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Die TheseHeiraten? Vollkommen überflüssig

Wozu braucht es Hochzeiten, fragt unsere Autorin. Sie fordert, sich dafür stark zu machen, dass sich der Staat bei der Liebe fortan schön raushält.

Für manche der Weg ins Glück, für andere der Weg direkt in den Abgrund: Hochzeitspaar im Wald Foto: David Pereiras/imago

Keine Frage, 2020 war ein maximal beschissenes Jahr. Bei allem Leid hat diese Pandemie aber auch einen ungewollten Nebeneffekt, den ich gut finde. Und nein, gemeint ist nicht der Rückgang der globalen CO2-Emissionen (die inzwischen ohnehin wieder das Vorkrisenniveau erreicht, ja sogar überschritten haben), sondern der Rückgang der Hochzeiten.

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373.000 Paare haben 2020 in Deutschland geheiratet – 10 Prozent weniger als im Vorjahr. Grund dafür ist die Pandemie: Im Frühling, als Standesämter nur noch ein Minimum an Trauungen durchführten und teilweise kaum Gäste zugelassen waren, brachen die Heiratszahlen ein. Ich bin 27 Jahre alt und finde Heiraten bescheuert. Dabei nähere ich mich dem klassischen ­Hochzeitsalter: Frauen heiraten laut Statistischem Bundesamt hierzulande im Schnitt mit 32 Jahren, Männer mit 35. Für mich ergibt die Ehe aber keinen Sinn. Sie ist ein überflüssiges Relikt aus einer Zeit, in der die Frau vom Mann abhängig war, finanziell wie sozial.

Bis 1958 benötigten Frauen in Westdeutschland die Zustimmung ihrer Ehemänner, um arbeiten, ein Konto eröffnen oder den Führerschein machen zu dürfen. Bekamen sie unverheiratet ein Baby, wurden sie verachtet. Erst 1970 erhielten ledige Mütter in der alten BRD das Sorgerecht für ihr Kind, bis dahin war das Jugendamt Vormund oder eine Privatperson wurde zum Vormund bestellt.

In der DDR waren die Frauen zwar weitaus gleichberechtigter, trotzdem heirateten auch hier viele aus pragmatischen Gründen. Denn Eheleute unter 27 Jahren bekamen einen zinslosen Kredit in Höhe von erst 5.000 und später 7.000 Mark, wovon sich viele ihre ersten Möbel kauften.

Wozu aber soll man heute noch heiraten?

„Aus Liebe“, entgegnen Sie jetzt vielleicht.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Okay. Auch ich bin Fan der Liebe und glaube fest an sie. Nur, weshalb aus Liebe zu einem Menschen denn heiraten? Ist das Sich-gegenseitig-Lieben nicht schon das Schönste und Wertvollste, was man in einer Beziehung erfahren kann? Was bringt es, in einem schäbigen Standesamt vor einem fremden Standesbeamten „Ja“ zu sagen? Nicht die Ehe ist die Kirsche auf der Torte, nein, es ist die Liebe selbst. Nur weil man einen Ehering trägt und „meine Frau“ statt „meine Freundin“ sagt, ist man nicht stärker verliebt, nicht stärker verbunden. Auch der Sex ist deswegen nicht doppelt so toll. Und schon gar nicht schützt die Ehe vor Trennung.

Jede dritte Ehe in Deutschland geht in die Brüche. 2019 ließen sich fast 150.000 Paare scheiden, nach durchschnittlich 15 Jahren Ehe. Die Hälfte davon hatte zu diesem Zeitpunkt minderjährige Kinder. Auch meine Eltern und Großeltern mütterlicherseits trennten sich, beide je nach 14 Ehejahren. Ich war damals neun.

Trotz der hohen Scheidungsquote (und der Scheidungskosten) entscheiden sich nach wie vor viele Paare fürs Heiraten – die Zahl der Eheschließungen ist in den vergangenen Jahren sogar gestiegen.

Mir fallen nur drei nachvollziehbare Gründe ein, warum Menschen das heute noch tun.

