Gabriele von Arnim über Pflege: „Kein Zuckerbäckerwerk“
Als sie ihren Mann verlassen wollte, erlitt er einen Schlaganfall. Gabriele von Arnim blieb und pflegte ihn. Nach seinem Tod schrieb sie ein berührendes Buch.
Gabriele von Arnim empfängt in ihrer lichtdurchfluteten Dachgeschosswohnung in einem Berliner Altbau. Ihr Schutzraum, sagt sie. In ihrem Buch schreibt sie, sie sei „wohnsüchtig“. Ihr verstorbener Mann ist noch präsent. Da ist der Treppenlift, auf dessen Sitzfläche nun Bücher liegen. Oder die Scherben einer Schale, in der von Arnim ihm jeden Tag einen geschnittenen Apfel brachte und die wenige Wochen nach seinem Tod zerbrach.
taz am wochenende: Gabriele von Arnim, Sie haben ein berührend ehrliches Buch über die Zeit mit Ihrem schwerkranken Mann geschrieben, den Sie bis zu seinem Tod 2014 pflegten. Wie schreibt sich so was?
Gabriele von Arnim: Ich hatte zwei Jahre nach seinem Tod schon mal angefangen zu schreiben. Ich wusste, ich muss es schreiben. Aber ich stellte fest, ich kann’s nicht, ich bin noch nicht so weit. Ich wollte kein selbsttherapeutisches Buch schreiben, ich wollte nicht im Schreiben für mich die Dinge klären, sondern dann schreiben, wenn ich die Jahre eingeordnet, in mein Leben integriert haben würde. Also ließ ich es noch mal ein paar Jahre liegen und habe es dann geschrieben, als ich es besser begriffen hatte.
Den Tod begriffen?
Na ja, wirklich begreifen tut man es nie ganz. Aber da war so ein Gefühl. Ich bin langsam wieder zu mir gekommen. Das klingt ein bisschen esoterisch. Vielleicht besser so: Ich habe mein eigenes Leben wiedergefunden und meine Kraft. Das war toll.
Und dann schrieb es sich so runter?
Nein, gar nicht. Es gab Phasen, in denen war ich total unsicher, ob es jemals ein Buch werden würde. Ich hatte noch nie zuvor so persönlich geschrieben. Und ich versuchte immer so eine Grenze zu ziehen zwischen persönlich und privat. Das war wirklich eine Gratwanderung. Ich finde, wenn man über Krankheit schreibt, dann muss man auch schreiben, was Krankheit bedeutet. Und das ist brutal.
Ihr Mann war gelähmt, er konnte nicht mehr gehen, nicht mehr klar sprechen, nicht mehr lesen und schreiben, sich nicht versorgen, war aber im Kopf hellwach.
Ich wollte meinen Mann – der ja nun keinen Einwand mehr erheben konnte – durch das Buch auch nicht diskreditieren und schon gar nicht dem Voyeurismus preisgeben. Es gibt Leute, die sagen: Wieso müssen Sie denn den nackten, entzündeten Hintern Ihres Mannes beschreiben? Dann sage ich immer: So ist Krankheit. Und wenn ich das nicht beschreibe, dann mache ich Zuckerbäckerwerk. Das wollte ich nicht.
In Ihrem Buch wechselt immer wieder die Erzählstimme, ganz plötzlich, von „ich“ zu „sie“ und wieder zurück. War das eine bewusste Entscheidung?
Nein, das ist einfach so passiert. Ich glaube, immer wenn es mir zu heikel wurde, habe ich mich intuitiv in die dritte Person gesetzt. Und dann fand ich das eine schöne dramaturgische Entscheidung und habe es so gelassen.
Sie sind sich beim Schreiben selbst zu nahe gekommen?
