piwik no script img

Habeck, Discounter und KlimaaktivismusLetzte Generation Aldi

Der Discounter hat die Lösung zum schnellen Energiesparen für jeden Haushalt: Ein Balkonkraftwerk im Montageset. Kann das die Wogen in der Ampel glätten?

Hätten Sie ihn erkannt? Klimakanzler Olaf Scholz Foto: Kay Nietfeld/dpa

D ie Minderjährige, die zu meiner Hausgemeinschaft gehört, findet mich distanzlos. Ich stelle hierzu fest: Es stimmt. Man kann schließlich nicht jedes Mal fragen, bevor man mal schnell eine kleine Umarmung braucht. So ging es auch dem Mann, der sich diese Woche in Frankfurt unbemerkt in den Konvoi des Bundeskanzlers einreihte und Olaf Scholz nach dem Aussteigen am Flughafen „überraschend innig“ umarmte, wie es aus Regierungskreisen hieß.

Überraschend ist der Vorfall gleich in mehrfacher Hinsicht. Erstens: Jemand möchte Olaf Scholz umarmen. Zweitens: Olaf Scholz wird tatsächlich noch erkannt, obwohl er sich beim Regieren vorzugsweise unsichtbar macht. Drittens: Typisch deutsch wäre unter Männern eigentlich ein herzlicher Händedruck oder dieses eine Umarmung andeutende Schultergeklopfe gewesen. Aber wer weiß heute schon noch, was typisch deutsch ist?

Neulich sagte mir ein junger Syrer, typisch deutsch sei für ihn, dass die Züge nie pünktlich seien. Er will jetzt für ein Auto sparen. Innige Umarmungen jedenfalls finden in der Bundesregierung nur noch in „Game of Thrones“-Manier statt: um das Messer leichter in den Brustkorb des anderen rammen zu können. Bei den Liberalen sitzt die Klinge besonders locker. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck möchte eigentlich Finanzminister Christian Lindner nicht einmal mehr mit spitzen Fingern die Hand geben.

Könnte ja sein, dass der FDP-Mann ihn blitzschnell an sich zieht für eine möglicherweise unangenehme Umarmung. Doch Lindner und seine Getreuen haben auch andere Methoden. Sie müssen als Jugendliche am selben Kurs teilgenommen haben wie die Minderjährige: „Zehn Wege, Absprachen zu unterlaufen“. Man kann zum Beispiel durch endlose Fragen die Dinge in die Länge ziehen.

Mit Aldi verschwägert?

Muss etwa der Hund auch dann ausgeführt werden, wenn man gerade vom Leben sehr erschöpft ist, ein sehr wichtiges Telefongespräch mit einem sehr netten Jungen führt oder man nicht weiß, was man anziehen soll? In Habecks Fall ziehen die Liberalen den Prozess mit über hundert Fragen zum geplanten Gebäudeenergiegesetz in die Länge. Rechtfertigen neue Umstände nicht auch einen Wortbruch?

Wie hätten die Liberalen denn wissen sollen, dass der Klimawandel tatsächlich konkretes Handeln erfordert und wir deshalb jetzt alle viel mehr über Wärmepumpen wissen, als wir jemals wissen wollten? CO2-reduzierte Heizmethoden werden aller Voraussicht nach so stark subventioniert, dass sie kaum teurer sind als konventionelle Heizungsanlagen.

Aber hey, das ist unglaublich schwer zu verstehen. Und überhaupt: Wo steht eigentlich, dass man Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts einhalten muss? Es hat 2021 festgelegt, dass das bisherige Klimaschutzgesetz nicht weit genug geht und die Freiheit der jungen Generation gefährdet. Aber die FDP hat da noch so viele Fragen an das Verfassungsgericht, mindestens hundert.

Außerdem stellt sich die Frage, ob einer von Habecks Staatssekretären oder er selbst vielleicht mit dem Aldi-Konzern verschwägert oder durch Trauzeugerei verbunden ist. Aldi Nord bietet nämlich ab Juni ein „Balkonkraftwerk“ zum Discountpreis an. Letzte Generation Aldi. Gut, dass Christian Lindner nicht bei Discountern einkauft und die woke Unterwanderung der Wirtschaft mit Technologien, die irgendwie nicht technologieoffen sind, nur aus der Ferne mitansehen muss.

