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Der Straßenbahnfahrer Thomas Standfest war im September 2023 zum ersten Mal auf einer Demonstration – dem Klimastreik Foto: Toni Petraschk

MobilitätswendeFridays for Arbeiterklasse

Lange waren Arbeiter und Klimaaktivisten Antagonisten. Beim ÖPNV probt Fridays for Future den Schulterschluss mit Gewerkschaftlern. Kann das gelingen?

J ede Stadt hat diese Orte. Alle kennen sie, aber kaum jemand war schon mal da. Ihre Namen flimmern in orange Buchstaben auf den Anzeige­tafeln der U- und Straßenbahnen und weisen die Richtung gen Stadtrand. Die Zingster Straße in Berlin ist so ein Ort. Denn zwischen den Plattenbauten des Außenbezirks Lichtenberg verstecken sich hier die Endhaltestelle und der Wendepunkt der Straßenbahnlinien M4 und M5.

An einem kalten, dunklen Wintermorgen um kurz vor sieben stapft Debby Roschka über einen verschlammten Pfad auf die Zingster Straße zu. An der Wendeschleife angekommen, kramt sie in ihrem grünen Parka nach ihrem Handy. Telefonierend läuft sie an einer parkenden Straßenbahn entlang und schaut sich um. Der Mann, den sie sucht, heißt Thomas Standfest. In einer gelben Warnweste der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi steht er am Fahrerstand einer wartenden Straßenbahn und unterhält sich mit einem Kollegen.

Standfest und Roschka geben ein ungleiches Team ab. Er, 60 Jahre alt, Facharbeiter für Straßenbautechnik, aufgewachsen im Berliner Osten, langjähriger Lkw-, Bus- und Straßenbahnfahrer, ein freundliches, beinahe schüchtern wirkendes Lächeln auf den Lippen. Sie, 22 Jahre alt, Studentin, Kurzhaarschnitt, ehemalige Schülersprecherin, Mitgründerin der Ortsgruppe von Fridays for Future in ihrer Heimatstadt Eisenach. Und doch stehen sie an diesem Morgen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt gemeinsam an der Zingster Straße.

Thomas Standfest ist hier, weil er als Gewerkschafter bessere Arbeitsbedingungen für sich und seine Kol­le­g:in­nen durchsetzen will. Die kurzen Pausen, Ruhezeiten, die kaum ausreichen, um nach Hause zu fahren, zu essen und zu schlafen, und der Schichtdienst, der an manchen Tagen schon um 3.29 Uhr beginnt, mache den Fahrern zu schaffen.

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Debby Roschka ist hingegen hier, weil die Klimabewegung in einer Sackgasse zu stecken scheint. Während Fridays for Future 2019 noch rund eine Mil­lion Menschen in Deutschland auf die Straße brachte, besuchten den Klimastreik im Herbst nur noch wenige Zehntausend. Ein Teil der Bewegung radikalisiert sich. Roschka sucht einen dritten Weg.

Kohlekumpel gegen Baumbesetzer, Lkw-Fahrer gegen Klimakleber – bisher traten Ar­bei­te­r:in­nen und Ak­tivs­t:in­nen in der gesellschaftlichen Arena oft als Antagonisten auf. Doch ­Debby Roschka und ihre Mit­strei­te­r:in­nen wollen vermeintliche Gegensätze überwinden und den Klimaschutz mit den Ar­bei­te­r:in­nen voranbringen statt gegen sie. Ihre Ziele für den öffentlichen Nahverkehr: bessere Arbeitsbedingungen, gute Bezahlung, massive Investitionen ins Netz und so letztendlich mehr Fahrgäste – und weniger Autofahrer:innen.

2022 legten Verdi und Fridays for Future die Kampagne „Wir fahren zusammen“ auf, beim Klimastreik im März 2023 traten sie in die Öffentlichkeit. Zum Ärger der Arbeitgeber, die den gemeinsamen Streik als „eine gefährliche Grenzüberschreitung“ hin zum politischen Streik kritisierten. Debby Roschka will jetzt die „diskursive Macht der Kli­ma­be­we­gung“ zusammenbringen mit der „Streikmacht der Beschäftigten“. Aber funktioniert das, Klima- mit Klassenkampf?

