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Russland annektiert ukrainische GebieteDer Landraub

Mit einer Zeremonie im Kreml zelebriert Wladimir Putin die Annexion ukrainischer Gebiete. Militärisch kann die Ukraine weitere Erfolge verbuchen.

Propagandashow im Kreml: Putin und seine Lakaien nach der Unterzeichnung am 30. September Foto: Sputnik/reuters

Es ist eine große Bühne, die auf dem Roten Platz in Moskau aufgebaut wurde. Draußen soll am Freitagnachmittag gefeiert werden, unter anderem mit einem Rockkonzert. Drinnen, im großen Kremlpalast, hat Wladimir Putin zuvor die Beitrittsverträge von vier ukrainischen Gebieten unterzeichnet. Die Oblaste Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja sollen nach seinem Willen fortan zu Russland gehören. Die Annexionen werden völkerrechtlich von anderen Staaten nicht anerkannt.

Vor der Unterzeichnung zusammen mit den vier von Russland eingesetzten Gebietsverwaltern hielt Putin eine Rede, in der er dem Westen vorwarf, Russland versklaven zu wollen. Die Menschen in den vier ukrainischen Gebieten würden dagegen das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ für sich in Anspruch nehmen. Es sei ihre freie Entscheidung, zukünftig zu Russland gehören zu wollen. Eine groteske Verdrehung der Tatsachen, die Scheinreferenden in den besetzten Gebieten hatten mit einer freien Abstimmung nichts zu tun.

Der Ablauf der Einverleibung der vier Gebiete gleicht der Annexion der Krim 2014. Zuerst ließ man auch dort das verbliebene Volk unter vorgehaltenen Gewehren der russischen Soldaten über eine Zugehörigkeit abstimmen, dann erkannte Russland die Abstimmungsergebnisse an, um sich das Gebiet in einem weiteren Schritt einzuverleiben. Es ist eine Fassade, die vortäuschen soll, alles habe seine völkerrechtliche Legitimität.

Mit den jetzigen Annexionen hat Russland im Krieg der Ukraine seinen Einsatz weiter erhöht. Nun wird die Rückeroberung dieser Gebiete durch die Ukraine von Russland als Angriff auf sein Territorium gewertet. Auch der Einsatz von Atomwaffen ist dann nicht mehr ausgeschlossen. Mit diesem hatte Putin bereits vergangene Woche gedroht.

Einkesselung russischer Soldaten bei Lyman

Die Annexionen erfolgen zu einem Zeitpunkt, an dem Russland auf dem Schlachtfeld in die Defensive geraten ist. Militärisch sieht es aktuell gut für die Ukraine aus. Über 50 Ortschaften habe man im Großraum Charkiw zurückerobert, berichtet am Donnerstag Olexi Gromow vom ukrainischen Generalstab.

500 russische Soldaten seien allein am Donnerstag getötet worden, berichtete ein ukrainischer Radiosender unter Berufung auf den ukrainischen Generalstab. Damit, so der Generalstab, seien 59.000 russische Soldaten seit dem 24. Februar gefallen.

Im Nordosten der Region Charkiw kontrolliert die ukrainische Armee inzwischen den größten Teil der Stadt Kupjansk, einen wichtigen Eisenbahnknotenpunkt, der früher von Russland für die Versorgung seiner Truppen genutzt wurde.

Die Offensive der ukrainischen Streitkräfte in der Region Lyman im Donbas geht unterdessen weiter. Den russischen Truppen in diesem Gebiet droht die Einkesselung. Lyman sei zur Hälfte eingekreist, räumt selbst Denis Puschilin, Chef der „Volksrepublik Donezk“, auf seinem Telegramkanal ein. „Das sind sehr unerfreuliche Nachrichten, aber wir müssen die Situation nüchtern betrachten und aus unseren Fehlern lernen“, versucht der Separatistenchef Puschilin seine Leute zu beruhigen.

Folter und Massengräber

Auf russischen Telegramkanälen wurde berichtet, dass ukrainische Truppen aus zwei Richtungen in das Gebiet Lyman vordringen würden. Über 3.000 russische Soldaten könnten dort in Gefangenschaft geraten oder getötet werden.

