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Fossile Staatshilfen bremsen KlimaschutzWo bleibt die Energiewende?

Hohe Subventionen fließen in fossile Industrie. Eine klimafreundliche Reform könnte zehn Milliarden Euro sparen, zeigt eine neue Greenpeace-Studie.

Hohe Subventionen fließen auch in Deutschland weiter in fossile Industrie Foto: Patrick Pleul /dpa

Berlin taz | Deutschland investiert knapp sechsmal so viel Steuergeld in klimaschädliche Subventionen für die Industrie wie in den klimafreundlichen Umbau. Das zeigt eine neue Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e. V. (FÖS), die im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace durchgeführt wurde. Während mehr als 16 Milliarden Euro pro Jahr in fossile Geschäftsmodelle flossen, stünden gerade einmal 2,8 Milliarden Euro an Fördermitteln für mehr Klimaschutz zur Verfügung.

Etwa 10 Milliarden Euro entfallen laut den Berechnungen auf Entlastungen im nationalen und europäischen Emissionshandel. Die Stromproduktion fossiler Energieträger wird darüber hinaus mit jährlich knapp 3,8 Milliarden Euro begünstigt. Hinzu kommen Steuerentlastungen für den Einsatz fossiler Energieträger, die sich auf 2,2 Milliarden Euro pro Jahr summieren.

Insbesondere Großunternehmen aus den Branchen Eisen und Stahl, Metalle, Chemie, Zement, Papier und Raffinerien profitieren von den Staatshilfen. So erhielten allein bei der Stromsteuer die Konzerne Thyssen Krupp, Linde Gas sowie BASF 2021 Vergünstigungen von je bis zu 60 Millionen Euro. „Milliardengeschenke an die Industrie für billigere fossile Energie verteuern und blockieren den klimagerechten Wandel der Wirtschaft“, kritisierte Bastian Neuwirth, Greenpeace-Experte für Klima und Energie.

„Im Ringen um den Bundeshaushalt 2024 sollte der Abbau klimaschädlicher Subventionen an erster Stelle stehen“, so Neuwirth. Denn die Ampel-Regierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, „überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen“, heißt es dort.

Deutschland liegt im Trend

Mit politischem Willen, so lautet es in der Studie, ließen sich jedoch bis Ende 2025 zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von mindestens zehn Milliarden Euro einsparen. Zuallererst müssten dafür sämtliche Subventionen für fossile Energieträger wie Gas, Kohle und Öl beendet werden. Als Zweites sollten Strompreisvergünstigungen sinnvoll reformiert werden. So sollte etwa auf effizientere Stromanwendungen mit erneuerbaren Energien wie etwa Hochtemperatur-Wärmepumpen umgestellt und ein reduzierter Stromverbrauch gezielt gefördert werden.

Die Ergebnisse der Greenpeace-Studie zeigen, dass Deutschland sich mit den hohen klimaschädlichen Staatshilfen in einen globalen Trend einordnet. Erst kürzlich meldete der Internationale Währungsfonds (IWF), dass seinen Berechnungen zufolge im vergangenen Jahr knapp 7 Billionen US-Dollar an Subventionen in fossile Energien geflossen sind.

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16 Kommentare

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  • Danke, für guten Kommentar und Link.

    2024 werden wohl sehr viele Wärmepumpen und E-Autos über Strom aus Gaskraftwerken befeuert werden müssen.

    Jetzt über Strompreissenkungen und Billigstrom nachzudenken ist der falsche Weg/keine Energiewende.

    "Klimageld" und "Subventionsabbau für fossile Produkte" heißt die richtige Lösung.

    Solch sinnvolles Regierungshandeln passierte 2023 allerdings bisher nicht einmal ansatzweise.

    Klimaschutznote: "Ungenügend"! Setzen, sechs für die deutsche Bundesregierung in Klimafragen.

  • Unglaublich. Kaum zu glauben dass die Grünen in der Bundesregierung sitzen...

  • Wenn andere Länder fossile Brennstoffe subventionieren und wir nicht entsteht ein verzerrter Wettbewerb. Glaube nicht, dass das "Volk" hier verzichten würde während anderswo Energie viele billiger ist.

    Für mich liegt das Problem bei den Menschen. Das Problem Klimawandel ist bekannt, in all seinen Facetten und Bedrohungen. Wir erleben es ja auch in diesem Sommer wieder.

    Trotzdem wird geflogen als gäbe es kein Morgen. Jedes Wochenende Mega-Staus in Richtung Italien.

    Wochenend-Relaxer, die fast jedes Wochenende München-Gardasee fahren in ihre Wohnwagen oder Ferienwohnungen, und das sind nicht wenige, ich erfahren durfte.

    Natürlich kann man das alles verbieten, aber dann befürchte ich ist hier die Hölle los.

    Die Einsicht zum Handeln wird zu spät ankommen. Erst dann, wenn eine große Anzahl von Menschen hier direkt betroffen sein wird. SO wie in Italien oder Spanien, wo die Dürre dramatisch zunimmt und das sicht- und spürbar ist.

    • @maestroblanco:

      4.9.23 13uhr an der strombörse eine kwh für 9 cent.



      bei 82% erneuerbare energien



      mit 9 cent/kwh den 100 mwh energiespeicheraus aus sachsen ohne kobalt temperaturunempfindlich.nicht brennbar,aus günstigen rohstoffen und preisgünstig auffüllen. schon ist billiger strom da

  • 6G
    689016 (Profil gelöscht)

    läuft....

  • Da kommt man ja wohl nicht erst jetzt so richtig “ins Staunen”, was einem hierzulande alles als “Klimapolitik” verkauft wird.



