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Diskussion zu Holocaust und NakbaZoff um Goethe-Event in Israel

Das Goethe-Institut in Tel Aviv hatte für den 9.11. zu einer Podiumsdiskussion geladen. Nach empörten Protesten wird die Veranstaltung vertagt.

„So oder so ist es eine Unverschämtheit“, sagt Israels Botschafter Ron Prosor Foto: Bernd Elmenthaler/imago

Berlin/Tel Aviv taz | Konstruktiv werde das Buch zur Debatte beitragen. Zumindest war dies die Hoffnung des Rezensenten in der Frankfurter Rundschau. In einer begeisterten Besprechung des Buches „Den Schmerz der Anderen begreifen“ schrieb Micha Brumlik im Sommer: Dem Buch der Autorin Charlotte Wiedemann könne es gelingen, die festgefahrenen Fronten in der Diskussion über das Verhältnis von kolonialen Gräueltaten und nationalsozialistischem Judenmord und die Singularität der Shoah wieder aufzulockern.

Das ist bislang offenbar nicht gelungen. „Inakzeptabel und respektlos!“ – mit diesen Worten hat Ron Prosor, Israels Botschafter in Berlin, nun eine Podiumsdiskussion zu dem Buch skandalisiert, die das Goethe-Institut mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv ursprünglich für diesen Mittwoch, den 9. November, geplant hatte – den Jahrestag der Reichspogromnacht.

Nach einem breiten Aufschrei haben die Veranstalter die Diskussion nun auf Sonntag verlegt. Auch der Untertitel der Veranstaltung, der wohl der eigentliche Stein des Anstoßes gewesen sein dürfte – „Holocaust, Nakba und deutsche Erinnerungskultur“ –, verschwand am Dienstag von der Webseite des Goethe-Instituts.

„Am Gedenktag an die Novemberpogrome 1938 haben das Goethe-Institut und die Rosa-Luxemburg-Stiftung beschlossen, die Erinnerung an den Holocaust zu verharmlosen. Und das ausgerechnet in Israel“, kritisierte Botschafter Prosor auf Twitter.

Das Außenministerium in Jerusalem äußerte am Dienstag „Erschütterung und Abscheu angesichts der dreisten Trivialisierung des Holocaust“ und unterstellte eine „zynische und manipulative Absicht, eine Verbindung (zwischen Holocaust und Nakba, d. Red.) herzustellen, deren ganzes Ziel die Diffamierung Israels ist“. Auf die Verschiebung folgte eine weitere Mitteilung: Die Veranstaltung sei allgemein eine „Schande“ und dürfe „an keinem Datum“ stattfinden.

Amos Goldberg: Niemand will vergleichen

Mit dem Wort Nakba (Katastrophe) bezeichnen Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen und andere Ara­be­r*in­nen die mit der Staatsgründung Israels 1948 verbundene Flucht und Vertreibung von großen Teilen der arabischen Bevölkerung aus dem damaligen Mandatsgebiet Palästina. Dabei kam es teilweise auch zu Massakern an Zi­vi­lis­t*in­nen.

Für hunderttausende Menschen bedeutete die Gründung eines mehrheitlich jüdischen Staates, auf die mehrere arabische Staaten mit einem Angriffskrieg reagierten, den dauerhaften Verlust ihrer Heimat. Nach aktuellem Stand der Forschung verließen zwischen 1947 und 1949 zwischen 700.000 bis 750.000 Menschen das heutige israelische Staatsgebiet.

Bei der Veranstaltung solle es nicht um einen Vergleich mit dem Holocaust gehen, kommentierte einer der Dis­ku­tan­t*in­nen am Mittwoch gegenüber Haaretz. Vielmehr sei die Frage, „wie es möglich ist, katastrophale Erinnerungen an Ereignisse zu verarbeiten, die sich in einer Situation des Konflikts, der Besatzung und der Apartheid stark voneinander unterscheiden, und wie die Arbeit der gemeinsamen Erinnerung uns vielleicht auch einer politischen Lösung näher bringen könnte“, so Amos Goldberg von der Fakultät für jüdische Geschichte und zeitgenössisches Judentum an der Hebräischen Universität in Jerusalem.

