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Reformpläne für KartellrechtMehr Macht gegen Konzerne

Die Grünen wollen das Wettbewerbsrecht verschärfen. Die FDP hofft, dass Habecks Reform­an­kündigung die Debatte über eine Übergewinnsteuer beendet.

Wird hier ungerechtfertigter Profit getankt? Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Berlin taz | Die Ankündigung des Vorhabens steht zwar im direkten Zusammenhang mit den hohen Spritpreisen, die Sache selbst hat aber auf die aktuelle Lage keine Auswirkungen: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die im Koalitionsvertrag geplante Novellierung des Wettbewerbsrechts vorziehen und die Hürden für eine kartellrechtliche Gewinnabschöpfung bei Unternehmen senken.

Hintergrund ist der seit Juni drei Monate geltende Tankrabatt in Form einer Steuersenkung auf Kraftstoffe, mit dem die Bundesregierung Bür­ge­r:in­nen entlasten will. Die Steuersenkung kostet mehr als 3 Milliarden Euro. Aber die Preise an den Tankstellen sind weiterhin hoch. Viele Bür­ge­r:in­nen fühlen sich um den Rabatt geprellt. Der Verdacht steht im Raum, dass die Konzerne einen großen Teil der Steuersenkung einkassieren.

Mit Blick darauf hat Habeck angekündigt, das Kartellrecht zu verschärfen. „Wir machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen“, sagt er. Die Behörden sollen mehr kontrollieren und bei Mängeln stärker durchgreifen können. „Eine solche Verschärfung des Wettbewerbsrechts kann zwar nicht kurzfristig in der aktuellen Situation wirken, aber dem Staat die nötige Stärke geben, zukünftig besser einzugreifen“, heißt es in einem Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

Das Kartellrecht erlaubt Eingriffe nur, wenn Absprache nachgewiesen werden kann. Für den Kraftstoffmarkt sei das derzeit aber kaum möglich, heißt es. Weil der Markt sehr transparent sei, kennen die Wettbewerber die Preise der Konkurrenz auch ohne Absprache. Wenige Konzerne teilen sich den Markt.

Zerschlagung von Konzernen

Mit dem neuen Kartellrecht soll eine Entflechtungsmöglichkeit – also eine Zerschlagung von Konzernen – unabhängig von einem Verstoß geschaffen werden. So sollen verfestigte Märkte aufgebrochen werden, damit mehr Wettbewerb entsteht. Schon heute kann die Kartellbehörde bei Verstößen Unternehmen die daraus entstandenen Gewinne entziehen. Aber geschehen ist das noch nie, die Hürden sind sehr hoch. Diese Hürden sollen gesenkt werden.

Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP sieht ohnehin vor, das Wettbewerbsrecht anzupacken und zu prüfen, wie das Bundeskartellamt gestärkt werden kann. Dass die FDP gegen Habecks Pläne nicht mobil macht, ist also wenig überraschend. FDP-Fraktionschef Christian Dürr signalisierte Unterstützung. „Die Richtung stimmt“, sagte er im ZDF zu Habecks Plänen. „Vor allen Dingen sind wir weg von dieser Debatte über eine Übergewinnsteuer.“

Mit dieser Steuer schöpfen Staaten extreme Zusatzgewinne von Konzernen ab, die diese aufgrund einer Krise ohne eine eigene Leistung einfahren – wie jetzt die Energiemultis. Griechenland hat so eine Steuer für Energieunternehmen in Höhe von 90 Prozent eingeführt, Italien und Großbritannien von 25 Prozent. In Deutschland werden die Forderungen nach der Abgabe immer lauter. Die FDP lehnt dies kategorisch ab. Habeck sowie Teile der SPD befürworten hingegen so eine Steuer. Sie sei noch nicht vom Tisch, betont der Minister.

CSU wittert Angriff auf Marktwirtschaft

Die Linkspartei hat einen Antrag auf Einführung einer Übergewinnsteuer nach italienischem Vorbild in den Bundestag eingebracht. „Habecks Reformen bei der Marktaufsicht sind genauso überfällig wie die Übergewinnsteuer“, sagt Christian Görke, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Schon vor zehn Jahren habe das Kartellamt festgestellt, dass einige wenige Ölkonzerne den Markt kontrollieren. „Außer einer App zum Vergleich der Spritpreise an Tankstellen ist nicht viel dabei herumgekommen“, kritisiert er. Kartellrechtsreformen würden gegen die bislang eingesteckten Übergewinne nicht helfen, deshalb sei die Übergewinnsteuer erforderlich. „Wenn die Ampel darauf verzichtet, kommen die Ölriesen mit ihren Krisengewinnen davon“, sagt er.

Die CSU sieht in Habecks Vorstoß einen Angriff auf die soziale Marktwirtschaft. „Mit ihren Plänen zur Gewinnabschöpfung bei Mineralölunternehmen versucht die Ampel-Koalition verzweifelt, von ihrer planlosen Politik zur Eindämmung der weiter steigenden Inflation abzulenken“, sagt der finanzpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Sebastian Brehm.

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13 Kommentare

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  • Das Problem ist doch, dass das ganze kapitalistische System krank ist. Mit Symptombehandlungen wird man nie zu einer sinnvollen Regelung kommen.

    Den "Übergewinn" in einer wie auch immer gearteten Steuer abzuschöpfen, ist allerdings echt ... nicht gut durchdacht. Angenommen man würde im besten Falle bei den Konzernen soviel Steuern abschöpfen, wie sie sich beim Steuernachlass auf Sprit in die eigenen Tasche gescheffelt haben. Dann hätte man mit viel Aufwand genau nichts erreicht. Der Staat hätte seinen Steuernachlass wieder zurück und der Bürger hätte genau nichts bekommen. Und das ist der ideale Fall.

