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Gesetzentwürfe gegen rechten TerrorVerschärft gegen scharfe Waffen

Bei den Razzien rund um die Reichsbürgergruppe wurden rund 90 Waffen gefunden. Die Innenministerin will Gesetze verschärfen – doch es gibt Widerstand.

Halbautomatik unter'm Weihnachtsbaum? Die Innenministerin will Kriegswaffen rasch verbieten Foto: Volker Derlath

Berlin taz | Die Gefahr durch die vergangene Woche festgenommenen Reichsbürger war wohl größer als bisher bekannt.Von den 90 beschlagnahmten Waffen waren 19 Kurzwaffen und 25 Langwaffen. Der Rest waren Messer, Armbrüste etc. Das trug die Bundesanwaltschaft in Sondersitzungen des Rechts- und Innenausschuss des Bundestags am Montag laut Teilnehmenden vor.

Einige Beschuldigte sollen bereits im April auf einem bayrischen Schießstand trainiert haben – teils unter Klarnamen. Und das Netzwerk der Gruppe war offenbar weitaus größer: Demnach sollen die Beamten eine dreistellige Zahl an „Verschwiegenheitserklärungen“ über die Gruppe gefunden haben. In Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen war bereits mit der Bildung von „Heimatschutzkompanien“ begonnen worden.

„Die Gefahr war real, es gibt keinen Grund zur Entwarnung“, sagte der SPD-Innenexperte Sebastian Fiedler der taz. Auffällig waren auch die hohen Geldbeträge, welche die Beamten auffanden: Sie sollen auf 400.000 Euro in bar und 6 Millionen Euro in Goldbarren in einem Schließfach gestoßen sein. Wofür das Geld gedacht war, sei noch zu klären.

Bei den Razzien waren 25 Beschuldigte aus dem Reichsbürger- und Coronaverharmlosermilieu festgenommen und weitere 27 durchsucht worden – darunter der Adelsnachfahre Heinrich Prinz Reuß, die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann sowie mehrere einstige und aktive Soldaten und Polizisten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen die Bildung einer terroristischen Vereinigung und Putschpläne vor, samt Sturm auf den Bundestag.

Beamte schneller suspendieren

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) drängt seitdem auf zwei Gesetzesvorhaben, die sie bereits im Frühjahr in ihrem Aktionsplan gegen Rechtsextremismus angekündigt hatte. Als Erstes soll eine Verschärfung des Disziplinarrechts her, um extremistische Beamte schneller aus den Behörden zu entfernen – wie etwa die nun beschuldigten Polizisten. Der Gesetzentwurf soll noch diese Woche in die Ressortabstimmung gehen, erklärte Faesers Sprecherin.

Ziel ist es laut Entwurf, dass beschuldigte Beamte, statt langwierige Disziplinarklagen zu durchlaufen, gleich suspendiert oder gar entlassen werden dürfen – die Entscheidung würde dann erst im Nachgang von Gerichten geklärt. Die Behörden erhielten damit die Möglichkeit, sämtliche Disziplinarmaßnahmen selbst auszusprechen. Zudem soll nun eine Verurteilung für Volksverhetzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, statt bisher einem Jahr, bereits zum Verlust der Beamtenrechte führen.

Das Vorhaben hatte zuletzt für Diskussionen gesorgt, weil Faeser von einer „Beweislastumkehr“ gesprochen hatte. Das klang, als hätten Beschuldigte dann aktiv nachweisen müssen, dass sie verfassungstreu sind – was etwa unter Polizeigewerkschaftern prompte Kritik auslöste. Faeser korrigierte sich nun aber, dass es keine Beweislastumkehr geben werde. Vielmehr sei ein „effektiver Rechtsschutz“ durch die spätere Gerichtskontrolle gewahrt, heißt es im Gesetzentwurf. Die Unschuldsvermutung bleibe bestehen.

Faeser orientiert sich mit dem Gesetzentwurf an der Praxis in Baden-Württemberg, wo die Regelung bereits seit 2008 gilt. Erst 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht diese für rechtmäßig erklärt. Ein Polizist war dort über einen Verwaltungsakt gekündigt worden, weil er drei Mal wegen Betrugs- und Urkundendelikten verurteilt wurde – die Karlsruher Richter sahen dagegen keinen Rechtsverstoß.

Vom Justizministerium von Marco Buschmann (FDP) hieß es zu dem Plan nur, bisher liege kein Gesetzentwurf vor. Solange warte man mit einer Bewertung.

Heikler Informationsaustausch

Der Beamtenbund begrüßt dagegen das Vorhaben. „Wer nicht mit beiden Beinen fest auf dem Boden unserer Verfassung steht, hat im öffentlichen Dienst nichts zu suchen“, erklärte ihr Bundesvorsitzender Ulrich Silberbach. Für eine Entfernung aus dem Dienst brauche es tatsächlich „einen straffen zeitlichen Rahmen“ und einheitliche Maßstäbe in den Bundesländern. Klar aber sei, dass Beamte „nicht willkürlich oder nach freiem Ermessen politischer Gremien aus ihrem Amt entfernt werden dürfen“.