An der Zingster Straße gehen Roschka und Standfest auf die erste Straßenbahn zu. Die beiden wollen die wenigen Minuten an der Wendestelle nutzen, um den Fahrer zu überzeugen, ihre Petition zu unterschreiben. Mit Zehntausenden Unterschriften wollen sie zeigen, dass die Fah­re­r:in­nen und die Bevölkerung hinter den Forderungen von Verdi und Fridays for Future stehen. Über 56.000 haben sie bereits gesammelt. Aber als der Fahrer die gelbe Verdi-Weste von Standfest sieht, hält er lieber ein paar Meter vor der Haltelinie. Manche schrecken die Ak­ti­vis­t:in­nen ab.

Die Aktivistin Debby Roschka will die „diskursive Macht der Klimabewegung“ mit der „Streikmacht der Beschäftigten“ zusammenbringen Foto: Toni Petraschk

Im Kampf gegen die Klimakrise kommt dem öffentlichen Nahverkehr eine entscheidende Rolle zu. Bund und Länder wollen, dass sich die Fahrgastzahlen bis 2030 im Vergleich zu 2019 verdoppeln. Ein Ziel, das nur mit zusätzlichen Bussen, Bahnen und Fah­re­r:in­nen erreicht werden kann. Doch schon jetzt fehlen den Verkehrsbetrieben deutschlandweit Zehntausende Mitarbeiter:innen, täglich kommt es zu Ausfällen.

Die Bundesagentur für Arbeit zählt Bus- und Straßenbahnfahrer zu den sogenannten Engpassberufen, hohe Krankenstände und Personalmangel machen den Verkehrsunternehmen zu schaffen. Um die anstehende Ver­ren­tungs­wel­le der Babyboomergeneration und die Verkehrswende gleichzeitig zu bewältigen, müssten bis 2030 110.000 neue Beschäftigte im ÖPNV eingestellt werden, schreibt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen.

Donnerstag, kurz vor Silvester. Es ist 11.46 Uhr, und Thomas Standfest übernimmt an einer riesigen Kreuzung seine erste Straßenbahn des Tages, die M10 Richtung Turmstraße. Standfest schließt die verdunkelte Glastür zum Fahrerstand und steckt seinen Schlüssel ins Zündschloss der Straßenbahn. Er legt ein kleines Handtuch über die linke Armlehne, Hy­gie­ne ist ihm wichtig. Seine Hand umschließt den Sollwertregler, mit dem er die Geschwindigkeit vorgibt. Dreimal piept es. Die Türen schließen, er fährt los.

Dass die Verkehrsunternehmen Schwierigkeiten haben, Menschen für den Beruf zu begeistern, liegt neben der durchschnittlichen Bezahlung vor allem am stressigen Schichtbetrieb. Dass Frühschichten auf Spätschichten folgen und nur elf Stunden zwischen den Schichten liegen, ist bei Thomas Standfest keine Seltenheit. An Heiligabend, während die meisten Menschen mit ihren Familien zusammensaßen, fuhr er die M10 durch ausgestorbene Berliner Straßen. Von 20.55 Uhr bis 5.34 Uhr.

An der Turmstraße ruft Standfest einmal durch die Bahn: „Endhaltestelle, bitte aussteigen!“ Ein junger Mann mit grüner Wollmütze und Kopfhörern in den Ohren eilt aus der Tür. Dann parkt Standfest die Bahn im Stumpf, einem kleinen Gleisstück, auf dem er die Richtung wechseln kann.

Heute hat Standfest acht Minuten für den Richtungswechsel. Acht Minuten, um auf Toilette zu gehen, den groben Schmutz wie Bierflaschen und Dönerreste aus der Tram zu entfernen, die Seite zu wechseln und sich wieder in der Fahrerkabine einzurichten. Auf anderen Linien sind es nur vier Minuten. Wenn die Bahn nur wenige Minuten Verspätung hat, muss die Toilettenpause ausfallen. „Und die Raucher kommen sowieso immer zu kurz“, sagt Standfest. Wenn man junge Menschen für den Beruf begeistern wolle, brauche es bessere Arbeitsbedingungen. Nur damit könne die Mobilitätswende gelingen.

Wenn Verdi und Fridays for Future sich mit ihren Forderungen nach mehr Urlaub, längeren Pausenzeiten und besserer Bezahlung durchsetzen wollen, stehen harte Verhandlungen mit den kommunalen Arbeitgeberverbänden bevor. Inklusive Streiks. Was halten Standfests Passagiere in der M10 davon?

