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Haushaltsentwurf der BundesregierungLindners Plan der Widersprüche

Hannes Koch
Essay von Hannes Koch

Der Entwurf des Finanzministers für den Haushalt 2024 ist realitätsfremd. Er bildet weder die ökologischen noch die ökonomischen Herausforderungen ab.

Wofür wir Geld ausgeben, sagt viel über uns als Gesellschaft aus Illustration: Kantja Gendikova

E s wird zu wenig über Geld geredet. Im privaten Bereich sowieso: Wer ist schon bereit, seinen Freun­d:in­nen ehrlich mitzuteilen, wie viel man verdient? Man möchte sich nicht schämen müssen, will Konventionen nicht verletzen oder hat Angst vor Neid. Ganz heikel kann es werden, wenn eine Erbschaft vom Himmel fällt – was hierzulande oft vorkommt, vor allem in Westdeutschland. Viele sind reich, ohne es sich einzugestehen.

Wer eine Eigentumswohnung im Wert von 600.000 Euro besitzt, gehört schon zu den reichsten 5 Prozent der Bevölkerung. Das ist politisch relevant. Nicht sprechen bedeutet nicht wissen. Und die eigenen materiellen Verhältnisse im Ungefähren zu lassen, korrespondiert mit der Unfähigkeit, die öffentlichen Finanzen zu verstehen. Wer kann schon zwei, drei Basisdaten des Bundeshaushalts nennen, der Anfang September im Bundestag diskutiert wurde?

Sein Volumen, den Anteil der Sozialausgaben, der Subventionen für Unternehmen, der Investitionen in öffentliche Infrastruktur? Dabei spiegeln sich die großen gesellschaftlichen Debatten in den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben des Staates wider. Wofür geben wir gemeinsam Geld aus, welche Ziele wollen wir damit erreichen, wie soll unser Land in 20 Jahren aussehen? Zahlen können nerven, vor allem so große, schwer zu fassende wie Milliarden Euro. Dabei sagen sie so viel.

Die Regierung leistet sich umweltschädliche Subventionen und streicht 200 Millionen Euro Sozialausgaben für Langzeitarbeitslose

Zwei kleine Beispiele: Einerseits wollen die Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP 200 Millionen Euro im Haushalt 2024 kürzen. 200 Millionen Euro, die im laufenden Jahr noch für Programme ausgegeben werden, um Langzeitarbeitslose für neue Tätigkeiten zu befähigen. So dürfte es für viele Menschen noch schwerer werden, ins Berufsleben zurückzufinden, und das ausgerechnet in einer Zeit, da Mangel an Beschäftigten herrscht.

Steuerfreies Kerosin

Andererseits verzichtet die Bundesregierung komplett auf die Besteuerung von Kerosin, das Flugzeuge als Treibstoff tanken. Ausweislich einer Berechnung des Umweltbundesamts gehen dem Staat dadurch bis zu 8 Milliarden Euro pro Jahr verloren. Nebenbei verursacht das erhebliche Umweltschäden, weil die Flugunternehmen weniger Anreiz zum Spritsparen haben. Die Regierung leistet sich eine umweltschädliche Subvention der Fliegerei, während sie für 200 Millionen Euro Sozialausgaben zugunsten Langzeitarbeitsloser nicht genug Geld zu haben meint.

Dieser Widerspruch – einer von vielen – findet sich im Haushaltsplan 2024, den Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kürzlich mit der Ansage vorstellte, die Zeit des großzügigen Geldausgebens müsse nun vorbei sein. Nach der hohen Verschuldung der Jahre 2020 bis 2022, ausgelöst durch die Coronapandemie und den russischen Angriff auf die Ukraine, solle jetzt wieder finanzielle Disziplin herrschen. Aber spart Lindner – und mit ihm die Ampelkoalition – nicht am falschen Ende?

Die Sparpolitik scheint aktuell ohnehin nicht zum Ziel zu führen. Während der Finanzminister auf der einen Seite ein paar kleinere Streichungen durchsetzt, soll der Haushalt von Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) im kommenden Jahr trotzdem auf fast 172 Milliarden Euro wachsen. Das sind etwa 5 Milliarden Euro mehr als 2023. So macht Heils Etat dann fast zwei Fünftel des gesamten Budgets aus, welches insgesamt 446 Milliarden Euro umfasst.

