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Tierschutzsteuern auf FleischDer Markt schafft es nicht

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Die Kritik der FDP an Plänen für eine Tierwohl-Abgabe auf Fleisch ist realitätsfern. Der Markt wird einfach nicht genug Geld bereitstellen.

In der Bucht eines Tierwohl-Schweinestalls Foto: Marijan Murat/dpa

I n der Debatte über mehr Tierschutz in der Landwirtschaft spielt die neue Regierungspartei FDP gerade wieder ihre alte Leier: Die Liberalen lehnen eine staatliche Abgabe auf Fleisch ab, mit der Bauern ihre Tiere besser ­halten könnten. Stattdessen soll der Markt es richten und zum Beispiel der Handel den Landwirten Geld geben. Weil: Staat ist immer böse, Markt immer gut.

Doch: Schon seit 2015 zahlen Lidl, Edeka und andere Handelskonzerne den Landwirten über die Firma Initiative Tierwohl (ITW) Zuschläge für Fleisch aus etwas besserer Haltung. Aber bis heute werden nur rund 35 Prozent der Mastschweine in Deutschland nach den ITW-Vorgaben gehalten. Und die Auflagen sind teils sehr schwach, zum Beispiel lediglich wenige Quadratzentimeter mehr Platz im Stall.

Gemessen an dem, was mehr Tierschutz kostet, zahlte die ITW auch Jahre nach ihrer Gründung zu wenig an die Landwirte: jährlich 130 Millionen Euro. Gebraucht werden Wissenschaftlern zufolge aber 3 bis 5 Milliarden Euro, damit zum Beispiel die meisten Schweine endlich Kontakt zum Außenklima ­haben, Hähnchen Auslauf bekommen und Rinder auf die Weide dürfen.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die ITW ihre Einnahmen in Kürze fast vervierzigfachen kann – selbst wenn der Bund dieses Jahr eine verpflichtende Haltungskennzeichnung für Fleisch einführt. Wenn es um Milliarden gehen sollte, wäre die Verlockung für Handelsketten groß, sich den Aufschlag zu sparen. Genügend Kunden würden ihnen das billige Qualfleisch abkaufen.

Der Staat muss handeln

Zwar wollen viele mehr Tierschutz, aber nur wenige wollen dafür extra zahlen. Da muss der Staat Verbraucher zwingen, beispielsweise 40 Cent mehr für das Kilogramm Schweinefleisch zu berappen. Das ist nicht die Welt. Hartz-IV-Empfänger bekämen durch den jährlichen Inflationsausgleich höhere Beträge für Lebensmittel.

Vorbild könnte der Ausbau der erneuerbaren Energien sein: Ihr Anteil ist nicht gewachsen, weil die Verbraucher freiwillig Ökostrom bestellt hätten – sondern weil der Staat eine Umlage für die Erneuerbaren vorschrieb.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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7 Kommentare

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  • Dass die ITW als Initiative der Handelskonzerne nicht viel bewirkt überrascht mich nicht. Das Ziel von Handelskonzernen ist es, zu verkaufen.

    Wenn dann zufällig Tierwohl allgemeines Thema ist, wird eben gerade genug unternommen, dass die Mehrheit der Kunden wieder glaubt mit gutem Gewissen Fleisch kaufen zu können und das war's.

  • Weniger Fleisch essen wäre sinnvoller als Tiere besser zu halten. Die FDP nervt.

  • Fetisch 'Markt' : So läuft es, wenn Profitinteressen die Existenzbedingungen beherrschen: Wer treibt und wer ist der Getriebene ? Sind es ALDI, LIDL & Co, die eine Mindesmarge beanspruchen, damit sie dem einfachen 'Verbraucher' mit kleinem Lohn den Fleischgenuß aufrecht erhalten ? Sind es die Unternehmen, die sich nicht in der Lage sehen, den armen 'Mitarbeitern' höhere Löhne zu bezahlen, weil sie sonst mocht mehr profitabel wirken können ? Ist es ein regulierender Staat, dem vorgehalten wird, dass Produzenten hierzulande dann die Leidtragenden wären, weil an anderer Stelle (Tomaten aus Holland) günstiger produziert werden könnte. Sind wir ALLE SKLAVEN eines nicht unter Kontrolle zu bekommenden Systems? Mao tse Tung sprach einmal von einem Primat der Politik gegenüber der Wirtschaft (wir sehen heute wie Menschen und Ökonomie sich unterzuordnen haben bei seinen Nachfolgern). Mein Postulat wäre das Primat eines emanzipierten MENSCHEN, der sich diesem Markt unterordnen muss und dafür sorgt, dass die Abhängigkeiten reduziert werden und der Reichtum intelligenter unter allen aufgeteílt wird (mit weniger Müll, Berücksichtigung von Mensch und Natur mit einem System einer Gemeinwohlökonomie , die die Leitlinie der Politik bestimmt), ein Traum ?

  • Der "Markt" kann mich mal. Tiere so zu halten gehört schlicht verboten. Alles Mögliche ist in Deutschland einfach so über Verbote oder Gebote geregelt. Warum das hier nicht?



    Wenn ich mit meinem Auto in der Gegend rumfahren will, muss es eine TÜV-Plakete haben und ich einen Führerschein. Wenn nicht und ich erwischt werden, gibt's eine Strafe. Punkt. Und genauso muss auch das Tierwohl geregelt werden.

  • Eine Steuer, die den Grundpreis weiter drückt, wird es wohl kaum richten.

  • ...und sie glauben wirklich die 40 Cent Aufschlag kommen bei den Landwirten an?



    Der Handel, bzw. die Ketten zwingen doch die Landwirtschaft in die Knie, da bleibt nicht viel übrig für's Tierwohl und dann lassen sie sich feiern, weil sie angeblich Tierschutz finanzieren. Sie sind, indirekt natürlich der Verbraucher, verantwortlich für diese Zustände!

  • Im letzten Satz des Artikels ist die Sache geklärt: "Umlage". Die EEG-Umlage ist zweckgebunden, eine Tierschutzsteuer nicht, da Steuern nicht zweckgebunden sind.