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Massenhafte Kündigungen in den USAWenn niemand Scheißjobs macht

Mehr arbeiten für einen niedrigeren Lebensstandard – da steigen viele aus. Die USA leiden unter der Great Resignation, einer riesigen Kündigungswelle.

Hier werden langhaarige Freaks gesucht, Wisconsin im Juni 2022 Foto: Mario Anzuoni/reuters

I n den USA ist die gegenwärtige Lage am Arbeitsmarkt voller Widersprüchlichkeiten. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war Arbeitslosigkeit einer der wichtigsten Indikatoren für eine Wirtschaftskrise. Doch die derzeitige Krise ist vor allem durch Inflation, eine drohende Rezession und steigende Lebenshaltungskosten gekennzeichnet. Das scheint alles nicht mit der These von der Great Resignation – der „Kündigungswelle“ zusammenzupassen.

Seit einem Jahr sieht man überall an den Straßen „Wir stellen ein“-Schilder. 2021 haben 40 Millionen Beschäftigte ihre Jobs aufgegeben. Pop-Megastar Beyoncé griff diese Entwicklung mit ihrem Song „Break My Soul“ auf, einer Hymne, in der sie davon singt, dass es die „neue Erlösung“ sei, den Job hinzuwerfen. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gibt es in den USA derzeit doppelt so viele offene Stellen wie Arbeitssuchende.

Gesucht wird vor allem für die Dienstleistungsbranche – Fastfood-Restaurants, Megamärkte, Tankstellen, Lagerhäuser und Einzelhandel – also was man gemeinhin Scheißjobs nennt. Am anderen Ende des Spektrums findet man bei LinkedIn ständig Suchanzeigen von Krypto- und Technologiefirmen, die versuchen, mit hohen Gehältern und Hinweisen auf eine tolle Work-Life-Balance neue Mit­ar­bei­te­r*in­nen anzuwerben. Aber sind Jobsuchende auf dem Arbeitsmarkt derzeit tatsächlich im Vorteil?

Für mich als schon älteres Mitglied der Millennial-Generation mit einem Masterabschluss von einer amerikanischen Top-Universität (der wegen hoher Studiengebühren mit einem erklecklichen Schuldenberg erkauft werden musste) ist es keine Überraschung, dass sich niemand um diese offenen Stellen reißt.

Laurie Rojas

wohnt in Miami und schreibt als unabhängige Kritikerin und freie Journalistin über Kunst und Politik.

Mein beruflicher Werdegang musste drei finanziell turbulente Knock-outs wegstecken, die mir durch die Terroranschläge vom 11. September 2001, die Finanzkrise von 2008 und die Coronapandemie beschert wurden. Der Traum, irgendwann wie meine Eltern in den Ruhestand gehen zu können, ist schon lange vorbei.

Die Great Resignation wird nicht nur durch die Pandemie ausgelöst, sondern durch den angesammelten Frust der Millennials und der nach ihnen kommenden Zoomer, die nicht nur ihren Lebensunterhalt bestreiten wollen, sondern mit ihrer Arbeit einen sinnvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten möchten.

Weil es für meine Generation so viel schwieriger geworden ist, ein eigenes Haus zu erwerben oder Geld fürs Alter zurückzulegen, scheinen sich die beruflichen Optionen auf ein „alles oder nichts“ zu reduzieren – und diese Sicht ist bei den Zoomern noch stärker verbreitet als bei uns Millennials.

Also entweder du fährst rücksichtslos die Ellenbogen raus und rackerst mit gewaltigem Stress und ständiger Unsicherheit, oder du setzt auf volles Risiko und investierst in Start-ups oder Kryptowährungen, oder du verweigerst dich der Arbeitswelt ganz und führst ein klägliches Leben als Obdachloser und Drogenabhängiger. An beiden Enden des Spektrums hat sich das Ausmaß an Depressionen und Suiziden in dieser Generation vergrößert.