Freude herrscht in der Ukraine über die Freilassung von sechs ukrainischen Gefangenen, die am Donnerstag im Rahmen eines Austausches nach Hause konnten. In die militärischen Erfolgsmeldungen mischt sich aber das Erschrecken über das Ausmaß der Zerstörung und der Verbrechen während der Besatzung. Jeden Tag erfährt die Öffentlichkeit von weiteren Menschenrechtsverletzungen während der russischen Besatzung: von Plünderungen, Hunger, Folter und Massengräbern.

In der von der Ukraine zurückeroberten Ortschaft Isjum wurde ein Massengrab mit den sterblichen Überresten von 450 Menschen entdeckt. Bei einigen Toten, so Serhij Bolvinov, Leiter der regionalen Polizeiermittlungsstelle, sei erkennbar, dass sie erschossen wurden. Einige der Opfer sind offenbar hingerichtet worden, habe man diese doch zuvor an den Händen gefesselt.

Unter den Toten, so Oleh Kotenko, der ukrainische Beauftragte für vermisste Personen, könnten auch Kinder sein. Die Stadt, in der vor dem Einmarsch der Russen rund 50.000 Menschen gelebt hatten, ist stark zerstört. Wer als politisch unzuverlässig gegolten hatte, wurde von den Russen auf der Polizeistation verhört und gefoltert.

In der befreiten Ortschaft Kozatscha Lopan in der Region Charkiw, zwei Kilometer von der Grenze entfernt, wurde kürzlich auf einer verlassenen Hühnerfarm ein Massengrab mit Dutzenden von Leichen gefunden. Die Ukrajinska Prawda zitiert einen Polizeisprecher, der von Folter, Mord und Verschleppungen durch die Russen spricht.

Ukrainische Behörden warnen vor der Rückkehr

Die ukrainischen Behörden raten geflüchteten Menschen zurzeit auch von einer Rückkehr in die befreiten Gebiete ab. Wo es keinen Strom, kein Wasser und keine Heizung gibt, so die Argumentation, könne man den Winter nicht überleben.

Die Ukraine ließ aber auch verlauten, dass man, weil man die Annexionen nicht anerkenne, sich militärisch nicht durch sie begrenzt fühle.

Wie geht es nun weiter?

Es ist nicht auszuschließen, dass Russland nach der Annexion der vier Gebiete nun sein Narrativ einer „Spezialoperation“ aufgibt und der Ukraine förmlich den Krieg erklärt. Das wäre möglich, wenn es Kampfhandlungen auf Gebiet gibt, das der Kreml nun als zu Russland gehörend ansieht.

Weiterer Expansionsdrang?

Es ist auch möglich, dass Russlands Expansionsdrang mit der Einverleibung dieser vier neuen Gebiete nicht beendet sein wird. Und dass Putin ein Gebilde möchte, das an „Neurussland“ anknüpft, das er auch in seiner Rede am Freitag erwähnte.

„Neurussland“ ist ein von Zarin Katharina II. im 18. Jahrhundert annektiertes Gebiet, zu dem die Steppengebiete nördlich des Schwarzen Meeres bis hinunter zur Krim gehören. Es sieht so aus, als plane Putin trotz der militärischen Rückschläge weiter den Ausbau des für Russland strategischen Korridors vom Donbas nach Transnistrien.

Weil alle Angst haben, wird das alles noch eine ganze Zeit so weitergehen

Olga, Ernährungsberaterin aus Gostomel

Ob Russland momentan militärisch dazu in der Lage ist, ist sehr fraglich. Falls ja, müsste aber auch die Republik Moldau um den Erhalt ihrer Souveränität bangen.

Herrschen durch Angst

Niemand in Russland glaubt noch an eine Teilmobilmachung, bei der nur Personen mit entsprechenden militärischen Kenntnissen eingezogen werden. „Zahlreiche meiner Kollegen wurden in den vergangenen Tagen einberufen“, berichtet Irina, eine Fremdsprachensekretärin für Deutsch aus Sankt Petersburg, der taz am Telefon. Ihren Nachnamen möchte sie nicht öffentlich machen.