Grund Nummer 1

Ein Paar erwartet ein Kind. Anders als unverheiratete Eltern haben verheiratete automatisch das gemeinsame Sorgerecht. Bei unverheirateten Paaren liegt das Sorgerecht zunächst bei der Mutter. Klar, das Paar kann das gemeinsame Sorgerecht beantragen, doch dafür muss es erst Formalitäten erledigen.

Weil ein unverheirateter Vater nicht als rechtlicher Vater gilt – das muss man erst mal sacken lassen –, muss er zunächst die Vaterschaft anerkennen lassen, zum Beispiel beim Standesamt oder Notar. Erst dann kann ein Paar eine sogenannte Sorgeerklärung beim Jugendamt beantragen. Auch Elterngeld können ledige Väter erst mit der Anerkennung ihrer Vaterschaft erhalten. Wer heiratet, spart sich das alles.

Grund Nummer 2

Ein binationales Paar möchte zusammenleben. Menschen aus Nicht-EU-Ländern haben meistens kaum Chancen, eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland zu bekommen – außer, sie sind mit einer oder einem Deut­schen verheiratet. Für Paare, die sich nicht auf Dauer als Tou­ris­t*in­nen besuchen wollen, ist die Ehe die einfachste und oft einzige Möglichkeit, um ein gemeinsames Leben zu führen.

Grund Nummer 3

Ein Paar möchte Steuern sparen. Das sogenannte Ehegattensplitting erlaubt Verheirateten, ihre Einkommen bei der Steuererklärung zusammenzurechnen. Dadurch wird die Person mit dem höheren Gehalt steuerlich entlastet. Das Ganze lohnt sich aber nur dann, wenn ei­ne*r der beiden sehr wenig oder gar nichts verdient – je größer der Gehaltsunterschied, desto größer die Ersparnis.

Dass Eltern keine Lust auf Vaterschaftsanerkennung und Sorgeerklärung haben und sich deshalb einfach trauen lassen, kann ich verstehen. Auch, dass Paare wegen der Aufenthaltsgenehmigung heiraten oder wegen der Steuervorteile.

Nicht verstehen kann ich jedoch, warum dieser bürokratische Unsinn überhaupt nötig ist. Warum nicht alle Eltern automatisch das gemeinsame Sorgerecht haben. Warum nicht die Tatsache, dass zwei Menschen eine Beziehung führen, für eine Aufenthaltsgenehmigung reicht. Warum das Steuersystem Verheiratete begünstigt – und obendrein zu einem längst verstaubten Modell verleitet, bei dem die eine Person das Geld verdient und die andere sich um Haushalt und Kinder kümmert. Kurz: Warum Unverheiratete weniger Rechte haben als Verheiratete.

Statt der Hochzeit soll die Liebe gefeiert werden

Statt weiter fröhlich vor uns hinzuheiraten, sollten wir, liebe Millennials, das alte Konzept Ehe abschaffen und uns etwas Neues überlegen. Sonst wollen wir doch auch alles anders und besser machen als unsere Eltern und Großeltern: Wir führen offene oder polyamoröse Beziehungen, protestieren gegen die Diskriminierung von LGBTQ-Personen, wechseln dreitausendmal Jobs und Städte und essen veganen Schinkenspicker. Wieso also ausgerechnet an der Ehe festhalten?

Alle Väter sollten als rechtliche Väter gelten, alle Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben und alle binationalen Paare dauerhaft in Deutschland leben dürfen, egal ob verheiratet oder nicht. Außerdem muss endlich das Ehegattensplitting abgeschafft werden, weil es klassische Geschlechterrollen fördert. Die Paare, die dann immer noch das Bedürfnis haben, sich gegenseitig abzusichern, können ja trotzdem einen offiziellen Bund eingehen. Vor einem Notar, nicht dem Staat.

Im Falle einer Trennung wären die Part­ne­r*in­nen verpflichtet, Unterhalt zu zahlen, falls ei­ne*r der beiden nicht für sich selbst sorgen kann. Liegt die eine Person schwer verletzt im Krankenhaus, erhielte die andere Auskunft über den Gesundheitszustand. Stirbt ei­ne*r der beiden und hat schon in die Rentenkasse eingezahlt, bekäme die andere Person Hinterbliebenenrente, außerdem wäre sie erbberechtigt, ganz ohne Testament. Wie dieser Bund letztlich heißt, ist mir egal.

