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1. August 2021 in Berlin: Auseinandersetzungen zwischen De­mons­tran­t:in­nen und der Polizei Foto: Christian Mang/reuters

Bewegung der Corona-LeugnerWo denken sie hin?

Die Bewegung der Coronaleugner schrumpft – aber sie hat sich radikalisiert. Und sie folgt bereits der nächsten Verschwörungserzählung: der „Klimalüge“.

D ie Proteste der Coronaleugner schienen sich schon fast erledigt zu haben, nur noch nicht ganz verschwunden zu sein. Angesichts dieser Erwartungshaltung rieb sich die Öffentlichkeit Anfang des Monats die Augen, als die Bilanz einer nicht genehmigten Demonstration in Berlin bekannt wurde: 950 Festnahmen, 503 Ermittlungsverfahren, 75 verletzte Po­li­zis­t:in­nen. Etliche Videos zeigen, wie Protestierende Polizeiketten durchbrachen. Ein Medienvertreter wurde vom Rad gezerrt und verprügelt. Einer der Demonstranten drohte einem Polizisten mit den Worten: „Ihr werdet euch rechtfertigen müssen für all das.“ Die Szenen erinnern an die Proteste vom vergangenen Jahr, als Demonstrierende bis auf die Treppe des Reichstags vordrangen.

Damals schien die Bewegung auf ihrem Zenit zu stehen. Die Atmosphäre auf ihren Demonstrationen atmete eine Mischung aus hippieskem Festival und patriotischem Volksfest. Das Gefühl, Teil einer gemeinsamen großen Bewegung zu sein, gipfelte in einem Kampfgeist, der immer mehr An­hän­ge­r:in­nen dazu brachte, von einem bevorstehenden „Systemsturz“ zu fantasieren.

Eine datenjournalistische Recherche der Süddeutschen Zeitung vom Mai 2021 belegt die rasante verbale Radikalisierung der Bewegung: In den 967 untersuchten Telegram-Gruppen und Kanälen wurden innerhalb eines Jahres über zwei Millionen Nachrichten versendet, die „hetzerisch, radikal oder hasserfüllt“ waren, beinahe ein Fünftel aller ausgewerteten Nachrichten.

Die Ereignisse bei der Berliner Demonstration am 1. August zeigen: Die Bewegung ist heute zwar kleiner, aber gewaltbereiter; die Radikalisierung hat die Schwelle von der verbalen zur tätlichen Ebene überwunden. Ein Blick in das digitale Netzwerk der Szene verrät außerdem: Sie bereitet sich auf eine Zeit nach der Pandemie vor – mit einem Thema, das weltweit verbindet und zugleich spaltet: dem menschengemachten Klimawandel und dessen Leugnung. Wo steuert die Bewegung hin?

Infrastruktur von rechts außen gestrickt

Wer nach Antworten sucht, muss zurückblicken. Alles beginnt in Baden-Württemberg im Frühjahr 2020 mit der Geburt von „Querdenken-711“, auf Initiative des Unternehmers Michael Ballweg. So lautet zumindest die allgemeine Auffassung.

Doch das ideologische Fundament, auf dem die Infrastruktur der Bewegung aufgebaut wird, ist da schon längst gegossen. Ballweg tritt früh in Kontakt zu Personen wie Frank Schreibmüller, der dem Hacker:innen-Kollektiv Anonleaks.net zufolge den Großteil des Corona-Telegram-Netzwerkes angelegt hat. Die Recherche ergab, dass Schreibmüller schon Jahre vor Beginn der Pandemie in rechtsradikalen und verschwörungsideologischen Milieus sozialisiert worden war. Er hatte bereits die digitale Infrastruktur des deutschen Ablegers der französischen Gelbwesten erschaffen, auch hier mit einem System aus Kanälen und Gruppen, das antisemitische Verschwörungsnarrative verbreitete.

Frank Schreibmüller, digitaler Strippenzieher der Bewegung Foto: Heimo Aga

Schreibmüller und andere Ad­mi­nis­tra­to­r:in­nen oder Use­r:in­nen bei Telegram mussten also nur bestehende Kanäle wie den der QAnon-Bewegung bei sogenannten Querdenker-Gruppen bewerben, um das noch junge Netzwerk mit verschwörungsideologischen Inhalten zu füttern.

Das digitale Netzwerk auf Telegram wuchert schneller, als die Politik sich auf die drängendsten Maßnahmen gegen die Pandemie einigen kann. Impf­geg­ne­r:in­nen streuen Falschbehauptungen. Siddhartha Datta von der Weltgesundheitsorganisation spricht von einer „Infodemie“. So werden in einem niemals versiegenden Strom aus Desinformation Ängste geschürt: vor einer vermeintlichen Diktatur oder der Machtübernahme durch eine geheime Elite, vor einer orchestrierten „Plandemie“ oder einer „Zwangsimpfung“. Verunsicherte finden Halt in den Verschwörungserzählungen.

Gegen das Ohnmachtsgefühl

Die Psychologin Pia Lamberty erklärt dieses Phänomen in einem Interview mit der taz vom Mai 2020 so: „Die Pandemie führt zu solch großer Verunsicherung, dass Menschen denken, das alles könne kein Zufall sein, und beginnen nach einer einfachen Erklärung zu suchen. 'So wird die Situation für sie kontrollierbarer. Es lindert das Ohnmachtsgefühl von ‚Hier passiert gerade etwas, worauf ich keinen Einfluss nehmen kann‘“, sagt Lamberty. Das Virus sei „quasi der Prototyp des kollektiven Kontrollverlustes“.

In diesem Kontrollverlust verfallen manche Menschen in ein gefährliches Argumentationsmuster der emotionalen Beweisführung. Ein Beispiel: Weil ich mich vor der Impfung fürchte, muss etwas an ihr schädlich sein. Oder: Weil ich Wut empfinde, muss es ei­ne:n Ver­ant­wort­li­che:n geben. Weil ein Virus keine gute Projektionsfläche bietet, wird ein anderes Ventil gefunden: personalisierte Feindbilder wie Bill Gates oder „die Rothschilds“. Das „geheime Wissen“ um die vermeintliche Verschwörung und die Abgrenzung zu den „Schlafschafen“ entfaltet unter den „Erwachten“ eine das Selbst überhöhende Wirkung – das passende Gegengift also gegen Ängste und Ohnmachtsgefühle.