Auch die Gewerkschaft der Polizei gibt sich nun aufgeschlossen. Eine Beweislastumkehr hätte man nicht mitgetragen, sagte ein Sprecher der taz.

Faeser drängt zudem auf eine Verschärfung des Waffenrechts. So wurden seit 2016 gut 1.050 Reichsbürger entwaffnet – immer noch 500 aber besitzen nach Behördenkenntnis weiter legal Waffen. Auch diese Gesetzesverschärfung soll laut Fae­ser „in Kürze“ in die Ressortabstimmung gehen.

Nach taz-Informationen ist hier vor allem ein engerer Informationsaustausch zwischen Waffen- und Sicherheitsbehörden geplant. Zudem will Faeser ein Verbot kriegswaffenähnlicher halbautomatischer Waffen erreichen. Enger werden soll auch der Austausch der Waffenbehörden mit Gesundheitsämtern, wenn es um psychische Krankheiten von Waffenbesitzern geht. Das ist durchaus heikel – denn Gesundheitsdaten sind besonders geschützt. Und mit dem Plan scheiterte schon Faesers Vorgänger Horst Seehofer.

Tatsächlich liegt der Gesetzentwurf nach taz-Informationen bereits seit einigen Wochen vor – bisher aber blockiert ihn die FDP. „Reichsbürger müssen konsequent entwaffnet werden. Das lässt aber das geltende Waffenrecht schon zu“, erklärte FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle der taz am Montag. „Einer Verschärfung bedarf es nicht – eher einer besseren Ausstattung der Waffenbehörden, um das geltende Waffenrecht auch anzuwenden.“

Die Grünen unterstützen dagegen Fae­sers Waffenvorstoß. Eine Gesetzesverschärfung sei sinnvoll, sagte ihr Rechtsexperte Helge Limburg am Montag. Wichtig sei aber zu klären, welcher Art der Waffenbesitz der Terrorverdächtigten war. Tatsächlich hatten einige von ihnen Waffen legal besessen.

Demokratiefördergesetz kommt am Mittwoch

Als Drittes wollen Faeser und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) am Mittwoch schließlich den Gesetzentwurf für das Demokratiefördergesetz ins Kabinett einbringen, mit dem zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich gegen Extremismus engagieren, langfristig abgesichert werden sollen. Auch dieses Projekt war lange geplant. „Wir stärken die Demokratie von innen“, erklärte Faeser dazu am Montag. Zuletzt hatte sie betont, das Gesetz sei „der beste Schutz gegen Extremismus und gegen Angriffe auf politische Institutionen, die freie Wissenschaft und unabhängige Medien“.

Kritik kommt hier indes aus der Zivilgesellschaft. Die bisherigen Pläne seien „ernüchternd“, erklärten zuletzt mehrere Verbände wie die Amadeu Antonio Stiftung. Die lang versprochene Planungssicherheit und eine neue Kultur der Zusammenarbeit seien bisher nicht in Sicht.

Mehr Druck auf die Verfassungsfeinde? Es gibt für Faeser noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

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9 Kommentare

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  • Es waren 44 Waffen, wer Messer, Schwerter und Armbrüste mitzählt, macht aus jeder Küche ein Waffenlager.



    Es wird auch nicht erwähnt, ob die Waffen angemeldet waren und der Besitz somit rechtmäßig war.



    Auch das Besuchen und Benutzen eines Schießstandes ist in Deutschland weder verboten noch Sache einer extremistischen Minderheit.



    Das gilt auch für den Besitz von Bargeld und Gold, auch das ist weder verboten noch extremistisch.

    Was unangenehm auffällt und ich sage dies als eine Person auf der anderen Seite des politischen Spektrums, ist dieser Beifall heischende Versuch, eine extremistische Bedrohung, eine immanente Gefahr der Demokratie und des Staates zu implizieren und heraufzubeschwören.

    Das Gedankengut der AfD mag einem nicht gefallen, das der Reichsbürger mag, einen erschrecken, aber zur Meinungsfreiheit gehört auch Gedanken äußern zu dürfen, die anderen nicht gefallen.



    Grundgesetz und StGB geben den Rahmen der Meinungsfreiheit, die wir sehr hoch halten sollten.



    Eine Einschränkung anderer Rechte ist da sehr kritisch zu sehen.

    Wir haben sehr oft in unserer Geschichte Menschen verfolgt, weil sie anderes gedacht haben, als den Herrschenden recht war. Auch die jüngere Geschichte kennt die Verfolgung der KPD und den Radikalenerlass. Recht wurde instrumentalisiert und die Meinung manipuliert, um die Interessen der herrschenden Parteien durchzusetzen.

