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Daten des UmweltbundesamtsCO2-Emissionen wieder gestiegen

Es wurde zu viel geheizt und zu viel getankt. Das zeigt, dass die Bundesrepublik klimapolitisch noch nicht auf dem richtigen Kurs ist.

Die klimaschädlichen Emissionen sind in Deutschland 2021 gestiegen Foto: Frank Hoemann/Sven Simon/imago

Berlin taz | Wer ein deutliches Bild der aktuellen Energiekrise vor Augen haben will, muss nach diesen Zahlen malen: 115 Millionen Tonnen Kohlendioxid haben Deutschlands Gebäude im vergangenen Jahr nach neuen Daten des Umweltbundesamts verursacht, und zwar vor allem durch die Öl- und Gasheizungen, deren Füllung zu nennenswerten Teilen aus Russland importiert wird.

Das sind trotz eines sanften Rückgangs immer noch fast ein Sechstel der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen – und 2 Millionen Tonnen mehr als gesetzlich erlaubt. Das, was die Klimaszene Wärmewende nennt, also die Energiewende beim Heizen, kommt eben kaum in Schwung.

148 Millionen Tonnen Kohlendioxid haben Deutschlands fossil betriebene Autos, Lkws und Loks verursacht, ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Das sind 3 Millionen Tonnen mehr, als das Klimaschutzgesetz dem Verkehrswesen für 2021 zugesteht.

247 Millionen Tonnen Kohlendioxid verursachten die fossilen Kraftwerke in Deutschland. Das ist ein ordentlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr 2020. Der ist unter anderem darin begründet, dass wegen der hohen Gaspreise wieder mehr Kohle verbrannt wurde. Außerdem war es ein wetterbedingt windkraftarmes Jahr. Eine gesetzliche Grenze riss die Energiewirtschaft mit den hohen Emissionen nicht. Das liegt aber daran, dass es für sie im Jahr 2021 ausnahmsweise überhaupt keine gibt.

Einige Sektoren haben ihre Klimaziele nicht erreicht

Die klimaschädlichen Emissionen sind in Deutschland 2021 insgesamt gestiegen, und zwar um 4,5 Prozent. Nicht alle Sektoren haben ihr gesetzlich vorgeschriebenes Klimaziel für das Jahr verfehlt. Industrie und Landwirtschaft liegen im rechtlichen Rahmen, die Erstere allerdings nur knapp und die Letztere vor allem wegen einer veränderten Methodik beim Messen der Emissionen.

Dass die Emissionen insgesamt wieder gestiegen sind, ist erst einmal keine große Überraschung. Schließlich lag im Jahr zuvor die Wirtschaft immer wieder durch Corona-Lockdowns brach, was mit einem niedrigeren Energieverbrauch einherging. Die Emissionen gingen auf einmal um rekordmäßige 8,7 Prozent zurück und Deutschland schaffte mit Hängen und Würgen sein Klimaziel für das vergangene Jahrzehnt: die Emissionen gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent zu senken. Das ist nun wieder dahin.

„Unsere Zahlen zeigen deutlich, dass die Ziele der Bundesregierung schnellstens angegangen werden müssen“, sagte Dirk Messner, Chef des Umweltbundesamts, am Dienstag.

Er gab auch einen Abriss über die dringlichsten Maßnahmen: „Wir müssen schnell mehr Sonnen- und Windenergieanlagen bauen. Unsere Gebäude müssen wir auf Wärmepumpen umstellen und so schnell wie möglich aufhören, Öl- und Gasheizungen einzubauen. Bei unseren Häusern können wir auch mit Energiesparen noch einiges erreichen, vor allem, indem wir sie besser energetisch sanieren“, so der Experte. „Das hilft auch gegen unsere Energieabhängigkeit von Russland.“

Klima-Staatssekretär Patrick Graichen aus Robert Habecks (Grüne) Wirtschafts- und Klimaministerium kündigte ein „Klimaschutz-Sofortprogramm“ an.

Dazu ist die Bundesregierung sogar per Klimaschutzgesetz verpflichtet. Genauer gesagt sind es zumindest die Ministerien, die sich federführend um die Wirtschaftsbereiche kümmern, die ihre Klimaziele nicht einhalten. Solche schreibt das Klimaschutzgesetz für jedes Jahr und jeden Sektor bis zur Klimaneutralität im Jahr 2045 vor. Der Form halber prüft jetzt aber erst einmal der sogenannte Expertenrat für Klimafragen die Daten des Umweltbundesamts. Dafür haben die Re­gie­rungs­be­ra­te­r:in­nen einen Monat Zeit.

Die klimaschädlichen Emissionen durch fossile Energie sind nach dem Lockdown-Jahr 2020 auch im weltweiten Schnitt wieder angestiegen. Laut der Internationalen Energieagentur lagen sie 2021 sogar auf einem neuen Rekordhoch.

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18 Kommentare

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  • (UNNÖTIG) AUTOFAHRENDE haben den Angriffs-Krieg ermöglicht und halten ihn am Laufen!



