Petition der Woche: Gegen Zensur in Entenhausen
Donald Duck ist seit 70 Jahren Kult. Nun ändert der Verlag diskriminierende Wörter des Originals. Und eine Donaldistin kämpft dagegen an.
Das Jahr 1951. Entenhausen erwacht in Deutschland zum Leben. Donald Duck und seine zwei linken Füße, Dagobert Duck in seinem Geldspeicher, die Panzerknacker, Tick, Trick und Track. Micky und Minnie Maus. Und das alles dank Erika Fuchs. Fast 40 Jahre lang übersetzte die promovierte Kunsthistorikerin die Geschichten um die Comic-Helden aus Entenhausen. Sie legte Dagobert, Daisy und Donald ihre ganz eigene Sprache in den Schnabel und wurde damit berühmt. Im oberfränkischen Schwarzenbach, wo Fuchs 15 Jahre lang lebte, wurde ihr für ihre Sprachkunst nach ihrem Tod ein ganzes Museum gewidmet. Das „Erika-Fuchs-Haus – Museum für Comic und Sprachkunst“.
Im selben Jahr wird Susanne Luber geboren. Luber sagt nicht 1951. Sie sagt: „Im Jahr der ersten deutschen Mickey Mouse.“ Als Kind liest sie die Geschichten aus Entenhausen. Als Studentin greift sie wieder zu den Comics. Beginnt, die Geschichten erneut zu lesen. „Ich habe erst als Erwachsene gemerkt, wie gut die Erzählungen sind. Die Übersetzungen sind eine reine Freude.“ Luber sucht damals nach Gleichverliebten. Und findet die D.O.N.A.L.D: Deutsche Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus.
„Wir glauben, dass Entenhausen wirklich existiert.“
Inzwischen ist Luber Präsidentin der D.O.N.A.L.D. Luber sagt: „Ich bin die klassische Donaldistin. Ein großer Teil der Donaldisten ist meine Generation.“ Luber forscht zu Entenhausen, hält Vorträge. „Seit knapp 45 Jahren beschäftigen wir uns mit Entenhausen. Wir verstehen die Geschichten um Donald Duck nicht als Kinderliteratur. Da steckt viel mehr drin. Wir glauben, dass Entenhausen wirklich existiert.“
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2021. Donald Duck und Susanne Luber sind inzwischen 70 Jahre alt. Und die Comics haben Kultstatus. Deshalb bringt der Egmont Ehapa Verlag als deutscher Lizenznehmer von Disney immer wieder neue Sammelbände auf den Markt. Nur mit einem Unterschied: Der Verlag hat sich entschieden, einige Wörter von Erika Fuchs in den Neuauflagen zu ändern. Die Sprache hat sich in 70 Jahren verändert. So manche Wörter von damals gelten heute als diskriminierend und rassistisch.
Donaldistin möchte das Kunstwerk erhalten
Und genau da liegt für Susanne Luber das Problem. Sie will nicht, dass der Originaltext von Erika Fuchs verändert wird. Sie schreibt dem Verlag. Der sagt aber, so zitiert sie ihn, es sei wichtig, die Comics an den gegenwärtigen Zeitgeist anzupassen. Es geht um Wörter wie „Indianer“, „Zwerg“ oder „Eingeborener“. Ohne Bearbeitung könne man vieles heute nicht mehr abdrucken. Auf eine Anfrage der taz antwortet der Verlag aus Zeitgründen nicht. Luber sagt: „Erika Fuchs hat mit ihren freien Übersetzungen und ihrer originellen und witzigen Sprache ein Kunstwerk erschaffen.“ Und dieses Kunstwerk möchte sie erhalten.
„Ich finde es wichtig, sich heute um geschlechtergerechte und diskriminierungsfreie Sprache zu bemühen“, betont sie. Aber in diesem Fall habe man es mit einem Stück Zeitgeschichte zu tun, das man nicht einfach so umschreiben dürfe. „Das ist dann wirklich Zensur.“ Deswegen startete Luber vor vier Wochen eine Petition: „Hände weg von Donald Duck! Keine Zensur klassischer Comic-Geschichten!“ Inzwischen haben sie fast 4.000 Menschen unterschrieben. Auf Twitter teilte ein User die Petition mit den Worten: „Wer das nicht unterstützt, hat Entenhausen nie geliebt.“ Echt jetzt?!
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