Psychische Störungen hin oder her – mir fällt dabei Max Horkheimer ein, der Direktor der Frankfurter Schule, und sein Text „Der kleine Mann und die Philosophie der Freiheit“. Darin schreibt er: „Alle arbeitenden, ja sogar die nichtarbeitenden Menschen (sind) an der Erzeugung der gegenwärtigen Wirklichkeit beteiligt.“

Die Great Resignation ist ein Symptom für die Auswirkungen einer zerfallenden Gesellschaft, deren verfügbares Reservoir an Arbeitskräften nicht länger bereit ist, eine stetig sinkende Lebensqualität hinzunehmen und gleichzeitig keine Alternative zu dem bestehenden Zweiparteiensystem zu erkennen.

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53 Kommentare

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  • Startup, Kryptowährung oder Obdachlos als Option nach der Kündigung, dass ist doch Kokolores.

    Es fehlt einer der Hauptgründe für die Kündigungen: der Wechsel in einen anderen oder gleichen Job, der besser bezahlt wird und / oder bessere Konditionen anbietet.



    Da ist nichts Resignierendes dabei. Die Arbeitnehmer sind aktuell wie in DE auch in der besseren Verhandlungsposition.

  • "Scheissjobs" und "einen Sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft" sind problematische Definitionen. Wer der Meinung ist, Jobs im Dienstleistungsbereich seien "Scheissjobs", der dürfte wenn er/sie es ehrlich meint, diese Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen.

    Und was den "sinnvollen Beitgag" angeht.... Immer wenn ich jemanden höre, der sagt dass er mit seinem Job einen "sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft" leisten möchte, dann würde ich demjenigen am liebsten die Andresse der nächsten LKW-/Gabelstapler-Fahrschule in die Hand drücken oder einen Ausbildungsplatz als Müllwerker oder Fachkraft für Lebensmitteltechnik vermitteln. Denn diese unspektakulären Blue-Collar "Scheissjobs" sind es, die oft einen verdammt wichtigen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Dass wir alle heute morgen was zu Essen auf dem Tisch hatten, haben wir einer Heerschar von Menschen zu verdanken, die jeden Tag LKW fahren, Gabelstapler fahren, Maschinen bedienen, Paletten umpacken, Formulare ausfüllen und alles in allem den unspektakulären Arbeiten nachgehen bei denen niemand auf Partys nachfragt "Ach, interessant, erzähl mehr davon".

    • @Jürgen Meyer:

      Mit "Scheissjob" wird wohl weniger die Art der Arbeit mit gemeint sein als vielmehr die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen, die nicht mit der Wichtigkeit für die Gesellschaft korrelieren.

      Den Arbeitgebern bleibt nur übrig bei diesen Stellschrauben zu justieren.

    • @Jürgen Meyer:

      Sehr gut, Danke.

  • Warum haben Unis... keine Ideen fuer alternatives Wirtschaften? Warum zahlt man diesen Forschern so hohe Gehaelter?

  • Es erscheint auch nicht eben sinnvoll arbeiten zu gehen wenn man trotzdem auf der Straße leben muss.

  • taz: "Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gibt es in den USA derzeit doppelt so viele offene Stellen wie Arbeitssuchende."

    Solche Jobs gibt es bei uns seit der Agenda-2010 doch auch massenweise - die nennt man "450-Euro-Ausbeuterjobs". Seit es diese "Arbeitsstellen" gibt, verdienen sich die Discountunternehmen, Warenhausketten, Fast-Food-Konzerne, aber auch kleine Geschäfte, die ihren Angestellten keine anständigen Löhne zahlen können oder zahlen wollen, dumm und dämlich. Der Kapitalismus findet eben immer Wege, um noch mehr Geld auf Kosten der kleinen Bürger zu scheffeln. Und wer solche Jobs bei uns in Deutschland gerne "vermittelt", damit die Arbeitslosenquote nicht zu schlimm ausschaut, muss ich hier sicherlich nicht erwähnen.