Wer jetzt fragt, was mit der fetten Hochzeitsfeier ist, auf die viele hinfiebern: Die kann man trotzdem schmeißen! Wer will, sogar mit Einladungskarten, Tischdeko, Catering, Fo­to­gra­f*in und dem ganzen Tamtam. Anstoßen würde man nicht auf die Ehe, sondern auf die Liebe. Nennen könnte man es: Liebesfest.

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34 Kommentare

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  • Die Ehe ist vom Staat per Gesetz auferzwungen: Die Partner erhalten dann bestimmte Vorteile, weil davon ausgegangen wird, dass das ein besseres gesellschaftiches Miteinander bewirkt.



    Das ist natürlich ungerecht gegenüüber all denjenigen die das nicht so sehen.



    Also ein Zwang.



    Ich bin gegen Zwänge bei derlei individueller Entscheidungen. Also abschaffen, diese Ehe.



    Und wer eine staatliche Bestätigung benötigt um sich "besser oder sicherer" zu fühlen sollte über die Qualität seiner Partnerschaft nachdenken.

    • @Tom Farmer:

      "Ich bin gegen Zwänge bei derlei individueller Entscheidungen. Also abschaffen, diese Ehe."

      Wer zwingt Sie denn zu heiraten? Ist doch Ihre Entscheidung.

  • Ein Aspekt fehlte noch: Was ist eigentlich mit der kostenfreien Mitversicherung des Ehepartners in der GKV, wenn der kein Einkommen hat?

    Soll dieser soziale Zopf auch abgeschnitten werden?

  • Der Staat würde doch jederzeit für sich reklamieren, dass er sich aus der Liebe sowieso stets völlig rausgehalten hat, nur eben nicht aus dieser Sache mit dem Geld. Die Zeiten, in denen der Landesfürst noch das Recht auf die erste Nacht hatte, liegt ja inzwischen auch schon sehr weit zurück. Tatsächlich ist und bleibt der Staat ein unverbesserlicher Romantiker vor dem Herrn.



    Leute, die glauben, sie könnten Steuern sparen, indem sie heiraten, glauben auch, sie würden Geld sparen, wenn sie bei Sonderangeboten gleich ein Vielfaches dessen kaufen, was sie noch allein nach Hause tragen können. So wird das nie was mit dem Sparen.



    Der Grund für den Rückgang der Hochzeiten liegt für mich ganz klar in der zunehmenden Gefährlichkeit der Junggesellenabschiede für Leib und Leben. Allein in Hamburg hat die Zahl der Junggesellen, die sich bei diesem grausigen Anlaß in den letzten Jahren von den Landungsbrücken in die Elbe verabschiedeten, oder die die S-Bahn zu früh verließen, ein beängstigendes Ausmaß angenommen. Die meisten davon wurden nie komplett wiedergefunden. Es geht hier sogar das Gerücht um, dass schon ganze Junggesellenabschiedsgemeinschaften sich nach Irland oder Schottland abgesetzt hätten und dort neue Dörfer gründeten.

  • Mangelndes Bürokratieverständnis ist oft hinderlich:



    Förmliche allgemeine Rechte erfordern nun mal einen öffentlich-rechtlichen Akt.



    Wie soll denn sonst klärbar sein, ob die gewünschten Vorteile gerechtfertigt sind?



    Wie der öffentlich-rechtliche Vertrag zwischen den Beteiligten heißt, ist egal. Traditionell hier halt Ehe...

  • Zustimmung in ganzer Linie, Frau Wiemann.

    Ergänzend weise ich auf zwei problematische Aspekte hin:

    1. Der Eintritt in die Ehe wird Menschen relativ leicht gemacht (es sei denn, eine der Personen hat einen Aufenthaltstitel zu gewinnen, dann wird's schwieriger), aber die Beendigung des Ehezustandes ist kompliziert und teuer. Es sollte mindestens so einfach sein eine Ehe zu beenden wie eine einzugehen.