Wie viele Menschen offen für diese Art der Aufklärung zuwiderlaufender Vorstellungen sind, hat eine Studie der Robert Bosch Stiftung vom Dezember 2020 ermittelt. Sie kommt einerseits zu dem Ergebnis, dass das Vertrauen in die Wissenschaft in der Bevölkerung während der Pandemie insgesamt gestiegen ist. Andererseits geben sich 15 Prozent der Menschen davon überzeugt, dass es keine eindeutigen Belege für die Existenz des Coronavirus gebe. 23 Prozent meinen, man sollte sich im Umgang mit der Pandemie mehr auf den gesunden Menschenverstand als auf wissenschaftliche Studien verlassen.

Im Mai 2020 mobilisiert Querdenken-711 in Stuttgart erstmals um die 5.000 Menschen. Organisator Ballweg sagt, er dulde kein radikales Gedankengut, weder von links noch von rechts. Doch schon bald strecken rechte Gruppen ihre Arme nach den neuen politischen Ak­teu­r:in­nen aus. Reichsbürger, Hooligans und Neonazis mischen sich unter die „Querdenkenden“. Reichsfahnen werden entfaltet.

Ein breites politisches Spektrum – mit Rechtsdrall

In dieser ideologisch diffusen Gemengelage starten For­sche­r:in­nen des Wissenschaftszen­trums Berlin (WZB) eine repräsentative Umfrage von insgesamt mehr als 5.000 Personen. Sie wollen das Mobilisierungspotenzial der Bewegung vermessen. Heraus kommt: Jede zehnte befragte Person ist zum Zeitpunkt der Befragung zwischen Juni und November 2020 bereit, sich gegen die Coronamaßnahmen zu engagieren oder hat dies bereits getan. Je­de:r fünfte Befragte bezeugt großes oder gar sehr großes Verständnis für die Proteste. Über 60 Prozent der Befragten aus dieser Untergruppe fühlen sich der politischen Mitte zugehörig. Ein Viertel von ihnen würde allerdings AfD wählen, knapp 35 Prozent sehen sich von keiner der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien vertreten.

Das zeigt: Die Bewegung bildet ein breites politisches Spektrum ab – mit Rechtsdrall. Die Protestbewegung bietet der AfD eine Steilvorlage, um sich selbst als mittig verortende Neu-Wähler:innen zu mobilisieren. Hat die Partei dieses Potenzial genutzt?

Als das Virus Deutschland erreicht, tritt die AfD zunächst als Hardliner in Erscheinung und fordert einen strikteren Lockdown und geschlossene Grenzen. Als genau das geschieht, schwenkt die Partei um und inszeniert sich nun im Gegenteil als Retterin der Grundrechte und Kämpferin gegen eine unverhältnismäßige Freiheitsberaubung der Bürger:innen.

Michael Ballweg, Initiator vieler Demonstra­tionen und Proteste Foto: Arnulf Hettrich/imago

Einige AfD-Mitglieder avancieren innerhalb der Coronaleugnerbewegung zu Galionsfiguren: So nimmt der Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse eine Festnahme in Kauf, weil er ohne Maske durch Berlin flaniert. Fraktionschefin Alice Weidel erklärt: „Ich bin nicht geimpft, nein, und ich werde mich auf absehbare Zeit auch nicht impfen lassen.“

Auf Telegram werden Aktionen und Statements wie diese gefeiert. Einzelne Kanäle und Gruppen gleichen einem verlängerten Arm der blauen Partei. Eine Stichwortsuche im Kanal #WirSindVielMehr mit 81.223 Abon­nen­t:in­nen ergibt: Alle großen Parteien oder ihre Po­li­ti­ke­r:in­nen werden in Kommentaren verunglimpft – außer der AfD. Auffällig häufig werden zudem Beiträge des rechtspopulistischen Blogs Jouwatch in den Kanal gespült, auf dessen Frontpage eine große, nicht als solche gekennzeichnete Anzeige der AfD geschaltet ist.

In der Telegram-Gruppe „Corona Rebellen“ postet ein User mit dem Namen „HS“ nahezu täglich und ausschließlich weitergeleitete Beiträge, die die AfD in einem positiven Licht darstellen. Die Tatsache, dass einige dieser Beiträge auf die Minute gleichzeitig gepostet werden und stets kommentarlose Weiterleitungen sind, lässt vermuten, dass „HS“ keine Person ist, sondern ein Bot, also ein Programm, das Schlagworte wie „AfD“ in bestimmten Gruppen, Kanälen oder auch RSS-Feeds zu erkennen weiß und diese Inhalte automatisch durch weitere Leitungen des Netzwerks schickt.

Doch selbst wenn die AfD ein Wahlkampfteam in den digitalen Kaninchenbau der Coronabewegung geschickt haben sollte – ihre Bilanz fällt eher schmal aus. Im Frühsommer 2020, während die Protestbewegung an Fahrt aufnimmt, streitet die Partei über die Frage, ob sie auf den Coronaprotestzug aufspringen soll oder nicht. So stolpert die AfD über ihre innere Zerrissenheit und stagniert in niedrigen Umfragewerten.

Verschwörer kommen vom rechten Spektrum

Die „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) belegt indes einen Zusammenhang zwischen Verschwörungsglauben und der politischen Nähe zum rechten Spektrum. Dort heißt es: „Der Glaube an Verschwörungen im Allgemeinen sowie solche mit Blick auf die Coronapandemie im Speziellen ist am stärksten bei Befragten ausgeprägt, die sich politisch „eher rechts“ oder „rechts“ verorten beziehungsweise rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien wählen.“ Insbesondere AfD-Wähler:innen (66,7 Prozent) und Nicht­wäh­le­r:in­nen (57,6 Prozent) glaubten der Erhebung zufolge an Verschwörungen.

Das Ergebnis einer Untersuchung des Bundesverbands Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) hält außerdem fest: Vom März 2020 bis zum März dieses Jahres werden 561 antisemitische Vorfälle mit Bezug zur Coronapandemie registriert. Fast 60 Prozent davon ereignen sich bei Versammlungen und Demonstrationen.

Mal angenommen das RKI würde niederbrennen. Wie gut würden wir in dieser Nacht schlafen???