    Die USA mit ihrem kapitalistisches Ausbeutersystem hat sich mittlerweile schon über die ganze Welt ausgebreitet, und die Folgen sind Armut und ein Klimawandel der kaum noch aufzuhalten ist.

    • @Ricky-13:

      "... und die Folgen sind Armut und ein Klimawandel der kaum noch aufzuhalten ist. ...": richtig, und Ukraine.

      • @MobbingOpferUniSalzburg:

        Der russische Imperialismus konnte also nicht anders. Dabei hat Russland doch auch kaum einen Beitrag an Umweltzerstörung und Armut in der Welt.

  • Sehr steile These, wirkt recht willkürlich in der Herleitung. Der Effekt erhöhter Kündigungen ergibt sich auch bei stärkerer Fluktuation zu attraktiveren Jobs - wäre sehr logisch in Zeiten eines Arbeitskräftemangels.

  • Es ist immer schwierig die amerikanische Arbeitswelt aus unserer Blickrichtung zu betrachten.

  • Ruhestand meint in diesem Fall "ein Haus am See mit Boot und Orangenbäumen entlang der Einfahrt"?



    Wozu sonst die Möglichkeit der Finanzierung durch Investment in Startups erwähnen?!

    Kleinere Brötchen machen auch satt.

    • @WeisNich:

      Ruhestand is Privatsache in den USA. Also einzahlen in einen Pensionsfonds oder Ähnliches. Bei Aktiencrash halt kein Ruhestand.



      Oder bei zu wenig Einzahlung, Job mit 70 oder 80 an der Kasse oder als einkaufswagenschieber. Um satt zu werden.

      • @fly:

        Es kommt bei den Amis immer stark auf den Bundesstaat an.

        Die sind, nicht nur was den Zustand der Sozialsysteme angeht, ähnlich unterschiedlich wie Dänemark und Bulgarien in der EU.

        • @Bernd Berndner:

          Das stimmt nicht. Die USA ist zwar in vielen sozialen Bereichen sehr schlecht aufgestellt, bei der Rentenversicherung jedoch nicht. Die Social Security ist bundesweit einheitlich, also total unabhängig vom einzelnen Staat (wurde von Roosevelt eingeführt). Sie ist verpflichtend und universal, betrifft also auch Selbständige. Bei Geburt bekommt man eine social-security-number. Und noch etwas, das vielleicht schockiert: Wer regelmäßig eingezahlt hat bekommt als Rentner:in mehr raus als bei der Deutschen Rentenanstalt.

      • @fly:

        Ruhestand ist mitnichten Privatsache. Da gibt es die Social Security, die wie unsere öffentliche Rentenversicherung funktioniert. Und die nicht schlecht ist, wenn man regelmäßig eingezahlt hat. Zusätzlich gibt es die Medicare, die Krankenversicherung. Beides sind Pflichtversicherungen und können ab 65, oder wenn man behindert ist, vorher, in Anspruch genommen werden.

      • @fly:

        Danke für die Belehrung. Ich zielte aber auf die vermutlich gehobenen Ansprüche ab und nicht auf das Rentensystem

  • 4G
    44733 (Profil gelöscht)

    Wer ist der Präsident dort: der Heilsbringer Joe Biden?

    • @44733 (Profil gelöscht):

      Zum Glück nicht mehr der Unheilsbringer Trump.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Tatsache ist, dass das Leben in den USA deutlich schwieriger ist, im Vergleich zu Europa, wenn man keinen vernünftigen Job hat.



    Verkäufer bei McDonalds oder einer Kaffee-Bude sind eben keine Jobs, mit denen man dauerhaft leben kann.

    In den USA studieren viele Menschen vor allem aus einem Grund, nämlich nicht bei einer Fastfood-Kette zu landen.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Studieren in den USA ist für die meisten Menschen unerschwinglich. Im Schnitt liegen die Studiengebühren in den USA pro Jahr zwischen 20.000 - 30.000 US-Dollar. Und am MIT (Massachusetts Institute of Technology) kostet ein Studienjahr sogar 53.000 US-Dollar. Das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" ist eben nur unbegrenzt, wenn man reich ist.