Botschafter: „So oder so ist es eine Unverschämtheit“

Im zunehmend rechtslastigen und teils offen antipalästinensischen Diskurs in Israel wird der Begriff Nakba mitunter als „antiisraelisch“, teils auch als antisemitisch gebrandmarkt, was die Erinnerung an die Flucht und Vertreibung von Ara­be­r*in­nen aus Palästina delegitimiert. Auch in Deutschland sind derartige Stimmen seit Jahren zu vernehmen.

Wiedemanns Buch war bereits im August Gegenstand einer Debatte. Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, warf der Autorin vor, „die Shoah im Namen einer angeblich antirassistischen, also guten Geschichtsrevision zu relativieren“. Er räumte jedoch ein, das Buch nicht gelesen zu haben, sondern sich auf lediglich einen auf Twitter veröffentlichten Satz zu beziehen.

Botschafter Prosor teilte auf Nachfrage der taz, was seine inhaltliche Kritik am Buch sei, am Mittwoch lediglich mit: „So tragisch ein historisches Ereignis aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden mag, es kann nicht mit dem Holocaust verglichen werden. Ganz unabhängig davon drückt das gewählte Datum entweder die Ignoranz zweier deutscher Institutionen oder ihre zynische Berechnung aus. So oder so ist es eine Unverschämtheit.“

Wiedemann, die auch für die taz schreibt, spürt in ihrem Buch in Form von Reportagen und Essays der Frage nach, wie eine deutsche Erinnerungskultur den Holocaust im Zentrum behalten kann, sich aber gleichzeitig entwickeln und für die Erinnerung an andere Menschheitsverbrechen öffnen kann, etwa an die deutsche Kolonialherrschaft in Afrika vor 1914.

So geht es in dem Buch etwa auch um Perspektiven Schwarzer Soldaten im Zweiten Weltkrieg oder um osteuropäische Erinnerungskulturen und das ihnen inhärente Spannungsverhältnis zwischen Erinnern an den Stalinismus und an den Holocaust.

Nur in wenigen Kapiteln thematisiert die Autorin unmittelbar den Nahostkonflikt. Sie stellt fest, dass im Geschichtsbild sowohl in Israel als auch unter Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen der Schmerz der jeweils anderen Seite geleugnet wird. Es folgen Überlegungen über Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen in Deutschland und die Feststellung, dass die Existenz von 200.000 Palästinastämmigen in Deutschland auch die Nakba zu einem Teil einer gemeinsamen deutschen Geschichte macht.

Demo-Aufruf in Tel Aviv

Die rechtsnationalistische israelische NGO Im Tirtzu rief für Mittwochabend zu einer Demonstration in Tel Aviv auf. „Steht mit uns auf gegen die diffamierende antiisraelische Veranstaltung im Herzen Tel Avivs“, hieß es auf Facebook. Im Tirtzu hat sich seit ihrer Gründung 2006 laut Selbstbeschreibung die „Erneuerung der zionistischen Ideologie“ auf die Fahnen geschrieben. Kri­ti­ke­r*in­nen werfen der NGO vor, faschistoide Züge zu haben und eine „Gedankenpolizei“ schaffen zu wollen.

Im Tirtzu fährt aggressive Kampagnen gegen linke NGOs und Akademiker*innen. Eine ihrer Kampagnen richtet sich auch gegen das Narrativ der Nakba. Eine Broschüre trägt etwa den Titel Nakba Harta (Nakba-Blödsinn). Die Nakba wird darin als „Lüge“ und „politischer Mythos“ bezeichnet, „die uns wie ein Tsunami zu ertränken droht“.

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52 Kommentare

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  • Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. 

  • Das Goethe-Institut hat sich schon mehrfach als BDS-freundlich präsentiert. Diese Linie wurde mit dem der Kulturabteilung des AA abgestimmt.

  • Im Hinblick auf die Vertreibung der Juden aus den arabischen Ländern bemerkte der algerische Schriftsteller Boualem Sansal wie folgt:

    Zitat:

    "Eine ganze Welt hat aufgehört zu existieren. Jetzt, wo das Gedächtnis sich wie ein durchlöcherter Eimer entleert, bleibt auf dem Grunde unseres Herzens eine Traurigkeit zurück, die ihresgleichen nicht hat: die Traurigkeit der Leere."