„-Ö.K-“ in der Telegram-Gruppe „Freie Rede“

Auf den aufgeheizten Demo-Sommer 2020 folgt eine Protestflaute, die Bewegung verschwindet weitgehend von der Bildfläche. In den sozialen Medien aber gärt es weiter. Der Ton wird schärfer, die Aufrufe zum Widerstand gegen „das System“ aggressiver. Dann kommt es zu einer Zäsur: In der Telegram-Gruppe „Freie Rede“ schreibt der User „-Ö.K-“: „Ach, mal angenommen, das RKI würde niederbrennen. Wie gut würden wir in dieser Nacht wohl schlafen???“ Einige Wochen später, in der Nacht vom 25. Oktober, wird auf das Robert Koch-Institut ein Brandanschlag verübt. Es wird deutlich: Ein Teil der Bewegung radikalisiert sich.

Im Winter bildet sich auf Telegram eine Art neue Keimzelle. Die Initiative nennt sich „D-Day 2.0“ – in Anlehnung an den Tag der alliierten Landung in der Normandie im Zweiten Weltkrieg.

Die D-Day-Gruppe steht innerhalb der Protestbewegung für einen Strategiewechsel: weniger Demonstrationen, mehr dezentrale Aktionen. Mit der Unterstützung von Telegram-Netzwerker Schreibmüller erschafft ein kleines Team ein Geflecht aus Gruppen und Untergruppen auf Telegram, nach Bundesländern und Postleitzahlen geordnet und mit insgesamt mehr als 12.000 User:innen.

Der D-Day 2.0 soll am 6. Januar 2021 stattfinden – in Deutschland soll ein „Blockdown“ „neuralgische Knotenpunkte“ der Infrastruktur lahmlegen. Tatsächlich treffen sich Menschen vereinzelt zu unangemeldeten Autokorsos. Doch der große Aufstand bleibt eine Fantasie. Allerdings: In Unterfranken stellt ein Unbekannter mehrere Plakate auf Holzrahmen auf die Gleise einer ICE-Strecke. Ein Zug muss notbremsen. Der Vorfall wird mit dem D-Day 2.0 in Verbindung gebracht.

August 2020 in Berlin, es gibt noch keinen Impfstoff, dafür wird vor der Impfpflicht gewarnt Foto: Müller-Stauffenberg/imago

Der baden-württembergische Verfassungsschutz schreibt daraufhin von „extremistischer Einflussnahme auf das Corona-Protestgeschehen“. Es ist die erste Landesverfassungsschutzbehörde, die die Protestbewegung bereits seit Anfang Dezember beobachten lässt. Ende April 2021 zieht die Bundesbehörde nach. Sie schafft gar eine neue Kategorie für die Coronaleugner: „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“. Die Bewegung passe in kein anderes Schema, auch nicht in die der Rechten, heißt es zur Begründung.

Im Frühsommer 2021 steigt die Impfquote, die Infektionszahlen sinken, es kehrt ein wenig Vor-Corona-Leben zurück. Bis zur Flut. Die Katastrophe wird zu einem spontanen Mobilisierungsmoment. Im rheinland-pfälzischen Neuenahr-Ahrweiler finden sich An­hän­ge­r:in­nen der Bewegung in einer Schule ein, die sie zu einem „Familienzentrum“ umfunktionieren wollen. Die Behörden beenden die Aktion. Ein Polizeisprecher sagt, ihre Arbeit, sowie die der Hilfs- und Rettungsdienste sei von den „Querdenkenden“ diskreditiert und „verschwörerisches Gedankengut“ verbreitet worden.

Dann naht der 1. August, wieder wird auf Telegram die große Revolution prophezeit, wieder wird nichts daraus. Rund 5.000 Protestierende sind auf den Straßen Berlins unterwegs, im Jahr zuvor waren es noch 20.000. Über 60 Prozent der Anwesenden seien laut Polizei von auswärts angereist. Es hat sich ein Kern aus der Bewegung herausgeschält, der nicht wieder in das Leben der Mehrheitsgesellschaft zurückgefunden hat. Eine aufgewühlte, rastlose Masse, der es längst nicht mehr um konkrete Coronamaßnahmen geht, sondern um eine „Diktatur“ von vermeintlichen Verschwörern.

Die nächste Bedrohung: Die „Klimalüge“

Die Bewegung ist geschrumpft, und dennoch: Genauso wenig wie sie aus dem Nichts kam, wird sie einfach wieder verschwinden. Das bestätigen auch die Ergebnisse der Psy­cho­lo­g:in­nen Pia Lamberty und Jonas H. Rees. Sie schreiben: „Basierend auf den Daten der Mitte-Studie 2020/21 kann man nicht davon sprechen, dass mehr Menschen an Verschwörungen glauben als noch vor zwei Jahren. Es kann aber sein, dass sich der Glaube an Verschwörungserzählungen in einzelnen Gruppen verstärkt hat und für sie handlungsleitender geworden ist.“

Was wird nun aus ihnen?

Einige „Vollzeit-Querdenker:innen“ bemühen sich derzeit um Anschluss an Gleichgesinnte im Ausland. So etwa der Szenepromi und Rechtsanwalt Markus Haintz, der versucht sich mit Co­ro­napro­test­le­r:in­nen in Spanien und Frankreich zu vernetzen. Eine Delegation ukrainischer Ver­schwö­rungs­ideo­lo­g:in­nen wiederum plant einen Demobesuch in Berlin. Diese Bemühungen werden sich nicht unbedingt wieder verlaufen. Es gibt bereits ein Post-Corona-Thema, das die Verschwörungsszene international verbindet: der Klimawandel. Oder in ihren Worten: „die Klimalüge“.

Der Klimalockdown wird den Corona-­Lock­down wie ein ‚Gartenfest‘ aussehen lassen

User im Telegram-Kanal #WirSindVielMehr

Die neue Marschrichtung zeichnet sich auf Telegram ab. So kommentiert ein User im Kanal #WirSindVielMehr: „Der Klimalockdown wird den Corona Lockdown wie ein ‚Gartenfest‘ aussehen lassen. Er wird bereits vorbereitet!“ Und wenn es nicht der Klimawandel ist, bietet sich auch jedes andere „Mainstream-Thema“ an. Denn alles was „Mainstream“ ist, ist in der Logik von Ver­schwö­rungs­ideo­lo­g:in­nen per se „faul“ und muss „bekämpft“ werden.