Nur die Inszenierung einer Sparpolitik

Die Gründe für die Anhebung: unter anderem höhere Zuschüsse an die Rentenversicherung und zusätzliche Ausgaben für das Bürgergeld, das Hartz IV abgelöst hat. Die öffentlich breit diskutierten Kürzungen im Sozialbereich, unter anderem bei der Förderung Langzeitarbeitsloser, werden also durch Mehrausgaben an anderer Stelle mindestens ausgeglichen. Das ist kein sozialer Kahlschlag, sondern eher die Inszenierung einer vermeintlichen Sparpolitik.

Der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 ist nicht auf der Höhe der Zeit. Statt die Ausgaben massiv zu senken, wäre an entscheidenden Stellen mehr Geld nötig. Denn die globalen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen bilden sich in der augenblicklichen Haushaltspolitik nicht ausreichend ab. So sollen in der Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine die hiesigen Ausgaben für Militär und äußere Sicherheit dauerhaft auf 2 Prozent der Wirtschaftsleistung wachsen, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unlängst wieder im Bundestag.

Im Vergleich zu heute wären das über 30 Milliarden Euro mehr pro Jahr. Augenblicklich enthält der Etat von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) 52 Milliarden Euro. Noch kann er die fehlenden Mittel aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen für die Bundeswehr bestreiten. Auf Dauer jedoch wird das nicht reichen. Dann sind sehr hohe zusätzliche Beträge nötig. Doch ein Plan dafür existiert nicht einmal ansatzweise.

Parallel zum Krieg sortiert sich auch die Geopolitik neu. In Frontstellung zu Russland und China sowie in Konkurrenz zu den USA strebt die Europäische Union eine gewisse Selbstversorgung mit strategischen Produkten an. Deshalb erhalten plötzlich ausländische Unternehmen, die in Deutschland Computerchips, Elektrobatterien oder Solarzellen herstellen wollen, Milliarden Euro Subventionen – eine teure, wenngleich nötige Politik, um die ökonomischen Souveränität in Konfliktfällen zu gewährleisten.

Investitionsbedarf: 100 Milliarden Euro

Die geplante Transformation zur Klimaneu­tra­lität kommt hinzu. Bis 2045, in nur 22 Jahren, soll sie nahezu abgeschlossen sein. Stahlhersteller wie Salzgitter oder Thyssenkrupp, die vom Brennstoff Kohle auf grünen Wasserstoff umstellen, unterstützt die Bundesregierung ebenfalls mit gigantischen Beträgen. Noch lässt sich das benötigte Kapital aus dem teilweise kreditfinanzierten Klima- und Transformationsfonds des Wirtschaftsministeriums bestreiten, doch mittelfristig könnten dessen eigene Einnahmen hinter den Ausgaben zurückbleiben.

Schon jetzt beziffern Wirt­schafts­for­sche­r:in­nen den zusätzlichen Investitionsbedarf des Bundes auf eine Größenordnung von 100 Milliarden Euro jährlich. Das ist ungefähr die doppelte Summe dessen, was Finanzminister Lindner in den kommenden Jahren als Investitionen anpeilt. Wo die fehlenden Mittel herkommen könnten, weiß in der Ampelregierung augenblicklich niemand.

Dieser Mechanismus würde sich freilich anbieten: Investitionen des Bundes und der Länder könnten von der Schuldenbremse im Grundgesetz ausgenommen werden. Setzte man gleichzeitig eine Obergrenze der jährlichen Investitionsverschuldung von beispielsweise 1 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt fest, würde die Gesamtverschuldung wohl nicht zunehmen. Denn man kann davon ausgehen, dass die Wirtschaft im Trend um mehr als 1 Prozent zulegt – stärker als die Zunahme der Kredite.

Die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen bliebe gewahrt. Wobei die Lage auch heute nicht besorgniserregend erscheint. Trotz Pandemie und Krieg liegt die deutsche Staatsverschuldung bei 67 Prozent der Wirtschaftsleistung, was der mit Abstand niedrigste Wert der reichen Staaten der G7-Gruppe ist. Ein zweiter Weg könnte darin bestehen, die umweltschädlichen Subventionen zu verringern. Neben der Steuerbefreiung für Kerosin finden sich im Bericht des Umweltbundesamts (UBA) zahlreiche eindrucksvolle Posten.