      "Schauen Sie sich die USA an. Das ist gelebter Kapitalismus im Endstadium. Die Reichen haben sich komplett zurückgezogen. Eigene Wohnviertel mit Zäunen und Sicherheitspersonal, eigene Kindergärten, Schulen, Unis, Krankenhäuser. Die Mittelschicht braucht zwei Jobs parallel, um überhaupt halbwegs klar zu kommen. Das letzte Drittel sitzt komplett im Dreck, obdachlos oder in Vierteln, in die sich nicht mal mehr die Polizei traut." [Volker Pispers - Kabarettist]

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Viele studieren dann allerdings irgendein Laberfach, für das es keine Nachfrage gibt, und landen dann am Ende doch wieder bei einer Fastfood-Kette.

      Die STEM-Abschlüsse, die auf dem Markt nachgefragt werden, sind nicht ganz leicht zu erwerben; sonst hätten mehr Leute welche davon, und sie wären nicht so knapp.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      In den USA studieren mehr Menschen als hier, weil das System der dualen Ausbildung fremd ist. Man kann sich anlernen lassen für Hilfsjobs, oder man muss studieren. Übrigens ist ein College keine Universität, sondern die ersten vier Semester sind eher mit der Oberstufe eines Gymnasiums zu vergleichen.

  • Mir fehlt bei diesem Artikel ein Hinweis auf die sozialen Folgen.

    40 Millionen sind 10% der Bevölkerung.

    Die können doch nicht alle obdachlos auf den Straßen herumlungern. Es gibt doch auch Kinder.

    Was passiert da eigentlich?

    • @Sonntagssegler:

      Es gibt immer Menschen, die zeitweise im Auto leben. Auto ist absolut wichtig, um überhaupt irgendetwas tun zu können - also lieber Auto unterhalten als Miete zahlen. Andere leben in trailer parks (von manchen Idioten als "trailer trash people" bezeichnet. Und es gibt viele Obdachlose in den Großstädten.

  • Zitat aus dem Artikel: "(...) Also entweder du fährst rücksichtslos die Ellenbogen raus und rackerst mit gewaltigem Stress und ständiger Unsicherheit, oder du setzt auf volles Risiko und investierst in Start-ups oder Kryptowährungen, oder du verweigerst dich der Arbeitswelt ganz und führst ein klägliches Leben als Obdachloser und Drogenabhängiger. (...)"



    ____

    Muss man denn, wenn man obdachlos ist, automatisch auch drogenabhängig (oder Alkoholiker) sein? Das leuchtet mir nicht recht ein.

    • @Rojas:

      Die Sichtweise des Autors auf Obdachlose fand ich auch deplaziert.

  • @MANFRED TESKE

    Klar, wenn Sie Peter Thiel (oder Friedrich Merz) sind... dann können Sie zur Not ein Flugzeug verticken und ein paar Tage von leben.

    Wenn Sie aber den Zweitjob überhaupt brauchen, um über die Runden zu kommen, dann siehts schon finsterer aus.

    Ja, solche Leben gibt es.

    • @tomás zerolo:

      Wenn man sich so Reddit-Stories auf YouTube anhört,dort berichten Leute von allen möglichen Themen aus ihrem Leben,dann ist es schon auffallend,wie selbstverständlich für viele US-Bürger ein Zweitjob ist. Und das betrifft nicht nur die Gastro-Branche.

  • Aber immer noch wird das Renten-märchen in Deutschland weiter erzählt.



    Habe aktuellen Rentenbescheid erhalten,nach 34 Jahren in Handwerk und Selbstständigkeit stehen mir bislang 248 € Rentenanspruch zu.



    Da soll mal einer sagen Arbeit lohnt sich nicht.!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

    • 6G
      650989 (Profil gelöscht)
      @Jens Tischer:

      Hallo Herr Tischer,



      haben Sie als Selbständiger weiter in die Rentenkasse eingezahlt? Auch wenn Sie seit 34 Jahre im Beruf sind, werden natürlich nur die Beitragsjahre und die dort geleistete Beitragshöhe angerechnet.