Ja, würde ich so sagen. Da kam wieder diese Grenze zwischen persönlich und privat ins Spiel. Ich musste unsere Geschichte radikal erzählen, aber an den Stellen, an denen es mir zu radikal wurde, brauchte ich diese Distanz. Auch der Name meines Mannes taucht im Buch nicht auf. Und das nicht aus Diskretionsgründen. Es wäre eh leicht herauszufinden, mit wem ich verheiratet war. Ich habe uns zu Figuren geschrieben. Die Hauptfigur ist aber die Krankheit und das Hauptthema das Leben mit Widrigkeiten, mit rohen Zumutungen.
An dem Tag, an dem Ihr Mann den ersten Schlaganfall hatte, hatten Sie ihm Stunden zuvor gesagt, dass Sie sich von ihm trennen wollen. Dann blieben Sie doch. Wie hat sich Ihr Verhältnis zueinander mit der Krankheit verändert?
Es war klar, dass ich ihn in dieser Situation nicht allein lassen würde. Nur weil man jemanden verlassen will, heißt das ja nicht, dass man ihn nicht mehr mag. Da war immer noch eine große Verbundenheit. Wie lange es dauern und wie schlimm es bleiben würde, wusste ich ja zum Glück nicht. Wie hat sich unser Verhältnis verändert? Wenn ich immerzu gedacht hätte, eigentlich will ich dich ja gar nicht mehr, wäre die Zeit eine Tortur geworden. Mir war klar, es ist wichtig, eine Zärtlichkeit in die Pflege und die Zuwendung zu geben, damit es mir auch selbst besser geht. Das hatte einen gewissen Egoismus. Und ich denke, umgekehrt war das für ihn genauso. Wenn man so sehr auf jemand anderen angewiesen ist, kann man das nur aushalten, wenn man die andere Person liebt.
Person
Gabriele von Arnim wurde 1946 in Hamburg geboren. Sie hat Soziologie und Politikwissenschaft studiert, promoviert und von 1973 bis 1983 als freie Journalistin in New York gelebt. Zurück in Deutschland schrieb sie für verschiedene Zeitungen, Magazine und Hörfunkanstalten und arbeitete als Moderatorin. Sie hat mehrere Bücher veröffentlicht und lebt in Berlin.
1984 heiratete von Arnim den 1937 geborenen Fernsehjournalisten, Reporter und ehemaligen ARD-Chefredakteur Martin Schulze. Im Jahr 2004 erlitt er zwei Schlaganfälle in kurzer Abfolge und blieb gelähmt. Gehen, lesen, schreiben, sprechen war ihm fortan nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt möglich. Geistig hingegen war er klar. Von Arnim pflegte ihn in ihrer gemeinsamen Wohnung bis er 2014 im Alter von 76 Jahren starb.
Zum Buch
Einige Jahre nach dem Tod ihres Mannes sichtete Gabriele von Arnim ihre Tagebuchaufzeichnungen aus den vergangenen 10 Jahren und begann zu schreiben. Lange war sie nicht sicher, ob es jemals ein Buch werden würde, sagt sie. Im März 2021 erschien schließlich „Das Leben ist ein vorübergehender Zustand“ im Rowohlt-Verlag. Für die Monate Juli und August wurde es auf Platz 5 der SWR Bestenliste gewählt und stand viele Monate auf der Spiegel-Bestsellerliste.
In Ihrem Buch beschreiben Sie den schmalen Grat zwischen Bevormundung und Fürsorge. Haben Sie darüber auch mit Ihrem Mann gesprochen?
Wir haben viel gekämpft. Mein Mann hat sich zum Glück sehr energisch gegen meine Effizienz gewehrt. Als ich einmal wieder übergriffig wurde und Termine machte für ihn, erklärte er der Logopädin, ich sei eine Terroristin. Das hat mich wiederum wütend gemacht. Jemand musste doch dafür sorgen, dass hier alles läuft. Das war wirklich heikel: Da war meine Übergriffigkeit und Herrschsucht, und ich nannte sie Zuwendung und Fürsorge. Wenn er zum Beispiel wieder eine Behandlung ablehnte, fiel es mir so schwer, das zu akzeptieren. Aber irgendwann habe ich begriffen, dass jeder Kranke seinen Weg geht. Es ist so wichtig wie schwierig, das anzuerkennen.
