Corona-Welle in Deutschland: Pirola auf dem Vormarsch

Die Zahl der Covid-Infektionen in Deutschland steigt wieder. Also zurück zu Maske und Abstand? Hier die wichtigsten Fragen und Anworten.

Menschen warten auf die U-Bahn.

Hier fühlt sich der Virus besonders wohl: Blick in die Berliner U-Bahn Foto: Sabine Gudath/imago

Alles schnieft und hustet – haben jetzt eigentlich alle Corona?

Aktuell ist die Zahl der Corona-Infektionen so hoch wie seit anderthalb Jahren nicht mehr. Zumindest legen das die verfügbaren Kontrollinstrumente nahe. In der Abwasserüberwachung steigt die Infektionslast seit Juni kontinuierlich an – der Höhepunkt ist offenbar noch nicht erreicht. Rund ein Viertel der Atemwegserkrankungen dürften laut Robert-Koch-Institut (RKI) Sars-CoV-2-Infektionen sein. Neben Corona kursieren aber auch noch die jahreszeitlich typischen Rhinoviren mit etwa genauso vielen Fällen. Außerdem nehmen seit zwei Wochen die RSV-Infektionen zu – vor allem bei kleinen Kindern ist das die häufigste Ursache für Atemwegserkrankungen und führte im vergangenen Winter zu extremen Belastungssituationen in den Kinderkliniken. Zusätzlich erwarten Me­di­zi­ne­r*in­nen für die kommenden Wochen auch noch den Beginn der Influenzawelle.

Wie ansteckend ist Corona noch mal?

Weiterhin gilt der Kontakt zu einer infizierten Person in einem Abstand bis zu 1,5 Metern beziehungsweise in schlecht belüfteten Innenräumen als besonders risikoreich. Die aktuell in Deutschland kursierenden Virusvarianten gelten teils als ansteckender als vorherige Varianten, schwerere Verläufe wurden aber bisher nicht beobachtet. Die Variante Pirola ist derzeit auf dem Vormarsch, sie kann mit ungewöhnlicheren Symptomen wie Hautausschlag und Hautreizungen einhergehen.

Sollte ich wieder Maske tragen?

Diese Entscheidung ist bis auf wenige Ausnahmen eine ganz individuelle. Eine Maskenpflicht gibt es grundsätzlich nicht mehr, medizinische und Pflegeeinrichtungen können eigene Regeln aufstellen. Angesichts des hohen Krankenstands müssen Be­su­che­r*in­nen und Mit­ar­bei­te­r*in­nen in ­einigen Kliniken wieder Maske tragen. Bundes­gesund­heits­minis­ter Karl Lauterbach hatte außerdem jüngst via Kurznachrichtendienst dazu aufgerufen, in Bus und Bahn „lieber noch mal Maske“ zu tragen. Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis empfiehlt Ri­si­ko­pa­ti­en­t*in­nen wie Lungenerkrankten und Menschen mit Transplantationen, sich mit Masken zu schützen.

Weihnachtsfeier und Co: Sind wir mit negativen Tests safe?

Sicherer als ohne Tests gewiss. Grundsätzlich sind Schnelltests für den Hausgebrauch aber unterschiedlich sensitiv und nicht so zuverlässig wie PCR-Tests. Vor allem vor dem Kontakt zu Ri­si­ko­pa­ti­en­t*in­nen wird eine Mehrfachtestung, möglichst mit unabhängig validierten Tests, empfohlen. Das gilt insbesondere für Menschen mit Erkältungssymptomen. Denen empfiehlt das RKI ohnehin, „drei bis fünf Tage und bis zur deutlichen Besserung der Symp­to­ma­tik zu Hause zu bleiben“. Seit dem 7. Dezember kann man sich wieder tele­fonisch von der Hausarztpraxis krankschreiben lassen – ab 18. Dezember soll das voraussichtlich auch für Eltern möglich sein, die ein krankes Kind zu Hause betreuen müssen.

Gibt es überhaupt noch Tests, und kann ich mich mit abgelaufenen Tests testen?

Offenbar müssen sich die Handelsunternehmen erst wieder darauf einstellen, dass es einen erhöhten Testbedarf gibt – die Schnelltests sind jedenfalls in manchen Geschäften ausverkauft. Aber in vielen Unternehmen und Privathaushalten liegen ja noch Tests aus Pan­de­mie­zeiten herum. Aufgrund der kurzen Haltbarkeit sind diese allerdings oft schon abgelaufen. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat eine Liste veröffentlicht, die für einzelne Testchargen eine mehr als ein Jahr längere erwartete Haltbarkeit ausweisen. Grundlage hierfür sind neuere Daten der Testhersteller. Grundsätzlich können sich die chemischen Komponenten der Tests mit der Zeit zersetzen. Abgelaufene Tests, für die keine längere Haltbarkeit nachgewiesen wurde, können daher zu Falschergebnissen führen.

Wie ist die Lage in den Krankenhäusern?

Wenn man mal von der grundsätzlichen Misere im Krankenhauswesen und dem zähen Ringen um eine Krankenhausreform absieht, ist die Versorgungslage noch relativ gut. Knapp 1.200 Menschen liegen laut Divi-Intensivregister derzeit mit Covid-19 auf der Intensivstation. Das sind weniger als etwa im Herbst 2022 – trotz mutmaßlich höherer Infektionszahlen. Laut Karagiannidis, Leiter des Divi-Registers, handelt es sich dabei zum überwiegenden Teil um ältere Menschen.

Schädigung des Immunsystems, Long Covid: Ist eine Infektion jetzt gefährlich oder nicht?

Me­di­zi­ne­r*in­nen gehen von einer guten Immunität in der Allgemeinbevölkerung aus – die allerdings nur vor schweren Verläufen schützt. Sie rufen dazu auf, dass sich Ri­si­ko­pa­ti­en­t*in­nen, also vor allem chronisch Erkrankte und ältere Menschen, auch jetzt noch (nach-)impfen lassen. Am besten auch gleich noch gegen Influenza. Für Risikopatient*innen, die sich akut mit Corona infiziert haben, stehen zum Beispiel antivirale Medikamente bereit, die einen schweren Verlauf verhindern können. Ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen sollten daher bei einer Corona-Infektion frühzeitig die Hausarztpraxis kontaktieren. Zu den möglichen Auswirkungen von Mehrfachinfektionen auf das Immunsystem und der Gefahr von Long-Covid-Erkrankungen gibt es noch keine eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Kann ich mit Infektion zur Arbeit gehen?

Es gibt kein Gesetz mehr, dass dies verbietet. Menschen, die sich krank fühlen, sollen natürlich zu Hause bleiben. Menschen, die (noch) keine Symptome haben, aber einen positiven Test oder direkten Kontakt zu einer infizierten Person, sollen bevorzugt im Home­office ­arbeiten, wenn ihnen dies möglich ist. Wer doch zur Arbeit muss, dem empfehlen Bundes­gesundheitsministerium und RKI die Einhaltung von Hy­gie­ne­regeln wie regelmäßiges Lüften, Händewaschen und Masketragen.

Kann noch eine gefährlichere Virusvariante um die Ecke kommen?

Derzeit gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Grundsätzlich gehen Ex­per­t*in­nen davon aus, dass wir uns in einem „pandemischen Zeitalter“ befinden – wie der Epidemiologe Hajo Zeeb diese Woche im taz-Interview ausführte. Deshalb sei es wichtig, die Coronakrise aufzuarbeiten und daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen – auch wenn sie inzwischen längst von anderen Krisen überlagert ist.

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