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Vorstand der IG MetallLadies first

Kommentar von Maike Rademaker

Christiane Benner wäre als zweite Vorsitzende an der Reihe, im Herbst Chefin der IG Metall zu werden. Ob die Männer das zulassen, bleibt indes fraglich.

Christiane Benner bei einer Kundgebung am Tag der Arbeit 2022 Foto: Andreas Rosar/picutre alliance

F ür die IG Metall, mit rund 2,2 Millionen Mitgliedern die größte freie Einzelgewerkschaft der Welt, ist dieses Jahr ein ganz besonderes. Nicht wegen der immensen Herausforderungen für ihre Branchen – sondern weil sie im Herbst entscheiden wird, ob eine Frau die Gewerkschaft führen wird: Christiane Benner, derzeit zweite Vorsitzende. Offiziell ist das kein Thema. Es sollte auch gar kein Thema sein, denn in der IG Metall wird seit 1956 der zweite Vorsitzende auf den Platz des ersten gewählt.

Als 2003 Klaus Zwickel diese quasi natürliche Nachfolge brechen wollte, um seinen Favoriten nach vorne zu schubsen, ging die IG Metall durch eine ihrer größten Krisen: Erbarmungslos bekämpften sich zwei Lager. Zwickel verlor, der zweite Vorsitzende Jürgen Peters wurde erster. Und diesmal? Hat man erst mal lange versucht, Benner zum DGB abzuschieben, als Vorsitzende – und ist gescheitert.

Seitdem schwurbelt man aus Angst vor einer ersten weiblichen Vorsitzenden hinter den Kulissen an einer Satzungsänderung, Deckname Strukturreform, mit der die beiden Vorsitzenden gleichwertig gestellt würden. Diese Änderung ist überflüssig. Aber die IG Metall sei mit 80 Prozent Anteil eine Männergewerkschaft, rumort es. Das ist tatsächlich ein Problem. Die IG Metall braucht mehr Frauen. Mehr nicht. Schließlich fragt ja auch keiner, wieso ein Mann die Frauengewerkschaft Verdi führt.

Benner habe nicht genug Erfahrung in der Tarifpolitik, unken andere. Das ist Unsinn, weil der Kern von Tarifverhandlungen nicht die Tarifdetails sind, sondern Verhandlungsgeschick und Durchsetzungsvermögen. Benner ist seit 2015 im Vorstand, erfolgreich, mit sehr guten Wahlergebnissen – das gelingt bei solchen Spitzenposten nur mit entsprechender Qualifikation.

Es wird schlicht höchste Zeit: Statt hintenherum an überflüssigen und frauenfeindlichen Arrangements zu basteln, sollte die IG Metall zu ihrer Tradition, ihrer zweiten Vorsitzenden und damit ihrer notwendigen Transformation stehen: Ladies first.

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7 Kommentare

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  • Sie hat alle Chancen gewählt zu werden. Und das mit der Männergewerkschaft, das wäre der Stand von 1960 oder 1980.

    Seit langer Zeit sind Frauen in Betriebsräten und in Jugendvertretungen, das - glaube ich- ist nicht das Problem und war es auch nie.

    Und wenn sie Vize werden konnte, hat sie Unterstützung, hat sie Basis. Die hatte Jürgen Peters auch, deswegen wurde er Vorsitzender.

    Ob sie viel gestaltet, viel bewegt, das wäre die interessante Frage.

    Der letzte Abschluss ist unterm Schnitt gar nicht so schlecht, und wahrscheinlich sorgt ver.di indirekt für eine weitere Aufwertung, weil im öffentlichen Dienst wahrscheinlich die Gehälter 2022/2023 sinken werden.

    Dann schauen Linke und Gewerkschafter schon in die Richtung IG Metall. Und die kann ganz gut kämpfen, die Gehälter bei vielen Industriebetrieben sind besser als im Öffentlichen Dienst und im Durchschnitt inzwischen sogar besser als bei vielen Angestellten.

    Diese Meßlatte wird sie gut nehmen und halten, fragt sich, ob was oben drauf kommt. Und wie sie das verkauft, wie sie sich zur Regierung hin positioniert. Ob die Wochenarbeitszeit auf 32 Stunden sinken könnte oder wenigstenst auf 34?

  • bin seit über 50 jahren in der igm - + bleibe da, bis ich sterbe.

    aber:



    die igm + frauen - das ist so ein extra kapitel. die herrschaften sollten sich in grund + boden schämen, sich so anzustellen mit einer mögl. weibl. 1.vorsitzenden.



    in hh (+auch andernorts) gibts mittlerweile 1 1.bevollmächtigte, die dgb-vorsitzende ist weibl., die dgb-chefin in hh ebenfalls.

    wer nur macht den herren da oben an der spitze beine? wer? wer macht den weiblichen zwergenaufstand?



    igm-ladies, getraut euch, den herren auf die füße zu treten.

  • Daumen drücken! Und vor allen Dingen Benner nicht unterschätzen!

  • Der Anteil der Frauen unter den in der IG Metall organisierten Beschäftigten beträgt ca. 20%. Die Forderung "Ladies first" als Zeichen von mehr "Gerechtigkeit" erschliesst sich damit zumindest nicht von selbst.

    Es gibt sicher gute Gründe, warum eine Frau als Chefin der Gewerkschaft gut tun würde. Den Umstand, die Nichtwahl einer Frau (Christiane Brenner) als "Frauendiskriminierung" zu bezeichnen (z.B. im Kommentar von Simone Schmollak) ist unangemessen und schadet eher weniger priviligierten Menschen, die echte Diskrimisierung erfahren.

    • @Newjoerg:

      nach ihrer argumentation dürften in hh die 1.bevollmächtigte keine frau sein.

      ich weiß jetzt nicht, wie hoch der anteil d.frauen in allen dgb-geerkschaften ist - auf jeden fall haben wir 1 weibl. dgb-vors.+ das ist auch gut so.

      ihre argument mutet steinzeitlich an.



      mit frauenemanzipation haben sie wohl nichts am hut.

  • Interessante Argumentatuon. Zwei gleichwertige Vorsitzende, wie z.B. bei Linkspartei, Grünen und neuerdings SPD wäre frauenfeindlich. Und der DGB -Vorzitz ist ein Abstellgleis... nun, aus Metaller-Sicht ist er das vielleicht sogar.

  • Ist die Ernennung des Vorstandes nicht Angelegenheit der Gewerkschaft bzw. deren Mitglieder? Hat die Wahl des Vorstandes nicht durch die Deligierten zu erfolgen? Und seit wann ist ver.di eine Frauengewerkschaft?