Diese Denkweise zeigt, dass der gesellschaftliche Graben zwischen der Welt „der anderen“ und der eigenen tiefer geworden ist. Die einen sehen in den anderen rücksichtslose Covidioten, denen nur an sich selbst gelegen ist. Die hingegen betrachten sich als Märtyrer:innen, die der Gesellschaft einen ehrwürdigen Dienst erweisen, in dem sie für Wahrheit, Freiheit und Frieden demonstrieren. Auch wenn sie das Fundament der Aufklärung verlassen haben, agieren viele wohl in dem Glauben, der Welt etwas Gutes zu tun.

Psy­cho­lo­g:in­nen sagen, Menschen, die einmal tief in die Verschwörungswelt eingetaucht seien, kämen so leicht nicht mehr aus ihr heraus. Die Kollateralschäden sind zerrüttete Familien und gespaltene Freundeskreise. Enge Vertraute und Le­bens­ge­fähr­t:in­nen werden ersetzt durch Szenebekanntschaften. Das, was sie verbindet, ist weniger gemeinsam gelebte Zeit als das Leben im vermeintlichen Widerstand. Die Angehörigen sind die stillen, unsichtbaren Opfer der Protestbewegung.

Das zeigt auch die massive Zunahme von Anfragen bei Sektenberatungsstellen: Im Pandemiejahr 2020 suchen mehr als sechsmal so viele Personen den Rat der Sekten-Info Berlin als 2019. Ähnliches berichten zwei weitere Anlaufstellen in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Die Mitte-Studie, die die Bevölkerung in den Jahren 2018/2019 auf antidemokratische Einstellungen untersuchte, trug den Titel „Verlorene Mitte“. Die diesjährige Studie, die die beiden Coronajahre beleuchtet, schaut mit dem Namen „Geforderte Mitte“ etwas mehr nach vorn.

Mit Blick auf immer radikalere „Quer­den­ke­r:in­nen“ liest sich der Titel wie eine Aufforderung.

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42 Kommentare

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  • Bezüglich der „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES, www.fes.de/index.p...67b9da4b995a93c64) ist der krasse Unterschied zwische "links" und "eher links" auffällig.

    Die Verbreitung von Verschwörungserzählungen und Coronaverschwörungserzählungen ist im "linken" Umfeld um knapp 30% höher als im "eher linken" Umfeld.

    Ach ist zu berücksichtigen, dass die Summe von "link", "eher links" und "mitte" höher ist als die von "rechts" und "eher rechts"

    Die Bekämpfung von Verschwörungstheorie allein gegen rechts zu führen ist daher nicht genügend.

  • Der Begriff "Querdenker" ist verfehlt.



    Mit denken hat das nichts zu tun. Quer ist da nur das Brett vor dem Kopf!

  • Warum wird eigentlich immer geschrieben, dass das Klimaleugnen das "nächste Thema" der Querdenker sei? Das war doch das Thema vor Corona mit "Fridays for Hubraum" oder diesen Fake-Ärzten, die den Brief schrieben, wonach Smog gar nicht ungesund und Dieselabgase sogar gesund seien.



    Im Endeffekt reiten Rechtsextreme immer Themen, anhand derer die das Konzept von Realität am plakativsten angreifen können.

  • Hallo zusammen



    Es ist zu einfach und undifferenziert, alle Massnahmenkritiker pauschal als Coronaleugner zu bezeichnen bzw. diese ins rechte (oder rechtsradikale) Spektrum zu verorten.



    Ich selbst bin auch ein Kritiker vieler (aber nicht aller) Massnahmen, sehe die momentanen Impfangebote (Vektor- und MRNA) für Nichtrisikogruppen als zumindest bedenkenswert und warte persönlich noch auf die Zulassung von Antigenbasierten (Protein-)Impfstoffen z.B. von Novavaxx.



    Risikogruppen profitieren momentan mangels Alternative zur Reduzierung eines schweren Verlaufs ziemlich sicher vom aktuellen Impfangebot.

    Neuere Studien zeigen aber schon jetzt ein Nachlassen der Immunisierung bei Delta, womit zumindest kurz-und mittelfristig eine echte Herdenimmuntät nicht erreicht werden kann.



    Wenn wir also nicht Dauerhaft im Lockdown verbleiben möchten, mit all seinen wirtschaftlichen, sozialen, gesellschaftlichen und politischen Kollateralschäden müssen wir einen Weg finden, mit dem endemisch werdenden Virus zu leben.

    Weiterhin müssen wir einen Weg finden, welcher unsere Gesellschaft nicht zerreisst und spaltet.

    Ich arbeite als Intensivpfleger auf einer mittelgrossen Intensivstation in der Schweiz und habe alle 3(?) Wellen an vorderster Front Covid-Patienten betreut, von denen nicht wenige starben.



    Ich tue dies, weil dies mein Beruf ist, und ich so meinen Teil zur Pandemiebewältigung beitragen kann.

    Aber die zunehmende Intoleranz auf die persönliche Entscheidung einzelner, einem medizinischen Eingriff in seine körperliche Integrität unter Zuhilfenahme massiver sozialer und existentieller "Drohkulissen" und Stigmatisierungen sehe ich auch unter manchen Kollegen mit Erschrecken.

    Diese Zeiten lassen uns nicht nur Masken tragen, sondern lässt viele auch ein Gesicht zeigen (auf beiden Seiten des "Coronaufers"), wo mir Angst und Bange wird.

    Etwas mehr Gelassenheit täte uns allen gut, denn Angst war schon immer ein denkbar schlechter Ratgeber.

    • @Toleranz.ist.ein.Paradoxon:

      Ich kann mich Ihren Beitrag nur anschließen. Auch ich warte noch auf den Totimpfstoff von Valneva. Totimpfstoffe werden seit 60-70 Jahren eingesetzt. Dabei habe ich ein gutes Gewissen.

      Die mRNA Impfstoffe und Vektorimpfstoffe sind nich unmöglich das wir sie irgendwann mal nehmen würden, aber da schauen wir uns auch erst einmal in Ruhe das nächste Jahr an, wie auch die Entwicklung von neugeborenen verläuft. Denn die Impfstoffe sind gerade mal so 1 Jahr als (Sputnik-V im August 2020).

      Und auch mir macht diese Spaltung der Gesellschaft große Sorgen. Wie gegenseitig beiden den beiden Gruppen (die geimpften und die ungeimpften) gegeneinander gehetzt wird, ist echt nicht mehr feierlich. Das hat auch überhaupt nichts mehr mit tolerenz zu tun.