    Habeck plädiert auf der und für die Gamescom und damit “hochgelobt” für steigenden CO2-Ausstoß per (Spiel-) Internetanwendungen. Zum Vergleich liegt der CO2-Ausstoß des weltweiten Flugverkehrs nur wenig darüber!

    Wenn laut Leserbrief von GOLDI dann tatsächlich noch Milliarden-Subventionen für Flugbenzin/Kerosin vergessen werden …(?), “freut das” den deutschen Steuerzahler doch enorm.



    Fazit:



    Das Volk kann verarmen, Hauptsache man regiert auf dessen Kosten…

    • @ROTEGRÄTE:

      "für steigenden CO2-Ausstoß per (Spiel-) Internetanwendungen."



      Sie werden schwerlich eine andere Technologie mit vergleichbaren Effizienzsteigerungen finden. Ein 5W-ARM-SBC liefert ihnen heute mehr Leistung als ein 500W-Desktop-System vor 20 Jahren. Wenn es etwa bei Automotoren einen vergleichbaren Fortschrittt gäbe, hätten wir wohl ein Problem weniger.

      • @Ingo Bernable:

        Und wieviel Rechenleistung brauchte ein Spiel damals, als schon allein die Internetanbindung über 56K-Modems dafür sorgte, dass es gar nicht so viele Daten zu verarbeiten gab?



        Es ist doch immer wieder schön zu lesen, wie manche Leute ausgerechnet ihren eigenen Energieverbrauch kleinrechnen wollen. Erinnert mich irgendwie an die Tempolimitgegner :-)

        • @sollndas:

          Warum sind sie dann noch online, wenn sie das Netz als so klimaschädlich ablehnen?

          • @Ingo Bernable:

            Äh, Router, Schleppi, etc. hängen an meiner solarautarken Stromversorgung. Und JavaScript aktiviere ich jetzt nur vorübergehend, nur Ihnen zu Ehren :-)

  • Die Ölkonzerne machen dieses Jahr fast doppelt soviel Umsatz wie letztes Jahr. Wenn da nicht der Wurm drin ist?

  • Und Herr Lindner sieht keine Spielräume mehr im Haushalt für sinnvolle innovative der Zukunft ausgerichteten Finanzierung unter Beachtung der schwarzen Null. Da haben die Industielobbys mal wieder ganze Arbeit geleistet. Was ist das nur für ein Finanzminister mit seinen Ministerialbeamten die keine Einsparungen bei seiner Freundesbande erkennen mögen? Aber an der Zukunft unserer Kinder wird gespart, damit die Industrie auch weiterhin ohne innovativem Ansatz wirtschaften kann. Und gleichzeitig mit Falschdarstellungen die Gesellschaft spalten und dem braunen Sumpf zutreiben. Höcke und Aiwanger zur Freude.

  • Wo bleibt die Energiewende?

    Schaut euch doch einfach mal das agorameter von letzter Woche an



    www.agora-energiew.../03.09.2023/today/



    Blau ist Windenergie, Gelb Solar, grau konventionell. Die violette Linie ist der Energieverbrauch, der weisse Bereich zwischen grauem Feld und violetter Linie ist der Energieimport. Selbst wenn wir Solar und Wind verdoppeln würden, würde das am Bedarf für konventionelle Kraftwerke kaum etwas ändern. "Effizientere Stromanwendungen" sind natürlich snnvoll, ändern aber an den Zwangsbedingungen nichts. Zusätzliche Wärmepumpen und E-Autos verschlimmern die Lage. Wir müssen in den nächsten Jahren 25 bis 40 GW Gaskraftwerke bauen um Strom erzeugen zu können wenn der Wind nicht weht. DAS ist der "klimafreundliche Umbau", Leute, Habeck hatte das letzthin in einem Nebensatz auch erwähnt. redet aber nicht gerne darüber.



    Die Lösung liegt nicht wie greenpeace das anscheinend annimmt in Umverteilungen, sondern in de rEntwicklung neuer Technologien und darauf beruhenden Strategien. ich habe aber noch nichts davon gehört dass die Regierung große Forschungsrogramme auf den Weg bringt um das Thema anzugehen. Die Ministerin für Bildung und Forschung lässt sich soweit ich das sehen kann an Unis überhaupt nicht blicken. Um ihren Namen zu googeln bin ich zu faul. Ab Interesse an Forshcing hat auch sie nicht,

  • „Im Ringen um den Bundeshaushalt 2024 sollte der Abbau klimaschädlicher Subventionen an erster Stelle stehen“, so Neuwirth. Denn die Ampel-Regierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, „überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen“, heißt es dort. ...



    Da darf man aber sicher anführen, dass es auch Verpflichtungen aus früheren Regierungsprogrammen gibt, daher auch die Weitsicht, dass alles auf 8 Jahre oder mehr anzulegen ist. Die Unwägbarkeiten der Politik Russlands waren in den ersten Projektierungen nicht enthalten. Die Wirtschaft mittelfristig auf Fossile einzunorden, hängt auch mit Fehleinschätzungen früherer Regierungen zusammen, speziell NordStream. Mehr geht immer, wenn man sich vom Dogma der Schuldenbremse verabschiedet.

    • @Martin Rees:

      Ja, alles sofort abschaffen ist rechtsstaatlich nicht möglich.



      Aber wenigstens mal Anfangen wäre eine gute Idee.

  • Ich hab mir die Studie mal genauer im Punkt 2.2 "Subventionen im Bereich fossile Energieträger" angeschaut. Ist es möglich, dass die Autoren die Milliarden-Subventionen im Bereich Flugbenzin/Kerosin einfach vergessen haben?

    foes.de/publikatio...r_Subventionen.pdf