30 Milliarden könnten aus dem Verkehrsektor kommen

Weil beispielsweise Diesel niedriger besteuert wird als Benzin, leistet sich der Staat eine jährliche Mindereinnahmen von rund 8 Milliarden Euro. Die Begünstigung von Dienstwagen von Unternehmen schlägt mit rund 3 Milliarden Euro zu Buche. So bezifferten die UBA-Expert:innen die gesamten Steuerverluste allein im Verkehrssektor mit rund 30 Milliarden Euro. Sicherlich stellte der Entzug dieser Vergünstigungen zusätzliche Belastungen für die Au­to­nut­ze­r:in­nen dar.

Angesichts der Finanzierungserfordernisse könnte die Regierung aber mindestens erwägen, die Subventionen nach und nach abzuschmelzen. Das stünde auch im Einklang mit der Transformationslogik zur Klimaneutralität. Die Debatte über diese Vorschläge ist allerdings nicht neu. Und bisher verlief sie fruchtlos. Denn eine Spar-Partei – Union oder FDP – sitzt immer in der Bundesregierung.

Den Abbau umweltschädlicher Subventionen lehnen die Konservativen und Liberalen weitgehend ab, weil es sich um Steuererhöhungen handele – was ja auch stimmt.

Klein-Klein-Sparpolitik, eine Milliarde Soziales hier-, eine andere dorthin, gepaart mit der Behauptung, es gäbe keine finanziellen Spielräume, erscheint ihnen offenbar als die leichtere Alternative. Aber selbst bei SPD und Grünen sind manche Po­li­ti­ke­r:in­nen nicht davon überzeugt, dass es eine gute Idee wäre, die Schuldenbremse aufzuweichen.

Ein politisches Geschäft machen

Vielleicht aber ließe sich die blockierte Diskussion verflüssigen, indem man ein politisches Geschäft macht: Steuersenkungen für Unternehmen im Gegenzug für die Ausweitung der staatlichen Einnahmen bei Subventionen und Krediten. Die im internationalen Maßstab vergleichsweise hohen Sätze der hiesigen Gewinnsteuern für Firmen brennen den Wirtschaftspolitikern von Union und FDP unter den Nägeln.

Während hierzulande viele Kapitalgesellschaften über 30 Prozent zahlen, haben Staaten wie USA, Frankreich und Großbritannien ihre Abgaben auf 26 Prozent und weniger gesenkt. Dass Deutschland nachzieht, könnte auch die gegenwärtige Wirtschaftsschwäche mildern und ein positives Zeichen für einen Aufschwung senden.

Jedenfalls erscheint dringend nötig, auf neue Art über Geld zu reden, privat und öffentlich. Gerade Erbschaften sind so ein Schnittstellen-Thema. Gerade wer viel erbt, wird hierzulande erstaunlich niedrig besteuert. Sollten wir uns das leisten? Sparpolitik in Bund, Ländern und Kommunen bedeutet heute, künftigen Wohlstand, Sicherheit und Selbstbestimmung aufs Spiel zu setzen.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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11 Kommentare

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  • Ein wesentlicher Aspekt der öffentlichen Finanzen wird hier gar nicht erwähnt: nämlich der inzwischen höchst ungesunde Staatsanteil am BIP insgesamt. Digitalisierung von Verwaltungsleistungen, Bürokratieabbau und Streichen überflüssiger gesetzlicher Regulierungen könnte insgesamt den Staatskonsum deutlich senken. Daneben wäre ein weiterer Effekt zu erwarten, der für die Gesamtwirtschaft sehr wichtig ist - nämlich die Freisetzung von Arbeitskräften aus dem Öffentlichen Dienst, die dann endlich wieder dem produktiven Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen würden. Dass insbesondere beim Abbau von Subventionen reichlich Luft nach oben besteht, ist eine Binsenweisheit, trotzdem sollte man dieses Thema in der Tat auch angehen. Es ist allemal besser, Staatsausgaben zu senken und den Staatsanteil am BIP insgesamt zurückzufahren, als durch noch höhere Besteuerung noch mehr Einnahmen zu generieren, die dann wahrscheinlich noch ineffizienter verwendet werden. Die Abgabenlast ist bereits jetzt die zweithöchste unter den OECD-Staaten, eine Stellung als Spitzenreiter ist nicht wünschenswert.

  • In der Überschrift wird Lindner angegriffen. In Wahrheit ist es ein Armutszeugnis der Ampel. Das hätte gern mal erwähnt werden dürfen.

    Der Teufel steckt im Detail und die hier aufgelisteten Milliarden ließen sich im Einzelfall vermutlich viel schwerer generieren als der Artikel vermuten lässt. Die Lufthansa - und natürlich alle anderen - tankt dann einfach mehr im europäischem Ausland auf, der Unternehmer mit dem PKW führt auf einmal Fahrtenbuch.



    Ach ja, ein Arbeitnehmer mit langem Fahrtweg führt mal einen Streit um die 30 cent Werbungskosten pro Kilometer, geht vor den BFH und bekommt recht...

    Linke träumen sich hier gern reich. Wie Grüne und SPD wiedergewählt werden wollen, wenn sie massiv ans Auto gehen, haben sie auch noch nicht erzählt. Die FDP wäre vermutlich nicht mal mehr auf dem Wahlzettel.

  • Unternehmenssteuersenkungen haben noch nie zu mehr Investitionen geführt. Nur zu mehr Entnahmen der Eigner, Dividendenausschüttungen oder Investitionen am Finanzmarkt..



    Wer seinen Firmensitz in der richtigen Gemeinde hat kommt jetzt schon auf unter 30% Steuern. 15% Körperschaftsteuer plus Gewerbesteuer und die ist bei den günstigen Gemeinden bei 7 % bis 13 % Gesamtbelastung einer GmbH 22% bis 28%, in München wirds allerdings teurer.

    • @nutzer:

      Das ist bestenfalls die halbe Wahrheit. Beschrieben worden ist ersteinmal die Grundbesteuerung, für Gelder, die in der GmbH bleiben. Sprich, wenn es reinvestiert wird.

      Sofern das Geld entnommen wird fallen noch einmal, auf das bereits besteuerte Geld, 20% an. Also bleiben von ursprünglich 1000 Euro verdient 700 Euro zum ausschütten. Davon gehen weitere 140 Euro (20%) runter. Die Steuer beträgt also rund 440 Euro bzw. 44%.

      • @Mangahn:

        das ist dann aber keine Unternehmensbesteuerung mehr, um die es hier geht. Das ist dann Kapitalertragssteuer analog zur Einkommenssteuer und ist eine personenbezogene Steuer.



        Kapitalertragsteuer ist pauschal 25% egal wieviel Geld entnommen wird. Auch bei sehr hohen Beträgen, für die sonst der Spitzensteuersatz gelten würde. Wessen GmbH viel ausschütten kann fährt so also mit Kapitalertragssteuer in jedem Fall besser.



        Aber eine Kapitalgesellschaft ist auch nicht zum Geld ausschütten gedacht, wenn es darum geht, ist eine Personengesellschaft besser geeignet oder eben eine GmbH Co KG.



        Sicher muß eine Kapitalgesellschaft das verdiente Geld wieder investieren, das ist ja auch Sinn und Zweck einer Unternehmung, ein fortlaufender Geschäftbestrieb, bei dem nur die Überschüsse die für das eigene Auskommen benötigt werden ausgeschüttet werden.



        Es geht nicht ums Steuernsparen (eigentlich nicht). Eine GmbH gründen 28% Steuern zahlen und dann aufs eigene Konto, während andere ESt zahlen, das wäre etwas merkwürdig.



        Wenn`s ums Geld auf dem eigenen Konto geht, dann ist jede Personengesellschaft geeigneter.

        • @nutzer:

          Soweit richtig. Aber das macht Ihren ersten Kommentar recht... widersinnig, oder?

          • @Mangahn:

            wieso?



            Eine Kapitalgesellschaft ist eine eigenständige juristische Entität. Deshalb geht es nicht primär darum, die Eigner zu bedienen, sondern das Firmenvermögen zu mehren. Und da sind rund 30% Steuern eben sehr wenig. Eine Kapitalgesellschaft hat sehr viel Geld zur Investition zur Verfügung, mehr als jede personengebundene wirtschaftliche Aktivität.



            Die Erfahrung zeigt aber, dass Firmen bei Steuererleichterungen nicht vermehrt in die Realwirtschaft investieren, sondern vermehrt im Kapitalmarkt, warum? Weil die Gewinne dort größer sein können, schneller erzielbarer sind und die Besteuerung der Gewinne noch geringer als die Körperschaftssteuern als bei realwirtschaftlicher Aktivität, über Holdingstrukturen lässt sich die Steuerlast weiterhin extrem drücken. Daraus nun zu schließen die Kapitalgesellschaften noch weiter entlasten zu müssen ist absolut falsch.