    Zitat Ende

    Nachzulesen in dem Buch von Georges Bensoussan: "Die Juden der arabischen Welt - Die verbotene Frage"

  • Hier sind weitere Vertreibungen, welche nicht thematisiert werden:

    en.wikipedia.org/w...d_exoduses_of_Jews

  • ein vorgeschmack auf das, was noch kommen mag? - ich hoffe nicht!

  • Wer den Zwang verspürt, die "Nakba" mit einer anderen historischen Katastrophe zu vergleichen, könnte - kritische Offenheit vorausgesetzt - unschwer auf die andere "Nakba" kommen: die mit Pogromen und Massakern einhergehende Vertreibung von bis zu 900.000 Juden aus den arabischen Nachbarländern. Dies war im übrigen eine vollständige Vertreibung und keiner der Nachkommen interessiert sich für ein Rückkehrrecht . .

    • @dites-mois:

      Es ist nicht richtig dass 900.000 Juden aus arabischen Nachbarländern vertrieben wurden. Es gab keine massenhafte Vertreibung aus allen arabischen Ländern, die mit der Vertreibung der Palästinenser:innen vergleichbar ist. Wo sind denn die alten Zeitungen, Fotos und Berichte der UN?



      Nur in Ägpyten gab es nach der Lavon Affäre eine vom Staat angeordnete Ausweisung der jüdischen Bürger:innen (mehrere 1000).



      Man sollte aber sowieso nicht Bürger:innen anderer Staaten mit den Palästinenser:innen „verrechnen“ nur um die Rechte der Palästinenser:innen für ungültig und verhandelbar erscheinen zu lassen. Das ist das Ziel der israelischer Politik.

      • @Martha:

        Nicht ganz. Es gab natürlich Massenvertreibungen aus arabischen Ländern - und zwar unter *ausdrücklichem Hinweis* auf ISRAEL. Wenn Sie so wollen war das nichts anderes als eine gigantische arabische Aufrechnung.



        www.bpb.de/themen/...abischen-laendern/



        Daraus: "In vielen Fällen mussten die Flüchtlinge nahezu ihren gesamten Besitz zurücklassen, insbesondere im Irak, in Ägypten und in Libyen. Allein im Irak kam es zu einer "Beraubung gigantischen Ausmaßes", die durch eine Reihe von Gesetzen juristisch abgesichert wurde....2007 schätzte die "World Organization of Jews from Arab Countries" dass Werte bis zu 300 Milliarden US-Dollar (nach heutiger Bewertung) zurückgelassen wurden, davon über 100.000 Quadratkilometer Landbesitz, insbesondere in Ägypten, Marokko und Irak (was der Fläche etwa fünfmal so groß wie Israel entspricht)..."

    • @dites-mois:

      Haben Sie den Beitrag nicht gelesen … oder die Intention nicht verstanden, nicht verstehen wollen? Diese reflexartige gegenseitige Aufrechnerei und Relativierung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit … ich bin es so leid.

      • @Abdurchdiemitte:

        An genau dem Datum, an dem jüdischer Opfer gedacht wird findet es das Goethe-Institut richtig an *andere* Opfer zu erinnern - und zwar exakt in dem Land, in dem es noch die meisten Schoah - Überlebenden gibt.



        Und Sie sind die Relativierungen satt? Willkommen im Klub!

        • @Henriette Bimmelbahn:

          Ganz offensichtlich kommen wir in dieser Frage nicht über den Modus der Aufrechnerei und Relativierung hinaus … ich würde beispielsweise gerne genau wissen, wie sich die Situation von in islamischen Gesellschaften lebenden Juden in Vergangenheit und Gegenwart genau darstellt.



          Zum Status der Sefarden im Osmanischen Reich und später der Türkei etwa kann jedenfalls nicht von einer vergleichbaren Entrechtungs- und Pogromsituation gesprochen werden, wie sie osteuropäische Juden im Eimflussbereich des zaristischen Russland zu erleiden hatten … spielt für die Debatte hier wohl nur keine Rolle.



