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Ultimatum gegen Nigers PutschistenShowdown in Westafrika

Militärische Drohgebärden und ökonomischer Druck sollen Nigers Putschisten zum Aufgeben zwingen. Es droht eine Intervention unter Führung Nigerias.

Unterstützung für die Putschisten und Protest gegen die Sanktionen am Donnerstag in Niamey Foto: Balima Boureima/reuters

Berlin taz | In wenige Tagen läuft die Sieben-Tages-Frist vom vergangenen Sonntag ab, mit der die westafrikanische Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) Nigers Putschisten zur Rückgabe der Macht an die verfassungsgemäße Regierung zwingen will. Jetzt stellen sich beide Seiten auf eine militärische Konfrontation ein.

Nigeria, der große südliche Nachbar und die mit Abstand militärisch stärkste Macht Westafrikas, setzt bereits Truppen Richtung nigrische Grenze in Bewegung wegen „Operationen in Niger“. Das geht aus in sozialen Netzwerken geteilten Kopien von Einsatzbefehlen hervor. Am Freitag soll in Nigerias Hauptstadt Abuja ein Planungstreffen der westafrikanischen Militärspitzen auf Generalstabsebene zu Ende gehen, um über Modalitäten einer Intervention zu beraten. „Wir müssen zeigen, dass wir nicht nur bellen können, sondern beißen“, sagte gegenüber Journalisten in Abuja Abdel-Fatau Musah, Ecowas-Kommissionsmitglied für Frieden und Sicherheit.

Die Generalstabschefs sollen einen Einsatzplan für Niger erarbeiten, der dann den Staats- und Regierungschefs der Ecowas vorgelegt wird. Senegal hat bereits eine Truppenentsendung für den Fall einer Militär­intervention zugesagt.

Wann es genau losgehen könnte, ist aber völlig offen. Das Ablaufen des Ultimatums an die Putschisten am kommenden Sonntag wird noch keinen automatischen Militäreinsatz nach sich ziehen, stellte am Donnerstag bei der Eröffnung des Ecowas-Generalstabstreffens Nigerias Militärsprecher Brigadegeneral Tukur Gusau klar: „Die militärische Option ist die letzte für den Fall, dass jede andere Option scheitert“, sagte er.

Niger steuert auf eine schwere Wirtschaftskrise zu

Die nichtmilitärischen Optionen haben es in sich. Nigeria hat Niger den Strom abgestellt – Niger bezieht aus Nigeria 70 Prozent seines Stromverbrauchs – und die gemeinsame Grenze, in deren Nähe der Großteil der nigrischen Bevölkerung lebt, ist geschlossen, ebenso die nach Benin, über die große Teile von Nigers Außenhandel laufen.

Parallel zum Ultimatum verhängte die Ecowas am vergangenen Sonntag eine Wirtschaftsblockade und schloss Niger aus dem regionalen Zahlungsverkehr aus. Berichten zufolge geben Nigers Banken inzwischen fast gar kein Bargeld mehr aus, fällige Gehaltszahlungen zum Monatsende wurden ausgesetzt.

Zahlreiche Länder, darunter Deutschland, haben ihre Entwicklungshilfe ausgesetzt, ebenso die Weltbank, die mit Abstand die größten Zusagen an Niger gemacht hat und von der dieses Jahr bereits 730 Millionen Euro nach Niger geflossen sind.

„Die Weltbank hat bis auf weiteres Auszahlungen für alle Operationen ausgesetzt, mit Ausnahme von Partnerschaften im Privatsektor, die unter Vorbehalt weiterlaufen“, erklärte sie am Mittwoch. Mit all diesen Maßnahmen steuert Niger, eines der ärmsten Länder der Welt, rapide auf eine schwere Wirtschaftskrise zu.

Frankreich erklärt Evakuierungsaktion für abgeschlossen

Eine hochrangige Politikerdelegation aus Nigeria, angeführt von Expräsident Abdulsalam Abubakar, befindet sich seit Mittwoch in Niamey zu Gesprächen mit den neuen Machthabern, um sie vor diesem Hintergrund zum Einlenken zu bewegen. Nigeria und die Ecowas wie auch der Rest der internationalen Staatengemeinschaft einschließlich Russlands verlangen ein Ende des Militärputsches vom 27. Juli in Niger und die Rückgabe der Macht an den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum, der sich seit 26. Juli in Militärgewahrsam befindet.