    (und den Klimawandel!)

    Durch die unsägliche Energieverschwendung des Autofahrens wurde sich viele Jahre nicht getraut Russland zu sanktionieren, wodurch Putin und seine Bande immer stärker und dreister wurden!

    WER GEGEN DIESEN ANGRIFFSKRIEG IST, DER LÄSST DAS AUTOFAHREN SEIN und zieht sich in der Wohnung warm an, auf dass die HEIZUNG möglichst AUS bleiben kann. Das geht!

    Schätze jedoch es wird so sein wie beim Umgang mit der Tiermisshandlung. Abends während dem Bericht ist man entsetzt, am nächsten Tag werden aber wieder schäbig billige Tierprodukte gekauft.

  • Wenn ich mir vorstelle, wie hysterisch derzeit die Politik um den Globus düst, allen voran unsere Außentante, wird mir richtig übel.



    Das ist so richtig vorbildlich, beispielgebend. Wenn es also eng wird, interessiert uns das Klima einen großen Dreck.

  • "247 Millionen Tonnen Kohlendioxid verursachten die fossilen Kraftwerke in Deutschland."



    Wird in den kommenden Jahren nicht weniger werden, wenn Erdgas und Erdöl durch Strom ersetzt werden soll.

    • @sollndas:

      Es wird jedoch weniger werden, je mehr Ökostrom produziert wird. Es wird auch weniger werden, wenn anstelle von Erdgas grüner Wasserstoff importiert wird (nach strengen Kriterien). Ebenso durch Effizienzsteigerungen und ebenso durch gezielten, individuellen Konsumverzicht, oder wenigstens sparsameren Konsum. Einfach mal abschalten. Gehört eigentlich schon zum guten Ton.

      • @What would The Doctor do?:

        Träumen Sie weiter. Die Wirklichkeit sieht so aus:



        www1.wdr.de/nachri...es-revier-102.html

        • @sollndas:

          Ich weiß. Momentan werden a l l e ausgemusterten Kohlekraftwerke in Reserve gehalten, für den Fall des Totalausfalls russischer Rohstofflieferungen qua Embargo (der wahrscheinlich irgendwann eintritt). EE bauen sich bekanntlich leider nicht über Nacht. Aber wenn mich nicht alles täuscht, besteht inzwischen weitreichende Übereinstimmung, dass das jetzt schleunigst kommen muss? Ich würde ja gerne mal einen gemeinsamen Punkt mit Ihnen finden, auf dem man aufbauen könnte. Was meinen Sie, haben Sie eine Vorstellung von einem funktionierenden Ganzen, das zumindest anzustreben wäre?

          Ich erwarte demnächst die Vorlage eines Klimaschutz-Sofortprogramms (während weitere Pakete in Arbeit sind), und dann werden wir mal sehen, ob das schon irgendwas bewirkt in diesem Jahr.

          • @What would The Doctor do?:

            "...haben Sie eine Vorstellung von einem funktionierenden Ganzen..."



            Habe ich durchaus. Würde aber zu weit führen, das hier breitzutreten. Anhaltspunkte finden Sie, wenn Sie sich durch meine Beiträge durchklicken. Geeignete Suchbegriffe wären u.a. "lagerfähige Energieträger", "(solare) Meerwasserentsalzung".

            • @sollndas:

              Okay, das ist doch schon mal was! Es bedeutet, dass Sie Sonne und Wind nicht grundsätzlich ablehnen, sondern nur wegen der "ungelösten" (oder nicht ausdiskutierten) Speicherfrage, sowie Wärmepumpen, weil sie im Winter das Problem verschärfen. Ähnlich wie ich, plädieren Sie für lagerfähige Energieträger, die zum Teil den Überschuss im Sommer aufnehmen, die allerdings Biomasse-basiert sind, sowie Holz.

              Holz ist eine feine Sache, und ich würde mich nie gegen Grillplätze oder auch kuschlige Kamine wenden. Der Bedarf ist allerdings riesig, was den Wäldern zusetzt, weshalb ich den Schwerpunkt auf das hervorragende Baumaterial setzen würde, und ansonsten lieber Bücher druckte, als Wohnblocks zu beheizen.

              Ich plädiere für synthetische Energieträger, auch wenn die etwas teurer sind (Strombedarf), aber Biomasse bedeutet Flächenfraß und Artensterben. Bei Flauten würde ich eher energieintensive Produktionsstätten drosseln oder abregeln, als primär auf (noch teurere) Rückverstromung und Reservekraftwerke zu setzen.

              Für den privaten Wärmebedarf synthetische Energieträger zu verheizen ist dagegen effizient, meine ich. Und (solare) Meerwasserentsalzung, für die auch Abwärme nutzbar ist, dürfte noch recht wichtig werden, vor allem in Äquatornähe. Nach meinem Empfinden liegen wir gar nicht so weit auseinander.