Zum Klimastreik ist Standfest direkt nach der Schicht gegangen – in seiner BVG-Dienstkleidung Foto: Toni Petraschk

Geeta, 39, Krankenschwester: „Ich kann die Ziele schon nachvollziehen. Aber wenn dann alles stillsteht und ich nicht mehr mit dem Bus ins Krankenhaus komme, wird’s für mich schwer.“

Edo, 14, Schüler: „Ich kann das schon verstehen, weil Bus- und Bahnfahren ja auch gut fürs Klima ist.“

Kristina, 70, Rentnerin: „Wenn die streiken, dann weiß ich, wann ich zu Hause bleibe.“

Thomas, 36, ITler bei der Deutschen Bahn: „Dass die Fahrer mehr Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen wollen, verstehe ich. Aber warum die das mit Fridays for Future machen? Keine Ahnung.“

Wie ungewöhnlich das Bündnis ist, lässt sich auch auf einer Versammlung Ende Dezember erkennen. In einem Tagungssaal drängen sich 150 Studierende und ein Dutzend Ar­bei­te­r:in­nen auf stapelbaren Konferenzstühlen. Aus einer Bluetooth-Box klingt die dramatische Musik eines Werbefilms des Bündnisses „Wir fahren zusammen“. Im Morgengrauen bestreiken dort Fahnen schwenkende Verdi-Mitglieder ihren Betriebshof, während drinnen ein Aktivist von Fridays for Future die gemeinsamen Interessen von Ar­bei­ter:in­nen und Klimabewegung beschwört.

Die Menschen im Tagungssaal tragen Schnurrbärte, Hoodies und Jeansjacken. Ein Student mit langem Haar strickt einen Schal. Auf die Bühne tritt David Franke, 40. Der breit gebaute, tätowierte Tramfahrer mit kurz geschorenen Haaren erzählt von kräftezehrenden Schichten. Dass er jetzt seit sechs Tagen am Stück unterwegs sei. Teilweise mit weniger als neun Stunden Zeit zu Hause zwischen seinen Diensten.

Franke ist aufgebracht, hält das Mikro so nah an seinen Mund, dass es immer wieder quietscht. Er habe viel über die Klimabewegung gelesen, über die „Klimakleber“. „Aber im Endeffekt kämpft ihr für dasselbe Ziel wie wir. Und nur zusammen sind wir stark“, sagt er.

Mindestens 16 Milliarden Euro mehr pro Jahr fordern er und die Kampagne von Bund und Ländern, um das ambitionierte Ziel einer Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030 zu erreichen. An seinem eigenen Betriebshof, berichtet Franke stolz, habe er schon die Mehrzahl der Kollegen überzeugt. Und am Ende sagt er halb drohend, halb einladend: „Wenn wir streiken, dann möchte ich euch alle auf der Straße sehen.“

Dann spricht Junis Poos von Fridays for Future, 20 Jahre alt. Über seinem pinkfarbenen Pullover trägt er eine Latzhose aus Jeansstoff, auf einer Seite hängt die geöffnete Schnalle lässig herab. In der Hand hält Poos ein iPad, davon liest er seine Rede ab. Es geht um das Pariser Klimaabkommen und die Berliner Träumereien mancher CDU-Politiker von einer Magnetschwebebahn. Über die zwei Busse am Tag, die zu Opa und Oma auf dem Land fahren, macht er sich lustig. Und auch manche Linie ins Nirgendwo nimmt er aufs Korn: Wer wolle denn überhaupt von Treptow-Köpenick nach Spandau fahren? Die Reaktion im Saal: eher mau. Treptow-Köpenick, da wohnt auch David Franke.

Die meisten Fahrer kennen die Klima­bewegung nur aus den Medien und halten mittlerweile fast alle von ihnen für Klimakleber

Nach dem Event stehen Gewerkschafter und Studierende noch bei Brezeln und Limonade zusammen. Debby Roschka, die den Abend moderiert hat, sitzt auf einem Sofa. „Klar, prallen hier Kulturen aufeinander“, sagt sie. Die meisten Fahrer kennen die Klimabewegung nur aus den Medien, halten mittlerweile fast alle von ihnen für „Klimakleber“.

