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Konferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag„Leuchtturm der Diplomatie“

Am Montag startet die zweite Staatenkonferenz zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag. ICAN und Linke fordern Baerbock zur Teilnahme auf.

Zu Oppositionszeiten konnte Annalena Baerbock dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag noch mehr abgewinnen Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) aufgefordert, am Montag nach New York zur zweiten Staatenkonferenz zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag zu reisen. „Die persönliche Teilnahme der Außenministerin wäre angesichts weltweiter nuklearer Aufrüstung eine Chance, ein Zeichen für Deeskalation und Entspannung zu setzen“, sagte Florian Eblenkamp, Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland, der taz. „Dieses Abkommen ist ein Leuchtturm der Diplomatie – gerade deshalb sollte Deutschland bei der Konferenz auf höchster politischer Ebene vertreten sein.“

Der Atomwaffenverbotsvertrag hat das Ziel, eine Welt ganz ohne Atomwaffen zu schaffen. Seit Januar 2021 in Kraft, verbietet er unter anderem den Einsatz, Besitz und Transit, die Lagerung und Stationierung von Atomwaffen. 93 UN-Mitgliedsstaaten haben den Vertrag inzwischen unterzeichnet und 69 ratifiziert. Die offiziellen und De-facto-Atommächte USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea gehören nicht dazu. Auch Deutschland hat nicht unterschrieben, weil die Bundesregierung der Auffassung ist, dass ein Beitritt nicht mit den sich aus der Mitgliedschaft im Nato-Bündnis ergebenden Verpflichtungen vereinbar wäre.

Gleichwohl hat die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag von 2021 vereinbart, an den Vertragsstaatenkonferenzen des Atomwaffenverbotsvertrages als Beobachter teilzunehmen und „die Intention des Vertrages konstruktiv (zu) begleiten“. Das geschieht bislang jedoch nur sehr niedrigrangig. So wurde die deutsche Delegation auf der ersten Konferenz Mitte Juni 2022 in Wien von dem Stellvertreter des Beauftragten der Bundesregierung für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle geleitet.

Auch bei der New Yorker Konferenz soll Deutschland nicht hochrangiger vertreten sein, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Linksfraktion hervorgeht. Danach wird an der vom 27. November bis zum 1. Dezember stattfindenden Veranstaltung „das Auswärtige Amt auf Ebene der Unterabteilungsleitung als Beobachter teilnehmen“.

Regierung soll weitere Schritte Richtung Abrüstung gehen

Sie begrüße es, dass die Bundesregierung „wenigstens mit Beobachterstatus an der Atomwaffenverbotskonferenz teilnimmt“, sagte die Linken-Abgeordnete Kathrin Vogler der taz. „Angesichts der Eskalation in der Ukraine und in Nahost wäre es aber dringend erforderlich, dass die Bundesregierung weitere Schritte hin zu nuklearer Abrüstung geht“, so die parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion.

Auch Vogler sprach sich für eine persönliche Teilnahme Baerbocks an der New Yorker Konferenz aus. Wenn die grüne Außenministerin es tatsächlich ernst damit meine, dass es dringend neuer Impulse für nukleare Abrüstung bedürfe, dann wäre das ein sinnvolles Zeichen. Besser noch wäre es allerdings, wenn Deutschland dem Beispiel der EU-Staaten Irland, Malta und Österreich folgen und den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen würde.

Als sie Grünen-Chefin und ihre Partei in der Opposition war, hatte Baerbock noch selbst gefordert, dass Deutschland dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten solle. „Das wäre die richtige Antwort auf Russlands Aufrüstung und amerikanische Alleingänge, die Frieden und Sicherheit in der Welt bedrohen“, sagte die heutige Außenministerin 2018 der Nachrichtenagentur AFP. Die Bundesregierung müsse zusammen mit den EU-Partnern „glaubwürdig“ für Abrüstung und Rüstungskontrolle eintreten. Daher sei es auch „richtig, Europas Teilhabe an der nuklearen Abschreckung der USA gegenüber Russland zu beenden“, so Baerbock seinerzeit. Denn alles andere befeuere das gefährliche Spiel des Wettrüstens.