    • @Jens Tischer:

      Dann haben Sie auch, aus welchen Gründen immer, wenig oder nichts eingezahlt. Das hat mit Arbeit wenig zu tun, auch Schwarzarbeiter arbeiten und bekommen keine Rente weil eben nichts einbezahlt. Was haben Sie mit dem vielen Geld gemacht, das Sie als Selbstständiger im Handwerk verdient haben?

    • @Jens Tischer:

      Wie sah es denn mit den Beiträgen in den letzten 34 Jahren aus?

    • @Jens Tischer:

      Da gebe ich ihnen vollkommen recht, Selbstständige müssen in die Rente gezwungen werden, damit sie uns nicht im Alter auf der Tasche liegen!

  • Zeit und Leiharbeit muss wieder verboten werden. Früher gab es sowas auch nicht - ein weiterer grosser Fehler des Ex Kanzlers Schröders ! Naja ok, evtl musste das damals sein aber jetzt nicht mehr.

  • Noch ist es wenig Analyse was wir hier gerade zusammensammeln. Aber wenn es der sinkende Lebensqualität gelingt, dass wir nicht mehr mitmachen, dann würde es mich freuen, dass sie es war und falls wir Arbeit gleich neu denken könnten, bevor es immer noch weiter so geht. Wenn alle die Wahl haben und sagen können, mach ich nicht mehr mit, dann ist es geschafft. @sciaridae jede Scheiße hat ein Ende, ein Menschenleben ist sehr kurz, es dauert bis Breaks, wie jetzt vielleicht die besprochenen Symptome, eine Gesellschaft verändern. In Athen gab es ein erstes Graffiti mit dem Wort CRISIS. Alle sprechen zum Beispiel seit Jahren davon, dass unsere staatliche Schulbildung total out ist, ändert sich aber nicht. Ein Mann definiert dich als Frau nicht und auf die selbe Art bestimmt irgendwann hoffentlich Arbeit auch nicht mehr unser Überleben ist, nicht Definition davon, was wir sind.

  • Leider geht die Kolumne zu wenig auf die verschiedenen Ursachen ein, die zu dem massiven Arbeitskräftemangel in den USA geführt haben.

    So haben im Zuge der Finanzkrise 2009 viele ältere Arbeitnehmer aus der Mittelschicht ihren Renteneintritt um viele Jahre nach hinten geschoben.

    Dadurch allerdings ist es für die jüngeren Generationen viel schwieriger geworden, an gut bezahlte Jobs ranzukommen, in der Folge sind gut ausgebildete Studienabsolventen in ihren Übergangs- und Studentenjobs steckengeblieben. Während der Coronapandemie haben sich diese älteren Arbeitnehmer, inzwischen oft über 70, entschlossen, nun doch in Rente zu gehen.

    Innerhalb von zwei Jahren sind nun so sehr viele, gut bezahlte Stellen branchenübergreifend frei geworden, die nach und nach mit den Studienabsolventen aus der Gastronomie und dem Einzelhandel besetzt werden.

    Weiterhin sind es überproportional Hilfsarbeiter und schlecht bezahlte Dienstleister, die durch Covid entweder verstorben oder durch Long Covid arbeitsunfähig sind. Die Zahlen sind weit im 100.000 Bereich, wenn nicht sogar im Millionenbereich.

  • entwicklungen in den usa ...

    sind frieher nach sieben jahren auch auf den alten kontinent herüber geschwappt.

    heute braucht es nicht einmal sieben monate.

  • Sehr vereinfachte Sichtweise: entweder rackern bis zum Umfallen und rücksichtslos, oder drogenabhängig obdachlos. Es gibt viele Möglichkeiten zwischen gar nicht arbeiten und nur arbeiten.

