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Apotheken streiken am MittwochJeder Dritte geschlossen

Beim bundesweiten Protesttag bleiben tausende Apotheken geschlossen. Hauptziel sind höhere Honorare. Aber geht es den Apotheken wirklich so schlecht?

Apotheken bleiben am Mittwoch geschlossen Foto: Monika Skolimowska/dpa

Am Mittwoch bleibt ein Großteil der Apotheken in ganz Deutschland dicht. Der Protest der Apo­the­ke­r*in­nen hat damit eine neue Eskalationsstufe erreicht. Im Bundesgesundheitsministerium und bei den Krankenkassen hält sich das Verständnis für deren Forderungen in Grenzen. Nicht nur Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht keinen Spielraum für höhere Honorare.

Bundesweit gibt es aktuell knapp 18.000 Apotheken – so wenig wie zuletzt in den 1980er Jahren. Im Schnitt mache jeden Tag eine Apotheke zu, rechnet die Bundesvereinigung der Apothekerverbände Abda vor. Für viele Apo­the­ke­r*in­nen lohne sich der Beruf nicht mehr, der Nachwuchs scheue die Selbstständigkeit und nehme lieber lukrativere Jobs in der Pharmaindustrie an.

Die Bundesregierung habe den nun stattfindenden Protesttag durch eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung provoziert, sagte Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening in der vergangenen Woche. Die Apotheken fordern angesichts gestiegener Lohn- und Energiekosten unter anderem eine Erhöhung der von den Krankenkassen bezahlten Pauschale pro verschriebenem Medikament von derzeit 8,35 Euro auf 12 Euro.

„Streik ist wirklich die falsche Medizin“, hält der grüne Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen, Mitglied im Gesundheitsausschuss, dagegen. Mit dem gerade im parlamentarischen Abstimmungsprozess befindlichen Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wolle die Regierung die Situation für Apotheken ohnehin verbessern. So spricht sich Dahmen für Entlastungen durch Digitalisierung und Bürokratieabbau aus – etwa bei der Ausgabe alternativer Medikamente bei Lieferengpässen.

Er habe Verständnis für die Sorgen der Apotheken, aber mehr Geld werde es angesichts des vom FDP-Finanzminister ausgegebenen allgemeinen Spar­zwangs kaum geben können, so Dahmen. Anders als andere Unternehmen hätten die Apotheken in den letzten Jahren zudem steigende Einnahmen verzeichnet – etwa durch zusätzliche Einkünfte in Milliardenhöhe während der Pandemie.

Immer teurere Medikamente

Die Apotheken profitierten auch von immer höheren Preisen für einzelne Medikamente, heißt es vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Denn sie erhielten von den Krankenkassen nicht nur eine Pauschale pro verschriebenem Medikament, sondern zusätzlich 3 Prozent vom Apothekeneinkaufspreis.

Bei hochpreisigen Medikamenten könne sich das Honorar so auf mehrere Hundert Euro belaufen – für einen Verkaufsvorgang. Aus Beiträgen der Versicherten würden außerdem Vergütungen von Nacht- und Notdiensten sowie ein kürzlich eingeführter Zuschlag bei pharmazeutischen Dienstleistungen bezahlt. „Für zusätzliche Honorarsteigerungen an die Apotheken sehen wir keinen sachlichen Grund“, so Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes zur taz.

Und doch gebe es Apotheken, die nur noch existierten, weil dem Apotheker die Immobilie gehört und keine Miete fällig wird, sagt Wolfgang Greiner, Professor für Gesundheitsökonomie in Bielefeld. In Ballungsgebieten seien Schließungen nicht mehr rentabler Apotheken häufig nicht versorgungsrelevant. Auf dem Land dagegen schon. Von einer allgemeinen Erhöhung der Apothekenzuschläge – wie sie die Apotheken fordern – würden aber vor allem ohnehin umsatzstarke Apotheken profitieren, so Greiner. Der Gesundheitsökonom empfiehlt stattdessen eine stärkere Flexibilisierung der Apothekervergütung, bei der verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht mehr überall exakt gleich viel kosten müssten.

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13 Kommentare

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  • "Erhöhung der von den Krankenkassen bezahlten Pauschale pro verschriebenem Medikament von derzeit 8,35 Euro auf 12 Euro." - solche Größenordnungen schaffen sonst nur die Pilot*innen. Eine Angebotssicherungszulage für Apotheken auf dem Lande würde das Problem lösen. Es muss nicht alle 400 Meter eine Apotheke geben.

  • "... bezahlten Pauschale pro verschriebenem Medikament von derzeit 8,35 Euro auf 12 Euro. ..."

    Interessant, wo sich doch eine Schachtel Pillen fast immer so schnell und ohne Aufwand verkauft, wie eine Schachtel Kippen im Supermarkt ...