Die Gründe, warum Menschen auf Distanz gehen, können allerdings sehr unterschiedlich sein. Die einen haben politisch motivierte Verstandsblockaden. Kann sein, dass sie auf den Namen Lindner oder Merz hören. Die anderen kämpfen gegen Geruchserkennung. Wer nämlich auch nur im Entferntesten nach Rauch riecht, muss als Minderjährige mit einer knallharten elterlichen Razzia rechnen, wobei die konfiszierten Gegenstände umgehend in der Mülltonne landen.

Ich kenne alle Tricks und alle Verstecke. Schließlich habe ich selbst 20 Jahre geraucht und würde mir ab und zu noch heute gerne eine anstecken.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • heute pfingstsonntag kostet an der strombörse die kwh zwischen 10,36 und -15,47 cent pro kwh .damit läßt sich billig die wärmepumpe oder das e-auto betreiben und der große stromspeicher oder der warmwasserspeicher aufladen/füllen usw. kommt übrigens in letzten tagen öfters vor dass der strompreis im minus ist .siehe awattar.de

    • @prius:

      Sie kaufen Ihren zu verbrauchenden Strom an der Strombörse.



      Wie ist Ihnen dies denn gelungen?

  • Solange die Stromzähler in Deutschland nicht rückwärtrs laufen dürfen, wie in anderen Ländern, machen Balkonkraftwerke kaum Sinn, da die meisten während der Sonnenscheindauer in der Arbeit sind und somit den klimafreundlichen Strom nicht nutzen können.

    • @Mohammed Wasiri:

      Ja, stimmt.



      Alle sind täglich außer Haus berufstätig und stellen tagsüber den Kühlschrank und weitere stille Verbrauer aus.



      Und niemand hat eine Waschmaschine, deren Waschzeiten programmierbar sind.

      • @Life is Life:

        Ach, was diese smarten Haushaltsgeräte alle kosten, die man anschaffen müsste, um den Balkonstrom tatsächlich nutzen zu können! Und bis die sich amortisieren können, haben die Umweltpolitiker im Verbund mit der EU-Kommission schon wieder ein halbes Dutzend neue Vorschriften erlassen, die der Industrie und dem ausführenden Handwerk goldene Zeiten bescheren, uns aber tiefe Löcher in die Brieftasche brennen!

      • @Life is Life:

        Letztens hiess es in einem Artikel hier: "Geht man davon aus, dass man den Strom komplett selbst verbraucht und damit Netzstrom ersetzt – dessen Preis mit 35 Cent je Kilowattstunde kalkuliert sei –, lassen sich 35 Euro im Jahr an Stromkosten sparen. Beim Kaufpreis von 200 Euro wäre das Modul somit nach sechs Jahren amortisiert."



        Und was ist wenn das Ding nach 4 Jahren den Geist aufgibt und nur 2 Jahre Garantie hat.



        Und wenn jeder Balkon so ein Ding wegen sagenhaften 35,- € Ersparniss hätte dann viel Spass mit den Klagen wegen Blendens durch den Nachbarn gegenüber. Von der Montage und Genehmigung holen vom Vermieter ganz abgesehen.



        Da rauch ich lieber 1 Zigarette täglich weniger und spar dabei fast das dreifache ohne es fast zu merken.



        Der Umwelteffekt wegen diesen paar kWh dürfte wohl marginal sein, denn die Dinger müssen ja auch produziert werden.

        • @Furth im Wald:

          Ja, bereits jetzt gibt es regelmäßig Klagen unter Nachbar*innen, da Fenster die Leute blenden. Mensch munkelt, es wurden bereits Fenster vernagelt ... manchmal sind es auch die Menschen.

  • ...siehst, der Markt wird's schon richten...



    Wie jut, das unsere " Politiker " nicht in Medizin machen - dann gäbe es wohl glatt schon OP - Sets im Discounter - für die OP mal fix zwischen durch....

  • Wir sind durch, Niedrigenergiehaus steht, E-Auto vor der Tür. Kita und Arbeitsplätze sind ohnehin zu Fuß zu erreichen. Alle Fördermöglichkeiten mitgenommen. Nur bleibt am Schluss das Gefühl - ohne Subventionierung wäre die Rutsche günstiger gewesen.