    • @Manfred Teske:

      In den USA, vor allem in den teuren Ballungsgebieten, nicht wirklich....da ist der Spalt zwischen 60 Stunden Job (oder 3 Jobs) und Obdachlosigkeit doch ziemlich klein. Also schon Vollzeitarbeit reicht kaum zum Leben, Teilzeit sowieso nicht, Grundsicherung oder Arbeitslosengeld sind keine ernstzunehmenden Optionen. Was sind denn die vielen Möglichkeiten?

    • @Manfred Teske:

      Wenn selbst arbeiten bis zum Umfallen den Lebensunterhalt nicht sichert, wo soll da die Alternative sein, wenn man keine kriminelle Karriere einschlagen möchte?

    • @Manfred Teske:

      "Es gibt viele Möglichkeiten zwischen gar nicht arbeiten und nur arbeiten."

      Tatsächlich? Für wen denn und wie soll das aussehen?

      • @Sciaridae:

        Also, in Deutschland gibt es jede Menge Möglichkeiten dazu. Werden Sie Handwerksmeister oder besser Industrietechniker. Insbesondere als Techniker in einem mittelständischen Unternehmen werden Sie gut bezahlt - ganz ohne Studium. Ich weiß wovon ich rede, da ich viele Freunde habe, die im Gegensatz zu mir nicht studiert haben und diesen Weg gegangen sind. Nur mal so exemplarisch, z.B. als selbständiger Klimatechniker (ohne Ironie) schaffen sie es nicht ihre Aufträge abzuarbeiten und können gutes Geld verdienen. Die Liste lässt sich augenblicklich in Deutschland beliebig verlängern. Ich selbst arbeite übrigens nur noch 4 Tage pro Woche im IT-Bereich, weil mir die Zeit wichtiger ist als das Geld. Sie dürfen sich jetzt aussuchen, ob ich soviel verdiene oder einfach so wenig brauche.

    • @Manfred Teske:

      Sie meinen rackern bis zum Umfallen und obdachlos? Ja davon gibt es viele- Stichwort working poor, oder rücksichtslos und drogenabhängig? Auch davon gibt es viele, Stichwort Gangs. Dann gibt es noch die Millionenmehrheit, die einfach weitermacht wie gehabt und die sich in drei Gruppen teilt: Die Trumpistische Liga derer die meinen, wenn sie ganz feste sich Bibeln an die Birne hauen wird alles gut, diejenigen, die meinen wenn sie alles Politische verdrängen und nicht wählen, wird alles gut und die, die meinen, dass nur Veränderung auch was Ändert.

      • @Euromeyer:

        Danke für die Übersicht. Ich mache mein Kreuz bei Ihrem letzten Punkt.



        Sind da wohl Parallelen zu der chinesischen "Liegen bleiben"-Initiative? (Fast hätte ich "Bewegung" geschrieben ;-)



        Hier in Europa sind die Unzufriedenen ja eher auf Krawall gebürstet. Mal schaun, ob das was ändert ...

  • Der Text greift zu kurz, viel zu kurz. Er verkennt Ursache und Wirkung. Das eine ist, die Reaktion der Millenials und Zoomer zu beschreiben. Richtig. Was ist aber damit gewonnen?

    Das andere ist es doch, dass es in der Dienstleistungsgesellschaft zu viele Business-Modelle gibt, die bei einem fairen Miteinander nicht lebensfähig wären. Sie sind die Verursacher dieser Krise. Die Reaktion durch Kündigungen zeigt nur, dass eine rote Linie überschritten wurde. Die Plattform-Industrie hat einen neuen Typus von Manchester-Kapitalismus hervorgebracht. Dieses Mal sind es nicht Gewerkschaften, die dagegen angehen, dieses Mal ist jeder Einzelne seine eigene Gewerkschaft. Das ist der einzige Unterschied.

    Die derzeitige Situation ist ein Machtkampf. Es ist offen wie er ausgeht. Alle Zeichen deuten derzeit darauf hin, dass die Inhaber von Dienstleistungsunternehmungen ihre Geschäftsmodelle hin zu einer besseren Teilhabe umgestalten werden müssen. Sonst werden sie über kurz oder lang dicht machen müssen.