    2. Warum darf man nur eine Person heiraten? Lieben kann man mehr als einen Menschen, auch jederlei Geschlechts. Wenn Ehe bedeutet, für einen geliebten Menschen auch rechtsverbindliche einzustehen, sollten polyamouröse Menschen auch mehr als eine Person heiraten dürfen.

  • -Außerdem muss endlich das Ehegattensplitting abgeschafft werden, weil es klassische Geschlechterrollen fördert.-



    Das kann man so sehen, letzten Endes ist es jedoch unabhängig vom Geschlecht. Im Grunde ist es doch nichts schlechtes eine Familie dafür zu "belohnen", Ihre Kinder selbst großzuziehen anstatt zwei arbeitenden Elternteilen, die ihr Kind mit 1 Jahr in die Krippe geben. Ob hier nicht allgemein die Rolle der Familie gestärkt werden sollte unabhängig vom Unterschied der Erwerbshöhe, sei dahin gestellt, doch eine Abschaffung des Ehegattensplittings würde die Situation nicht verbessern.

    -Die Paare, die dann immer noch das Bedürfnis haben, sich gegenseitig abzusichern, können ja trotzdem einen offiziellen Bund eingehen. Vor einem Notar, nicht dem Staat.-



    Spannender Gedanke, nur welchen Vorteil versprechen Sie sich davon gegenüber der Ehe?

    • @Jou_man*:

      Theoretisch ist das Ehegattensplitting unabhängig vom Geschlecht. Es gehört aber vor allem abgeschafft, weil es unabhängig davon ist, ob es in der Ehe irgendwelche Kinder gibt, es werden also Menschen belohnt, die durch einen geteilten Haushalt sowieso niedrigere Ausgaben haben, während Alleinerziehende höher eingestuft sind.

  • Sehr geehrte Frau Wiemann,

    Vielen Dank für Ihre Meinung, sehr interessant!



    Ich möchte einige Punkte zur Debatte hinzufügen



    - Nur weil man einen Ehering trägt und „meine Frau“ statt „meine Freundin“ sagt, ist man nicht stärker verliebt, nicht stärker verbunden. -

    Ich gebe Ihnen Recht es hat wohl nicht sehr viel Auswirkung auf die Verliebtheit; jedoch denke ich, dass es sehr wohl auf stärkere Verbundenheit hinausläuft. Was könnte stärker binden als ein "Vertrag", wie Ihn die Ehe darstellt?

    -Und schon gar nicht schützt die Ehe vor Trennung.-

    Das mag sein, nur die Nicht-Ehe schützt meiner Meinung nach noch weniger vor Trennung. In der BWL spricht man von Marktaustrittsbarrieren: ist es leichter einfach auszuziehen und den anderen nie wieder zu sehen (Nicht-Ehe) oder sich scheiden lassen zu müssen mit Papieren, Anwälten, was auch immer alles geregelt werden muss? Definitiv ja, es ist leichter eine Beziehung zu beenden als eine Ehe; vielleicht für manche ein kleiner Schutz vor Trennung ;)

    -Nicht verstehen kann ich jedoch, warum dieser bürokratische Unsinn überhaupt nötig ist.-



    Weil Bürokratie in gewissem Rahmen wichtig ist und Sicherheit bietet. Warum gibt es Verträge anstatt mündlicher Absprachen? Warum haben Sie einen Ausweis reicht es nicht zu sagen Sie sind Deutsch etc.?

    -Warum nicht die Tatsache, dass zwei Menschen eine Beziehung führen, für eine Aufenthaltsgenehmigung reicht.-

    Weil eine Aufenthaltsgenehmigung nicht einfach so jedem gegeben wird; das würde nur mehr Verwaltungsaufwand bedeuten, zu überprüfen ob das wirkliche Beziehungen sind oder nur Schein für den Aufenthalt. Außerdem was passiert bei Beziehungsende? Ausweisung?