          Dann ist von 900.000 Juden die Rede, die ihre arabischen Heimatländer verlassen haben … Auswanderer oder Vertriebene? Ich sehe hier keinen Link zu verlässlichen Quellen, die darüber Aufschluss geben könnten.



          Fest steht jedenfalls, dass der moderne völkische Antisemitismus eine europäische „Erfindung“ ist, die antijüdische Hetze und Verfolgung zuvor - im Grunde seit den Pogromen im Rheinland zu Beginn des ersten Kreuzzuges - ausschließlich auf dem Boden des christlichen Abendlandes stattgefunden hat. Und wer ist wohl für die Vertreibung der judeo-spanischen Sefarden verantwortlich, die dann in den islamischen Ländern für viele Jahrhunderte eine neue Heimat gefunden haben?



          Und bis zum Beweis des Gegenteils bleibe ich bei der These, dass das „Überschwappen“ von Nationalismus und Antisemitismus auf islamische resp. arabische Gesellschaften - als dann islamischer Antisemitismus, der an sich von mir überhaupt nicht bestritten wird - als Folge der industriellen Modernisierung seien Ausgang in Europa nahm und zum Teil auch als ein „Reflex“ (darüber müsste man noch diskutieren) auf den jüdischen Exodus nach Palästina sowie dann die Gründung des Staates Israel zu verstehen ist.



          Das wären die eigentlich interessanten Fragen, über die es in diesem Zusammenhang zu diskutieren lohnt. Ist aber wahrscheinlich nur mein persönliches Spezialinteresse.

    • @dites-mois:

      Die 900000 haben eine Heimat gefunden. Die Palästinenser nicht.



      Wenn, dann kann man das mit den Folgen der judäischen Kriege Roms vor knapp 2000 Jahren vergleichen.

      • @WeisNich:

        "Die 900000 haben eine Heimat gefunden. Die Palästinenser nicht."



        Nein, können sie auch nicht, bzw sollen sie nicht, da sie von den meisten ihrer "Gast"länder (das sind die, die Israel mehrfach angegriffen haben und auslöschen wollten) als Waffe gegen Israel missbraucht werden.

    • @dites-mois:

      vielleicht hilft Ihnen dieser artikel von Ella Habiba Shohat rosalux.org.il/art...onismus-mizrachim/ dem wunsch der mizrachim nach rückkehr in ihre bzw. ihrer eltern herkunftsländer auf die spur zu kommen.

      • @christine rölke-sommer:

        Vermutlich hätten Sie noch mehr



        s p o n t a n e



        Kommentarbefürworter wenn Sie Ihre hebräischen Sprachkenntnisse sofort ins Deutsche übersetzen würden.- Denn wer von uns anderen könnte da mit Ihnen mithalten. ("mizrachim" u.a. Ihrer persönlichen, hebräischen Vokabularkenntnisse müsste unsereiner sich erst einmal auf Umwegen besorgen. Sowas wollen viele erst gar nicht anfangen.)

      • @christine rölke-sommer:

        Ist das wieder dieser Text, wo Israel unterstellt wird, hinter Vertreibung von Mizrahim zu stecken?

        • @h3h3y0:

          lesen Sie ihn doch erst mal, bevor Sie anfangen, etwas zu unterstellen, was drinstehen könnte!



          im übrigen: ich schrieb "wunsch nach rückkehr". den können Sie auch von heute in Israel lebenden mizrachim zu hören bekommen.

          • @christine rölke-sommer:

            Na ja, viel Sypmathie für arabische Länder bekommen Sie aber von heute in Israel lebenden Mizrachim nicht zu hören. Sie wissen schon, dass sie die typischen Netanjahu-Wähler stellen?

          • @christine rölke-sommer:

            Stimmt und ich füge hinzu: auch viele linke Juden sehen jetzt ausgerechnet in Berlin ihren Sehnsuchtsort angesichts der zunehmenden Rechtsradikalisierung der israelischen Gesellschaft … das habe ich mir übrigens nicht ausgedacht, hier isser, der Link zum taz-Beitrag:



            taz.de/Israels-Wah...bb_message_4418368



            Lediglich dass in dem Artikel gerade Ben-Gurion für diese fatale Entwicklung verantwortlich gemacht wurde, finde ich nicht fair.