    Verkürzte Öffnungszeiten in der Gastronomie bis hin zu komplett geschlossenen Tagen zeigen, dass die Krise längst Folgen zeitigt. Dies gilt auch für viele niedrigschwellige Anlernberufe im Dienstleistungssektor. Dies strahlt auf ausbildungsintensive Berufe wie Koch ab.



    Eine Revision des Geschäftsmodells Gastronomie könnte zum Beispiel sein, dass die Gastronomen nicht mehr mit dem Trinkgeld für Bedienungen rechnen, mit dem sie bisher die unterirdische Bezahlung rechtfertigten.

    Dass alles wird natürlich höhere Preise in Gastronomie und Einzelhandel zur Folge haben. An der Politik wird es liegen, das vernünftig zu moderieren, gerade im Hinblick auf den Online-Handel, der davon natürlich profitieren will.

    Dass das Gewerkschaften im Rahmen der Tariffreiheit hinbekommen, daran gibt es mehr als berechtigte Zweifel. Gerechte Löhne in der Gastronomie sind seit 60 Jahren ein Thema. So gesehen erfolgt die Reaktion der Beschäftigten äußerst zeitverzögert und absolut überfällig.

    • @rakader:

      Gerade in der Gastronomie ist es aber weniger die Bezahlung, sondern es sind schlicht die unterirdischen Arbeitszeiten. Ich kenne Leute (darunter auch eine Restaurantbesitzerin), die im lock down in einen Bürojob gewechselt haben und auf Grund geregelter Arbeitszeiten nie mehr zurück wollen. Oder Köche gehen in Kliniken und andere Einrichtungen, in denen sie nicht spät abends arbeiten müssen. Das Leben außerhalb der Gastronomie ist für manche Menschen einfach relaxter.

      • @resto:

        @Resto da haben sie recht. Mann kann in einem Forenbeitrag aber nicht eine ganze Abhandlung schreiben.



        Wer geregelte Arbeitszeiten will, für den ist dieser Beruf nichts oder er arbeitet in einer Kantine, dann ist er aber in meinen Augen kein Koch, sondern ein Essensverwerter.

    • @rakader:

      "...Machtkampf. Es ist offen wie er ausgeht. ..." ? garnicht offen ! Die Produktion ab ins Ausland ! z.B. Volkswagen sollte besser "Lud samochód" heißen - nichts gegen den Aufbau der polnischen Wirtschaft. Ein in Ludwigsfelde bei Mercedes beschäftigter Ingenieur erzählte mir, dass die Tochterwerke zu neuen Modellen Angebote an die Zentrale machen müssen , nach deren Auswertung werden dann die Produktionsaufträge erteilt. Und im Dienstleisungssektor ? Kannst`es bezahlen , kannst`es auch bekommen. Das gilt für das Schnitzel(hiesige Reklametafel € 19,95) oder auch für die Altenentsorgung genannt "Seniorenresidenz"!



      Solange alle stolz auf 4000Brutto sind , 2ausgezahlt bekommen und dann noch mal Tausend für alle direkten und indirekten Steuern wegblättern und dies nicht merken , sondern nur mehr arbeiten als Lösung erkennen wird alles so bleiben!

  • Wahnsinn, wie diskriminierend die Arbeitssuche in den USA ist. Du trägst lange Haare? Du bist ein Nerd, der sich in der Freizeit mit Kesseltechnik von Dampflokomotiven oder Sirenen beschäftigt? Du bist ein Kommunist?

    Erst 2022 dürfen sich solche offenbar bewerben.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Long haired freaky people scheint mir eher ein term aus den 60/70ern zu sein. (?)

      Ich vermute, das Plakat enthält eine Menge Galgenhumor.

  • Selbstausbeuter, Scheinselbständige, Freie Mitarbeiter und Tagelöhner. Selbst halbstaatliche Firmen wie Post und Rundfunk bauen die guten Arbeitsplätze ab.