    • @Toleranz.ist.ein.Paradoxon:

      Sie arbeiten als Pfleger auf einer Intensivstation und lassen sich nicht impfen? Sind Sie eigentlich noch recht bei Trost? Sie sind eine Gefahr für alle kranken Menschen, mit denen Sie in Kontakt kommen. Diese Menschen sind krank und viel anfälliger für dieses Virus. Wenn man in einem solchen Beruf arbeitet, dann sind den persönlichen Entscheidungen Grenzen gesetzt. Als Pflegekraft darf man niemals für die zur Gefahr werden, die man zu versorgen hat.



      Und wenn eine Impfung für Risikogruppen (!) gut ist, warum soll sie dann für Gesunde schlecht sein?



      "denn Angst war schon immer ein denkbar schlechter Ratgeber."



      RICHTIG! Eine undifferenzierte Angst vor imaginären Impfschäden ist ein sehr schlechter Ratgeber ;-)

      • @margarete2052:

        "Und wenn eine Impfung für Risikogruppen (!) gut ist, warum soll sie dann für Gesunde schlecht sein?"

        Jedes Medikament besitzt Wirkungen und Nebenwirkungen.



        Ein individuelles Risiko/Nutzen Profil zu erstellen ist Sache des Arztes und des Patienten.

        Covid-19 ist eine Erkrankung, welche mit zunehmenden Alter und Vorerkrankungsprofil an Gefährlichkeit zunimmt.

        Die bisherigen Impfstoffe sind hochwirksame Arzneien mit einer bisher guten Wirksamkeit, welche aber auch in seltenen bis sehr seltenen Fällen schwerwiegende und auch vereinzelt tödliche Komplikationen hervorrufen können.

        Für nähere Informationen stehen Ihnen die öffentlich zugänglichen Datenbanken der EMA, der VAERS und des Paul Ehrlich Instituts zur Verfügung.

        Ein alter, multimorbider Mensch hat ein hohes Risiko an Covid-19 zu sterben, daher sind seltene und sehr seltene Komplikationen einer Impfung klar die geringere Gefahr. --> Klare Indikation für die Impfung.

        Ein Junger gesunder Mensch hat nur eine minimale Gefahr, schwer zu erkranken/sterben, aber dieselbe Wahrscheinlichkeit, Nebenwirkungen zu erleiden.

        Das Nutzen/Risiko Profil ist hier ein anderes, insbesondere auf unerkannte Langzeitfolgen und Wechselreaktionen mit anderen Medikamenten oder Erkrankungen.

        Hier geht es vor allem um den Masseneinsatz von Impfungen.



        Wenn Millionen von Menschen geimpft werden, bekommen plötzlich auch Komplikationen welche nur in 1 von 50.000 Fällen auftreten eine gewisse Relevanz.



        Bei 10 Millionen geimpften haben wir dann 200 Fälle.



        Bei einer Phase 3 Studie mit 30.000 Probanden wurde evtl. kein einziger dieser Fälle beobachtet.



        200 klingt wenig. Als Betroffener mag man das anders sehen.



        Eine mir bekannte 33 jährige Krankenschwester aus Österreich starb nach Astra Zenica an Sinusvenenthrombose.



        Ob sie auch an Covid-19 verstorben wäre???

        Im Endeffekt, muss der Patient nach Arztaufklärung selbst entscheiden, ob er der Therapie einwilligt, schliesslich unterschreibt er ja dafür und entlastet damit den impfenden Arzt.

      • @margarete2052:

        Ich würde auch sagen: Ungeimpfte haben in Pflegeberufen nichts zu suchen!! Und nach den Millionen von Impfungen scheint mir das Risiko einer Impfung extrem überschaubar. Toleranz... sollte sich aufgrund der weiteren Lebensrisiken nicht mehr aus dem Haus gehen.

        • @Unspoken:

          "Ungeimpfte haben in Pflegeberufen nichts zu suchen"

          Eine Umsetzung dieser Forderung würde dazu führen, das die ohnehin schon angespannte Personalsituation im Pflegebereich sich weiter verschärft.



          Schauen Sie nach Frankreich und Italien.



          Dort verbrennen junge frisch ausgelernte Pflegefachkräfte im Rahmen von Protestaktion ihre Pflegediplome.

          Falls Sie glauben, auf diese könne man wegen ihrer "falschen" Gesinnung verzichten, so irren Sie sich gewaltig.

          Die Pflegebranche ist erschöpft und desillusioniert. Viele haben bereits nach Ende der dritten Welle gekündigt.



          Ich versichere Ihnen, das wir momentan (personell) noch nie schlechter zu Beginn einer neuen Coronawelle aufgestellt sind als jetzt.

          Die beklatschten "Helden" von gestern haben erlebt, das alle Solidaritätsbekundungen der Vergangenheit nur Schall und Rauch waren.

          Wenn Mann sich nach nunmehr 3 Wellen Fronteinsatz am Beatmungsgerät nun noch anhören muss, eine Gefahr für seine Patienten zu sein, so ist das nur noch eine weitere Verhöhnung unseres Einsatzes.

          Neuere Studien (CDC, Oxford University et al) haben zudem ergeben, das die Differenz der Virenlasten von Geimpften und Ungeimpften Infizierten bei Delta keine grossen Abweichungen mehr aufweisen, wobei die Geimpften (noch) mildere Verläufe machen.



          Bei Alpha und Beta gab es da in der Tat noch grosse Unterschiede der gemessenen Virenlast.



          Warum sonst wird aktuell schon der dritte "Piks" empfohlen.



          Weil die Impfung keine sterile Immunität macht.



          Mann kann als Geimpfter den Virus aufnehmen und abgeben, womit spätestens mit Delta der Solidaritätsaspekt bei der Impfung nicht mehr zieht.

          In der Schweiz wird darüber in den Medien viel offener berichtet und auch bei Kontroversen Diskussionen mit Kollegen gab es diesbezüglich stets einen Konsens.

          Des weiteren können sie mir glauben, das ich weiss, wie Hygienekonzepte funktionieren und wie man sie anwendet.



          Mein Antikörpertiter beweist zudem, das ich zu keinem Zeitpunkt ein Risiko für meine Patienten war.

        • @Unspoken:

          "Toleranz... sollte sich aufgrund der weiteren Lebensrisiken nicht mehr aus dem Haus gehen."

          Nun, zumindest gehe ich ich jeden Arbeitstag in den Covidbereich meiner Station und verbringe dort 8 und mehr Stunden.