  • Was zur Umweltentlastung und Stromerzeugung beitragen kann sind Biogasanlagen. Diese könnten auch so gebaut werden das Sie regional bzw, für



    Stadteile mit 100.000 E. effizent wären

    • @HAHABerlin:

      WAS ist an Biogasanlagen BIO ??



      Riesiger Energieaufwand für Anbau, Ernte und Verarbeitung der Substrate. Monokulturen von Mais auf Mais auf den Feldern.



      Mit jeder PV-Anlage lässt sich pro Hektar das x fache an Strom gewinnen.



      www.eisenknappl.de...statt-biogas21.pdf

      • @Günter Witte:

        Eigentlich wollte ich es gar nicht erwähnen das menschliche Fäkalienaufbereitung sehr gut in einer Biogasanlage verarbeitet werden können.

        • @HAHABerlin:

          es wird sie überraschen, aber das wird bereits großflächig in den Kläranlagen gemacht

      • @Günter Witte:

        +1 Auf den Punkt.

        Diese verantwortungslosen Mais-Monokulturen mit Herbizid-Einsatz vernichten die Vielfalt, verarmen die Böden und verschwenden dringend benötigte Flächen für Wichtigeres.

        Nach meiner bisherigen Erkenntnis ist x > 30. Mindestens 30-fach mehr Strom durch Freiflächen-PV.

        Selbst Pflanzenreste sollten möglichst nicht verstromt, sondern zum Humusaufbau verwendet werden.

        Zu guter Letzt: Mehr Platz für Schafherden!

  • Wenn man sich den im Artikel verlinkten Bericht der Internationalen Energieagentur ansieht, findet man heraus, dass sich die infolge der Energieerzeugung durch Kohle verursachten weltweiten CO2-Emissionen im Jahre 2021 auf ein Allzeithoch entwickelt haben und dass die durch Kohle verursachten CO2-Emissionen am Gesamtanstieg der CO2-Emissionen im Jahre 2021 einen Anteil von 40 % hatten. Von einem "Ausstieg" aus der Energiegewinnung durch Kohle kann im Weltmaßstab keine Rede sein; das Gegenteil ist der Fall. Der deutsche Kohleausstieg bringt international keine Senkung der kohleinduzierten CO2-Emissionen und hat dementsprechend auch keinen nennenswerten Einfluss auf das Klima.

    • @Budzylein:

      Mit den Worten Olaf Scholz':

      "Denn wir werden ja mit keinem Geld der Welt Afrika, Asien, den Süden Amerikas davon überzeugen können, dass sie auf den Wohlstand, den wir haben, verzichten. Das wollen sie auch erreichen. Wir werden sie also nur davon abbringen, das alles mit Kohlekraftwerken zu tun überall in der Welt z. B.,

      indem wir billige, genauso leistungsfähige Alternativen technologisch entwickeln. Aber wenn in einem der erfolgreichsten Industrieländer der Welt, nämlich Deutschland, plötzlich Stahl produziert wird klimaneutral, Chemieindustrie gemacht wird klimaneutal, es gelingt, dass der Maschinenbau, die Automobilindustrie Produkte anbietet, die das können, wir auch unsere Energieversorgung so gewährleisten können, dann ist das unser bescheidener Beitrag für die Welt,

      dass wir nämlich zeigen, es geht, und die Technologien marktfähig machen, die dann weltweit genutzt werden können. Mit dem kleinen, gar nicht so schlechten Nebeneffekt, dass wir vielleicht sogar als Volkswirtschaft davon für unsere Exportleistungsfähigkeit profitieren können. …

      Doch, es nützt ganz viel, weil wir diejenigen sind, die industriell und technologisch die Alternativen entwickeln können, und auch werden."

      Anne Will vom 24.10.2021 www.ardmediathek.d...S1hMGUyODExNGY0YTM 45:19

  • Das wichtigste Wort ist anscheinend "Gesetz". Und gegen ein solches wurde also allenthalben verstossen. Das Problem ist nur, wer ist der Gesetzesbrecher (traditionell männlich)?



    Die Ministeriumsleitung? Die jetzige wird sich rausreden, weil erst so kurz im Amt. Die vorherigen? Die konnten aber vielleicht auch nicht alles verhindern.



    Jede Bürgerin, die zuviel fährt, duscht oder heizt?



    Was sind die Strafen? Drei (anteilsmäßige) Tage Haft?



    Die Abstraktheit des Gesetzes stösst irgendwie ins Leere. Selbst wenn jemand dagegen klagt und Recht bekommt. Die offiziellen Statements sind jedenfalls seit Jahren die Gleichen. Demnächst wird ganz viiiieel passieren.

    • @fly:

      Man stelle sich einmal vor Gesetze folgten auch in anderen Bereichen diesem Muster:



      X % der verkauften Lebensmittel wiesen gesundheitsgefährdende Pestizid- und Schwermetallbelastungen auf. Der Minister erklärte hierzu 'Wir müssen schnell zu einer weniger giftigen Lebensmittelproduktion kommen' und kündigte ein Sofortprogramm an. Bis 2045 sollen alle gehandelten Lebensmittel gesundheitlich unbedenklich sein.