Wie schauen Sie heute auf diese Kämpfe zurück?
Nachträglich denke ich, zum Glück haben wir so viel gezankt. Vielleicht rede ich es mir auch schön, aber es heißt doch auch, dass ich ihn ernst genommen habe. Wir haben gewiss kein Hirtenspiel aufgeführt, aber wir haben trotzdem immer wieder zueinander gefunden. Und so viel gelacht. Und die Liebe, die sich zwischen uns entwickelte, war natürlich eine ganz andere: eine Liebe ohne Begehren und dennoch zärtlich und zugewandt. Ein Miteinander, das wir verloren hatten. Das war eine unglaubliche Erfahrung. Alles existierte gleichzeitig – das Zanken, die Verzweiflung, die Angst, die Innigkeit.
Wie hält man das aus, zehn Jahre lang?
Keine Ahnung. Man tut es. Und ich muss immer dazu sagen, dass wir in allem Elend privilegiert waren. Genug Geld hatten, er war glänzend versichert, um uns eine Pflegerin, um uns Hilfe leisten zu können. Und trotzdem war es immer wieder kaum auszuhalten. Es geht viel um Selbsterhalt. Man kann dem anderen nur helfen, wenn man selbst noch Kraft hat. Aber man taumelt immer wieder in diesem Gemenge aus schlechtem Gewissen, Selfcare und Selbstausbeutung. Ob es einen richtigen Weg gibt, weiß ich nicht. Ich glaube, man muss den immer wieder neu finden.
An der ein oder anderen Stelle blitzt in Ihrem Buch auch ein Schuldgefühl durch. Woher rührt das?
Ich hatte immer Angst, und ich glaube, das hat ihn sehr angestrengt. Es war ja auch ständig was – Thrombose, Embolie, dann Vorhofflimmern. Dann bin ich alle Viertelstunde in sein Zimmer gerannt, um seinen Blutdruck zu messen. Es wäre besser gewesen, ich wäre gelassener gewesen. Das hätte es ihm einfacher gemacht. Aber ich war ja selbst so gefangen in diesem Krankheitsdenken und kam kaum zur Besinnung.
Oft ist Aktionismus in Situationen extremer Ohnmacht, etwa gegenüber einer solchen Krankheit, ja auch ein Weg, ein Gefühl der Kontrolle aufrechtzuerhalten.
Ja, aber ich denke, Meditation oder Atemübungen wären sinnvoller gewesen. Etwas, das innerlich beruhigt. Aber in angestrengten Zeiten kommt man gar nicht auf die Idee, sich Ruhe zu geben. Weil man ja auch davor ein bisschen Angst hat. Denn in dem Moment, wo man sich Ruhe gibt, muss man sich ja plötzlich mit der eigenen Angst und mit dem eigenen Ungenügen beschäftigen. Und mit der Frage, woher die Angst wirklich kommt. So war es jedenfalls vermutlich bei mir.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
An einem gewissen Punkt haben Sie sich dieser Frage gestellt. Wie kam es dazu?
Es gab immer wieder Situationen, da hat mich die Angst so überwältigt, dass ich dachte, sie muss einen tieferen Ursprung haben. Mit therapeutischer Hilfe habe ich begriffen, dass das aus meiner Kindheit kommt, und bin dann tatsächlich noch mal in dieses Kapitel eingestiegen, ungern, aber doch. Der Autor David Grossmann hat mal in einem Interview den wunderbaren Satz gesagt „The Sweetness of becoming one again“ (Anm. d. Red.: „Die Süße, wieder zu einem Ganzen zu werden“). Genau das habe ich versucht – mich mit dem Kind, das ich mal war, zu verbinden, es als Teil von mir zu empfinden.
Hat das geklappt?