          • @christine rölke-sommer:

            "den können Sie auch von heute in Israel lebenden mizrachim zu hören bekommen."

            Und wird nach einem Rückkehrrecht in die arabischen Länder für Mizrachim gefordert so wie es bei Palästinensern und Israel der Fall ist?

    • @dites-mois:

      Es wird auch nicht nach einem Rückkehrrecht für die vertriebenen Juden gefordet wie das bei Palästinensern und "Nakba" der Fall ist. Es finden auch keine Demonstartionen und Ausstellungen statt wie das bei Palästinensern und "Nakba" ebenfalls der Fall ist.

      • @h3h3y0:

        Warum nicht?-Welche tieferliegenden Gründe haben dazu geführt?

    • @dites-mois:

      Sehr gut gesagt!



      Meine Großmutter ist aus Ostpreußen geflohen. In Dresden war sie als die Bomben fielen. Sie hat oft darüber erzählt.



      Nie, niemals wäre sie oder gar ich als ihr Enkel auch nur im Entferntesten auf die Idee gekommen ihr Schicksal im Rahmen eines "gegenseitigen Verständnisses" mit dem Schicksal der Juden während des Holocaust in gleicher Wägung zu thematisieren.



      Gehen wir aber zurück ins 19 Jahrhundert und ins frühe 20 Jahrhundert. Der Zustrom jüdischer Flüchtlinge nach Middle East erzeugte damals schon Fremdenfeindlichkeit gegenüber den jüdischen Flüchtlingen. Hier bei uns ist uns klar, dass wir Flüchtlinge aufnehmen und integrieren müssen. Fliehen Juden aber nach Middle East, etwa vor der sicheren Vernichtung aus Europa, so dreht sich die deutsche Pespektive um. Fliehende Juden können niemals Flüchtlinge sein, sie sind im kognitiven Modell der Deutschen über die Juden Kolonisten und machen Apartheid, wenn sie in Middle East nichts andres tun, als sich ihrer Haut zu wehren.



      -Den Schmerz der Anderen begreifen-



      Wer, ja wer von uns kann sich anmaßen den Schmerz derer zu begreifen, die Auschwitz überlebt haben, meistens als einzige aus einer Familie.

  • Nicht der Vergleich ist das Problem, sondern Gleichsetzung und Relativierung. Und der Nakba-Diskurs strotzt nur so vor Gleichsetzung und Relativierung.

    • @Taugenichts:

      “Und der Nakba-Diskurs strotzt nur so von Gleichsetzung und Relativierung.”



      Ich will nicht bestreiten, dass das so ist, auch und herade im Hinblick auf die palaestinensische Sicht der Dinge. Aber ich habe immer die Position vertreten, dass es für Palästinenser in dieser Frage schlicht unmöglich ist, die deutsche Perspektive auf die Shoa zu übernehmen … das kann man von nicht ihnen verlangen, denn nicht sie sind das Tätervolk. Die Perspektive der Palästinenser als Opfer der israelischen Staatsgründung wird jedoch komplett negiert, ja, sogar verhöhnt. Das schafft jedoch nur neuen Hass, Gewalt und Leid und zwar auf beiden Seiten.



      Ich halte diese ganze Debatte sowieso für verquer, weil der Eindruck entsteht, mit dem Hinweis auf die existenzielle Bedrohungssituation für Israel wird von (konservativer) deutscher Seite aus eine Entlastungsstrategie gefahren, um sich selbst von der Verantwortung für die Shoa und den daraus folgenden Konsequenzen auch mit Blick auf den außenpolitischen Umgang mit diesem Konflikt zu befreien … es sind ja Hamas&Co., die Israel (als jüdischen Staat) heute bedrohen, wohingegen man selbst in unverbrüchlicher und kritikloser Solidarität zu Israel steht, auch in den kritikwürdigen Aspekten israelischer Politik. So kann man sich allzu billig aus der Affäre ziehen.



      Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich die Antisemitismus-Definition der “Jerusalemer Erklärung” für zielführender halte als die, die sich der deutsche Bundestag seinerzeit zu eigen gemacht hat … DARÜBER wünsche ich mir hierzulande einen leidenschaftlichen wie sachlichen und fairen gesellschaftspolitischen Streit (wasja kein Widerspruch sein muss).



