piwik no script img

Cum-Ex-Skandal des KanzlersMehr Fragen an Scholz

Die Union will die Rolle von Olaf Scholz (SPD) im Cum-Ex-Steuerskandal beleuchten: Sie kündigt einen neuen Untersuchungsausschuss an.

Bundeskanzler Olaf SCholz Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird wohl demnächst vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestages erscheinen müssen. In diesem Gremium will die Fraktion der Union Scholz’ Rolle im sogenannten Cum-Ex-Steuerskandal in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister klären. Das kündigte Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) am Dienstag in Berlin an. Die Union hat genug Abgeordnete, um die Einsetzung des Ausschusses zu beschließen. Das soll in der ersten Sitzungswoche nach Ostern Mitte April geschehen.

Beim Cum-Ex-Skandal vereinnahmten Investoren und Banken Milliarden Euro, weil sie sich einmal gezahlte Steuer für Aktiengeschäfte mehrmals vom Finanzamt zurückerstatten ließen. Die Hamburger Warburg-Bank war mit von der ­Partie. Seit Jahren steht der Verdacht im Raum, Scholz habe in seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister daran mitgewirkt, dass die Bank 47 Millionen Euro Steuerrückforderung aus dem Skandal zunächst behalten konnte, die sie eigentlich an das Finanzamt hätte zurückzahlen müssen. Scholz betonte stets, keinen Einfluss ausgeübt zu haben.

Beweise für den Verdacht hat auch ein Untersuchungsausschuss des Hamburger Stadtparlaments nicht zutage gefördert. Allerdings traf sich Scholz 2016 und 2017 mehrmals mit Warburg- Banker Christian Olea­rius. Zu den Treffen machte er widersprüchliche Angaben und berief sich auf Erinnerungslücken. Da die Ampelkoalition es mehrfach verhindert habe, den Kanzler vor den Finanzausschuss zu laden, sei ein Untersuchungsausschuss des Bundestags unausweichlich, sagte nun Matthias Hauer, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss.

Der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick plädierte dafür, das Mandat des Ausschusses auf die Tätigkeit des ehemaligen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) zu erweitern. Schäuble habe versucht zu verhindern, dass rund 100 Banken ihre Milliarden Euro illegaler Einnahmen aus Cum-Ex-ähnlichen Geschäften an den Staat zurückzahlten.

Die Fraktionen der Ampel-Koalition – SPD, Grüne und FDP – könnten durchsetzen, dass der Scholz-Ausschuss sich auch mit Schäuble beschäftigen müsse, sagte Schick. Als Abgeordneter initiierte Schick den Cum-Ex-Untersuchungsausschuss des Bundestages 2016/17. Heute leitet er die Organisation Finanzwende.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • 6G
    663803 (Profil gelöscht)

    für Konservative Politiker galt dieses Modell als vertretbar und man war im Konsens, dass es keine arge Überschreitung oder gar ein Rechtsbruch sei. Es gibt Reden im Bundestag zwischen 2003 und 2010 da wird dies explizit von CDU Abgeordneten (so auch Schäuble) formuliert. Man war sich einig das geht, das ist vertretbar ..... die Zweifler in der SPD waren nicht durchsetzungsstark genug bzw. nicht nachdrücklich genug um die juristische Grenze schärfer zu ziehen.

  • Ich bin sicher, dass das schnell erledigt sein wird.



    Der Union müsste genügen, dass der Kanzler verlautbaren lässt, jüdischen Erben sein Ehrenwort gegeben zu haben, einen Blackout gehabt zu haben, als eine schwarze Kasse seinen Weg kreuzte oder so ähnlich.

  • Ich erinnere mich gut an ein Statement eines Journalisten im Bundestagswahlkampf auf die Frage, warum das Cum Ex Thema nicht viel präsenter gespielt wird um Scholz unter Druck zu setzen. Das Thema sei zu komplex um es als Argument vor einer breiten Öffentlichkeit auszubreiten.



    Was das aussagt über die Qualität von Journalisten und den Wählern kann nun jeder selbst entscheiden.



    Und ja, Scholz hätte gar nicht als Kandidat aufgestellt werden dürfen, entweder weil er sich grundlegende Themen aus Terminen nicht merken kann oder weil er Dreck am Stecken hat. Was das über die SPD aussagt.... schlimm!

  • 4G
    49242 (Profil gelöscht)

    Vielleicht ist ja Kanzler Scholz wirklich nicht einmal ein sehr kleiner Fisch im großen Cum-EX- Teich. Er hat halt gemacht hat, was er immer so tut - auch als Kanzler: NICHTS !



    In gerissene Herr Schäuble ist da ein ganz anderes Kaliber. Da liegt Herr Schick vielleicht richtig.