Das ist, wie wenn Sie nach dem Ende eines Leidensweges fragen. Es ist alles ein Prozess. Mal denkt man, ja, ich atme freier, und dann im nächsten Augenblick spürt man, dass da doch noch was ist. Ich finde das aber auch ganz schön und aufregend, wenn man es immer weiter probiert, übt, lernt.
Sie beschreiben in Ihrem Buch, wie enttäuscht Sie von manchen Freundinnen und Freunden waren, weil sie keinen guten Umgang mit Ihrer Situation fanden oder plötzlich ganz aus Ihrem Leben verschwanden. Haben Sie ihnen verziehen?
Einige Leute haben gesagt, ich sei bei diesem Thema ein bisschen harsch gewesen. Es gibt da diese eine Stelle, da schreibe ich: Manche Menschen wissen gar nicht, was sie für eine Zumutung sind. Ich beschreibe eine Frau, die erst nicht zu Besuch kommen wollte und mich dann darum bat, ich solle sie an die Hand nehmen und zu ihm führen. Und wenn sie nicht mehr könnte, sollte ich sie wieder wegführen. Das fand ich unmöglich. Und ich stehe auch nach wie vor zu dem Satz. Aber ich gebe zu, dass er etwas harsch ist. Ich kann verstehen, wenn Leute Angst haben vor Krankheit. Weil es ein Thema ist, das wir in unserer Gesellschaft wenig bereden. Deswegen gehen wir alle so ungelenk und ungeschickt damit um.
Woher kommt die Scheu?
Vielleicht, weil einem etwas vorgeführt wird, das einem selbst widerfahren könnte. Aber es ist doch schrecklich, einen Kranken in seiner Not auch noch zu meiden. Diesen einst so kraftvollen Mann, mit seinem Sprachwitz, seiner Lust am Reden, der da nun in seinem Rollstuhl sitzt, gekrümmt, der Speichel läuft ihm aus dem Mund – der ist doch schon geschlagen genug. Ich weiß auch nicht, ob ich es wirklich verziehen habe. Aber auch das übe ich. Habe gerade kürzlich einen Mann sagen hören, man könne nur heilen, wenn man vergeben könne. Aber ich hätte es gut gefunden, wenn Menschen es wenigstens probiert hätten, sich dem Kranken zu nähern. Und die, die sich trauten, erzählten ja dann so wunderbar, wie sie die Begegnung befreit habe.
Sie haben irgendwann eine Gruppe von 17 Frauen und Männern gehabt, die Ihrem Mann beinahe täglich vorlasen. Warum fiel es denen leichter?
Sie hatten eine Funktion. Wenn sie nur hergekommen wären, um ihn zu besuchen, dann hätten sie die ganze Zeit aus ihrem eigenen Leben erzählen müssen, weil sie ihn wegen seiner Lähmung nicht verstanden hätten. Aber so hatten sie eine Aufgabe. Das war ein wunderbarer Weg zu üben, mit einem Kranken umzugehen. Und für uns war es fantastisch, weil es Leben ins Haus brachte. Die Truppe war für uns existenziell.
Wie sollte der Umgang unserer Gesellschaft mit Krankheit und Tod sein?
Es gibt so viele, die sagen: Jetzt bin ich krank, jetzt darf mich niemand mehr sehen, oder darüber rede ich nicht. Oder: Die Leute mögen mich bitte alle so in Erinnerung behalten, wie ich mal gewesen bin, sie sollen mich nicht schwach sehen. Natürlich muss das jeder für sich entscheiden. Aber ich glaube, es täte uns gut, anzuerkennen, dass Krankheit und Schwäche Hand in Hand gehen. Wir sollten uns dem mehr zuwenden anstatt es zu verstecken. Auch wenn es wehtut. Der Psychoanalytiker Arno Gruen sagte: Wer sich nicht traut, Schmerz zu fühlen, kann auch keine wahre Freude empfinden. Und darum geht es, glaube ich – den eigenen Schmerz nicht zu verdrängen. Weil man damit ein ganz ursprüngliches Gefühl verdrängt und sich in die Gefühllosigkeit zwingt.