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5 Kommentare

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  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Rede von Außenministerin Annalena Baerbock bei der 10. Überprüfungs­konferenz des Nuklearen Nichtverbreitungs­vertrages



    vom 01.08.2022:

    ""Seit über fünf Monaten verursacht Russlands Angriffskrieg Tod und Zerstörung in der Ukraine. Dieser Krieg ist ein Wendepunkt:

    Ein ständiges Mitglied des VN-Sicherheitsrats verstößt in eklatanter Weise gegen die VN-Charta und versucht, seinen kleineren Nachbarn zu unterwerfen. Mit dem Angriff auf ein Land, das seine Kernwaffen aufgegeben hat, verletzt Russland brutal die von ihm im Budapester Memorandum gegebenen Garantien.

    Und seit dem 24. Februar hat Russland wiederholt rücksichtslose nukleare Rhetorik eingesetzt, die alles aufs Spiel setzt, was durch den Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag in fünf Jahrzehnten erzielt worden ist. Es ist gut, dass eine große Mehrheit von Staaten Russlands Aggression und seine Signale in Bezug auf Nuklearwaffen verurteilt hat."""

    www.auswaertiges-a...newsroom/-/2545448

    Die Ukraine hat die Atomwaffen stationiert auf ukrainischem Gebiet an Russland zurück gegeben.

  • Man soll als Frau Baerbock als Beobachterin hinschicken? Beobachter können keine Impulse setzen.

  • Im Zeitalter von Leiten wie Putin, Trump und LePen sollte Deutschland mit Polen und den baltischen Staaten ein eigenes Atomwaffenprogramm auflegen anstatt solche Traumtänzereien zu betreiben. Mit Russlands Angriff auf die Ukraine ist die Idee einer atomwaffenfreien Welt gestorben, zur Erinnerung die Ukraine gab ihre Atomwaffen ab und bekam Sicherheitsgarantien, sie waren das Papier nicht wert auf dem sie standen.

    • @Machiavelli:

      Traumtänzerei ist es zu glauben, es könnte nicht irgendeiner der besagten Irren doch einmal auf den Gedanken kommen, auf "den Knopf" zu drücken!



      Selbst wenn ein nuklearer Angriff nur lokal erfolgen sollte (d.h. ohne Gegenschlag und weitere Eskalation), wäre ein Atomschlag ein Desaster für die komplette Menschheit aufgrund der globalen Verteilung der Radioaktivität (C134/C137).

      Es ist so: Kernwaffen gehören geächtet und verboten. Herstellung, Besitz und Gebrauch müssen geahndet werden.

      Dass es aktuell kein Gremium gibt, welches eine solche Regelung durchsetzen könnte, steht auf einem ganz anderen Blatt...

      Ein wichtiger Schritt dahin wäre, dass Deutschland ENDLICH ebenfalls den UN-Atomwaffenverbotsvertrag ratifiziert!

      • 0G
        06438 (Profil gelöscht)
        @Thomas Bauer:

        1.. Die Bundesrepublik besitzt keine Atomwaffen.



        2.. Die Ukraine hat Ihre Atomwaffen zurück gegeben.



        3..Sollte Trump die nächsten Wahlen gewinnen verliert die Bundesrepublik den Bündnisschutz durch die USA (Also auch das Gleichgewicht an Waffen welches seit 1945 Frieden in Europa produziert hat)



        4. Die Atomwaffen in Kaliningrad benötigen 4 Minuten um Berlin zu erreichen - wobei die Bundesrepublik nichts an Waffen besitzt - weder an Waffen zur Abwehr - noch Bedrohungspotential diesen Angriff von vornherein zu verhindern.

        Sind Sie sicher das die Bundesrepublik der richtige Ansprechpartner für Ihr Anliegen ist?