      Aber leider nur eine frommer Wunsch … dafür haben wir „Juden in der AfD“ und Israel-Solidarität auf BILD-Niveau.

      • @Abdurchdiemitte:

        Ausser den ca. 20 - soweit ich weiß - "Juden in der AfD" gibt es schon noch einige Juden NICHT in der AfD.

      • @Abdurchdiemitte:

        Und warum können die Deutschen die Menschen in Middle East nicht einfach in Ruhe lassen?



        Warum kleben die Deutschen an den Juden wie Pattex, dass sie diese selbst nach dem Holocaust über die halbe Welt verfolgen müssen?



        Die wirkliche Aufgabe, die die Deutschen haben wäre, den Menschen in Middle East zu erklären wozu Judenhass führen kann.



        Statt dessen erfinden Sie einen Satz wie "...Opfer der israelischen Staatsgründung....". Woimmer die Juden sind, sehen die Deutschen die anderen als Opfer. Das ist das kognitive Modell der Deutschen über die Juden.

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @Taugenichts:

      Haben Sie das Buch genau so gelesen wie der Herr Volker Beck? Also einen Satz auf Twitter?

    • @Taugenichts:

      tatsächlich? Setzen die Palästinenser tatsächlich Nakba u Holocaust gleich? Wo?

  • Den geflüchteten und oder vertriebenen arabischen Einwohnern des ehem. Mandatsgebietes Palästina kann man gedenken.Dann bei gleicher Veranstaltung auch den vertriebenen Juden gedenken, die aus den arabischen Ländern 1948 vertrieben wurden. Den Holocaust mit diesen Ereignissen zu vergleichen ist geschichtsvergessen und eine Gleichsetzung mit der staatlich angeordneten und systematischen Ermordung von 6 Millionen Juden .

    • @Klempner Karl:

      Keine Geschichtsvergessenheit.

      Ganz bewusste Relativierung.

      Die Hamas u. ä. iranfinanzierte Terrorgruppen arbeiten auch so.

      Nächster Schritt ist die Holocaust-Leugnung. Kennen wir ja bestens von den Islamo-Faschisten und Nazis.

      So auch von Rot-braun.

      • @shantivanille:

        Rot-braun?

      • @shantivanille:

        Das Empörungsgeschrei soll doch nur davon ablenken, dass die Nakba gewissermaßen immer noch anhält. In Salamitaktik werden die Palästinenser Stück für Stück, Siedlung für Siedlung ihres Grund und Boden in der Westbank beraubt und der Möglichkeit ihren Staat zu gründen.

        • 3G
          31841 (Profil gelöscht)
          @ingrid werner:

          Auch dafür danke! Das Schweigen brechen ...

  • Das Goethe-Institut mal wieder.

    Läuft anyway schon seit langem unter den "antisemitischsten Institutionen weltweit". Vor allem durch den GI-Chef Johannes Ebert. Der immer noch für die Rücknahme des Bundestagsbeschlusses vom 17. Mai 2019 gegen die antisemitische und anti-israelische Bewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) kämpft. Na ja, gottseidank auf verlorenem Posten.

    Haben er und Frau Wiedemann, die beide aus einem Land stammen, das sechs Millionen Juden (davon 1,5 Millionen Kinder) umbrachte und dies auch mit weiteren sechs Millionen Juden in Europa und einer Million Juden im Nahen Osten vorhatte, nichts Besseres zu tun? Wollen wieder einmal Richter über Juden spielen?

    Alter Wein in neuen Schläuchen.

    Ein bisschen Reflexion des eigenen Bewusstseins kann man schon erwarten, statt ständig in seinen eigenen Projektionen zu schwelgen. Als sog. Linke nie Freud & Co. gelesen? Pflichtprogramm für Linke. Ach ja, Freud war ja ein Jude.

    Es gibt noch eine zweite Nakba, Frau Wiedemann hat sie fairerweise gewiss erwähnt:

    Im Gegensatz zu den Palästinensern waren die Flucht und Vertreibung von über 900.000 Juden aus den arabischen Ländern nahezu total.