Dass sich Fridays for Future und die Letzte Generation unterscheiden, müsse man immer wieder erklären. Aber die gegenseitigen Vorurteile nehmen langsam ab. „Jedes Gespräch verändert das Denken ein bisschen“, sagt Roschka. Mittlerweile gebe es auch Straßenbahnfahrer:innen, die sie verteidigen, wenn mal wieder ein Spruch kommt, dass von ihnen doch eh keiner in die Schule gehe.

Auch wenn sie die Beweggründe der Letzten Generation gut verstehen könne, seien deren Aktionen für sie eher ein Ausdruck von Hoffnungslosigkeit. Bei „Wir fahren zusammen“ sei die Stimmung dagegen hoffnungsvoll. Auch, weil ihr Plan weit über den aktuellen Tarifkonflikt hinausreicht. Nach den Arbeitsbedingungen seien die Löhne dran.

Die Strategie ist Teil des sogenannten ­labour turn der Klimabewegung. Der Gedanke dahinter: Effektiver Klimaschutz geht nur mit der Arbeiterschaft. Dafür wollen sie tief in die Betriebe rein, bei Frühansprachen dabei sein, im Pausenraum und nachts vor Schichtbeginn am Betriebsgelände sein. Die Wende raus aus der eigenen Bubble, rein in die Gesellschaft: Roschka scheint sie ernst zu meinen.

Zurück an der Wendeschleife Zingster Straße nähert sich die nächste Tram. Standfest klopft an den Fahrerstand. Der Fahrer mit schwarzer Route-66-Kappe öffnet ein kleines Fenster. „Wir sind von Verdi und Friday for Future, äh, Fridays for Future“, sagt Standfest. „Es geht um die Tarifrunde, wir haben schon 10.000 Unterschriften in Berlin. Willst du auch?“. Der Fahrer nickt. „Wunderbar“, sagt Standfest und reicht die Liste durch das kleine Fenster.

Standfest ist kein Hardcoregewerkschafter, der überall Missstände sieht und Ausbeutung beklagt. Er freut sich über die Zuschläge für Feiertagsdienste bei der BVG (135 Prozent!) und hat oft Sorge, Kollegen zu sehr zu bedrängen, wenn er sie für die Gewerkschaftsarbeit begeistern will. Trotzdem ist er überzeugt, dass sich etwas ändern muss. Viele seiner Kollegen fühlten sich verheizt, Nachwuchs könne man so kaum gewinnen.

„Moin, Kollege“, grüßt Standfest den nächsten Tramfahrer. Auf dessem Bauch bettet sich eine dunkelblaue Krawatte mit gelben BVG-Herzchen. Standfest druckst etwas herum, scheint den Faden zu verlieren. Debby Roschka eilt ihm zu Hilfe. „Es geht vor allem darum, dass ihr im Betrieb gut aufgestellt seid für die Verhandlungen“, sagt sie. Der Fahrer winkt die Unterschriftenliste zu sich heran.

Standfest weiß, dass er nicht immer der Überzeugendste ist. Er könne zwar viel quatschen. „Aber die Gedanken in Menschen aktivieren, dass sie wirklich anfangen umzudenken, das können andere besser“, sagt er. Menschen wie Roschka.

Sie versucht jetzt, Standfest zu coachen. „Wenn du erklärst, dass der Erfolg in der Tarifrunde ganz stark vom gesellschaftlichen Rückhalt abhängt, wirkt das total gut.“ Dafür müssten die Fah­re­r:in­nen zeigen, dass sie viele seien. Standfest nickt und zupft die Unterschriftenlisten in seiner Klarsichthülle zurecht.

In der Kampagne konzentriert sich „Wir fahren zusammen“ stark darauf, die Öffentlichkeit für sich zu gewinnen. Denn anders als in privaten Unternehmen können die Fah­rer:in­nen mit Streiks in den Verkehrsbetrieben diese kaum wirtschaftlich unter Druck setzen. Die Ticketpreise machen nur einen Teil der Einnahmen aus, den Rest subventioniert der Staat.

Wenn durch einen Streik kein Gehalt mehr gezahlt werden muss, kann das für die Unternehmen sogar eine finanzielle Entlastung sein. Ob die Gewerkschaften mit ihren Forderungen Erfolg haben, hängt daher stark davon ab, wen die Öffentlichkeit für den Streik verantwortlich macht. Die streikenden Arbeiter:innen? Oder die öffentlichen Verkehrsunternehmen, die ihre Arbeitsbedingungen nicht verbessern?

