piwik no script img

Abhängigkeit von Energie aus RusslandKohle und Öl ohne Putin

Deutschland will seine Energieabhängigkeit von Russland bis Jahresende verringern. Habeck meldet Fortschritte. Nur beim Import von Gas sieht er Probleme.

Keine Kohle von des Kremls Gnaden: Greenpeace protestiert auf der Elbe gegen Frachter aus Russland Foto: dpa

Berlin dpa | Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck sieht Fortschritte dabei, Deutschlands Abhängigkeit von russischem Öl, Kohle und Gas zu verringern. „Jeden Tag, ja faktisch jede Stunde verabschieden wir uns ein Stück weit von russischen Importen“, sagte der Grüne der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Wenn es gelingt, sind wir im Herbst unabhängig von russischer Kohle und Ende des Jahres nahezu unabhängig von Öl aus Russland. Bei Gas ist es komplizierter, weil wir keine eigenen LNG-Importkapazitäten haben. Die schaffen wir jetzt unter Hochdruck.“

Habeck kündigte an, er werde zeitnah in Länder reisen, die LNG und Wasserstoff produzieren, von Norwegen bis Katar. „Es geht darum, unsere Importmöglichkeiten zu erweitern, kurzfristig mit LNG, mittelfristig muss es Wasserstoff sein.“ Der Bund hatte angekündigt, sich über die Förderbank KfW an einem geplanten Terminal für Flüssigerdgas (LNG) in Brunsbüttel zu beteiligen. Ein weiteres Terminal könnte in Wilhelmshaven gebaut werden, Niedersachsen will daneben auf Stade setzen.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums liegt der russische Anteil an den fossilen Gasimporten nach Deutschland bei rund 55 Prozent, bei Kohle bei rund 50 Prozent und bei Rohöleinfuhren bei rund 35 Prozent. Habeck bekräftigte außerdem seine ablehnende Haltung gegenüber einem EU-Embargo russischer Energielieferungen: „Ich verstehe jeden, der wegen Putins brutalem Angriffskrieg ein sofortiges Embargo fordert“, sagte er.

„Aber ich stehe in Verantwortung für das gesamte Land. Ich muss abwägen, was die Folgen unserer Entscheidungen sind. Es geht nicht um ein bisschen individuellen Komfortverzicht, sondern um tiefe Einschnitte, ökonomisch und sozial: Wir reden bei einem sofortigen Importstopp über Versorgungsengpässe im nächsten Winter, über Wirtschaftseinbrüche und hohe Inflation, über Hunderttausende Menschen, die ihre Arbeit verlieren, und über Menschen, für die der Weg zur Arbeit kaum bezahlbar wird, Heizen und Strom ebenso.“

Die Sanktionen müssten „so sein, dass wir durchhalten können. Im Zweifel nicht nur drei Tage.“ Er habe die Hoffnung, dass die Sanktionen perspektivisch zu einem Ende des Krieges führen könnten: „Die Frage ist, wie lange es dauert“.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Währenddessen halbiert Neuseeland die ÖPNV-Tarife, um tatsächlich schlecht verdienenden Menschen bei den steigenden Lebenshaltungskosten zu helfen UND Energie zu sparen:

    www.theguardian.co...russia-ukraine-war

  • Da hat er wohl recht.



    Was fehlt sind aber konkrete Ausstiegszahlen, an welchen der Ausstieg aus der Abhängigkeit gemessen werden könnte.



    Hoffen wir, dass hierzu in den nächsten Tagen noch Zahlen und ein Ausstiegskonzept benannt werden. So könnte auch mehr Zustimmung zu den LNG-Häfen erreicht werden, wenn ersichtlich wird, dass diese nur ein kleiner Beitrag für die zukünftige Energieversorgung darstellen.

    • @Sonnenhaus:

      Das Problem mit den LNG-Terminals ist, dass sie, ähnlich wie der BER, extrem langfristige Investitionen in fossile Energieträger darstellen, die sich angesichts der dringend notwendigen (und mit dem Pariser Klimaschutzabkommen auch verpflichtenden) Abkehr von fossilen Energieträgern niemals rechnen werden. Von daher sollte sehr genau geprüft werden, was man nicht in anderer Richtung tun kann. Zum Beispiel ein Crash-Programm zur Wärmedämmung und zum Einsatz von Wärmepumpen kostet auch Geld, hat aber sehr schnell einen energetischen Return on Investment, und hat langfristig positive Wirkung (z.B. kann man einen so gedämmten Altbau dann später auf Wärmepumpe umrüsten).