„Die meisten von ihnen haben noch nie eine Waffe in der Hand gehabt“, sagt sie. Ihre Kollegen würden als Kanonenfutter in die Kriegsregion geschickt. „Wer noch nicht eingezogen ist, hat immer einen fertig gepackten Rucksack bei sich mit Hygieneartikeln und Thermowäsche. Das müssen die alles selbst kaufen“, berichtet Irina. „Dreimal mehr Geld, als die Firma bezahlt, nämlich umgerechnet 4.500 Euro monatlich, erhalten meine Kollegen für ihren Kriegseinsatz. Und im Todesfall verspricht man den Angehörigen umgerechnet 17.500 Euro.“ Gerade weil so viele Familien in Russland völlig überschuldet seien, sei Geld ein wichtiger Grund, um in den Krieg zu ziehen.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

„Ob diese Gelder wirklich bezahlt werden, werden wir noch sehen. Und wenn man Tote für vermisst erklärt, sehen die Angehörigen gar nichts“, sagt Irina.

In der Ukraine erwarten viele Menschen nach den Annexionen der vier Gebiete und der Rede von Putin am Freitag eine noch weitere Zuspitzung des Kriegs. „Der Putin kann doch einfach nicht genug bekommen. Hat er sich wieder Land einverleibt“, sagt die Ernährungsberaterin Olga aus Hostomel. Sie möchte ihren Nachnamen ebenfalls nicht öffentlich nennen.

„Ich kann die verstehen, die in Cherson und im Gebiet Saporischschja beim Referendum mit „Ja“ gestimmt haben. Wenn hinter mir ein Gewehrlauf wäre, würde ich auch so stimmen. Jeder denkt erst mal an sein Leben.“

Putin herrsche durch Angst. „Die Menschen in Cherson haben Angst, die Menschen in Russland haben Angst, und auch in Europa hat man Angst vor Putin, der vor nichts zurückschreckt. Auch nicht vor der Atomwaffe. Und weil alle Angst haben, wird das alles noch eine ganze Zeit so weitergehen.“

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19 Kommentare

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  • Auch dieser Angriffskrieg ist eine Schande und kostet viele Menschenleben und noch viel mehr menschliches Leid.

    Was man Putin Russland vom Westen vorwirft stimmt meistens.

    Aber wenn man das weiß, verstehe ich absolut nicht, warum man nicht Alles versucht, um diesen Krieg zu beenden, sondern ihn mit tröpfchenweiser Unterstützung in einer Endlosschleife laufen lässt ? darauf weiß ich eine Antwort, es ist die Unterstützung westlicher Volkswirtschaften durch Krieg.

    Mein Fazit:



    Dieser unnötige Krieg, ist nicht nur aber auch ein Resultat der westlichen Politik vieler Jahre gegen Sowjetunion und Russland - und an der Politik hält der Westen immer noch fest, das ist wie das aktuelle Verhalten Russlands, unmöglich !

    Frieden und mehr Miteinander könnte unsere Welt verbessern und auch diesen Krieg beenden !

    • @felix :

      "Aber wenn man das weiß, verstehe ich absolut nicht, warum man nicht Alles versucht, um diesen Krieg zu beenden, sondern ihn mit tröpfchenweiser Unterstützung in einer Endlosschleife laufen lässt ?"

      Genau das wird versucht.

      Fast 10 Jahre lang wurde JEDER "Waffenstillstand" genutzt, um aufzurüsten, in dem Wissen dass irgendein übernervöser Abzugsfinger oder eine absichtliche Aktion dafür sorgen wird, dass diese "Waffenstillstände" nicht halten.

      Ein Waffenstillstand zur jetzigen Zeit würde zu nichts weiter führen, als ein paar Wochen Scheinfrieden und dass Putin noch mal eine Runde nachlegen und weitere zehntausende Russen und hunderte Ukrainer*innen für die Villen und Yachten der rusischen Ultrakapitalistenklasse opfern kann.

      Es bringt nichts. Spätestens nach Kadyrows Rant heute muss das Urteil gefällt sein: No pasarán. Smert faschismu. Never forgive, never forget, never again. Und diesmal richtig.

      Der Nominalpazifismus ist Kriegstreiber. Spätestens jetzt muss man das offen aussprechen.

  • die schatzkiste der ostukraine ...

    per dekret in russischer hand.

    verteidigt mit einer rede, bei der der simultanübersetzer ins deutsche beinahe übermenschliches geleistet hat.

    der russische präsident ist mit über 100 sachen über den text geflogen.



    den zuhörern muß förmlich schwindelig geworden sein, ob all der historischen fakten und drehungen.

    mit einem sportlichen hüpfer des präsidenten auf das podium eingeleitet.

    was für eine show für die welt.

    • @adagiobarber:

      1



      2



      3



      raaah



      raaah



      raaah

      und das in Bussen zusammengekarrte "Volk" so:

      URAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA

      Ich weiß nicht, was ich schlimmer fand: dass Putins Lungenvolumen kollabiert ist wie eine russische Verteidigungslinie in der Oblast Charkiw, oder die Brüllaffen die gar nix mehr kapieren.

      Vermutlich letzteres. Denn Putin ist eine Person. Aber diese Brüllaffen gibt es in allen Völkern.



      Was machen wir mit unseren? Wollen wir das Risiko eingehen, dass sie wie Putin mit kaltblütiger Manipulation des bürgerlich-demokratischen Prozesses an die Macht kommen, oder finden wir eine bessere Lösung?

      Das wird nach dem Ende des Putinismus zu diskutieren sein. Ich will keine Republik, wo die Prechte und Wagenknechte dieselben Freiheiten genießen, wie nicht vollends der geschichtsblinden Barbarei anheimgefallene Menschen.

      Denn eine solche Republik, das ist die hässliche Wahrheit, hätte aus Auschwitz nichts gelernt.

  • Die russische Führung hat nichts getan, ist für nichts verantwortlich hat nichts aus eigener Initiative entschieden. Jegliche Schuld für alles wird ständig auf andere geschoben. Nebenbei wird so auch von der eigenen Unfähigkeit abgelenkt. Es ist Russland in 30 Jahren nicht gelungen das Land zu demokratisieren, eine funktionierende Marktwirtschaft zu errichten und es ist auch nicht gelungen eine High-Tech-Wirtschaft aufzubauen. Auch konnte man die völkische Intelligenz nicht nutzbringend entwickeln. (und all das war seit den 90ern das erklärte Ziel Russlands)



    Stattdessen wurde die Presse zensiert bzw. gleichgeschaltet, die Opposition mundtot (oder auch ohne mund) gemacht, die Innovationskraft der Russen gehemmt , der Staatsapparat zu einem Personenkult umgebaut, das Militär gestärkt und all das durch das tägliche Auftischen von Lügen und Propaganda untermauert. Es wurden Feindbilder gemalt die nicht existieren um die Massen zu einen.



    Ab und zu wurde zum Unterstreichen der russischen Stärke mal eben ein Nachbar überfallen und mit Russen besetzt, die man dort ab sofort zu beschützen hat. Alle nicht befriedigten Bedürfnisse des Volkes hat man durch Patriotismus ersetzt. Wir haben dort jetzt eine Masse von grölenden, indoktrinierten Parolenhooligans denen das eigenständige Denken abtrainiert bzw. verboten wurde. Und die, die noch denken, trauen sich nicht das zu zeigen, aus Angst vor Repressalien.



    Laut der heutigen Annexions-Ansprache von Putin hat die Ukraine den Krieg 2014 begonnen. Nach den Annexionen kehrt Moskau auch noch die Täter-Opfer-Rolle offiziell um. Nun ist es Russland das sich in der Ukraine verteidigt weil es angegriffen wird. (nach der üblichen Formel: „ Buuuhuuuhuu, alle sind böse zu uns) Der ganze Einmarsch in die Ukraine wurde nur veranstaltet weil die Nato unter Führung der USA eine Bedrohung darstellt und man einem Angriff der Nato vorbeugen musste. Also auch daran ist der „Westen“ schuld. Wie eben an allem was in Russland schiefläuft. Und sogar das

    • @dahaddi :

      Und sogar das Aufbegehren von Russen in den südlichen und östlichen Gebieten Russlands gegen die Einberufung (deren Bürger einen Großteil der Invasionsarmee und somit auch der Kriegstoten ausmachen) ist die Schuld des Westens. Die sind alle nur angestachelt worden ( Fragt sich nur von wem….westliche Presse ist ja nicht mehr zugänglich)



      Da wird wieder die hohe Kunst demonstriert, die Wahrheit um 180 Grad drehen zu können. Das haben sie lange geübt. Und sie machen es ständig. Bei Putin sind es immer die Anderen.



      Demnach trifft Putin also keine eigenständigen Entscheidungen mehr, ist für nichts was er tut verantwortlich. Er reagiert nur noch….er ist zu einer willenlosen Marionette der USA geworden.



      So wird man Opfer seiner eigenen Propaganda !

    • 4G
      47351 (Profil gelöscht)
      @dahaddi :

      Ziemlich gut zusammengefasst. Und geradezu schizophren, dass sie ihr abgezweigtes Vermögen und ihre Mischpoke im degenerierten Westen unterbringen.

    • @dahaddi :

      "eine Masse von grölenden, indoktrinierten Parolenhooligans"



      Angesichts solcher Einlassungen frage ich mich, ob das nicht eine Einschätzung ist, die auf ihre Urheber zurückfällt; jedenfalls ist es erstaunlich, dass man in Kriegszeiten zwar energisch die Propaganda des Feindes zu entlarven bemüht ist, die eigene aber umso unkritischer glaubt.

      • @O.F.:

        na, was sind wir ihnen dankbar, dass wenigsten Sie als einziger noch ihren kritischen Geist und ihren Durchblick bewahren konnten um uns die Augen zu öffnen, dass wir/der Westen auch nicht besser ist als Putin oder vllcht sogar die eigentlichen Schuldigen. Danke. Jetzt müssen Sie uns nur noch stichhaltige Argumente beibringen, warum unser "Glaube" falsch ist.

      • @O.F.:

        Es ist eben ein bedeutender Unterschied ob ich gröle: "Die Erde ist flach" oder "die Erde ist rund" :-)

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    1.. Stunden nach Putins irrlichternder Rede (irgendwas mit Annektion) hat Wolodymyr Selenskyj angekündigt, dass die Ukraine sich offiziell um die Mitgliedschaft in der Nato bewirbt.

    In einer Rede, die vor seinem Präsidialamt in Kiew gefilmt wurde, sagte Selenskyj, er unternehme diesen „entscheidenden Schritt“, um „die gesamte Gemeinschaft“ der Ukrainer zu schützen. Er versprach, dass die Bewerbung „beschleunigt“ erfolgen würde.

    „De facto haben wir uns bereits auf den Weg zur Nato gemacht. De facto haben wir die Kompatibilität mit den Standards der Allianz bereits bewiesen. Sie sind real für die Ukraine – real auf dem Schlachtfeld und in allen Aspekten unserer Interaktion“, sagte er.

    „Wir vertrauen einander, wir helfen einander und wir schützen uns gegenseitig. Das ist die Allianz.



    Heute beantragt die Ukraine, dieses Verhältnis rechtskräftig zu machen.“

    2.. Dieser Antrag macht schon deshalb Sinn weil Russland 30.000 Soldaten vom Baltikum abgezogen hat um diese ausgebildeten Truppen in der Ukraine zu stationieren.

    3.. Nachricht an Harald Welzer:

    Darüber hinaus erklärte Selensky sich bereit mit Russland Verhandlungen zuführen -- aber unter Ausschluss der Teilnahme von Putin.

    Er beschuldigt den Kreml, Grenzen neu zu ziehen, "indem er Mord, Erpressung, Misshandlung und Lügen einsetzt.

    Da kein anderer Staat Verhandlungen führen kann als die Ukrainer wäre die Überbringung dieser Nachricht an Harald sehr wichtig - damit er den richtigen Adressaten für sein Anliegen auch finden kann.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Schon mal darüber nachgedacht, wie reagiert werden soll wenn Russland einen Aufnahmeantrag, ein Beitrittsersuchen an die Nato stellt?



      Schließlich verschieben auch andere NATO- Staaten Grenzen( Türkei). Gemeinsam könnte man dann den Nordatlantik gegen China verteidigen.



      Warum soll kein anderer Staat als die Ukraine Verhandlungen führen können.



      Auch dafür finden sich sicherlich Beispiele in der jüngeren Geschichte, dass dies ohne Mitwirkung der Betroffenen geht.

      • 0G
        06438 (Profil gelöscht)
        @Pepi:

        Nur weil Putin gegen sämtliche europäischen Verträge und gegen das Völkerrecht in brutaler und in einer ideologisch irrlichternden Weise verstösst, sollte sich niemand mit der Geschichte Europas im Hinterkopf sich daran ein Beispiel nehmen.

        Im Völkerrecht wird Souveränität als die grundsätzliche Unabhängigkeit eines Staates von anderen (Souveränität nach außen) und als dessen Selbstbestimmtheit in Fragen der eigenen staatlichen Gestaltung (Souveränität nach innen) verstanden. Diese äußere Souveränität eines Staates besteht somit in seiner Völkerrechtsunmittelbarkeit, während seine innere Souveränität (siehe auch Volkssouveränität) umgekehrt durch die Fähigkeit zu staatlicher Selbstorganisation bestimmt wird; die äußere Souveränität wird in Analogie dazu zur Staatssouveränität - das sind die Grundlagen oder das 1 x 1 des Völkerrechts.

        Der Staat Ukraine kämpft nicht nur für den Erhalt der staatlichen Souveränität sondern darüber hinaus gegen den Versuch Russlands, den Staat und die Kultur der Ukraine komplett zu vernichten.

        Gegen den Grundsatz der Staatlichen Souveränität des Völkerrechts zu verstossen ist nicht nur durch kriegerische Agression möglich - sondern auch dadurch, indem Sie einem anderen Staat das Recht nehmen, der Souverän über das eigene Staatsgebiet zu sein.

        Das Völkerrecht so wie wir es kennen ist zwar angesichts von WW2 erst 1945 entstanden - aber Pate dieser Rechtsetzung war auch die Erkenntnis von 500 Jahre Krieg in Europa.

        Dreh & Angelpunkt des Völkerrechts ist daher die Staatliche Souveränität die defakto von allen 191 Staaten der Vereinten Nationen per Unterschrift anerkannt wurde.

        Und sie wollen wieder zurück zu einem Zustand, indem Staatliche Souveränität nicht mehr anerkannt wird - um kriegerische Agressionen wieder als Mittel der Politik zu ermöglichen?

        • @06438 (Profil gelöscht):

          Nach dieser Definition, kämpft also Russland für den Erhalt der staatlichen Souveränität um seine Einheit in den ehemaligen Grenzen und um seine innere Souveränität und die Kultur seiner Russischen Bürger in den östlichen Regionen und der Krim. Der Fehler im Völkerrecht liegt darin begründet, dass 191 Staaten unterschrieben haben dass sie die staatliche Souveränität akzeptieren, in den Grenzen in deren Gebiet sie die Macht und das Gewaltmonopols haben. Dieser Punkt ist momentan strittig und darüber wird mit dem Sieger verhandelt. Das eigene Staatsgebiet ist das Gebiet indem sie das Gewaltmonopol besitzen.

          • 0G
            06438 (Profil gelöscht)
            @Pepi:

            Am 1. Dezember 1991 entschieden sich die Ukrainer in dem Referendum mit 90,3 % der abgegebenen Stimmen für die Unabhängigkeit von der Sowjetunion.

            Auch auf der KRIM STIMMTE DIE MEHRHEIT DER BEWOHNER FÜR IHRE UNABHÄNGIGKEIT. Bei der ersten Direktwahl des Präsidenten der Ukraine mit einer Wahlbeteiligung von 84 % setzte sich Leonid Krawtschuk mit 61,6 % der Stimmen gegenüber Wjatscheslaw Tschornowil mit 23,2 % der Stimmen durch.

            Bereits am 2. Dezember 1991 erfolgte die Anerkennung der staatlichen Souveränität der Ukraine



            === durch RUSSLAND, ==========



            Polen und Kanada.

            ====

            Nach der Anerkennung Russlands der ukrainischen Souveränität im Jahr 1991 kämpft Putler momentan



            1..gegen die eigenen Beschlüsse seines Landes



            2.. im eindeutigen Wissen darüber, das er das Völkerrecht, die Sicherheitsarchitektur Europas und sämtliche russischen Beschlüsse zum Erhalt des Friedens bricht. (siehe Beschlüsse der Sowjetunion zur KSZE)

            Klartext:

            Eine gehörige Portion Wodka sollte nicht darüber hinweg täuschen das Russland gegen eigene Beschlüsse auf fremden souveränen Staatsgebiet Terror, Folter, Unterdrückung, Krieg, Vertreibung und viehische Brutalität gegen die zivile Bevölkerung ausübt.

            Ansonsten - ""Einheit in den ehemaligen Grenzen"" - repräsentiert die eindeutige Abstimmung in den Oblasten der Ukraine zur Unabhängigkeit - die Russland bereits wie erwähnt - 1991 anerkannt hat. -

            Anmerkung: Der Begriff des ""Gewaltmonopols""ist dem Völkerrecht/ UN Charta fremd.

  • Intellektueller Offenbarungseid

    Die Rede des Wladimir Putin zur gewaltsamen Landnahme war eine Rechtfertigung auf zweifelhaftem Niveau, spiegelte die Beurteilung seiner Vorgesetzten aus Sowjetzeiten, nach welcher er die Tragweite seiner Entscheidungen nicht zu überblicken fähig sei.



    In Beobachtung um die Diskussion dieses Konflikts zeigen sich überraschende Gemeinsamkeiten von Diskutanten wie Wagenknecht, AfD Protagonisten und eigentlich sämtlichen Autokraten: in Verurteilung, Rechtfertigung oder Zustimmung wird permanent der Rückgriff auf die Vergangenheit bemüht, dabei wissentlich die damaligen völlig anderen Perspektiven ignoriert und gerne in die Gegenwart transportiert, ganz als ob die Perspektive der Vergangenheit natürlich auf das Jetzt übertragbar seien.



    So in der Argumentation gewisser Intellektueller, dem Westen oblige es ja sich mehr zu bemühen, gleicht der berechtigten Feststellung das Tieger schützenswerte Spezies nicht zu töten sind. Was aber wenn das Tierchen hungrig vor dem Tierschützer steht?



    Der Kreml Herrscher hat sich in eine ausweglose Situation manövriert, sich gewissermaßen selbst "die Kniescheiben zerschossen". Das Ausmaß seiner Fehleinschätzungen wird im tragischer für Russland und immer gefährlicher für die Welt.



    Das ein nicht zurechnungsfähiger Despot so einfach einen Kontinent ruiniert indem er völlige Handlungsfreiheit erhält, dafür trägt die Russische Bevölkerung in seiner ganzen Breite eine wesentliche Mitverantwortung.

    Wir alle haben das Desaster nicht vorher gesehen. Aber wir sind jene Bürger, die Nachrichten und Beurteilungen der Presse lesen und danach unser Bild fertigen. Politiker und Presseleute vor Ort, haben da ganz anderen Einblick und können viel besser einen skrupellosen Autokraten, Kriminellen und menschenverachtenden Hasardeure erkennen. Haben die sich zu sehr den Wünschen der Wirtschaft gebeugt? Sind sie so einfach frei zu sprechen wo sie doch so nahe waren, meistens von oben herab?

  • "In Tschetschenien erleben wir die Geburt des gefährlichsten Schurkenstaats des 21. Jahrhunderts" schrieb der französische Philosoph André Glucksmann, nachdem er im Jahr 2000 vier Wochen in Tschetschenien verbracht hatte. Hätte man damals den durchschnittlichen deutschen Politfunktionär mit diesem Satz konfrontiert, er hätte geschaut, als erzähle man vom Yeti. Wenn man den Satz dem heutigen sächsischen Ministerpräsidenten oder Sarah Wagenknecht vorhalten würde, sie würden beide immer noch schauen, als rede man vom Yeti.

    • @Michael Myers:

      Hmm,das mit dem "Schurkenstaat" ist so eine Sache.Autoritäre-diktatorische Regierung,Menschenrechtsverletzungen im Inneren, Unterstützung von antidemokratischen Extremisten und Terroristen,direkte und indirekte Beteiligung an Kriegen außerhalb des Landes,...warum ist bspw. Saudiarabien nicht auf der Liste der Schurkenstaaten und wird heftig sanktioniert,stattdessen politisch, wirtschaftlich ,militärisch hofiert? Wer legt eigentlich in der Praxis fest ,welcher Staat und schurkisch ist und welcher nicht?Und letztlich immer nach den Kriterien des eigenen Nutzens? Wobei dieser gerne mit Menschenrechten,Freiheit,etc. verbrämt wird,jene eigentlich positiven Werte aber genau durch dies selektive Anwendung mißbraucht,diskreditiert und ad absurdum geführt werden.



      Und von all den Staaten sticht nun mal die USA am meisten vor. Der stärkste Schurke kann es sich eben erlauben je nach Bedarf gegen die Regeln zu verstoßen und andere aber dafür als Schurken zu deklarieren. Und natürlich hat man auch genügend Kumpane ,die einen dabei unterstützen.

    • @Michael Myers:

      Naja, Sie vergessen mal wieder den 11. September 2001, also ca. 1 Jahr *nach* dem kolportierten Ausspruch Glucksmanns. Der hat die Wahrnehmung doch völlig verändert.