    -Warum das Steuersystem Verheiratete begünstigt -

    Weil der Staat das Konstrukt Familie beschützen und fördern sollte; und nichts steht so sehr für Familie wie die Ehe. Warum werden Stellen in Unternehmen sozialverträglich abgebaut, alsojunge Singles zuerst gekündigt?

    • @Jou_man*:

      Zum Thema Trennung: Ich sehe nichts positives darin, mit jemandem zusammenzubleiben, mit dem man nicht zusammenbleiben will, nur weil es eine bürokratische Hürde für eine Trennung gibt.

      Thema Steuersystem: Falsch. Es wird nicht das Konstrukt Familie geschützt. Das mag früher implizit so gewesen sein, das Heirat = Kinder, aber heutzutage gibt es viele (auch gewollt) kinderlose Ehepaare genauso wie Unverheiratete mit Kindern. Denn dass nichts so sehr für die Familie stehe wie eine Ehe ist hanebüchener Unsinn. Es entspricht nicht mehr der Realität und dort, wo es noch so ist, ist es ein Ergebnis der überkommenen Regelungen.

      Mit dem Ehegattensplitting werden Ehen gefördert, nicht Familien. Ginge es einem um Familien, müssten sich die steuerlichen Vorteile an den zusammenlebenden Familienmitgliedern orientieren.

      • @sart:

        @sart wenn man nicht zusammenleben will, dann trennt man sich, egal ob Bürokratie oder nicht, da stimme ich Ihnen zu. Nichtsdestotrotz werden wohl mehr Beziehungen beendet als Ehen.

        -Denn dass nichts so sehr für die Familie stehe wie eine Ehe ist hanebüchener Unsinn.-



        Eine einfache Google-Suche sagt mir, dass zwischen 60-70% der Kinder in Deutschland verheiratete Eltern haben. Der Trend ist zwar rückläufig, aber die Unverheirateten machen unter 20% aus. Also ist es nur logisch das der Staat das fördert, eben auch mit dem Ehegattensplitting. Ich sage ja nicht, dass man sich nicht, im Anbetracht der steigenden Zahlen an unverheirateten Paaren mit Kindern, ein steuerliches Konzept dafür überlegen sollte. Nur eine Abschaffung der Ehegattensplittings halte ich für nicht sinnvoll.

        • @Jou_man*:

          "wenn man nicht zusammenleben will, dann trennt man sich, egal ob Bürokratie oder nicht, da stimme ich Ihnen zu. Nichtsdestotrotz werden wohl mehr Beziehungen beendet als Ehen."

          Sie selbst haben das mit den "Marktaustrittbarrieren" (Papiere, Anwälte etc.) begründet.

          Was nichts anderes bedeutet, als dass man eine Ehe nicht aufgrund einer stärkeren emotionalen Verbundenheit weniger wahrscheinlich beendet als eine Beziehung, sondern weil so viel Aufwand damit verbunden ist.

          "Also ist es nur logisch das der Staat das fördert, eben auch mit dem Ehegattensplitting."



          Sie verdrehen Ursache und Wirkung. Der Staat fördert nicht, weil alle Welt weiterhin fröhlich heiraten würde, sondern die Leute heiraten, weil der Staat es fördert bzw. unverheirateten Paaren teilweise zusätzliche Knüppel zwischen die Beine schmeißt.

          Und wenn es ein vernünftiges Familiensplitting gäbe, bräuchte man das Ehegattensplitting faktisch nicht mehr, wenn letzteres tatsächlich der steuerlichen Entlastung von Familien dienen soll.

          • @sart:

            Ich denke, dass man eine Ehe nur aus tiefer emotionaler Verbundeheit eingeht, deswegen ist das ein fließender Übergang.

            Das halte ich für die falsche Perspektive, die Leute bekommen ja auch nicht nur Kinder weil sie Kindergeld kriegen ;)

            Wo fängt ein Familiensplitting an wo hört es auf? Was macht die Familie dann zur Familie? Wie soll der Staat das überprüfen? Das ist nicht wirtschaftlich und auch nicht sinnvoll.