    • @Bolzkopf:

      Zumindest bei den verschriebenen Medikamenten müssen sie ja noch ihr Sprüchlein aufsagen, bezüglich der Einnahme wenigstens. Früher hätt ich ja noch gemutmaßt, dass das Apothekenpersonal diese Informationen auswendig kennen könnte, heutzutage lesen sie das wahrscheinlich an ihrem Bildschirm ab. Aber egal ob interner oder externer Speicher, Informationsbereitstellung kostet! Jawollja! Mit Inflation!

  • Warum wird hier fälschlich behauptet, die Krankenkassen zahlen eine Pauschale von 8,35 Euro pro verschriebenem Medikament? Dies gilt nur für die privaten Krankenkassen, die ein Volumen von ca. 10% der Verordnungen bezahlen.

    Etwas 90% der Verordnungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Und die ziehen von der Pauschale in den Jahren 2023 und 2024 zwei Euro ab. Das heißt die Pauschale, die gesetzlichen Krankenkassen zahlen liegt bei 6,35 Euro pro verschriebenem Medikament und nicht bei 8,35 Euro.

    Statt vollständiger Fakten wird das Narrativ des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen über die tollen Honorare der Apotheken bei einigen ausgewählten hochpreisigen Medikamenten dargestellt, um Stimmung gegen die Apotheker:innen zu machen.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Nun ja -- ich kenne keinen Apotheker, der wirklich arm ist. Und ich habe heute auch keinen Apotheker "streiken" sehen, sondern nur deren Angestellte.

      Ich werde da den Eindruck nicht los, dass sich da eine doch recht priviligierte Gruppe an die allgemeine "Gegen-die-Regierung"-Stimmung dranhängt und andere einspannt, um ihre nicht unerheblichen Prfrüne zu sichern. Oder wollen die vielleicht ihr Personal besser bezahlen?

      • @Libuzzi:

        Wieviel wirklich arme Ärzt:innen oder Lehrer:innen kennen sie denn?

        Nach einem anspruchsvollen Studium kann wirkliche Armut nicht das gesellschaftliche Ziel sein.

        Und unter den Angestellten in einer Apotheke sind - Überraschung - auch Apotheker:innen.

        Abschließend ist festzuhalten, dass die angestellten Kräfte in den Apotheken inzwischen gute Aussichten haben, angemessene Gehaltssteigerungen durchzusetzen. Das betrifft nicht nur Apotheker:innen, sonderns auch PTAs und PKAs.

  • Das ist ähnlich wie Handyläden und Nagelstudios. Es gibt an manchen Stellen einfach zu viele davon. Ich hab 5 Apotheken in einem Umkreis von 500m. Bei meinen Eltern auf dem Dorf ist die nächste 5km entfernt. Und die verdienen nun wirklich nicht schlecht. Ich sehe da keinen Grund, mehr Geld reinzubuttern. Online-Apotheken sind für die nicht dringende Versorgung auch sehr gut.

  • Da hat der Autor leider bei der Hälfte der Recherche aufgehört.



    Apotheken sind fast immer in drei Zonen aufgeteilt:



    #1 Lager: Rezeptpflichtige Medikamente, fixe Einnahmen aber auch höherer Aufwand mit Abrechnung und Auskunft.



    #2 Sichtwahlbereich: alle rezeptfreien Medikamente mit guter Marge; kleine Beratung nötig.



    # Freiwahlbereich: nicht-apothekenpflichtige Waren. Tee, Salben, Pflaster, Nahrungsergänzungsmittel. Alles ohne Beratung und mit sehr hoher Marge.

    • @Mopsfidel:

      Ergänzung



      #2: "mit exzellenter Marge"



      #3: "mit exorbitanter Marge"

  • Bisschen dünn die Faktenlage zur finanziellen Situation der Apotheken. Da wäre mehr gegangen. Umsatzzahlen, durchschnittliche Verdienste usw. usf.



    In der Pandemie haben einige jedenfalls Reibach gemacht. Siehe Masken- oder Testpreise. Ein Aha-Erlebnis war, als eine Apotheke Geld dafür bezahlte, dass Risikopatienten die kostenlosen Masken dort abholten.



    Klar, 2€ an Kunden zahlen und 6€ oder mehr von Krankenversicherungen für die Gutscheine kassieren.

  • Anscheinend bedarf es in dem Sektor mehrere Effizienz. Weiter wäre es damit Ketten zuzulassen?

  • Na, Apotheken sind ja nun beileibe nicht die einzige Branche mit Fachkräftemangel ...

    Hier zum Büro raus die Straße hinunter, das sind weniger als 100 Hausnummern, hat's 4 Apotheken. Mir ist schon seit Jahren nicht ganz klar, wie die sich hier alle halten können - oder warum die sich überhaupt alle hier angesiedelt haben. Aber Neugründung statt Anstellung scheint über viele Jahre hinweg bei Apothekern üblich gewesen zu sein.

    • @Tetra Mint:

      Da geht es womöglich um die Verteilung der Notdienste. Die Apothekerin vom Land, die ich kenne, findet es gar nicht gut, wenn Kollegen (meistens aus Altersgründen) dichtmachen. Man muss ja dann auch immer weiter fahren.