Streit bei Demokrat*innen: US-Linke ziehen zurück
In einem offenen Brief hatten die US-Demokrat*innen Verhandlungen mit Russland gefordert. Dafür bekamen sie unerwünschten Applaus.
Streit bei den US-Demokrat*innen: Ein erst am Montag veröffentlichter offener Brief von 30 Kongressabgeordneten des linken Flügels, der US-Präsident Joe Biden zu Verhandlungen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin über einen Waffenstillstand in der Ukraine aufforderte, ist schon 24 Stunden später offiziell zurückgezogen. Der Brief sei schon im Juli verfasst worden, und man verstehe auch nicht, warum er ausgerechnet jetzt veröffentlicht worden sei, heißt es von Unterzeichner*innen.
Der Brief war von US-Rechten, aber auch hierzulande etwa von der Linke-Abgeordneten Sahra Wagenknecht begrüßt worden. Endlich rege sich etwas in Washington, hatte sie auf Twitter geschrieben. Dabei hat der Duktus des Briefes nichts mit dem zu tun, was Wagenknecht hierzulande pausenlos fordert.
Ausdrücklich unterstützen die Abgeordneten die militärische und wirtschaftliche Unterstützung der Ukraine durch die USA und verurteilen ohne jegliches Wenn und Aber den russischen Angriffskrieg.
„Wenn es allerdings einen Weg gibt“, schreiben sie, „den Krieg unter Aufrechterhaltung einer freien und unabhängigen Ukraine zu beenden, dann ist es Amerikas Verantwortung, jeden diplomatischen Weg zu beschreiten, um eine für das ukrainische Volk akzeptable Lösung zu finden. Um ein Ende der Feindseligkeiten zu erreichen, braucht es vermutlich Anreize wie eine Lockerung der Sanktionen und das Einbeziehen der internationalen Gemeinschaft, um Sicherheitsgarantien für eine freie und unabhängige Ukraine zu etablieren, die für alle Seiten akzeptabel sind, insbesondere für die Ukrainer. Die Alternative zu Diplomatie ist verlängerter Krieg.“
Abgrenzung zu Trump
Kaum jedoch war der Brief veröffentlicht, hagelte es aus den eigenen Reihen Kritik. Zwei Wochen vor den Midterm Elections am 8. November, bei denen die Demokrat*innen ihre Kongressmehrheiten zu verlieren drohen, sei eine solche Dokumentation parteiinterner Spaltung extrem schädlich, befürchteten manche. Vor allem aber schalten die Kritiker*innen, man spiele mit dem Brief Putins Hoffnung auf eine Schwächung der westlichen Unterstützung für die Ukraine in die Hände.
Die USA haben in den vergangenen zwölf Monaten die Ukraine mit über 60 Milliarden US-Dollar unterstützt, bislang mit großer überparteilicher Unterstützung im Kongress. Erst in letzter Zeit mehrten sich kritische Stimmen – insbesondere aus den Reihen Trump-treuer Republikaner*innen. Mit denen wollen sich die linken Demokrat*innen nicht gemeinmachen – und zogen den Brief noch am Dienstag komplett zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wirtschaftspolitik der FDP
Falsch und verlogen
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Scholz lehnt Vertrauensfrage vor Januar ab