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Die CDU bei der NiedersachsenwahlAus für Althusmann, Dämpfer für Merz

Ausgeträumt: Die CDU bleibt hinter der SPD und wird wohl aus der Landesregierung fliegen. Althusmann (CDU) tritt zurück.

Kündigt noch am Wahlabend seinen Rückzug an: Bernd Althusmann Foto: Sina Schuldt/dpa

Hannover/Berlin taz | Aus dem Kopf-an-Kopf-Rennen, das die CDU zuletzt immer wieder beschworen hatte, ist nichts geworden. Mit deutlich unter 30 Prozent in den ersten Hochrechnungen liegt die niedersächsische CDU unter der Führung ihres Spitzenkandidaten, des bisherigen Wirtschaftsministers Bernd Althusmann, nicht nur klar hinter der SPD, sie hat auch im Vergleich zur Landtagswahl 2017 noch einmal deutlich verloren – und damit ihr schlechtestes Wahlergebnis seit den 1950er Jahren eingefahren.

Althusmann wirkte denn auch angefasst, als er am frühen Abend vor seine An­hän­ge­r:in­nen trat, fand dann aber klare Worte. „Wir haben unser Wahlziel, stärkste Kraft in Niedersachsen zu werden, auf jeden Fall nicht erreicht“, räumte er ein, sprach von einem „klaren Regierungsauftrag an die SPD“ und gratulierte dem alten und neuen Ministerpräsidenten Stephan Weil zu seinem Wahlsieg.

Althusmann übernahm die politische Verantwortung und kündigte an, am Montag dem Landesvorstand mitzuteilen, dass er für das Amt des Landesvorsitzenden nicht länger zur Verfügung stehe. „Das ist meine persönliche Konsequenz.“ Es war bereits Althusmanns zweite Niederlage gegen Weil bei einer Landtagswahl.

Der Abstand ist auf mehr zurückzuführen als nur den Nachteil, den ein Juniorpartner in einer Großen Koalition zwangsläufig erleiden muss. Während Weil Landesmaßnahmen, Modelle und Ideen präsentierte und dabei so tat, als stünde er nonstop der Regierungskoalition in Berlin mahnend auf den Zehen, forderte Althusmann mehr Atomkraft und ließ „Die Ampel kostet. Rot-Grün noch mehr“ plakatieren. Überzeugende Gegenkonzepte fehlten dagegen.

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Auch seine Koalitionsüberlegungen dürften viele Stamm­wäh­le­r:in­nen ratlos zurückgelassen haben. Mal kokettierte er mit einer schwarz-grünen „Zukunftskoalition“ wie in Schleswig-Holstein und NRW. Dabei hat Althusmann mit seinem Drängen auf den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Emsland die ohnehin große Kluft zwischen CDU und Grünen in Niedersachsen weiter vertieft. Spät schwenkte er um, auf eine mögliche Fortsetzung der Großen Koalition, an Schwarz-Gelb war ohnehin nicht zu denken. Zudem startete die FDP verzweifelt eine Kampagne um konservative Stimmen.

Die Strategie von Friedrich Merz ist gescheitert

Anhänger der CDU reagieren auf die ersten Prognosen zur Landtagswahl Foto: Sina Schuldt/dpa

Der Wahlausgang ist aber nicht nur eine Niederlage für die niedersächsische CDU, sondern auch für die Bundespartei und ihren Vorsitzenden Friedrich Merz. „Das ist kein schönes Ergebnis für uns“, sagte denn auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja nach der ersten Prognose. Der SPD sei es gelungen, sich vom Bundestrend ihrer Partei abzusetzen.

Damit räumte Czaja aber auch ein, dass die Strategie der CDU und ihres Vorsitzenden Merz, die Landtagswahl zu einer Abstimmung über die Krisenpolitik der Ampel im Bund umzufunktionieren, gescheitert ist – zumindest was die SPD angeht. Ein Abwatschen der Kanzlerpartei ist ausgeblieben.

Auch Merz’ Wunsch, mithilfe von Niedersachsen den Führungsanspruch der CDU im Bund zu unterstreichen und zu zeigen, „die CDU ist zurück“, wie er es im Wahlkampf formulierte, ist nicht aufgegangen. Sein Versuch, mit Vokabeln wie „Sozialtourismus“ nach rechts zu blinken, wofür er sich nach heftiger Kritik halbherzig entschuldigte, ging ebenfalls fehl. Am Ende verstieg er sich dann zu der Aussage, eine Stimme für die AfD sei eine Stimme für Rot-Grün. Geholfen hat das wenig. Die AfD ist zweistellig, für Rot-Grün scheint es zu reichen.

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3 Kommentare

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