            Geringbesteuerte Gewinne verleiten zur Spekulation, höher besteuerte Gewinne zu Realinvestitionen. Firmen die mit ihrer Substanz auch weiterhin sichere Gewinne einfahren können, stagnieren. Firmen die gezwungen sind neue Umsatzmodelle zu erschließen, weil die Gewinne stärker abgeschöpft werden, investieren. Das schafft Arbeitsplätze.

  • Lindner ist nicht da, wo er ist, weil er besonders kompetent wäre. Sondern weil er eine mächtige Interessensgruppe vertritt (deren Interessen mit denen der Gesamtgesellschaft leider nicht immer deckungsgleich sind).

    Und oh, @SEPPW: tja. Ohne Steuererhöhung wird's wohl nicht gehen. Ich würde ja bevorzugen, die zu besteuern, die viel haben und nichts tun als die, die wenig haben und viel tun: die Ungleichheit der Einkommen, aber vor allem die der Vermögen hat in Deutschland (wie überall sonst auch) in den letzten fünfzig Jahren monströs zugenommen.

    Wenn wir nicht gegensteuern können wir unsere schönen liberalen Demokratien alle in der Pfeife rauchen.

    Die Anfänge davon erleben wir gerade.

    • @tomás zerolo:

      Lindner ist nicht da, wo er ist, weil er besonders kompetent wäre. Sondern weil er eine mächtige Interessensgruppe vertritt (deren Interessen mit denen der Gesamtgesellschaft leider nicht immer deckungsgleich sind).

      Der ist mal recht geil, der Absatz.^^ Darf ich den für Habeck und für die andere unsägliche klauen?

      Über Scholz, den besten Bundeskanzler aller Zeiten, kann man das ja nicht sagen. Der ist nur da, weil die anderen beiden einfach noch unwählbarer waren.

      • @Mangahn:

        "ine mächtige Interessensgruppe vertritt (deren Interessen mit denen der Gesamtgesellschaft leider nicht immer deckungsgleich sind)."



        ich würde glatt sagen, sie decken sich nie!

        Lindner betrachtet Wirtschaft aus der Einzelperspektive, aus der Sicht der Lobby, die am IST Zustand interessiert ist, nicht aus der gesamtwirtschaftlichen Perspektive. Nur die makronomische Sicht auf die Wirtschaftsprozesse kann im gesamtgesellschaftlichen Interesse sein. die Interessen der Einzelwirtschaft, sind immer Partikulärinteressen, nicht grundweg falsch, aber das ist immer in Hinsicht auf die Gesamtheit hin zu bewerten.

  • "Dieser Mechanismus würde sich freilich anbieten: Investitionen des Bundes und der Länder könnten von der Schuldenbremse im Grundgesetz ausgenommen werden. Setzte man gleichzeitig eine Obergrenze der jährlichen Investitionsverschuldung von beispielsweise 1 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt fest, würde die Gesamtverschuldung wohl nicht zunehmen. Denn man kann davon ausgehen, dass die Wirtschaft im Trend um mehr als 1 Prozent zulegt – stärker als die Zunahme der Kredite."

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    Und was ist wenn dieses Szenarion icht eintritt ? Wenn im Zuge der gepriesenen Transformation die industriellen Schwergewichte Chemie und Automobil mit 1,5 Mio. Arbeitsplätzen in Deutschland nicht mehr vertreten sein werden bzw. sein können ? Woher soll dann das Wachstum kommen um Jahr für Jahr zuverlässig Kredite aufnehmen zu können...bzw. um, was viel wichtiger ist, die Zinsen zuverlässig zahlen zu können ? Wer soll das in Zukunft wuppen ? Irgendwelche CoWorkingSpace-App-Software-Stuben in einem Berliner Loft ?

    Oder ist absehbar das schon jetzt vorsichtshalber darüber nachgedacht werden muss wie man an Geld rankommt, wenns mit dem immerwährend steigenden BIP nicht so richtig funktioniert ? Erbschaften so kräftig besteuern bis es kracht, jeden der eine Immobilie besitzt pauschal als "Reich" deklarieren und kräftig zulangen, Pendlerpauschalen streichen, Steuersatz für Diesel angleichen etc. Ich hätte da noch mehr Ideen...zB. kräftig einen Schluck aus der Pulle "private Altersvorsorge" nehmen. Ist schließlich auch den "Reichen" vorbehalten und gehört als Solches auch deklariert.

    Was eine tolle "Umverteilung".