Die von manchen Beteiligten als überstürzt kritisierte Evakuierung zahlreicher weißer Ausländer verstärkt zusätzlich den Eindruck eines bevorstehenden militärischen Showdowns, vor dem man sich rechtzeitig in Sicherheit bringen sollte. Fünf Flugzeuge aus Frankreich haben seit Dienstag 1.079 Ausländer, darunter 577 Franzosen und etwas über 60 Deutsche, auf freiwilliger Basis außer Landes gebracht, weitere 99 wurden von Italien evakuiert. Frankreich erklärte seine Evakuierungsaktion am Donnerstag für abgeschlossen.

Die USA und Großbritannien haben ihr Botschaftspersonal verkleinert und die Ausreise nicht-essentiellen Personals angeordnet. Die 1.500 in Niger stationierten Soldaten aus Frankreich und 1.000 Soldaten aus den USA bleiben allerdings, ebenso die aktuell 130 Soldaten aus Deutschland, die zumeist auf dem Luftwaffenstützpunkt am Flughafen Niamey stehen, über den der Abzug der Bundeswehr aus Gao in Mali abgewickelt wird. Die dafür nötigen Flüge sollen ab kommende Woche weiterlaufen, sofern möglich.

Von einem „Zeitfenster“ für Diplomatie ist in westlichen Hauptstädten die Rede, und man hofft auf ein Signal aus Niamey. Nigers Militärjunta unter dem bisherigen Chef der Präsidentengarde, General Abdourahamane Tchiani, denkt aber bislang nicht ans Aufgeben, jedenfalls nicht öffentlich.

Während Nigeria seine Vermittler nach Niamey schickte, flog eine Delegation der Militärjunta unter Leitung ihrer Nummer Zwei, General Salifou Modi, aus Niamey nach Mali, um mit der dortigen Militärregierung über „verstärkte Sicherheitskooperation“ zu sprechen. Mali und Burkina Faso haben beide das Ecowas-Ultimatum zurückgewiesen und Niger ihre Solidarität zugesagt, ebenso Guinea. Alle drei Länder werden von Militärputschisten regiert, die gewählte Regierungen gestürzt haben. Sie sind deswegen von Ecowas suspendiert und nehmen an keinen Beratungen der Regionalorganisation teil. Westafrika ist faktisch gespalten.

Nigers Unabhängigkeitstag am Donnerstag – das Land wurde am 3. August 1960 ein souveräner Staat – hat nochmal Anlass zu nationalistischer Aufwallung gegeben. Die Aufmärsche von Putschunterstützern in Niamey und anderen Städten fielen aber ersten Beobachtungen zufolge eher klein aus. Nigers Armee bezog massiv Position vor ausländischen Botschaftsgebäuden, um Angriffe zu verhindern, die als Vorwand für militärische Maßnahmen dienen könnten.

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1 Kommentar

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  • Ich denke, diese Bewegungen in Mali, Burkina Faso und Niger sind vordergründig antifranzösisch und überwiegend stimmungsgeleitet so wie sie in der dortigen Bevölkerung mitgetragen werden.



    In Niger gab es in den ersten Stunden und Tagen Protest gegen den Putsch. In Mali wurde das Referendum bis auf die Stimmen von Tuareg zu über 95% zugestimmt. Den Präsidenten wollte niemand mehr haben.



    Die Bewegungen sind nicht in erster Linie rational politisch, denn die Leute wollen ja nicht aufhören französisch zu sprechen, aber die wollen Putins Russland Macht geben, um gegen die EU als dem Westen zu agieren oder einen Kampf stattfinden zu sehen, der Europa schadet.



    Das geht leider diesen Weg.



    Eigentlich sollte es vertragliche Entschädigungen für Koloniale Besatzung und Ausbeutung geben und eine Politik der Zusicherung sicherer Migrationsrouten.



    In Niger ist Agadez der wichtigste Transitmigrationsort. Durch die Bekämpfung der Migration in Afrika im Interesse der EU sammelten sich dort viele Menschen im Elend. Im Sahel und Nordafrika werden die MigrantInnen und Kriegsflüchtenden z.B. aus dem Sudan in ihrem Leben gefährdet, misshandelt und interniert. Nur wenige werden wieder abgeholt z.B. nach Ghana.



    Gleichzeitig wirbt die BReg um Arbeitskräfte in Ghana und Senegal. Das ist schizophren. Viele der MigrantInnen sind qualifiziert und lernbereit.



    Aber der ganze Vorgang zeigt: Man meint die Sicherheit (vor Terrorismus oder vor Übermaß an Immigration) und schlägt die armen Leute, die falschen. Dort meinen sie Vergeltung an Europa und holten sich Russische Kolonisierung und Verschwörungslügen.



    Menschen aus Europa sollten mit dortigen Basisgruppen sprechen und Kontakte pflegen. Direkt ohne Regierungen. Vertrauen bilden und sich gegenseitig ernst nehmen.