    Aber die initiale Idee, den Erdölkonzernen endlich ihr Handwerk zu legen, da sie einfach ein Oligopol bilden, in dem sie die Preise ja schon lange diktieren, ist gut. Wird nur in einer Lobbykratie nicht kommen.

  • Ölfirmen behalten das Geld zur Entlastung der Bevölkerung als Gewinne ein. Der Staat als Vertreter der Bevölkerung und damit der Steuerzahler kann da leider nur zuschauen. Habe ich das richtig verstanden?

    • @llorenzo:

      Yep. Solange der Staat nicht das Steuer über relevante Schlüsselindustrien wie z.B. den Energiesektor übernimmt, wird es auch so bleiben.

  • Da ruft der FDP-Minister lauthals, Habeck sei auf dem richtigen Weg übers Kartellrecht. Dabei reibt sich der marktradikale Lindner die Hände, weil er genau weiß, dass seine Förderer in den Chefetagen von Konzernen und Verbänden so etwas locker verhindern.



    Selbst wenn ein Getzentwurf beraten werden sollte, wird er im Lauf des Verfahrens so verwässert, dass Habecks Giegold den Text gar nicht mehr kennt, der schließlich Gesetz werden darf.



    Auch hier zeigt sich, dass das langjährige trickreiche Zusammenspiel von Marktradikaleen Politkern und den Ministerialen professionell funktioniert.

    Der in doppeltem Sinne grüne Koalitionspartner ist der FDP & Co nicht gewachsen und sieht dabei im zuständiges Ressort nur schlecht aus.

  • Da FDP von denjenigen Kräften in Position gebracht wurde, die Übergewinne machen, wundert es nicht dass FDP so fanatisch gegen die Besteuerung von Übergewinne kämpft.



    CSU nennt das denn Gleich Besteuerung von Übergewinne "einen Angriff auf die soziale Marktwirtschaft".



    CSU kann inzwischen nur noch Etikettenschwindel.

  • Das Einfachste wäre es, die Preise zu deckeln, wie es z.B. in Spanien und Portugal bereits der Fall ist.



    Auch in der Schweiz werden ca. 30% der Preise staalich reguliert! (S. Wagenknecht) Kaum zu glauben.



    Nur Deutschland wirtschaftet sich in Grund und Boden. Und dann auch noch 100 Mrd. für eine Bundeswehr, die seit Jahrzehnten nichts auf die Reihe bekommt.

    Hier wird nicht das "Sondervermögen" sondern unser aller Vermögen verschleudert.



    Später stellen sich die Politiker hin - wie Merkel - und behaupten, sie hätten alles richtig gemacht.

    • @cuba libre:

      Nachtrag:



      Höchstpreis für Benzin beträgt 1,56 Euro pro Liter, für Diesel 1,668 Euro. Die Maßnahme soll drei Monate dauern.



      Wo? Im EU-Staat Slowenien!



      (Quelle: Die Presse)

      • @cuba libre:

        Klimaschädigen muss sich wieder lohnen!

  • Z.Z. entsteht der Eindruck, daß eine Verschärfung des Kartellrechts die Übergewinnsteuer eher in die Ferne rücken läßt.



    Dabei:



    "Der Bonner Ökonom Daniel Zimmer verweist jedoch darauf, dass es bereits nach geltendem Recht möglich ist, sogenannte Übergewinne staatlich einzuziehen: „Kann das Kartellamt nachweisen, dass die Konzerne ihre Preise in letzter Zeit abgekoppelt von der Kostensituation allein unter Ausnutzung der Abhängigkeit der Verbraucher festgesetzt haben, könnte es diese (Über-) Gewinne abschöpfen.“"



    www.welt.de/wirtsc...n-von-der-FDP.html

  • Kartellrecht ist Teil des (Wirtschafts-)Strafrecht und im Strafrecht gilt die Unschuldsvermutung. Daher ist die jeweilige Schud stets nachzuweisen (auch im Wirtschaftsstrafrecht). Daher wären die hier angedachten Änderungen wegen Verstoßes gegen das Grundgesetz verfassungswidrig.

    Daher kommen drei Fallgestaltungen in Betracht: (1) Der Minister weiß es schlichtweg nicht, (2) der Minister weiß es und spielt ein Kasperletheater zur Beruhigung der Massen oder (3) das Ganze wird umgesetzt und scheitert in ein paar Jahren in Karlsruhe (ganz böse Richter).

    Darüber hinaus ist fraglich, wie ein deutsches Gesetz die Zerschlagung eines Konzerns im Ausland anordnen soll.

  • Ich bin für die Novellierung. Es muss mehr Möglichkeiten für den Staat beziehungsweise die Allgemeinheit geben, um überbohrenden Profit einzudämmen.

    • @Vanessa A:

      Super, ich auch.



      Das heißt letztlich aber, sich vom Kapitalismus zu verabschieden. Vielleicht nicht ganz.



      Selbst Ludwig Ehrhard (CDU) hatte ja einst Preisdeckelungen ins Spiel gebracht.



      Überhaupt würde seine damaligen Forderungen heute kein CDU-Mitglieder mehr in Gänze unterschreiben.



      Die Welt ist brutaler geworden und profitgieriger!

      • @cuba libre:

        Ich denke auch, wir müssen alle in DE lernen, mit weniger auszukommen. ;-)