          Wie viel Lebensrisiko ist denn nach Ihrer Einschätzung angemessen?

    • @Toleranz.ist.ein.Paradoxon:

      Danke für Ihren differenzierten und bedächtigen Beitrag.

    • @Toleranz.ist.ein.Paradoxon:

      Haben Sie den Artikel nicht gelesen? Es ging explizit um die sogenannten Querdenker, einer rechtsextremen Sekte. Es ging überhaupt nicht um Leute, die faktenbasiert einige Maßnahmen der Bundesregierung kritisieren.

      • @Stefan Thieme:

        ...und deshalb darf man seine Meinung hier nicht kund tun? Lernen Sie bitte die Meinungen Anderer zu ertragen, auch wenn sie Ihnen nicht in den Kram passen.

  • Was heißt denn hier „Corona-Leugner“? Sowas gibt's doch gar nicht. Die Realität war noch nie darauf angewiesen, dass sie von allen gleichermaßen anerkannt wird. Macht einfach alle mal die Augen zu und keiner sieht Euch mehr. (;-))

  • 7G
    75880 (Profil gelöscht)

    Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette.

    • @75880 (Profil gelöscht):

      Die Impfung wirkt und sie ist -- nach jetzt 50 Millionen Geimpften allein in Deutschland und Beobachtung über Monate kann man das zuverlässig sagen -- sicher. Eine Impfpflicht ist weder neu noch ungewöhnlich, es gab sie schon öfter und es gibt sie für Masern auch heute. Für Covid ist sie sinnvoll und angemessen.



      ABER, eine gestzliche Pflicht wird nach Bewertung im Ausschuß und Debatte im Plenum vom Deutschen Bundestag beschlossen. An einem gesetzlichen Zwang hängt immer auch eine weitgehende staatliche Fürsorgepflicht. Impfschäden mögen extrem selten sein, es gibt sie immer -- bei *jeder* Impfung.



      Ein Zwang durch Entrechtung, Benachteiligung und Schikane erlassen von einem durch nichts dazu bevollmächtigten Bankaufmann und ohne eine gesetzliche Grundlage, der die (wenigen) Schadensfälle mit ihren Folgen im Regen stehen läßt -- es war ja alles selbstgewählt und "freiwillig" -- ist grundgesetzwidrig.

      • 7G
        75880 (Profil gelöscht)
        @Axel Berger:

        Gehe fast konform mit ihrem Beitrag.Für eine Plicht kann ich mich aber erst erwärmen, wenn auch die "arme" Weltbevölkerung eine Möglichkeit zur Impfung hatte. Und sie macht auch erst dann wirklich Sinn!

    • @75880 (Profil gelöscht):

      Hier gehts ja nicht um konstruktive Kritik an den Maßnahmen oder eine Impfpflicht. Ich bin auch klar gegen einen Zwang und ich kritisiere auch einige Maßnahmen.

      Hier gehts darum, die Existenz und die Gefährlichkeit des Virus generell zu leugnen und Impfungen zu verklären.

      Es war durchaus ein Fehler, auch der Medien, jede Kritik am Pandemie-Management den Querdenkern zu überlassen, da geh ich völlig mit.

      Aber abzustreiten, dass eben diese Szene von rechts vereinahmt ist und einer generellen politischen Desinformationsstrategie folgt, ist entweder naive Ahnungslosigkeit oder kreidefressende Heuchelei.

      • 7G
        75880 (Profil gelöscht)
        @Deep South:

        Ich persönlich würde in Pandemiezeiten niemals auf eine Demonstration gehen, auch weil ich Gewalt verabscheue. Rechte und Spinner sind auch nicht mein Ding! Aber bei manchen geht der (Impfpropaganda-Druck) eben nach hinten los. Und wie sollen sich die Menschen wehren?

    • @75880 (Profil gelöscht):

      Als die Südstaaten der USA gezwungen wurden, die Sklaverei abzuschaffen, hat das also nichts Gutes gebracht? Die Schulpflicht, die z. B. Kindern aus in Parallelgesellschaft lebenden Familien eine Chance bietet, bringt nichts Gutes?

      • 7G
        75880 (Profil gelöscht)
        @Devil's Advocate:

        Zwangsarbeit, Zwangsversteigerung,Zwangsprostitution, Zwangsinternierung,Zwangsarbeit,Zwangsjacke usw.

        • @75880 (Profil gelöscht):

          Zwangsjacke ist das beste Beispiel was sie nennen. Für den Betroffenen offensichtlich immer ein großes Problem, wenn es die richtige Medizinische Indikation gibt, ist die Zwangsjacke ein Segen. Es gibt Menschen die schlagen kontrolliert um sich zerkratzen sich die Augen und das Gesicht etc. Für die ist die Zwangsjacke angebracht, bis der Anfall vorbei ist, die Medikamente Wirken etc. Aber sie wurde oftmals massiv missbraucht.

          Und genau deswegen gibt es zur Zeit keine Zwangsimpfung, obwohl gerade Delta in die Richtung deutet das es sinnvoll wäre. Da trotz Anti-Körper Therapien die Todeszahlen zb in Florida in die Höhe schnellen.

          Die Frage ist wie es bei Kappa aussieht, Zeta oder Omega Covid. Wenn diese Covid Varianten plötzlich tödlicher werden oder die Langzeit folgen ohne Impfung mehr werden und das Gesundheitssystem zusammenzubrechen droht, dann wird es einen Impfzwang geben müssen.

          Denn ich will nicht an einem eingetretenen Nagel sterben müssen, weil die Krankenhäuser überlastet sind und nicht die Möglichkeit besteht das die Entzündung behandelt werden kann.

        • @75880 (Profil gelöscht):

          Wie fast immer liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Es jetzt so aussehen zu lassen, dass alles, was mit Zwang zu tun hat, schlecht ist, ist genauso falsch wie andersherum! Was ich vermisse, ist eine differenzierte Weise der Betrachtung der Probleme. Stattdessen wird immer stärker polemisiert und die Welt in "gut" und "böse" aufgeteilt!

