piwik no script img

Verbot von Hamas und SamidounSchlag gegen Israelhass

Schon vor drei Wochen war es angekündigt, nun erteilt Innenministerin Faeser ein Betätigungsverbot für die Hamas und Samidoun in Deutschland.

Eine von Samidoun organisierte Pro-Palästinensische Demonstration in Berlin Foto: M. Golejewski/AdoraPress

Berlin taz | Bundeskanzler Olaf Scholz hatte es schon vor drei Wochen angekündigt, am Donnerstag meldete Bundesinnenministerin Nancy Faeser nun Vollzug: Die Sozialdemokratin verkündete ein Betätigungsverbot für die Hamas und ein Vereinsverbot für die antiisraelische Gruppe Samidoun in Deutschland.

„Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz“, erklärte Faeser. Die Hamas habe das Ziel, Israel zu vernichten. Samidoun weise ein „antisemitisches, menschenverachtendes Weltbild“ auf. Deren spontanen Jubelfeiern nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober in Israel sei „widerwärtig“. Der Rechtsstaat gehe hier „mit der ganzen Härte“ vor.

Durchsuchungen oder Festnahmen erfolgten zunächst nicht. Ab sofort sind nun hierzulande Aktivitäten für die beiden Gruppen verboten, genauso wie das Verwenden von deren Symbolen. Wenn An­hän­ge­r*in­nen dagegen verstoßen, machen sie sich strafbar. Im Fall der Hamas erfolgte kein komplettes Organisationsverbot, weil die Gruppe eine ausländische Organisation ist.

Die Hamas war bisher in Deutschland nicht verboten, weil sie hierzulande keine feste Struktur besitzt. Der Verfassungsschutz rechnet der Gruppe in Deutschland rund 450 Un­ter­stüt­ze­r*in­nen zu. Die Bundesrepublik werde von der Hamas vor allem als Rückzugsraum und für Spendensammlungen oder die Rekrutierung neuer An­hän­ge­r*in­nen genutzt, so der Geheimdienst. Auch die Bundesanwaltschaft stuft die Hamas als terroristische Vereinigung ein.

Auch die Gruppe Samidoun hat hierzulande keine feste Gruppenstruktur und soll nur wenige Dutzend Ak­ti­vis­t*in­nen haben – die aber sehr umtriebig sind. Samidoun geriet schon am Tag des Hamas-Massakers in den Fokus, als Anhänger in Berlin-Neukölln Baklava verteilten. Auf Social-Media-Kanälen wurde dies als „Feier des Sieges des Widerstands“ bezeichnet.

Samidoun feiert „heldenhaften Widerstand“ der Hamas

Den Terror der Hamas bejubelt die Gruppe bis heute als „heldenhaften Widerstand“ gegen „koloniale zionistische Gewalt“. Immer wieder wird auch die Parole verwendet, dass Palästina „vom Fluss bis zum Meer“ reichen müsse – was auf eine Beseitigung Israels abzielt.

Samidoun wurde 2011 in den USA gegründet und unterstützt palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen. Die Gruppe ist mit der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) verbandelt, die von Sicherheitsbehörden als terroristisch eingestuft wird. Zumindest in Israel gilt auch Samidoun selbst als terroristisch.

In Deutschland hatte die Gruppe zuletzt bundesweit zu antiisraelischen Protesten aufgerufen. Für Samstag tut sie das auch für eine Großdemonstration in Berlin. Samidoun hatte bereits nach der Verbotsankündigung erklärt, das Verbot rechtlich anfechten und „standhaft bleiben“ zu wollen.

Mit verboten sind nun allerdings die Samidoun-Teilorganisationen „Hirak – Palestinian Youth Mobilization“ und „Hirak e. V.“. Das Netzwerk richte sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung, befürworte Gewalt und gefährde das friedliche Zusammenleben in Deutschland, heißt es in der Verbotsverfügung.

Bundestag fordert weiteres Verbot

Der Bundestag hatte am selben Tag, als Scholz die Verbote ankündigte, diese ebenso eingefordert. Zugleich forderten die Abgeordneten auch ein Verbot des Islamischen Zentrums in Hamburg, das als verlängerter Arm des Iran gilt – der die Hamas unterstützt. Dieses Verbot erfolgte nun nicht. Es gilt auch als schwieriger umzusetzen. Der Verein, der die schiitische „Imam Ali-Moschee“ betreibt, bezeichnet sich als religiöse Einrichtung, die politisch „neutral“ sei und für Frieden eintrete.

Bereits 2020 war die Hisbollah, die im Libanon agiert, in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegt worden. Damals kam es auch zu Durchsuchungen in mehreren Bundesländern und der Einziehung von Vermögen der Gruppe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

24 Kommentare

 / 
  • Das ist sehr gut, kommt aber viel zu spät.



    Die Überschrift ist auch völlig naiv. Den Hass wird das nicht bremsen.

  • Endlich.

  • also ist hass auf israel das gleiche wie antisemitismus? ich glaube, übertragen auf andere länder kann da noch einiges an kritikverboten kommen.... besonders unter dem gesichtspunkt dass in israel millionen anderer religionszugehörigkeiten und atheisten leben. der entscheid ist pure willfährigkeit ggü. netanjahu und seiner wirtschaftsspielereien. aber klar.. es könnte auch eine pflicht zur israelliebe etc. kommen....

    • @Mohammed Wasiri:

      "also ist hass auf israel das gleiche wie antisemitismus?"



      Ja!

    • @Mohammed Wasiri:

      Ja, Hass (also nicht berechtigte sachliche Kritik an manchen Zuständen dort) auf Israel ist Antisemitismus. Punkt.