    Die Zahlen sind erschütternd. Von den über 250.000 marokkanischen Juden sind nur etwa 2000 im Land geblieben. In Tunesien lebten 100.000 Juden, heute sind es 1000. In Ägypten lebten 1948 75.000 und im Irak 135.000 Juden, heute sind es jeweils weniger als 20. Im Jemen waren es etwa 60.000, heute wird ihre Zahl auf 50 geschätzt. Die syrische jüdische Gemeinde wurde von 30.000 auf weniger als 15 dezimiert. In Algerien lebten 1948 140.000 Juden, in Libyen 38.000. In beiden Ländern leben heute überhaupt keine Juden mehr.

    Die Araber wollen keine "Dhimmis" (Menschen 2. Klasse) in ihrer Region.

    Sartre fasst es gut zusammen: Gäbe es keine Juden, der/die Antisemit*in würde sie erfinden.

    juedischerundschau...tsch-zugleich.html

    • @shantivanille:

      "Die Araber wollen keine "Dhimmis"..."



      Ich gehe davon aus, dass Sie alle 350000000 Araber auf diesem Planeten persönlich nach Ihrer Meinung gefragt haben? Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie hemmungslos so mancher Diskutant hier seinen Rassismus auslebt.



      Das Buch von Wiedemann haben Sie übrigens ersichtlich nicht gelesen.

    • @shantivanille:

      "Das Goethe-Institut mal wieder."



      Der Namensgeber war nachweislich der Überzeugung: Das Judentum gehöre nicht nach Europa. Vielleicht würde Goethe in den heutigen Zeiten seine Meinung ändern wollen. Keineswegs aber hatte er jemals auch nur die Spur einer Regung, diese Menschen jemals ausgrenzen oder gar verfolgen zu wollen.

      • @Lästige Latte:

        Hä? Wenn Goethe tatsächlich der Überzeugung war, die - seit Jahrhunderten - in Europa lebenden Juden gehörten nicht nach Europa dann grenzt er sie natürlich damit aus. Zwar legt er selbst nicht Hand an, aber verbal ist das nichts Anderes als eine Ausgrenzung. Mich würde nur interessieren, wohin die Juden nach Goethes Meinung sonst "gehören".

  • Zynisch ! Zynisch ist schon die Überschrift des TAZ-Artikels: "Zoff um Goethe-Event in Israel ". Es geht hier doch nicht um Goethe sondern um den Holocaust, Massenmord,den wir Deutsche verbrochen haben !Ausgerechnet am Tag der DEUTSCHEN Pogromnacht wollen das Goethe-Institut



    und die LINKE Rosa-Luxemburg-Stiftung den SINGULÄREN Holocaust in Zusammenhang



    mit Antikolonialismus und der sgn.Nagba stellen und das auch noch in Tel Aviv.1948 nach der Unabhängigkeitserklärung Israels sind alle arabischen Nachbarn dort einmaschiert und haben die arabische Bevölkerung zur Flucht aufgefordert.Natürlich gab und gibt es Gewalt gegen die Palästinenser sowie auch palästinensischen Terror gegen Israel, aber die Deutsche Erinnerungskultur am schlimmsten Verbrechen der Menschheit muss von den Tätern,ihren Kindern ,Enkel und Urenkel, also von uns getragen werden und nicht radikal universell begründet werden !

    • 6G
      655170 (Profil gelöscht)
      @Barthelmes Peter:

      Nein, darum geht es nicht.



      Es geht darum, dass das Land Israel eine andere Regierung braucht und auch verdient hat, als die gegenwärtige, gescweige denn die zu erwartende rechtsradikal-rassistische.



      Die versuchen, jegliche Kritik (nicht an Israel, sondern an Ihrem Handeln) auch auf unflätige Art zu unterdrücken.



      Ihrem letzten Halbsatz allerdings stimme ich ausdrücklich zu.



      Es ist unsere Geschicht und die Verantwortung wirkt fort, auch wenn die Täter längst tot sind.

  • 4G
    42798 (Profil gelöscht)

    An der Empörung über die Empörten lässt dieser Artikel am 9 November keine Zweifel aufkommen. "Eine Bitte": www.juedische-allg...olitik/eine-bitte/

    • @42798 (Profil gelöscht):

      Danke für den Link.