    Wer Geschichte kennt, weiß, dass diese Gesetze und Maßnahmen, später noch ganz andere Anwendungen finden werden.

    • @Octarine:

      Eine Armbrust gilt aus gutem Grund als Waffe, weil Sie die gespannt und damit schussbereit durch die Gegend tragen können.



      Ein Knopfdruck genügt, um einen Bolzen mit potentiell tödlicher Kraft abzufeuern.



      Dass eine Demokratie auch abweichende Meinungen ertragen muss, damit haben Sie recht. Aber unsere Geschichte hat uns auch gezeigt, wie instabil eine Demokratie wird, wenn offene Gegner nicht rechtzeitig ernst genommen werden.

    • @Octarine:

      Geplante Zerstörung des Staates durch Gewalt fällt nicht mehr unter Meinungsfreiheit.

    • @Octarine:

      Man kann das kleinreden wie man will. Ein Teil der Waffen waren Dienstwaffen von Polizisten und Soldaten - wie erklären Sie, dass die in Privatwohnungen aufgefunden werden?

      • @Ajuga:

        Die Aufbewahrung von Waffen, auch Dienstwaffen, kann von den Dienststellen genehmigt worden sein, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Das sind Waffenschränke oder Tresore und zusätzliche Einrichtungen für Munition.



        www.gdp.de/gdp/gdp...entresor_Melsmetal

        Polizisten, wie Soldaten, sind Teil dieser Gesellschaft, sie repräsentieren damit auch die politischen Strömungen. Es wäre merkwürdig, wenn dies anders wäre.



        Wenn wir bei der Exekutive vermehrt autoritäres Gedankengut finden - siehe Maaßen - so liegt dies an der Politik.

        Gerade CDU/CSU haben rechten Gedankengut beherbergt und zu ihrem Nutzen befördert. Die Beförderung von Angst vor dem "Anderen/Fremden", vor den "Linken" und vor "Moskau" haben diese Republik und besonders den Sicherheitsapparat geprägt.



        Wer sich mit der NSU Historie beschäftigt, wird diesen fragwürdigen Behörden keine neuen Ermächtigungen verschaffen und keine Rechte einschränken.

        Drei Polizisten und zwei Soldaten in Rente sind keine Bedrohung.

        Die merkwürdige, undurchsichtige KSK, der "Verfassungsschutz", Rekordhalter im Aktenschreddern und Nichtwissen, das sind die Probleme.

  • Um welche 90 Waffen handelt es sich ? Sind es Schusswaffen und wenn ja, war der Besitz legal oder illegal ? Würde eine Verschärfung des Wafferechts hier etwas ändern ?



    Es scheint sich wohl eher um populistische Forderungen zu handeln, denn nach den bisherigen Erkenntnissen waren die relevanten Waffenfunde unterhalb der eines Waffenschrankes eines Jägers. Die Zuverlässigkeit wird schon überprüft und es bedarf nur der Durchsetzung bestehender Gesetze.

    • @Puky:

      Also wenn man weniger Waffen als ein Jäger (scheinbar) hat, dann darf man auch als Fascho und Co. Waffen einfach haben. Interessant.

      die nächste Stufe der Verharmlosung wäre dann die Anzahl an Waffen eines Schützenvereins, dann einer kleinen Kaserne,... oder?

      • @Daniel Drogan:

        Das ist eine unsinnige Unterstellung; davon ist bei @Puky nicht die Rede. Die Frage ist zu Recht gestellt: Werden bei den Reichsbürgern vor allem illegale Waffen eingesammelt, ist eine Waffenrechtsverschärfung tatsächlich populistisch. Small Arms Survey in Genf schätzte schon für 2017 für die EU etwa 35 Millionen illegaler Schusswaffen in Privatbesitz. Illegal. Das heißt, dass sich diese Waffenträger*innen bereits jetzt nicht um Recht und Gesetz scheren. Wenn es Reichsbürger*innen sind, sowieso nicht, weil die ja glauben, dass unser Recht für sie nicht zuständig ist. Was soll dann also die x-te Waffenrechtsverschärfung (für legale Waffen)?

        • @Markus Wendt:

          "Das ist eine unsinnige Unterstellung; davon ist bei @Puky nicht die Rede. "



          Warum unsinnige Unterstellung? Lies nochmal genau. er behauptet es ist populistischer Firlefanz weil es doch eh nicht mal ein Arsenal sei was ein schlichter Jäger Zuhause hätte. also Umkehrschluß, haben Faschos und Konsorten weniger als diese Menge angesammelt, ist das noch gar kein Problem und dann soll man sich mal mit Razzien und Co. zurückhalten!