    • @Mohammed Wasiri:

      Solidarität mit den Palästinensern bedeutet gerade, dass faschistische Terror-Organisationen wie Hamas, Hisbollah etc. mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden müssen!



      Denn sind keine „Freiheitskämpfer“.



      Es sind zutiefst rassistische Fanatiker, die unter dem Deckmantel einer „Religiosität“ einen Genozid beabsichtigen wie auch die Errichtung eines faschistischen Systems wie im Iran oder Afghanistan.

    • @Mohammed Wasiri:

      Dann erläutern Sie doch mal, was genau „Hass auf Israel“ bedeutet und gegen wennschon dieser Hass genau richtet.



      Vielleicht beantwortet das Ihre Frage bereits.

    • @Mohammed Wasiri:

      👍👍 Die Menschen & Bürger der Staaten sind NICHT deren Regierungen - denken Sie an Deutschland...

    • @Mohammed Wasiri:

      Ach kommen Sie. In Deutschland wurden deutsche jüdische Enrichtungen angegriffen die defacto gar nix mit den Staatsgebilde Israel zu tun haben.

      Also ja, für einige aus der muslimischen Gemeinschaft gilt Jude=Israel.

      Das ist bitter, es ist aber so. Wenn Siedas nicht sehen wollen dann möchten Sie es nicht sehen. Oder Sie lesen keine Zeitung.

    • @Mohammed Wasiri:

      Was hier verboten wird ist das offene ausleben von genozider hassideologie die dem nazitum in nichts nachsteht.

  • Wer auf Verständigung statt auf Hamas setzt, kann das Verbot nur begrüßen. Alle anderen sollen ja nur eine kleine Minderheit unter den Migranten sein

  • Soll das ein Witz sein?

    Hamas, schon seit 2001 von der EU als Terror-Organisation eingestuft, erhält jetzt endlich ein Betätigungsverbot in Deutschland? Heißt das jetzt ernsthaft, dass die über mehr als 20 Jahre hier in Deutschland unbehelligt ihr Unwesen treiben durften?

    Das wäre nichts anderes als staatlich geduldeter eliminatorischer Antisemitismus. Aber der hat in Deutschland ja leider eine sehr lange Tradition, und nicht nur bei den Rechtsextremisten.

  • Gute Entscheidung!



    Nur die Begründungen in diesem unseren Land wie immer ganz schlimm.



    'Antisemitismus hat in DE keinen Platz'. Dann macht was, dass da kein Platz ist! Nazikonzerte, Nazidörfer, Aufmärsche, Hassprediger und deren Rückzugszonen, usw. mal aufmischen, täglich! Deren Freiräume einschränken, überall!



    Dann würde ich derlei Sätze auch faktisch gut finden, mit Leben und Inhalt gefüllt, und nicht nur emotionsunterstützend.

    • @Tom Farmer:

      Danke! Ich kann diese Slogans auch nicht mehr hören. In Deutschland ist offensichtlich sehr viel "Platz" für Antisemitismus.

  • Die Akteure dieser Mordlustigen werden damit leider nicht verschwinden. Mögen die Behörden ein Auge auf diese Leute haben. Auch wenn die Organisation nun verboten ist, die Strukturen werden bestehen bleiben.

  • „Im Fall der Hamas erfolgte kein komplettes Organisationsverbot, weil die Gruppe eine ausländische Organisation ist.“ Samidoun ist meines Wissens nach nicht mal ein Verein, oder eine Organisation, sondern ein internationales Netzwerk.

  • 👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼👍🏼

  • "Immer wieder wird auch die Parole verwendet, dass Palästina „vom Fluss bis zum Meer“ reichen müsse – was auf eine Beseitigung Israels abzielt."



    Über diese Interpretation streiten sich die Geister, siehe dazu: www.theguardian.co...n-israel-palestine

    • @Rinaldo:

      Dann schauen sie sich Artikel 7 der Gründungscharta der Hamas an, dann scheiden sich auch die Geister nicht mehr.

    • @Rinaldo:

      Sie wissen aber schon das für Codes, die etwas Abscheuliches fordern, bewusst zweideutige Aussagen genutzt werden, bei denen auch andere Interpretationen möglich sind. Das ist ja Sinn dahinter.

      Jeder weiß was es bedeutet, aber man hat etwas hinter dem man sich offiziell verstecken kann.

    • @Rinaldo:

      überzeugt nicht: wenn Anhänger der israelischen Siedlungspolitik den Satz von Netanjanhu zitieren würden und durch die Staßen ziehen mit "from the river to the sea, jewish land this will be" - würde man es auch so verstehen, dass man die Palästinensergebiete sich einverleiben will.

  • Vor drei Wochen angekündigt? Ich kenne das eigentlich so, dass solche Verbote mit Tag der Ankündigung umgesetzt werden um mit gleichzeitigen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahme des Vermögens eine Zerschlagung und Beweissicherung sicher zu stellen. Frau Faeser, was ist bei ihnen los, dass sie das 3 Wochen vorher ankündigen und trotzdem nichts unternehmen? Diese Regierung ist ein Totalausfall.

    • @Arno Dittmer:

      Olaf Scholz hat das angekündigt. 3 Wochen für ein Gesetz finde ich sehr schnell. Ich will nicht in einem Land leben in dem der Präsident morgens bestimmt was es mittags für Gesetze gibt.

      • @Tam Tam:

        Tam Tam das ist kein Gesetz. Das hat Frau Faeser verfügt und wird normal am Tag der Verfügung umgesetzt mit entsprechenden Hausdurchsuchungen und Vermögensbeschlagnahmungen. Eine Vorankündigung hat es in solchen Fällen noch nie gegeben. (z.B. Verbot von Rockerclubs etc.)