Fragt man Thomas Standfest, wer den höchsten Preis für seinen Job zahlt, sagt er: seine Familie. Obwohl sie zusammenwohnen, sieht er seine Tochter in manchen Wochen kaum, verlässt das Haus, lange bevor sie wach wird, und schläft, wenn sie aus der Schule kommt. Aber ohne Schichtdienst komme nun einmal niemand morgens früh zur Arbeit oder nachts vom Feiern nach Hause.

Heute ist Standfests Tochter 19, steht kurz vor dem Abitur. Einmal habe sie ihn gefragt, warum er sich bei „Wir fahren zusammen“ engagiere. Ob er etwas davon habe. Standfest versuchte ihr zu erklären, dass er zwar keinen direkten Vorteil dadurch hat. Aber dass er etwas verändern wolle. Auch für die Arbeiter, die bei der BVG bleiben, wenn er längst in Rente ist.

Das Gewerkschaftsbündnis ist für Fridays für Future auch eine Wette. Anstatt in eigene Aktionen zu investieren, unterstützen sie jetzt die Ar­bei­te­r:in­nen in ihrem Tarifstreit. Und hoffen im Gegenzug, dass auch die Gewerkschafter an ihrer Seite stehen, wenn es im Kampf ums Klima in die nächste Runde geht.

Zumindest bei Standfest scheint der Plan aufzugehen. Mit 60 ging er im Herbst auf die erste Demo seines Lebens. 15. September 2023, globaler Klimastreik von Fridays for Future vor dem Brandenburger Tor. Da sei er direkt nach dem Dienst mit dem Fahrrad hin. In seiner BVG-Dienstkleidung.

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10 Kommentare

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  • Was heißt "kann das gelingen"?

    Es muss!

    Denn sonst sind die (dringend notwendigen) Klimaproteste nur eine Art Klientelpolitik (und damit nicht mal mehr reformistisch).

    Die Klimafrage IST die soziale Frage.

    Alle, die zB durch ein Extremwetterereignis obdachlos gemacht oder ruiniert worden sind, oder auch die Armen, die nach Missernten keine vollwertige Ernährung mehr bezahlen können, wissen warum.

    • @Ajuga:

      Nur was hat das alles mit Arbeitnehmervertretung zu tun und weshalb sollte der Arbeitgeber dafür einstehen.

      Extremwetterereignisse oder Missernten fehlt schlichtweg jede arbeitsrechtliche Komponente für so einen Zusammenschluss.

      • @DiMa:

        "Was hat das alles mit Arbeitnehmervertretung zu tun?" (DIMA)



        Gewerkschaften sind keine Kegelvereine. Wenn Sie sich mal die Mühe machen würden einen Blick in die Programmatik von Gewerkschaften zu werfen, dann würden sich solche Fragen erübrigen.



        Gewerkschaften verstehen sich eigentlich von jeher nicht als eindimensional aufgestellte Funktions-Verbände. Sie haben sich noch nie allein auf die Rolle einer Lohnmaschine reduzieren lassen. Wobei diese Intention der Gewerkschaften von Zeit zu Zeit mehr oder weniger stark zum tragen kommt. Das ist abhängig vom Bewußtsein der Funktionärsebene und der Mitgliedschaft und unterliegt den Schwankungen des jeweillig aktuellen Zeitgeistes.



        Heute sind moderne Gewerkschaften auch allgemein sozialpolitische Interessensverbände von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. Dass der Schutz derer Lebensbedingungen in einer vom Klimawandel bedrohten Umwelt da mit dazu gehört, das dürfte ja wohl klar sein.



        Was dieser Artikel bescheibt ist eigentlich schon ein "alter Hut". Gerade die Ver.di hat schon mehrmals mit den Kids von Fridays for Future gemeinsame Sache gemacht. Und das ist auch gut so!

        • @LittleRedRooster:

          Gewerkschaften sind Interessenvertreter von abhängig beschäftigten Arbeitnehmern. Als solche Interessenvertretung genießen Sie einen besonderen Schutz. Sie können sich also nicht einfach aussuchen, ob Sie über die Arbeitnehmervetretung noch andere Dinge politisch vertreten, sonst werden sie zu reinen Lobbyvereinen.

          Streiks sind nur mit arbeitsrechtlichen Bezug erlaubt. Allgemeine politische Streiks sind unzulässig.

          Die Tatsache, dass verdi immer wieder mit Anderen gemeinsame Sache macht ist auch in der Vergangenheit zu Recht kritisiert worden.

