Streit über einen Industriestrompreis: Könnte teuer werden
Soll der Staat die Stromkosten der Industrie übernehmen, zumindest teil- und zeitweise? Eine Überlegung ist es wert.
E s geht munter hin und her in der Regierungskoalition. Auch bei der Frage, ob der Staat Unternehmen vorübergehend die Stromkosten subventionieren solle. So ist etwa Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil dafür, SPD-Kanzler Olaf Scholz aber dagegen. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck ist dafür, FDP-Finanzminister Christian Lindner wiederum dagegen. Das kann man nun natürlich wieder als nutzlosen Streit abtun, als das ewige Ampel-Gezerre.
Tatsächlich aber ist es eine nötige, öffentliche Auseinandersetzung über eine wichtige Frage.
Die Befürworter bekommen gerade Unterstützung von einem Bündnis aus Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. Der Verband der Chemischen Industrie, der Deutsche Gewerkschaftsbund und weitere Organisationen machen sich für einen „Brückenstrompreis“ stark.
Der würde bedeuten, dass der Staat den Firmen einige Jahre einen niedrigen Preis von beispielsweise 6 Cent pro Kilowattstunde garantiert und die Differenz zum höheren Marktpreis aus Steuermitteln übernimmt. Die Hoffnung: Die Firmen bleiben hier, wandern nicht in die USA ab, sichern ihre Industriearbeitsplätze und investieren vielleicht auch noch in klimaneutrale Zukunftstechnologien.
Für den Staat könnte das allerdings teuer werden. Das zeigt ein Rückblick auf die „besondere Ausgleichsregelung“, die aus ähnlichem Grund früher im Erneuerbare-Energien-Gesetz stand. Gut 2.000 Unternehmen kamen damals in den Genuss der Stromkostensubvention. Heute könnte das rund 5 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Daher wäre es sinnvoll, den Kreis der begünstigten Firmen zu beschränken. Das allerdings besorgt wiederum den Verband der Familienunternehmer.
Grundsätzlich ist die Maßnahme aber richtig. Denn der von der Politik gewollte Umbau der Industrie erfordert hohe Investitionen in kurzer Zeit, während gleichzeitig die Gas- und Strompreise stark gestiegen sind. Die Subvention mag den Übergang abfedern. Das kann schiefgehen oder funktionieren. Der Erfolg dürfte wohl leider erst in 10 oder 20 Jahren zu sehen sein.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen