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Neue EU-Sanktionen gegen RusslandDer Konsens bröckelt

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Vom Ziel, Russland zu ruinieren, ist nichts übrig geblieben. Stattdessen wächst die Sorge, dass die Sanktionen die Wirtschaft in der EU schädigen.

Die Forderung nach einem Öl- und Gasembargo wurde innerhalb der EU nur halbherzig umgesetzt Foto: K.M.Kraus/snapshot

D ie Länder der Europäischen Union haben sich auf das achte Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. In Brüssel wird es als entschiedene Antwort auf die illegale Annexion ukrainischer Gebiete präsentiert. In Wahrheit wurden die meisten Maßnahmen, allen voran der Preis­deckel für russisches Öl, schon lange vor der Annexion diskutiert.

Mit dem Kriegsverlauf haben die neuen Sanktionen also nichts zu tun – auch wenn EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und ihre Mitstreiter anderes behaupten. Den Krieg beeinflussen, gar verkürzen oder beenden werden sie nicht. Dafür kommen die neuen Strafmaßnahmen viel zu spät – und sind zu schwach.

Der neue Ölpreisdeckel hat nämlich viele Schlupflöcher. So werden die Ausnahmen aus dem EU-Ölembargo, das schon im Sommer beschlossen wurde, einfach fortgeschrieben. Ungarn und andere mitteleuropäische Länder können weiter Öl aus Russland beziehen. Griechenland und Zypern können es auch künftig mit ihrer Tankerflotte ausführen. Doch nicht nur diese „üblichen Verdächtigen“ haben die Sank­tionen verwässert.

Auch Belgien hat hinter den Kulissen für seine Wirtschaftsinteressen gekämpft und erreicht, dass der ursprünglich geplante Einfuhrstopp für russische Diamanten gestrichen wurde. Er hätte tausende Arbeitsplätze in Antwerpen gekostet.

Letztlich ist das neue Sanktionspaket ein weiterer Beweis dafür, dass der Konsens in der EU bröckelt. Von dem ursprünglichen Ziel, Russland zu ruinieren, wie es Außenministerin Annalena Baerbock formuliert hat, ist nichts übrig geblieben. Stattdessen wächst die Sorge, dass die Sanktionen die Wirtschaft in der EU schädigen.Diese Sorge ist begründet. Wirtschaftsminister Robert Habeck räumt ein, dass der „Energiekrieg“ mit Russland zu dauerhaften Wohlstandsverlusten führen wird. Dieser „Krieg“ geht nun mit dem Ölpreisdeckel in die nächste Runde. Nicht auszuschließen, dass sich auch diese Strafe als Bumerang erweist und Deutschland und die EU schädigt.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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13 Kommentare

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  • Das der pazifistische Part (Sanktionen, Energiegkriese) ein Zuckerschlecken sein würde, hat niemand behauptet.



    Wenn die EU nicht mal Pazifismus hinbekommt, dann wird es eine Menge Glaubwürdigkeit verlieren.

  • Der Mann spricht mir aus der Seele ! es wird Zeit dass mehr darauf kommen.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Letztlich ist das neue Sanktionspaket ein weiterer Beweis dafür, dass der Konsens in der EU bröckelt. Von dem ursprünglichen Ziel, Russland zu ruinieren, wie es Außenministerin Annalena Baerbock formuliert hat, ist nichts übrig geblieben.""

    ==

    Die Europäische Politische Gemeinschaft, die erstmals im vergangenen Mai vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron als ein von der EU getrenntes Forum vorgeschlagen wurde, entsteht als direktes Ergebnis des Angriffskriegs Russlands. Ziel ist es, einen europäischen demokratischen Raum zu schaffen, der die EU einschließt, aber nicht darauf beschränkt ist. Es wird eine Möglichkeit sein, der Ukraine langfristige institutionelle Unterstützung und eine klare demokratische Verankerung zu geben. Nach der Annexion der Krim 2014 drehte sich der Westen - speziell die Bundesrepublik -- in die andere Richtung; jetzt muss es diesen Fehler vermeiden.

    Während Joe Bidens Gipfel für Demokratien kaum mehr als ein großes Zoom-Treffen war und Chinas „Gürtel und Straße“-Initiative eine globale Projektion seiner autokratischen Macht ist, wird die Europäische Union und die Europäische Politische Gemeinschaft das erste demokratische Labor für eine „planetarische“ Politik werden.

    Das der russische Gaskrieg Probleme bereitet wird niemand ernsthaft bezweifeln. Und das die Sanktionen Russland vor riesige Probleme stellen auch nicht.

    Wobei die schwierige Situation entscheidend dazu beiträgt, den Umbau hin zu einer C 0 2 freien Wirtschaft zu beschleunigen - was, wie sich gerade angesichts der gewaltigen wirtschaftlichen Probleme deutlich zeigt, ohne die Konfliktsituation und ohne das Abstellen des Gases durch Putin in dieser Geschwindigkeit nicht möglich gewesen wäre - wenn überhaupt.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Der Kreml wollte keinesfalls US Militär auf der Krim oder in den U-Boot Bunkern, das denke ich, war ein Hauptgrund für die Krim Annexion. Trotzdem war das auch für mich Unrecht, man hätte sicher auch einen friedlichen Weg finden können, wenn man gesucht hätte.

      Eine Begründung für das Russische Verhalten ist für mich auch, sie bekommen schon lange immer wieder Sanktionen, aber viel zu wenig Anerkennung, was aus Kreml Sicht für ein gutes Miteinander unbedingt nötig wäre.

      Alles was Russland in der Ukraine tut, ist ein furchtbares Verbrechen, und unverzeilich - es wäre aus meiner Sicht, aber nicht dazu gekommen, wenn der Westen die Verhandlungswünsche Russlands (Russland nannte sie Forderungen) beachtet hätte, und mit Russland nach einer für alle Beteiligten annehmbaren Lösung gesucht hätte.

      Die EU Sanktionen, für Politökonomen ein großer Fehler, geben seither der EU und ihren Bewohnern den Rest.

      Ein wirklicher Ausweg aus der furchtbaren Situation könnten aus meiner Sicht sein :



      Beidseitiger Kampf-Stop mit Verhandlungen zum Frieden und zum guten Miteinander für alle Beteiligten in der Zukunft.

  • Selbst wenn heute die Sanktionen aufgehoben würden: Es würde lange dauern, bis hierzulande und in der EU der Vorkriegsstand wieder erreicht wäre. Aber Putin könnte sich zurücklehnen, er hätte ab sofort ein Problem weniger: Dass zwischen den EU-Staaten „Der Konsens bröckelt“, hatte er wohl von Anfang an vorausgesetzt, auch wenn er sich zwischenzeitlich nicht ganz sicher sein konnte.



    Ein Sieg der Ukraine ist noch keineswegs ausgemacht. Ohne die hinderlichen Sanktionen wird Russland verstärkt zurückkommen. In diesem Fall wäre das eine Bestätigung des Sprichwortes: „Die Bösen können siegen, wenn die Guten nichts tun!

  • Putin gelingt es zunehmend einen Keil in die Europäische Union zu treiben.

    Und das verwundert angesichts der Zertrittenheit der Länder der Union nicht im geringsten.

    Da denkt jeder an sich zuerst - und nur an sich.

    • @Bolzkopf:

      Das machen die EU-Länder schon selbst. Und zwar schon vor dem Angriffskrieg.

  • Der Konsens bröckelt... besonders in Russland, wo die Teilmobilisierung den Krieg in jede Familie hinein trägt und Mütter ihre Söhne und Frauen ihre Männer und Kinder ihre Väter verlieren.

    • @Konfusius:

      Sie weichen dem Problem aus, das in dem Artikel angesprochen wird, nämlich den Folgen für die EU und ganz konkret für Deutschland. Natürlich spürt auch Russland die Folgen von Krieg und Sanktionen. Das nützt uns aber nur bedingt, wenn gleichzeitig ganze Wirtschaftszweige hier zusammenbrechen. In dem Artikel wird das ja angedeutet, wenn von einem "dauerhaften Wohlstandsverlust" die Rede ist. Ich bin mir nicht sicher, ob es weise ist, die eigenen Schwierigkeiten auszublenden, solange man nur glaubt, Russland damit zu schaden.

  • "Diskutieren" ist etwas anderes als tun. Natürlich wurden längst mögliche weitere Sanktionen vorbereitet. Konsens dürfte es nie gegeben haben, höchstens mühsame Kompromisse. Und natürlich können sich auch nicht alle EU- Länder die Sanktion gleichermaßen leisten und selbstverständlich führen sie für alle zu Wohlstandsverlusten. Es gäbe diese Wirtschaftsbeziehungen ja gar nicht, wenn nicht beide Seiten profitieren würden. Die Sanktionen sind aber gerade deswegen ein glaubwürdiges Mittel. Und es geht dabei nicht um strafen sondern um schwächen und Druck ausüben.

  • Hm, und was sollte getan werden? Es ist doch absolut logisch, dass es die EU und uns alle viel kostet, aus der Abhängigkeit von Russland herauszukommen. Das ist doch das Ziel. Die Sanktionen treffen Russland natürlich und sie verringern Russlands Anteil am globalen Handel.

    Putin verschachert Russland an China und macht damit Russland abhängig und erpressbar.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Ich glaube nicht, dass das diese Einschätzung ganz zu Ende gedacht ist; denn ersten treibt uns der Kollaps der der wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland nur in neue Abhängigkeitsverhältnisse und auch dass Russland in die Arme Chinas getrieben wird, kann kaum ein Grund zur Freude hier sein.



      Vor allem geht es aber nicht nur um hohe Kosten; in dem Artikel wird es ja angedeutet: dort ist von einem "dauerhaften Wohlstandsverlust" die Rede, der insbesondere Deutschland betreffen wird. Man kann das auch deutlicher formulieren: Unser Wirtschaftsmodell, das auf billigen Rohstoffen beruhte, bricht zusammen; ganze Wirtschaftszweige sind nicht mehr konkurrenzfähig. Ich würde dazu raten, einen Moment innezuhalten und zu überlegen, was das bedeutet und welche sozialen und politischen Folgen das langfristig haben wird.

      • 6G
        657022 (Profil gelöscht)
        @O.F.:

        Genau diese Fragen müssen wir uns stellen. Aber solange hierzulande Viele die Augen vor der Realität verschließen, solange werden wir wohl die nötigen Antworten nicht bekommen - wie auch, wenn nur um den heißen Brei herumgeredet wird und Gesichtswahrung das Non-plus-Ultra ist. Aber dann müssen wir uns auch eingestehen, dass die jarhzehntelang betriebene glbalisierte Wirtschafterei ein riesen Fehler war, und das mit Ansage - aber warnende Stimmen wurden immer als Spinner und Ahnungslose abgestempelt. Selbst Lindner und seine FDP müssen langsam aber sicher erkennen, dass deren propagiertes Wirtschaftssystem im Chaos enden muss, nur den Mut, dies mal auch so zu sagen, haben sie nicht. Denn das wäre ein willkommenes Fressen für den von Manchen heiß geliebten Sensationsjournalismus, mit dem sich wunderbar die wahren Probleme übertünchen lassen.

        Ja, Wahrheiten sind oft bitter, aber bleiben dennoch Wahrheiten. Die Augen zu verschließen hat noch niemals geholfen.