          Umweltschutz ist ein allgemeines Thema, kein arbeitnehmerspezifisches.

          • @DiMa:

            "Sie (die Gewerkschaften) können sich also nicht einfach aussuchen, ob Sie über die Arbeitnehmervetretung noch andere Dinge politisch vertreten" (DIMA)



            Das ist definitiv falsch! Selbstverständlich haben Gewerkschaften das Recht sich auch für allgemeinpolitische Anliegen zu engagieren. Und das geschieht ja auch in der alltäglichen politischen Praxis. Vertreter von Gewerkschaften (und auch Arbeitgeberverbänden) werden ständig von der Politik beratend zu diversen politischen Themen hinzu gezogen. Selbstverständlich haben Sie das Recht auch in diesen Feldern die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Das abzustreiten würden sich ja nicht mal die Herren Merz oder Söder erlauben.



            Ebenso ist das vermeintliche Verbot eines politischen Streiks einfach nur ein reaktionäres erzkonservatives Märchen. Ein Popanz, der immer wieder gerne spazieren geführt wird, wenn es gilt aufmüpfige ArbeiterInnen einzuhegen und politisch zu entrechten. Da lugen Ihnen K. Adenauer und F.J. Strauss begeistert über die Schulter.



            Nur: In welchem Gesetz steht denn geschrieben dass politische Streiks verboten wären? Dieses Gesetz existiert doch gar nicht! Alles was es gibt ist ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes Freiburg aus 1952 (!). Dieses Urteil bezog sich ausdrücklich auf einen Streik in dortigen Zeitungsbetrieben und hatte betriebliche Mitbestimmungsrechte des BVG zum Thema.



            Exakt dieses Urteil eines regionalen Arbeitsgerichtes wird seither von konservativer Seite dazu benützt ArbeiterInnen das Streikrecht in politischen Belangen abzusprechen.



            Diese Verallgemeinerung verstößt gegen Grundgesetz, Europarecht, Völkerrecht und Menschenrechte - und hat, genau betrachtet, auch in Deutschland keine gesetzliche Grundlage.

            Aber so hätten sie es halt gerne, die ewig Gestrigen:



            "Vertrauet Eurem Magistrat, Der fromm und liebend schützt den Staat, Durch huldreich hochwohlweises Walten; - Euch ziemt es, stets das Maul zu halten."



            (Heinrich Heine - "Erinnerungen aus Krähwinkels Schreckenstagen")

  • Ich will jetzt niemandes Beruf wegdiskutieren. Aber in Sachen Personalmangel und Schichtarbeit muss ich sagen, dass ich schon vor vielen Jahren nciht verstanden habe, dass immer noch Menschen vorne in Zügen sitzen und sie "steuern". Wenn mich nicht alles täuscht ist eine der Tätigkeit dabei, in Abständen einen Knopf zu drücken, der signalisiert, dass der/die FahrerIn nicht eingeschlafen ist.

    Autonomes Fahren mag bei Autos noch seine Probleme haben. Aber warum brauche ich eine Person um einen Zug zu steuern, der auf Schienen fährt und hauptsächlich auf Signale von außen zu reagieren hat? Das kann ein Computer sicher besser. Dazu braucht es nicht mal KI.

    Dann könnte man sich um die anderen Jobs bei der Bahn kümmern und sie attraktiver machen. Vielleicht könnte man die sinnlosen hohen Vorstandsgehälter und Boni auch gut für sinnvollere Dinge nutzen.

    Ein nicht zu lösendes Problem bleibt allerdings, dass die Versäumnisse der letzten zig Regierungen nicht schnell aufgeholt werden können. Das marode und stark beschnittene Schienennetz wieder auf Vordermann zu bringen dauert unweigerlich lange. So lahmarschig wie in Deutschland gebaut wird, sowieso. (Bei uns in Bad Vilbel wird seit Jahren eine S-Bahn Teilstrecke von einer auf zwei Spuren verbreitert. Wohlgemerkt Teilstrecke von ein paar Kilometern. Wenn sowas schon 10+ Jahre dauert, mag man ahnen, dass die Pyramiden der Ägypter bei der Geschwindigkeit heute noch nicht fertig wären.