      Wolffsohn ist wieder einmal richtig gut.

      Mit seinem Wissen und hervorragenden Didaktik stellt er wieder einmal alles in den Schatten, was die Antisemiten so halbgar und intellektuell gruftig vor sich hinmaulen.

  • Eine Frage: Wer hat denn Israel 1948 angegriffen?



    Die Ursache der sogenannten Nakba war doch der Angriffskrieg der arabischen Länder.



    Oder andersrum: Ohne Angriffskrieg, keine Nakba.

    So gesehen ist der Titel der Veranstaltung wirklich unakzeptabel.

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @JC Kay:

      Äh, was?

      Die Menschen, die zur Gründung des Staates Israel aus Ihren Wohnungen vertrieben wurden, haben sich gewehrt und deswegen den Krieg zu verantworten?

      Steile These.

    • @JC Kay:

      Der erste arabisch-israelische Krieg begann 1947. Israel gibt es erst seit 1948.



      Ergo hat niemand Israel 1948 angegriffen.

      Die Frage, wer angegriffen wurde, kann nur darüber beantwortet werden, wer die 1947 die ursprünglichen Bewohner der umkämpften Gebiete waren.

      Das dürften deutlich mehrheitlich eine arabische Bevölkerung gewesen sein.

    • @JC Kay:

      stimmt nicht. Die Nakba wurde nachweislich schon Jahre im Voraus geplant. Siehe unter vielen anderen: Ilan Pappe. Die arabischen Städte und Dörfer wurden gründlich auf ihre Bevölkerungszahl hin erfasst, religiöse u politische Zielpersonen, die eliminiert werden müssten. Ziel war mindestens die arab. Bevölkerungszahl in dem nach dem Teilungsplan für Israel bestimmten Gebiet, die zum damaligen Zeitpunkt noch annähernd gleich mit der jüdischen war erheblich zu reduzieren, da nach der Überzeugung der Führung unter Ben Gurion ein jüdischer Staat nicht tragbar wäre.

      • @ingrid werner:

        Soso,"die eliminiert werden müssten". Widerlicher Nazi-sprech!

        • @Henriette Bimmelbahn:

          widerlicher Nazisprech? das ist nun mal der übliche technische Sprech der Militärs, überall. Man könnte natürlich auch sagen 'ermorden'. Aber das würde ihnen auch wieder nicht in den Kram passen, wie? Und zum Kern der Aussage, der jahrelang vorbereiteten, planvollen Vertreibung der Bevölkerung und Ermordung von gesellschaftlichen Führungsfiguren in den hunderten palästinensischen Dörfern u Städten haben Sie nichts zu sagen, statt dessen wollen Sie Anstoß am Wort 'eliminieren' nehmen? typisch. Solange Israel sich dieser Geschichte nicht stellt, kann es keinen Frieden mit den Palästinensern geben (die sind auch die einzigen mit denen es einen echten Friedensvertrag machen muss, nicht mit VAE, Bahrein usw, mit denen es sich nie im Kriegszustand befunden hat.) und natürlich auch nicht ohne das Ende der Besatzung und die Gründung eines paläst. Staates. Ansonsten fährt der Staat Israel gegen die Wand.

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @ingrid werner:

        Danke. Hierzu wird ... geschwiegen.

  • 9G
    92489 (Profil gelöscht)

    Es ist eigentlich grundlegende Mathematik. Wenn ich ein sensibles Thema wähle und dazu ein sensibles Datum, dann kann ich mit besonders sensiblen Reaktionen rechnen.

    • @92489 (Profil gelöscht):

      Denke es geht einzig um das Wort Nakba und das neben Holocaust zu stellen ist zweifelsohne ausgesprochen provokativ.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @92489 (Profil gelöscht):

      "Sensibilität" in diesem Sinne hat einen subjektiven Vorzug, denn gewichtiger ist anscheinend immer die eigene nur deswegen, weil es eben "die eigene" ist.



      Sensibilität im eigentlichen Sinne ist dann gegeben, wenn sie sich dafür öffnet eine gemeinsame Dimension zu finden.



      Wollte das Buch darauf hinaus?