  • Es ist angesichts der "Querdenker-Bewegung" sehr interessant, sich mit der Geschichte der Hexenverfolgungen in der Renaissance, also ab dem 17. Jahrhundert, zu beschäftigen. Es gibt nämlich eine Menge Parallelen zur damaligen Zeit und vielleicht auch der Art und Weise, wie die Hexenjäger dachten:

    - Es gab eine Menge politische und wirtschaftliche Umbrüche und eine sehr unruhige Zeit



    - Die stark gewachsene Bevölkerung führte zu Ressourcenproblemen



    - Es gab mit der "kleinen Eiszeit" der frühen Neuzeit ein plötzliche lokale Klimaveränderung, die wahrscheinlich durch die Asche von Vulkanausbrüchem hervorgerufen wurde. Dies führte zu Ernteausfällen, Knappheit und Hunger.



    - Die militärische Technik war mit der beginnenden Neuzeit weit fortgeschritten, was jedoch zu mehr politischer Instabilität führte. Kriege waren häufiger als im Mittelalter, dazu kamen religiös motivierte Kriege wie der Dreißigjährige Krieg.

    - Ähnlich wie heute gab es eine neue Informations- und Kummunikationstechnologie, nämlich den Buchdruck. Diese wurden (wohl auch zum Zweck des Machterhalts) zunächst massenhaft für Desinformation genutzt, nämlich Büchern die dem "Hexenhammer", eines der ersten weit verbreiteten gedruckten Bücher. Die neuen Informationstechnologien gingen also nicht sofort mit Fortschritten bei der Bildung und Aufklärung einher, sondern letzteres dauerte viel länger.



    - Dann gab es in der Renaissance große Seuchen, insbesondere die Pest.



    - Hinzu kamen Tierseuchen, wie die Maul- und Klauenseuche, welche die Lebensgrundlagen der armen Bauern massiv gefährdeten.

    All dies trug wohl bei zu den Hexenverfolgungen, die manchmal ganze Städte dezimierten, wie zum Beispiel die Stadt Zeil am Main: Die Stadt hatte um 1600 etwa 1000 Einwohner, und in den Jahren bis 1631 kamen etwa 400 Menschen durch die Hexenjagden um.

    Ein Erklärungsansatz wäre, dass die Zeiten einfach zu verwirrend geworden sind für viele Menschen, ihre Welt war aus den Fugen, sie suchten Schuldige und glitten ab in Paranoia.

    • @jox:

      Ist das Ihr Ernst oder schlechte Satire?

  • Man muss endlich mal davon wegkommen, dass es da speziell um "Corona-Leugner" geht. Es gibt einen -gar nicht so kleinen- Prozentsatz Menschen, die sind empfänglich für naehzu jede krude Verschwörungserzählung. Alle offiziellen Meldungen, alle wissenschaftlichen Erkenntnisse werdenabgelehnt und umgedeutet.

    Das hat viel mit einem kompletten Verrauensverlust in Politik und Gesellschaft zu tun. Oftmals Menschen, die persönliche Enttäuschungen erlebt haben, eine immer komplexere welt nicht mehr verstehen, nach einem sprituellen Halt und Sündenböcke für ihren Frust suchen.

    Die Rechten haben das schon lange erkannt und haben die Möglichkeiten des Netzes genutzt, um diese Leute für ihre Interessen zu ködern, ihre Ängste zu nähren und ihnen "alternative Realtiäten" anzubieten, die mit einfachen Strickmustern erklären, warum all das, was von Rechts bekämpft wird Schuld ist, an ihren persönlichen Problemen.

    Und mit jeder neuen Krise werden Menschen über wieder neue Verschwörungstheorien, in dieses "alternative" Weltbild aus Ablehnung und Demokratie- und Wissenschaftsfeindlichkeit eingefangen, um weiter an den Fundamenten der Gesellschaft zu sägen.

    Das lässt sich seit den Anfängen von PI-News, Esoterikportalen und Infokrieger-Seiten beobachten und hat eine nicht kleine Szene kreiert, die am ehesten mit sektenartigen Strukturen und religiösen Parallelwelten, inklusive aller Wahnvorstellungen vergleichbar ist.

    Deswegen ist das Leugnen des Corona-Virus nur eine weitere Erscheinungsform, und dessen seperate Betrachtung eine Frage, die wieder nur an der Oberfläche kratzt.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Diese Leute treiben uns in eine Ecke, in der mit den liberalen demokratischen Mitteln nicht mehr viel zu stemmen ist.



    Außerdem gefährden sie die gesamte Bevölkerung.



    Wir haben ein richtiges Problem mit diesen Spinnern, denn es sind ja nicht gerade wenige.



    Führt das zur Spaltung der Gesellschaft? Wenn jemand ungeimpft am Tisch sitzt, stehe ich auf und gehe, obwohl ich 2x geimpft bin.



    Wenn diese Leute dann auf der Intensivstation landen, erwarten sie Hilfe. Mit der Delta-Variante des Corona-Virus ist die Wahrscheinlichkeit deutlich gestiegen, dass sich diese Leute früher oder später infizieren und andere anstecken.



    Härtere Maßnahmen? Ja.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      ich kann Sie gut verstehen. Auch ich reagiere inzwischen ziemlich sauer auf diese Angstneurotiker, die sich vor der Impfung fürchten, aber das Virus munter weiter verbreiten und dafür sorgen, dass die Pandemie weiter läuft. Darunter leiden dann wir ALLE. Auch wir Geimpften, da das normale Leben weiter eingeschränkt bleiben muss. Ich finde den Versuch gut, der nun in Hamburg gestartet wird. Die Wirte dürfen entscheiden wer in ihr Lokal eingelassen wird. Nur Geimpfte/Genesene, dann darf das Lokal voll besetzt werden. Wenn auch Ungeimpfte Zutritt haben, dann müssen Corona-Regeln eingehalten werden...

    • @17900 (Profil gelöscht):

      "Mit der Delta-Variante des Corona-Virus ist die Wahrscheinlichkeit deutlich gestiegen, dass sich diese Leute früher oder später infizieren und andere anstecken." Es kann sich doch jeder dagegen impfen lassen uns sich schützen? Eigenverantwortung. Ist ja auch bei Hepatitis, Boreliose, Influenza und anderen Infektionskrankheiten so. Mit den genannten dürfen Sie sich übrigens auch ohne Test und Impfung ins Restaurant setzen. Wo ist der Unterschied?

    • @17900 (Profil gelöscht):

      "Wenn jemand ungeimpft am Tisch sitzt, stehe ich auf und gehe, obwohl ich 2x geimpft bin."



      In den Moment, wo Sie aufstehen und gehen, haben Sie die Abspaltung von denen am Tisch vollzogen, "diesen Spinnern". Aber nicht mit "liberalen demokratischen Mitteln", sondern mit Ihrer individueller Entscheidung.

