problematische Parteien gegründet, wenn wir da jetzt auch anfangen die CDU, welche wirklich pures Mittelmaß verkörpert dazu zählen, dann werden wir irgendwann Zwangsläufig Rechtsradikal regiert, weil dann bald 80% Rechtsextrem sind und dann auch Hemmungen zur AFD verlieren, weil sie so geframed wird.

      Wir in der Linken Bubble müssen langsam aufwachen und alte Feindbilder ablegen, denn es gibt neue. Die CDU ist nicht mehr der Feind. Sie ist unsympathisch, aber kein Feind mehr!

      • @Walterismus:

        "Hat die CDU jemals das GG oder Freiheitsrechte beschnitten? Ich kann mich nicht daran erinnern."

        Lecithin soll da helfen.

        Merkels H4-Sanktionsverschärfung verstieß gegen Artikel 1 GG. Wegen der langen Dauer des Verfahrens und Merkels mehrmaliger Weigerung, das Urteil umzusetzen, wurden jahrelang die Freiheitsrechte zehntausender Menschen in ganz massiv verfassungswidriger Weise beschnitten.

        Aktuell das hier: www.t-online.de/na...-verschaerfen.html

        Das Verhungernlassen von "Leistungsverweigerern" und die Wiedereinführung der Zwangsarbeit sollen nach Willen führender CDU-Politiker (es ist ja nicht nur Spahn) legalisiert werden.

        Auch bei der CSU dient neuerdings ganz offen der italienische Neofaschismus als Vorbild: www.n-tv.de/politi...ticle24672113.html

        "die CDU, welche wirklich pures Mittelmaß verkörpert"

        Wenn die CDU "pures Mittelmaß verkörpert" - wo sind dann die CDU-Mitglieder, die Deutschlands Oligarchen ins Gulag stecken wollen?



        Denn CDU-Mitglieder, die Deutschland "ethnisch säubern" wollen, gibt es ja erwiesenermaßen.



        Oder wie berechnen Sie ein Mittelmaß?

        "Die CDU ist nicht mehr der Feind."

        Die CDU/CSU ist der Grund, warum der Verfassungsschutzchef der AfD-Chefin Tipps gab, wie sie ihre Verfassungsfeindlichkeit tarnen kann!

        Hier war der Punkt, wo die Deutschen hätten aufmerken müssen: cdn.prod.www.spieg...30.04_fpy54.97.jpg



        Wenn die Regierung ihr autokratisches Selbstverständnis mit einer Symbolik ausdrückt, die man eher in Pyöngyang als in Moskau verorten würde, dann *ist* die Demokratie in Gefahr.



        Egal wie kuschelig alles scheint, und wie sehr wir unsere Mutti doch liebhaben.



        3 Jahre später wurde ein Rechtsextremist zum obersten Verfassungsschützer gemacht, und der Zug war abgefahren.

      • @Walterismus:

        "Hat die CDU jemals das GG oder Freiheitsrechte beschnitten?"

        hat sie:



        - Abschaffung des Asylrechts



        - großer Lauschangriff



        - Polizeigesetz in Bayern



        - Vorbeugehaft



        - Kriminalisierung der letzten Generation



        - etc. pp

        Die Union ist immer gern dabei Freiheitsrechte einzuschränken, wenn es ihren Zielen dient.