US-Präsident Bidens Kandidatur 2024: Richtig, aber risikoreich

Der amtierende US-Präsident Joe Biden will es noch mal wissen – und seine Chancen stehen nicht schlecht. Der größte Unsicherheitsfaktor ist er selbst.

Biden tritt aus dem Weißen Haus, handschriftlich weiß ins Bild geschrieben "And we still are"

Die größte Gefahr für Biden ist er selbst. Seine Kandidatur ist richtig, aber sie birgt hohe Risiken Foto: Social media via reuters

Man merkt es an den Textbergen, die US-amerikanische Medien schon kurz nach der Erklärung Joe Bidens zu seiner erneuten Präsidentschaftskandidatur 2024 auf ihre Webseiten schaufelten: Überrascht ist da niemand. Das Datum, dass Biden für seine Videoankündigung gewählt hat – auf den Tag genau vier Jahre nach Ankündigung seiner ersten Kandidatur –, passt zu seiner Message: Finish the job, die Aufgabe zu Ende bringen. Und das heißt vor allem: Zum zweiten Mal Donald Trump vom Weißen Haus fernhalten, oder halt Ron DeSantis.

Mit Bidens lang erwarteter Kandidatur klären sich ein paar Dinge. Die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen wissen, dass sie einen Referendumswahlkampf über den Amtsinhaber führen können – und der steht bei schlechten Popularitätswerten. Aber auch: Aufseiten der De­mo­kra­t*in­nen wird es keinen ernsthaften Vorwahlkampf geben.

Der Vorteil davon: Immerhin wird nicht permanent aus den eigenen Reihen heraus der Öffentlichkeit verkündet, was für ein unfähiger und viel zu alter Kandidat Biden sei. Die Partei kann geeint in den Wahlkampf ziehen – während sich die potenziellen republikanischen Kan­di­da­t*in­nen schon jetzt mit Dreck bewerfen. Allerdings: Letzteres ist die interessantere Geschichte, und so werden monatelang die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen die Abendnachrichten dominieren, mit viel Sendezeit für ihre Anti-Biden-Botschaften.

Es ist viel zu früh, auch nur eine annähernde Einschätzung darüber abzugeben, wer letztlich in über eineinhalb Jahren die Nase vorn haben wird. Was passiert in der Ukraine? Wie entwickelt sich die Inflation? Wird Donald Trump noch verurteilt? Bleibt Biden leidlich fit? Kann Vizepräsidentin Kamala Harris endlich ein bisschen Profil entwickeln? Alles offen, aber womöglich wahlentscheidend im November 2024.

Ein amtierender Präsident hat gute Chancen

Greifen die noch vor den Zwischenwahlen im vergangenen Jahr beschlossenen Maßnahmen aus dem Investitions- und Infrastrukturpaket – republikanische Sabotageversuche im Repräsentantenhaus sind garantiert –, könnte Biden das einen gewaltigen Schub geben. Einen amtierenden Präsidenten, statistisch gesehen ohnehin nicht leicht zu schlagen, könnte das locker über die Ziellinie bringen.

Die größte Gefahr für Joe Biden ist dabei weder Donald Trump noch Ron DeSantis. Wenn tatsächlich einer von beiden der republikanische Kandidat wird, mobilisiert das die Gegenseite, genau wie 2020. Die größte Gefahr für Biden ist er selbst. Ein paar Blödheiten bei offenem Mikrofon, und er wird vom starken Amtsinhaber zum greisen Clown. Seine Wiederwahlkandidatur ist wohl richtig – aber sie birgt hohe Risiken.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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