Nach erneutem Putsch in Mali: Militär übernimmt Staatsspitze

In Mali hat das Verfassungsgericht Oberst Assimi Goïta als Übergangspräsidenten bestätigt. Den Regierungschef soll die Protestbewegung M5-RFP stellen.

Ein Mann sitzt in Militärkleidung an einem Tisch und faltet die Hände.

August 2020: Oberst Assimi Goïta bei einem Treffen mit der ECOWAS Foto: dpa

COTONOU taz | Die seit Donnerstag kursierenden Gerüchte sind bestätigt: Nach der Verhaftung und Absetzung von Übergangspräsident Bah Ndaw und Premierminister Moctar Ouane steht nun Oberst Assimi Goïta, bisheriger Vizepräsident, an der Staatsspitze. Das Verfassungsgericht ernannte ihn zum Präsidenten der Übergangsregierung. Ndaw und Ouane, die nach ihrer Entlassung selbst zurückgetreten waren, sind mittlerweile aus der Haft entlassen.

Premierminister soll Choguel Maïga werden, Sprecher und strategischer Präsident der Protestbewegung M5-RFP. Das gilt als Zeichen für einen zivilen Anstrich der Übergangsregierung. Der Zusammenschluss von Ver­tre­te­r*in­nen der Opposition, Zivilgesellschaft sowie An­hän­ge­r*in­nen des einflussreichen Imams Mahmoud Dicko organisierte im vergangenen Jahr zahlreiche Demonstrationen gegen Malis zivilen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta und ebnete den Weg für den Putsch am 18. August 2020. Anschließend erhoffte sich M5-RFP, die Übergangsregierung entscheidend mitzugestalten. Doch Ansprüche auf Mitsprache und Posten hatten die Militärs stets ignoriert.

Im Januar kritisierte Maïga in einem Interview mit der taz den Übergangsrat noch scharf und sagte, Mali habe ein verkapptes Militärregime. „Der Übergangsrat ist illegitim und repräsentiert die Bevölkerung nicht.“ Jetzt hat die Bewegung keine Probleme mehr, äußerst eng mit der Armee zusammen zu arbeiten. Kei­n*e Ma­lie­r*in solle während des Übergangs zurückgelassen werden, hieß es am Freitag von ihr. Kritik kommt jedoch prompt: Auch M5-RFP ist keine gewählte Organisation. Imam Dicko gelang es zwar, erfolgreich zu Demonstrationen aufzurufen. Wie groß der Unterstützerkreis ist, ist jedoch nicht klar.

Zeitgleich ist am Freitag in Nigerias Hauptstadt Abuja deutlich geworden, worüber bisher spekuliert wurde: Die Armee war mit der vor gut zwei Wochen bekannt gegebenen Entscheidung Ndaws, das Übergangskabinett zu entlassen und ein neues einzuberufen, nicht einverstanden.

USA wollen Malis Sicherheitskräfte nicht länger unterstützen

In Abuja hatten sich Nigerias Präsident Muhammadu Buhari sowie Ex-Präsident Goodluck Jonathan getroffen. Letzterer vermittelt seit einem Jahr im Namen der Westafrikanischen Wirtschaftsorganisation ECOWAS in der Malikrise und war ab Dienstag in Bamako. Laut Jonathan soll sich Goïta beklagt haben, dass er über Entscheidungen nicht informiert worden sei und mit der Nichtbenennung des bisherigen Verteidigungs- sowie Sicherheitsministers wichtige Vertraute verloren habe.

Damit isoliert sich die Militärjunta immer stärker. Bereits am Dienstag wurde ihr Verhalten scharf kritisiert. Die USA kündigten an, die Unterstützung für Malis Sicherheitskräfte auszusetzen. Zahlreiche bi- und internationale Missionen sollen den Staat seit 2013 vor dem weiteren Zusammenbruch bewahren.

Als bevorzugtes Szenario der ECOWAS gilt weiterhin die Rückkehr zur Übergangsregierung mit Ndaw an der Spitze

Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, sagte jedoch, dass die europäische Ausbildungsmission für die malische Armee (EUTM) weiterläuft. Sie sei ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung des Terrorismus, der nicht nur Mali, sondern allen Sahel-Ländern nutze. Buhari bezeichnete das Verhalten der Militärs als „sehr enttäuschend“. 70 Prozent des Territoriums sei unter der Kontrolle von Aufständischen. Man habe erwartet, dass sich die Verantwortlichen zusammenschließen. Stattdessen würde es nun einen Kampf darum geben, wer auf dem restlichen Staatsgebiet die Vormachtstellung habe.

Als bevorzugtes Szenario der ECOWAS gilt weiterhin die Rückkehr zur Übergangsregierung mit Ndaw an der Spitze. Möglich sei auch, dass ein anderer Zivilist vorübergehend Präsident wird. Letzte Option ist es, Goïta zu akzeptieren und darauf zu pochen, dass die Wahlen wie geplant Ende Februar stattfinden. Darüber soll am Sonntag während eines Sondergipfels in der ghanaischen Hauptstadt Accra gesprochen werden.

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