    • 9G
      97760 (Profil gelöscht)
      @Jou_man*:

      Einmal Heiraten ist ok. Daß viele Ehen nach 15 Jahren geschiedene werden ist ja nicht schlimm. Zwei Geschlechter haben mit hoher Wahrscheinlichkeit sich gegenseitige Exklusivität zugesichert und Kinder Großwerden lassen. Zweck erfüllt. Interessant ist die Zahl , daß bei 25% der Eheschließungen/ Jahr ein Ehepartner schon mal verheiratet war.

  • Der Staat ist eine Gemeinschaft und muss versuchen das zu regeln. Solange in der Zweisamkeit keine Probleme auftreten ist alles gut. Um im Fall der leider immer öfter notwendigen Trennung muss der Staat die Beziehungsbasis kennen um eine klare Entscheidung zu finden. Sie haben die freie Entscheidung die Gemeinschaft ( Staat) entsprechend zu unterstützen oder nicht. Falls Sie der Gemeinschaft gegenüber diese Entscheidung nicht dokumentieren wollen, erscheint es durchaus legitim daraus entstehende Probleme bei den eigenständig Handelnden zu belassen.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Was mich am meisten stört ist, dass diese Anwälte sich mit Scheidungen eine goldene Nase verdienen.



    Brauch ich nicht, will ich nicht!

  • "Für mich ergibt die Ehe aber keinen Sinn. Sie ist ein überflüssiges Relikt"

    Für andere ist sie das lebenslange Versprechen, sich zu lieben, sich zu ehren und füreinander zu sorgen.

    Ob Sinn oder nicht, ich finde es extrem edel und romantisch.

    • @Wonneproppen:

      Und dieses Versprechen ist nur etwas wert, wenn es vom Staat schriftlich abgesegnet wird?

      • @sart:

        kommt ganz drauf an, wie sie das sehen

        ihre entscheidung, niemand zwingt sie zu etwas

  • Ich kann verstehen, wenn man das Konzept Hochzeit anachronistisch und überflüssig findet.



    Grund Nr. 1 der Autorin kann ich allerdings nicht nachvollziehen.



    Es klingt so, als ob der Schritt eine Vaterschaft anzuerkennen und das Sorgerecht zu beantragen komplizierter wäre als die Ehe anzumelden und zu schließen.



    Vom Prinzip her sind können beides sehr einfache, schnelle Vorgänge sein und sobald die Vaterschaft beantragt ist und das Sorgerecht geteilt ist (worum man sich auch bereits vor der Geburt des Kindes kümmern kann) sind unverheiratete Eltern, zumindest was diesen Punkt angeht, verheirateten Eltern nicht schlechter gestellt. Die Abstammung ist geregelt, das Sorgerecht auch.



    Eine Hochzeit kann zwar, was die notwendigen Urkunden angeht, bei zwei zuvor ledigen deutschen Staatsbürgern ähnlich unkompliziert sein, ist aber in der Regel trotzdem teurer und dann ist man eben in der Ehe miteinander verbunden, mit allen Rechten und Pflichten.

    Die Begründung klingt hier, als wären Anerkennung der Vaterschaft und Teilung des Sorgerechts unfassbar komplizierte Schritte, die man mit einer Ehe so "leicht" umgehen kann- die Folgen einer Ehe sind da viel weitreichender.



    Im Gegensatz zu Grund 2und 3 kann ich den 1. wirklich nicht nachvollziehen.

    Als alternatives Instrument in Bezug auf Eheschließungen würde ich lieber die behördliche Scheidung sehen, wie es sie bereits auch in vielen EU-Staaten gibt (z. B. Italien und Irland).



    Die kann bei geklärter Sachlage auch beim Standesamt durchgeführt werden, ohne Anwaltszwang und Gerichtskosten.



    Natürlich kann man auch hier Argumente dafür- und dagegen finden aber zumindest würden hier nicht mehr so enorme Kosten entstehen für Paare die sich einig sind.

    Grundsätzlich gut, dass alte Konzepte mal hinterfragt werden.

    • @Marina Wojak:

      Gerade den ersten Grund kann ich sehr gut nachvollziehen.