    Aber das ist eigentlich auch schon unwichtig. Man sollte vielmehr ernsthaft die Frage stellen, ob das mit großem Brimbamborium wieder und wieder zelebrierte Ritual des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, je mehr geliefert hat als zusätzliche Medienzeit für profilbewußte Politiker, viel verschwendete Arbeitsstunden, beschriebenes Papier für die Archive und schließlich diametral gegenüberstehende, politisch motivierten Stellungnahmen, die von einer objektiven Sachverhaltsfeststellung fast immer weit entfernt sind.

  • Wie durfte jemand, der einem solchen unglaublichen Verdacht ausgesetzt war, überhaupt als Kanzlerkandidat kandidieren?



    Erstaunlicherweise war auch die mediale Kritik hieran in den meisten Medien nur sehr kleinklaut..

  • Kann man nicht UnsOlaf endlich in Ruhe lassen?



    Der Mann ist echt sauber!

  • @LINDENBERG

    "O, mein Gott! Er hat 'enteignen' gesagt! Schnell, holt das Weihwasser!"

    ;-)

    Jetzt im Ernst. Danke für die Ausführungen und Links.

    Um Schäuble ist mir nicht bange, der hat auch das mit den schwarzen Koffern gut überstanden -- der scheint sich den grössten Dreck leisten zu dürfen.

    Wenn's aber Merz da runterholt, dann mache ich eine gute Flasche Sekt auf, versprochen.

  • Der PUA zum cum-ex-skandal in der HHer bürgerschaft sollte ebenfalls erwähnt werden:

    norbert hackbusch (LINKE) zum thema:

    "Der geplante Untersuchungsausschuss im Bundestag ist aber auch ein Lob für die Arbeit des Hamburger PUA. Durch seine Bundeskompetenzen kann der Bundes-PUA bisherige Schwachstellen in der Zusammenarbeit zwischen den Hamburger Steuerbehörden und Bundesbehörden besser aufklären. Außerdem wird er die Erinnerungslücken des Bundeskanzlers besser ausforschen. In Hamburg werden am 14. April 19 Bundestagsabgeordnete zu ihren Erinnerungen an die Aussagen von Herrn Scholz im Finanzausschuss befragt werden, anschließend wird Scholz selbst erneut befragt. Das alles ist ein wichtiger Baustein auch für den Bundes-PUA. Diese kolossale Steuerhinterziehung ist erst durch nachlässiges staatliches Handeln möglich geworden – und eben auch durch politische Unterstützung in Hamburg, etwa durch bewusstes Wegsehen. Jede Aufklärung ist wichtig – daher begrüßen wir einen solchen PUA im Bundestag!“"



    www.linksfraktion-...erung-ist-wichtig/

  • Das Manager-Magazin vermutet, dass Schäuble rechtzeitig gewarnt war, weil Lobbyisten eine Initiative zur Gesetzesverschärfung zu cum ex verhinderten.

    Erst auf Presseanfragen hin sei begonnen worden, an einem neuen Gesetz zu arbeiten. Peer Steinbrück soll ebefalls sehr früh von diesem Betrug gewusst haben. Die Finanzaufsicht Bafin soll sogar bereits 1999 durch einen anonymen Hinweis auf die Steuertricks hingewiesen worden sein.

    Falls es Bankeninsider, Lobbyisten oder Finanzbeamte geben sollte, die bei dieser Thematik vor dem Untersuchungsausschuss exklusiv auspacken, könnte es für Scholz, Schäuble und vielleicht auch Steinbrück sehr unangenehm werden.

    Interessant wäre im Untersuchungsausschuss zu erfahren, was Friedrich Merz seit seiner Ernennung zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats von BlackRock Deutschland tat, um Cum-Ex-Geschäfte zu kontrollieren.



    Im Bundestag gab es 2016 einen Untersuchungsauschuss und vermutlich war Merz als CDU-Mitglied gut über diesen Untersuchungsausschuss informiert.

    Merz war zudem Aufsichtsrat und Mitglied des Verwaltungsrats der Düsseldorfer Bank HSBC Trinkhaus, & Burkhardt, die in Cum ex Geschäfte verwickelt war.



    Diese Geschäfte seien verboten gewesen, wenn dann habe es sich um Alleingänge einzelner Mitarbeter gehandelt, sagte Merz laut einem Buch von Werner Rügemer zu BlackRock.

    Bei der Bank legten die Reichsten der Reichen von NRW ihr Geld an. Praktisch, dass unter Laschet die Einheit des Düsseldorfer Finanzamts, die Steuertricks der Reichsten nachging, kaltgestellt worden war.

    www.manager-magazi...rnt-a-1134821.html

    Weitere Quelle: Werner Rügemer, BlackRock enteignen. Auf den Spuren einer Weltmacht

    • 6G
      663803 (Profil gelöscht)
      @Lindenberg:

      Es gab ja auch nie eine kritische Befragung bzgl. des Wechsels von Merz zu BlackRock .... als ob es für ihn selbstverständlich und legitim sei