      • @HopeDrone:

        Und seine individuelle Entscheidung IST ein liberales demokratisches Mittel.

  • Interessanter Artikel. 2 Zahlen finde ich ganz besonders interessant:



    Es "geben sich 15 Prozent der Menschen davon überzeugt, dass es keine eindeutigen Belege für die Existenz des Coronavirus gebe" und "knapp 35 Prozent [derjenigen mit großem Verständnis für Corona-Proteste] sehen sich von keiner der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien vertreten".



    Die 15%, die schlicht nicht an Corona glauben, sind womöglich auch die 15%, die immer noch an über- bzw. unterlegene – mit Verlaub – menschliche Rassen glauben. Also Rassist*innen halt.



    Für diejenigen, die sich nicht vom Bundestag vertreten fühlen, habe ich wiederum Verständnis. Nicht alle Menschen sind leider reflektiert genug, um differenziert genug zu denken. Sonst würden ja auch nicht so viele auf Populisten reinfallen, die ihnen dann das Grab schaufeln (siehe Trump-USA). Daher sehe ich natürlich auch eine Verantwortlichkeit in der Politik, d. h., eine Sozialpolitik umzusetzen, die diesen Namen verdient. Müssten weniger Menschen Existenzängste haben, wäre die Länder der ehemaligen DDR nicht einfach mal kurz quasi weggekauft worden, gäbe es vermutlich auch höheres Vertrauen in die Politik im allgemeinen und in die Regierenden im speziellen. Denke ich wenigstens mal...



    PS: Schön wäre, wenn beim Gendern auch die anfangs erwähnten Coronaleugner:innen gegendert worden wären ;-)

    • @HopeDrone:

      "Die 15%, die schlicht nicht an Corona glauben, sind womöglich auch die 15%, die immer noch an über- bzw. unterlegene – mit Verlaub – menschliche Rassen glauben. Also Rassist*innen halt."



      Ich werde die Motivation derer die nicht an Corona glauben nie verstehen, aber sie als Rassist*innen zu bezeichnen wird der Sache auch nicht gerecht. Ich glaube das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

    • @HopeDrone:

      "Die 15%, die schlicht nicht an Corona glauben, sind womöglich auch die 15%, die immer noch an über- bzw. unterlegene – mit Verlaub – menschliche Rassen glauben. Also Rassist*innen halt."



      Leider ist es nicht so einfach. Die Verschwurbler haben geniale Tricks um BIPoC ins Boot zu holen. Begründet mit der traurigen Tatsache, dass z.B. in den USA und Afrika in der Vergangenheit schon mal Impfstoffe an BIPoC getestet wurden, teilweise mit teilweise ohne deren Kenntnis und Einverständnis, wird mit diesem Kapitel der "weißen" Medizin agitiert und als Einstieg in die Corona Impfstoff Skepsis benutzt.

      • @anarchotaoist*in:

        Stimmt. So einfach ist es nicht und es ist auch nur eine Vermutung, die ich nicht belegen kann. Aber wenn ich mir jemanden ins Boot hole, um den/die für meine Zwecke zu benutzen, hab ich ihn/sie schon instrumentalisiert. Und wenn ich das tue, habe ich vermutlich nicht viel Achtung vor ihm oder ihr. Und dies vielleicht, weil er/sie mir völlig egal ist und/oder ich von meiner gott- und/oder biologisch -gegebenen "Besserstellung" überzeugt bin. Vielleicht...., ist nur so ne Theorie

    • @HopeDrone:

      Lustig (für mich), wenn jemand der über Aufklärung schreibt und differenziertes Denken dann den Satz bringt: "...wären die Länder der ehemaligen DDR nicht einfach mal kurz quasi weggekauft worden ...". Schlichtheit ist eben doch Futter für die Selbstversicherung. Bei dem Thema Querdenker erkennen Sie das komischerweise. Kurzum, das geht besser!

      • @Tom Farmer:

        Da liegen Sie wohl richtig. In der Tat greift die Aussage in dieser schlichten Formulierung etwas kurz. Was nix dran ändert, dass sich nach der Wiedervereinigung nicht wenige abgezockt fühlen und dies sicherlich nicht zu unrecht.

  • thx for this article.

    ich begrüsse es sehr, dass jetzt (hoffentlich) die Zeit gekommen ist, die eigentlichen Gründe hinter Coronaleugnung, aber auch Verschwörungsglauben und sogar rechtsextremen Gedankengut anzugehen.

    Denn es ist ja offensichtlich, dass hinter den Einschätzungen derer, ganz andere, als die vorgebrachten Motive schlummern. Das Stichwort Kontrollverlust taucht immer wieder auf und ich denke da gibt es aus psychologischer Sicht noch einige weitere Zusammenhänge, wie z.B. traumatische Erfahrungen, speziell aus der Autonomiephase oder das wohlbekannte Schema aus Abspaltung und Projektion...

    Angst jedenfalls ist ein Thema, dass man besser nicht alleine angeht, sondern für dessen Bewältigung man Freunde oder Vertraute braucht.

    Leider kann man aber mit den Betroffenen allerdings nicht wirklich reden, solange sie sich gegen ihre vermeintlichen Feinde verbünden. Aber unter Freunden oder in der Familie ist es zumindest den Versuch wert auf die Ängste von Querdenkern & Co. einzugehen.

    Darüber hinaus solte die Politik dafür sorgen, dass mehr Therapieangebote zur Verfügung gestellt werden...

    Manche Probleme sind eben nur vordergründig politischer Natur..in Wirklichkeit sind sie oft persönlicher Art und nur auf der Ebene kann man sie dann auch lösen.

    • @Wunderwelt:

      Verunsicherung war schon immer eine gute Basis, um Leute in eine "Bewegung" zu holen. Denen muss man nur einreden, dass nur man selber sich um sie kümmert, schon hat man wieder ein paar Anhänger.

      Keine Ahnung warum, aber offenbar wollen viele einen Anführer, der für sie denkt.

      • 1G
        17900 (Profil gelöscht)
        @Bunte Kuh:

        Ja, König Attila, der Vegan-Koch.



        Oder lieber Nena und Xaidoo im Doppelpack?

      • @Bunte Kuh:

        Verunsicherung war immer eine gute Basis....,



        Spieglein, Spieglein an der Wand. Wer verunsichert denn das ganze Land.