      Es wird nämlich verdammt kompliziert, wenn beispielsweise die Mutter bei der Geburt stirbt.

      Vorher kümmern sich wenige Mütter drum, man ist ja emotional noch voll im Schwangerschaftshoch.

      • @rero:

        Da haben Sie mit Sicherheit Recht.



        Ich habe die Erfahrung gemacht, dass nicht wenige Eltern die Möglichkeit nutzen, die Vaterschaft pränatal anzuerkennen. (Ich habe im Standesamt gearbeitet).

        Ich wollte damit sagen, dass die rechtlichen Konsequenzen einer Ehe m. M. in keinem Verhältnis zum Aufwand einer (pränatalen-) Vaterschaftsanerkennung stehen, zumindest wenn man die Ehe aus dem Grund eingeht, damit die Abstammung geregelt ist.

        • @Marina Wojak:

          Ok, dann billige ich Ihnen bereitwillig den besseren Überblick zu. :-)

  • Grund 2 ist ganz wesentlich. Alleine dieser Grund bedeutet, dass die staatliche Ehe ein wichtiges Grundrecht darstellt.

  • Ach was! Na dann mal aus der Lamäng!



    Joo. “Dee Plünnen to hoop smiiten“ - wie Heiern auf gau plattdütsch heet! Sojet:

    Der Jüngste der 2. Runde war schon gut aus dem Gröbsten raus. Da stand eine hochgeschätzte Kollegin leicht schwanger (was der alte Fuchs längst gecheckt hatte;) vorm Schreibtisch! “Warum hast Du - nochmals geheiratet?



    Ich will nicht irgendnen Verwaltungsfuzzi erklären müssen. Daß ich mit dem Männe nicht mehr zusammenleben will!“ “Musse ja nich!



    But. Nunja - nach der seinerzeit gültigen Rechtslage - wäre ich mit „dem“ Kind ja noch nichmal verwandt gewesen! Und!



    Stellt dir den Ausgang unserer ersten Geburt mal mit Ausgang andersrum vor!



    Help! Dann hätte ich mich mit der Frau “Schwiegermutter & Schwägerin“ darob auseinanderzusetzen gehabt. Get it? ok.



    Heute könnt ihr das alles - zwar etwas mühselig - vorher einstielen! Und gut is!



    Also - Finger weg!“ So isses bis hück.

    • @Lowandorder:

      ich frag mich das bei fast jedem ihrer beiträge, aber jetzt doch auch mal per kommentar:

      gibts das eigentlich auch auf deutsch?

  • ....Auch ich bin Fan der Liebe und glaube fest an sie. ..



    In dem Fall nie den Glauben verlieren oder gar wechseln.

    Privat-Telegramm

    Unsere Kasse darf leer sein.



    Doch dein Herz darf nicht schwer sein.

    Jedes entschlüpfte harte Wort



    Von mir, – streichle du sofort!



    Und rate mir in gleichem Sinn!!!

    Jedes Schmollschweigen tobt ohne Sinn



    Hetzerisch durch die Brust.



    Ärger ist stets Verlust,



    Und Verzeihung ist immer Gewinn.

    Unsrer beider Herzen mögen schwer sein



    Durch gemeinsames Mißgeschick.



    Aber keine Stunde zwischen uns darf liebeleer sein.

    Denn ich liebe dich durch dünn und dick.



    (JR)

    Jeht allet ohne Schein!

  • Nu, viele Millenials scheinen eine etwas andere Einstellung als die Autorin zu haben.

    Und auch wenn einige Einwände berechtigt sind, so scheint es eben nicht mehr nur das Versorgermodell wiederzuspiegeln. Anderseits löst sich die Autorin auch nicht von dem Modell der Zweisamkeit, wenn sie im Schlussplädoye fordert, dass bei zwei Personen

    "...bekäme die andere Person Hinterbliebenenrente, außerdem wäre sie erbberechtigt,.."

    Das muss ja bescheinigt werden. Wie heisst die Bescheinigung? Ach ja, Heiratsurkunde.