    • @Jalella:

      "Autonomes Fahren mag bei Autos noch seine Probleme haben. Aber warum brauche ich eine Person um einen Zug zu steuern, der auf Schienen fährt und hauptsächlich auf Signale von außen zu reagieren hat? Das kann ein Computer sicher besser. Dazu braucht es nicht mal KI."



      Theoretisch und auch eigentlich praktisch umsetzbar. Aber es gibt eben Situationen, die eben doch nur ein Mensch erfassen und erledigen kann. Es sieht zwar unspektakulär aus, was ein Zugführer macht, aber am Ende braucht es dann doch jemanden der ein Auge darauf hat, was von Sensoren und dem Computer nicht erfasst wird. Es braucht jemanden, der die Technik im Auge behält, wenn diese Streikt.



      Aus diesen Gründen setzen auch die technologisiertesten Städte weiter auf einen Zugführer. Selbiges übrigens beim Flugzeug, wo uns die Boeing 737 Max abstürze gezeigt haben, dass es wichtig ist jemanden vorne drin zu haben, der notfalls in die Technik eingreifen kann.

    • @Jalella:

      "Autonomes Fahren mag bei Autos noch seine Probleme haben. Aber warum brauche ich eine Person um einen Zug zu steuern, der auf Schienen fährt und hauptsächlich auf Signale von außen zu reagieren hat? Das kann ein Computer sicher besser. Dazu braucht es nicht mal KI."

      Autonomen ÖPNV gibt es seit Jahrzehnten. Die technischen Herausforderungen *im laufenden Betrieb* sind längst gelöst. Als ich als kleener Steppke mal in London war, wollte ich natürlich mit der DLR raus um mir das Cable Street Mural anzuschauen.



      Das lief schon sehr gut mit dem fahrerlosen Nahverkehr.

      Aber die Erfahrung zeigt: wenn es zu stochastischen Ereignissen kommt, die eine Fahrtunterbrechung erfordern, muss man Personal vor Ort haben, um das Problem anzugehen, bevor der Netztakt implodiert und alles stillsteht.



      Keine KI kann so etwas lösen, denn autonome Informationsverarbeitung klappt da schon super, aber der autonome Informations*erwerb* weiterhin nicht (das wäre *echte* Intelligenz, und erine Maschine die *nach eigenem Ermessen* "denken" kann, ohne sich drum zu scheren was die Menschen wollen, will so ziemlich kein Mensch[*]).

      Und selbst wenn eine KI alle theoretisch möglichen edge cases kennen würde, wären die Diagnosefähigkeiten trotzdem eingeschränkt (klemmt da ein Kantholz unter den Rädern oder ein Mensch?), und die Lösungsfähigkeiten sind in den meisten Fällen einfach nicht vorhanden. Eine KI kann bei Fahrtunterbrechung sehr gut feststellen *wo* das Problem liegt, aber nur sehr begrenzt, *was genau* das Problem ist, und kaum jemals, wie man es am schnellsten behebt.

      Insofern haben auch Systeme wie die DLR Personal an Bord. Nur dass da niemand fürs Fahren bezahlt wird, sondern (die meiste Zeit) fürs Rumsitzen, um im Fall einer Störung die Problembeseitigung anzupacken. Das ist nur marginal billiger als Fahrpersonal.

      [*] Man muss sich nur mal überlegen, welche Lösungsvorschläge so eine "echte KI" für das Klimaproblem geben würde.

  • Im Bereich der öffentlichen Verkehrsbetriebe sind die Ziele der Arbeitnehmer und der FFF möglicherweise idenentisch, nur richtig ist am Ende die Antwort des ITlers bei der Deutschen Bahn ("Aber warum die das mit Fridays for Future machen?"). Arbeitskampf ist Arbeitskampf und keine politische Bühne. Wenn das Ganze in Richtung eines politischen Streiks rückt verliert der Streik an Legitimation und es droht im schlimmsten Fall das Risiko, dass Arbeitnehmerrechte in den Hintergrund geraten. Daher sehe ich für die Arbeitnehmerschaft überhaupt keinen Gewinn in so einem Zusammenschluss.

    Im Übrigen geht dieser Zusammenschluss nicht über die Arbeitnehmerschaft der öffentlichen Verkehrsbetriebe hinaus.

    • @DiMa:

      Kenne ich von der Verdi. Immer mehr populistische politische Themen, insbesondere bei Betriebsversammlungen. Ging in die Hose, hat viele langjährige Gewerkschaftsmitglieder vertrieben.