    Meine Handwerker lachen sich über ihre Margen kaputt, die Industrie ohnehin. Immerhin bleibt mir der Trost, mich nicht über Energiepolitik aufregen zu müssen.

    • @Zuversicht:

      "Kita und Arbeitsplätze sind ohnehin zu Fuß zu erreichen."



      Wofür dann "ein E-Auto vor der Tür"? Zur Erinnerung: wenn alle so lebten, wie die Deutschen, bräuchte es 3 (!) Erden. Der Earth Overshoot Day für Deutschland dieses Jahr war bereits am 4.5.. Seit dem lebt Deutschland über seine ökologischen Grenzen. Und diese massive Übernutzung herrscht in Deutschland bereits seit vielen Jahren. Wir konsumieren unsere eigenen Lebensgrundlagen.

      • @Uranus:

        Selbstverständlich nutzen wir unser E-Auto, um angemessen Eltern und ältere Verwandte zu versorgen. Was denken Sie denn?

        Den ein oder anderen Ausflug mögen Sie mir verzeihen.

  • Balkonkraftwerk:



    Wer nicht auf seine WEG warten will, bis alle die notwendige Kohle zusammen haben, wobei spätestens 2035 Schluss damit sein soll, der läßt sich seine Heizkörper vom Heinzi seines Vertrauens vom System in der Wohnung abtrennen und schließt eine LW-Pumpe auf dem Balkon an. Wenn es zu laut werden sollte das Balkongeländer mit Absorberschlauch umwickeln, dann braucht es auch keinen Ventilator mehr.



    Geht aber nur bei Wohnungen bis 85 m², diese Größe reicht aber eh. Wer mehr braucht soll auch mehr zahlen für den "Stoff".

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „CO2-reduzierte Heizmethoden werden aller Voraussicht nach so stark subventioniert, dass sie kaum teurer sind als konventionelle Heizungsanlagen. [....] Aber hey, das ist unglaublich schwer zu verstehen."



    Unglaublich. Schwer zu verstehen. Aber Buderus, Vaillant, Viessmann usw. usw. werden es trotzdem verstehen.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      JA, die Hersteller verstehen schon lange keinen Spass mehr. Die Preise wurden passend noch vor der Verabschiedung des Gesetzes erhöht, damit genug für die Hersteller rüberkommt, von der Förderung, die Hr. Lindner am Ende des Tages (Dunkelflaute?!) dann doch noch locker machen muss - wetten!



      Andernfalls gibt`s Ärger mit seinen Freunden von der Industrie. Lindner hat vermutlich nur angst das die Fördergelder, äh Spenden zukünftig bei den Grünen ankommen und für die FDP nicht mehr so viel drin ist. Schließlich ist Lindner immer gegen das Auskesseln gegen Wärmepumpen und macht sich stark für Retortenheizöl, das besondere Brennerdüsen benötigt die es noch nichteinmal zu kaufen gibt. Und was ist schon an einer BRennerdüse verdient, wenn wir richtig große Wärmepumpen verkaufen können. Nicht kleckern Hr. Lindner. Vor fünf Jahren waren Luft-Wärmepumpen beim Austausch nicht teurer als Gas- oder Heizölkessel. Jetzt aber, wo doch die Nachfrage verpflichtend wird, geht der Preis rauf. Der Markt und die Industrie werden es richten, Hr. Lindner. Wir sollten eben alles dem Markt überlassen. Wer auch heute noch zum gleichen Preis wie früher eine LW-Pumpe haben will kauft eben in China (über Direktbezug; ebay) ein. Das ist zwar standortschädlich spart aber kurzfristig Steuern, da die Förderung geringer ausfällt. In zwei Jahren werden die Hersteller eh im Ausland herstellen oder die Herstellung verkaufen; siehe Viessmann, Vaillant.

      • @Sonnenhaus:

        Nanu? Wie jetzt? Bei steigender Nachfrage steigt auch der Preis? Ist der Markt etwa doch nicht so sozialgerecht? Die Spaßpartei etwa auch nicht? ;-)

  • ... gerne eine anstecken. Silke lass es. Sie schmeckt zum Kotzen und Dir wird hundsschlecht. Aber das Schlimmste wäre: Du hättest eine Brandmauer eingerissen