    • @fly:

      Ja, konsequenterweise müssten die Forderungen noch deutlich weiter gehen. Also auch die Abschaffung von Erbschaften einschließen. Wer das Glück hat in eine sozio-ökonomisch gut situierte Familie hineingeboren zu werden hat allein schon über das so vermittelte soziale Kapital deutlich bessere Chancen im Leben, da braucht es nicht obendrein auch noch den materiellen Bonus qua Erbschaft.



      Ebenso wäre die Frage zu stellen ob Unterhaltspflichten etwa gegenüber erwerbslosen Ex-Partner*innen tatsächlich noch zeitgemäß ist oder ob es sich dabei nicht eher um die Privatisierung sozialer Absicherung handelt.

      • @Ingo Bernable:

        "Also auch die Abschaffung von Erbschaften einschließen. Wer das Glück hat in eine sozio-ökonomisch gut situierte Familie hineingeboren zu werden hat allein schon über das so vermittelte soziale Kapital deutlich bessere Chancen im Leben, da braucht es nicht obendrein auch noch den materiellen Bonus qua Erbschaft."

        Das würde man aber als Diebstahl bezeichnen.

      • @Ingo Bernable:

        Die von Ihnen gestellte Frage kann ohne weiteres mit "Ja" beantwortet werden. Die Ehe hat vor allem dann rechtliche Konsequenzen, wenn sie vorbei ist.

      • @Ingo Bernable:

        Eine Abschaffung von Erbschaften? Mit welchem Recht? Und wohin mit dem was vererbt werden würde? An den Staat? Etwas zu viel des Guten meiner Meinung nach.

        -Ebenso wäre die Frage zu stellen ob Unterhaltspflichten etwa gegenüber erwerbslosen Ex-Partner*innen tatsächlich noch zeitgemäß ist-



        Warum sollte sie es nicht sein? Was hat sich Ihrer Meinung nach geändert, dass es nicht mehr zeitgemäß wäre?

        • @Jou_man*:

          "Eine Abschaffung von Erbschaften? Mit welchem Recht?"



          Ich denke diesen Punkt sollte man anders herum betrachten? Was, außer der Gewohnheit, spricht aus gesellschaftlicher Sicht für Erbschaften? Sie sind ein reines und leistungsloses Glücksspiel, das auf lange Sicht zu einer immer ungleicheren Verteilung von Vermögen führt. Ich würde es für gerechter halten wenn jeder Mensch zumindest ökonomisch die gleiche Ausgangsposition hätte.



          "Was hat sich Ihrer Meinung nach geändert, dass es nicht mehr zeitgemäß wäre?"



          Dabei geht es vA um die Haltung zur Sozialversicherung, Wohlfahrtsstaat und der Entscheidung Lebensrisiken über ein Solidarsystem abzufedern oder zu Privatisieren. Wenn man die Unterhaltspflicht für Ex-Partner*innen befürwortet, warum nicht auch für den Onkel oder die Cousine 3. Grades? In diesem Sinne dürfen sie die Dauer des "nicht mehr zeitgemäß" gern bis zurück zu den Bismarck'schen Sozialreformen ausdehnen.

          • @Ingo Bernable:

            Was ist mit negativen Erbschaften also Schulden? Wie soll das funktionieren? Man erbt nur wenn es Schulden sind? Oder bezahlt der Staat dann dieses Erbe? Das ist nicht sehr durchdacht. Außerdem würde es in ungesunder Weise den Konsum ankurbeln: niemand würde mehr so richtig sparen, weil das Leben jeden Tag vorbei sein könnte, und Gespartes dann an den Staat ginge. Dies führt in Folge auch zu Inflation.

            Ich bin nicht umfassend informiert, aber ich glaube für eine Exfreundin muss man keinen Unterhalt bezahlen, sofern keine Kinder im Spiel sind.



            Weil wir über Beispiele argumentieren: wieso sollte der alleinverdienende Mann der nach 20 Jahren Ehe seine Frau betrügt, die 20 Jahre daheim war und Kinder großgezogen hat, nicht unterstützen? (Entschuldigt die Klischees) warum muss dafür der Staat aufkommen?