Nach dem Tod Ihres Mannes, wie sind Sie wieder zu Kräften gekommen?
Das hat lange gedauert. Ich saß hier in der Wohnung und hatte plötzlich das, wonach ich mich all die Jahre so gesehnt hatte – leere Zeit. Aber jetzt machte die mir große Angst, weil ich sie nicht zu füllen wusste. Nach seinem Tod musste ich erst lernen, die neue Leere zu leben, ganz langsam. Und zu leben, ohne gebraucht zu werden. Auch das eine Herausforderung. Nur noch für mich verantwortlich zu sein.
Und wie ist Ihnen das gelungen?
Ich habe sehr schnell wieder angefangen zu arbeiten. Und meine Freunde waren eine große Hilfe. Eine Freundin rief mich jeden zweiten Abend an und fragte: Hast du dich heute schon bewegt? Wenn ich herumdruckste, stand sie zehn Minuten später mit dem Rad vor der Tür und wir fuhren eine Runde durch den Tiergarten. Bewegung hat mich ein bisschen wieder in das Leben reingeholt. Und das Reisen – das war das Aufregendste überhaupt. Ich hatte verlernt, wie das geht. Ich dachte, wenn ich aus der Ferne zu Hause anrufe und da hebt niemand ab, dann habe ich kein Zuhause mehr. Die ersten Male, als ich hier die Tür hinter mir zuschlug, habe ich mich total vereinsamt gefühlt, weil da hinter der Tür niemand mehr war, der auf mich wartete. Die ersten Wochen und Monate habe ich das Haus deshalb kaum verlassen. Ich war 67 Jahre alt und hatte noch nie allein gelebt.
Wie haben Sie getrauert?
In meiner Vergangenheit habe ich Gefühle oft in Panzerschränke gesperrt. Irgendwann hatte ich Angst davor, dumpf zu werden. Nach seinem Tod habe ich mich bewusst für den Schmerz entschieden, um lebendig zu bleiben. Am Anfang hatte ich das Gefühl, noch gar nicht richtig in der Trauer angekommen zu sein. Ich fühlte mich wie unter einer Käseglocke, wie gelähmt. Später wurde die Trauer zu einem großen Zelt, in das ich hineingehen konnte. Dann, Schritt für Schritt, habe ich mich mir selbst genähert und mich gefragt: Was kann aus mir werden? Wer kann ich jetzt sein?
Haben Sie sich seit dem Tod Ihres Mannes als Mensch verändert?
Ich lebe hoffentlich bewusster, wahrnehmender. Auch was das Alter angeht. Vor zwei Jahren habe ich noch auf einer Veranstaltung gesagt, ich wüsste sehr wohl, dass ich eine alte Frau sei. Aber wenn ich das sagte, hätte ich nicht mich vor Augen. Das hat sich geändert. Wenn ich jetzt sage, ich bin eine alte Frau, dann habe ich auch mich vor Augen. Diese Kluft schließt sich also offenbar gerade. Aber auch das ist ein Prozess. Ich würde nicht sagen, dass ich damit fertig bin. Ein Freund von mir sagte mit 90 einmal: „Ich frage mich, warum ich so lange lebe. Aber vielleicht habe ich meine Aufgabe, ich zu werden, noch nicht erfüllt.“ Dann hat er sich damit beschäftigt. Das fand ich toll.
Sie sind 75. Hat der Tod Ihres Mannes die Sicht auf Ihre eigene Vergänglichkeit verändert?
Manchmal denke ich, es ist okay, sich dem Ende zu nähern – ich habe schon viel gelebt. Manchmal denke ich, nein, es reicht noch nicht. Ich bin noch nicht so weit. Für mich ist dieses Sich-selbst-Kennenlernen und -Finden auch deshalb so wichtig, weil ich hoffe, dann besser gehen zu können. Aber ob das so aufgeht, weiß ich erst auf dem Sterbebett, und das Sterben kann man dann nicht mehr erzählen. Das ist wirklich bitter, wenn man so gerne erzählt.
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