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Zerstörung durch BraunkohleabbauVerheizte Heimat

Kommentar von Andreas Wyputta

Wirtschaftsminister Altmaier hat ein brisantes Braunkohle­gutachten zurückgehalten. Die Zerstörung von sechs Dörfern dient allein Profitinteressen.

Hier wird abgebaggert: Umgeleitete Autobahn am Tagebau Garzweiler Foto: Paul Langrock

D ie Braunkohlenstudie, die das CDU-geführte Bun­des­wirt­schafts­ministerium am Diens­tag endlich freigegeben hat, steht für einen handfesten Skandal. Das Gutachten des Energieberatungsunternehmens BET macht klar: Die Regierung hätte den Empfehlungen der Kohlekommission folgen können, ohne Energieengpässe befürchten zu müssen.

Sie hätte schrittweise aus der Verstromung der Braunkohle als Klimakiller ­Nummer eins aussteigen können. Und damit wäre der Komplettabriss der an den Tagebau Garzweiler grenzenden Dörfer Keyenberg, Kuckum, Berverath, Ober- und Unterwestrich im rheinischen Revier sowie Mühlrose in der Lausitz – unnötig.

Doch die CDU und auch die noch immer kohledominierte SPD haben anders entschieden: Ein Großteil der Kohlendioxidschleudern soll erst einmal weiterlaufen. Im großen Stil abgeschaltet werden die allermeisten Kohlemeiler erst Ende der zwanziger und Mitte der dreißiger Jahre. Die Kraftwerke aber brauchen Brennstoff.

Allein in Garzweiler sollen deshalb noch 600 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden. Und um an die Kohle zu kommen, müssen die Dörfer – weg. Komplett ignoriert werden damit nicht nur die Pariser Klimaziele. Ein internes Memo des Bundeskanzleramts macht klar, dass die Zerstörung der Dörfer allein den Profitinteressen des Braunkohlekonzerns RWE dient. „Die Absicherung von Garzweiler II“ sei ein „zen­tra­les Anliegen von RWE/NRW“ gewesen, heißt es darin. Denn um diesen Tagebau herum stehen die RWE-Braunkohlekraftwerke, die trotz steigender CO2-Preise noch Gewinn abwerfen könnten.

Barbarischer Akt

Was folgt, ist ein barbarischer Akt. Mit den Dörfern verheizt wird die Heimat ihrer Bewohner:innen. In den Orten, die zur „Devastierung“ freigegeben werden, herrscht Endzeitstimmung: Kirchen und Schlösser werden abgerissen, Häuser sind vernagelt. Mit Aufklebern auf den Grabsteinen der Friedhöfe werden Angehörige gesucht, die bestimmen sollen, wohin die Knochen ihrer Vorfahren gebracht werden sollen, die bei Nacht und Nebel ausgegraben werden. Zerstört wird so das Gedächtnis von Generationen.

Endgültig festschreiben will Nordrhein-Westfalens Landesregierung aus CDU und FDP diese Verwandlung einer Kultur- in eine Mondlandschaft im Frühjahr mit einer neuen Braunkohle-Leitentscheidung. Protest wird ignoriert. Denn trotz Kohleausstieg bedeuten die Interessen des Milliardenkonzerns RWE im Rheinland alles. Die Rechte der Anwohner:innen zählen dagegen – nichts.

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Inlandskorrespondent
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20 Kommentare

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  • taz: " Ein Großteil der Kohlendioxidschleudern soll erst einmal weiterlaufen. Im großen Stil abgeschaltet werden die allermeisten Kohlemeiler erst Ende der zwanziger und Mitte der dreißiger Jahre."

    In keinem anderen Land der Welt wird mehr Braunkohle verbrannt als in Deutschland. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist jetzt schon bei 418 ppm angelangt, aber das interessiert scheinbar weder den Bürger noch einen Politiker und schon gar keinen Manager aus einem börsennotierten Energiekonzern. Mit 173,7 Millio­nen Tonnen im Jahr 2015 verbrauchte Deutsch­land etwa 33,7 Millio­nen Tonnen mehr Braunkoh­le als China. Russ­land folgte auf Platz drei mit 73,2 Millio­nen Tonnen Braun­koh­le. Deutsch­land hat im Jahr 2015 also mehr Braun­kohle als China oder Russland in die Luft geblasen und hält diesen "Weltrekord" wohl auch noch im Jahr 2020.

    Ganze Landstriche fallen dem Abbau von Braunkoh­le immer noch zum Opfer. Zudem wird beim Verbrauch etwa eineinhalb mal so viel CO2 freige­setzt wie bei Steinkohle. Nun ja, der Klimawandel braucht schließlich "Nahrung um zu wachsen" und damit der Klimawandel in Deutschland immer genug CO2 bekommt, dafür gibt es ja das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium. Natürlich sorgt sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier auch um den börsennotierten Energieversorgungskonzern RWE, damit deren Manager nicht noch am Hungertuch nagen müssen.

    Wie man sieht gibt es für die FFF-Bewegung noch viel zu tun, um diesem Treiben endlich mal einen Riegel vorzuschieben, denn es geht um die Zukunft der jungen Menschen und nicht um noch mehr Aktiengewinne für die Reichen.

    • @Ricky-13:

      "Mit 173,7 Millio­nen Tonnen im Jahr 2015 verbrauchte Deutsch­land etwa 33,7 Millio­nen Tonnen mehr Braunkoh­le als China"

      Warum unterschlagen Sie die 3530 Millionen Tonnen Steinkohle, die in China auf die 150 Millionen Tonnen Braunkohle noch hinzu kommen? de.wikipedia.org/w...ellen_und_Grafiken

  • Warum Kohle wenn man Artensterben und Heimatgedöns-Kaputt-Machen auch mit Energiepflanzen-Energiewende (Maismonokulturen) kann?!

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Altmaier und all die anderen können es einfach nicht.



    Seit Jahrzehnten blubbert man von "Mehr Güter auf die Schiene" - Alles nur Sonntagsreden. Das Gegenteil ist passiert. Von A. Scheuer mal ganz zu schweigen.

  • Die Empfehlungen der Kohlekommission sehen doch lediglich den mittelfristigen Ausstieg aus der Braunkohle vor. Die Verhinderung des Abrisses der Dörfer ist darin auch nicht benannt. Benanntes Ziel ist lediglich der soziale und wirtschaftliche Ausgleich der Betroffenen (siehe Seite 64 des Abschlussberichtes). Hier ist es RWE gut gelungen, das gesamte mediale Interesse auf ein kleines Waldstück zu lenken, so dass weite Gebiete in Übereinstimmung mit dem Abschlussbericht geräumt werden können.

  • Wie schon beim Artikel über Guttenbergs in feudalen Größenordnungen bezahlte Einflüsterung bei der Kanzlerin, mit dem Auftrag, Wirecard in China zu platzieren - wann endlich entsorgen wir diese Betrügerkaste? Denen geht's viel zu gut auf Kosten der Mehrheit, sie kommen immer wieder und viel zu leicht davon, es ist dumm, dass wir uns diesen Luxus leisten.

    • @uvw:

      Umso zynischer, wenn dieselben Leute und ihre medialen Vertretungen dann treuherzig den „Vertrauensverlust in die Demokratie“ beklagen.

  • ...Mal wieder der Altmaier.

    Unglaublich - und das wahre Gesicht der CDU - weichspülerfrei.

    • @frank:

      Ursächlich haben SPD und die Grünen (letztere wie immer natürlich mit leichten Bauchschmerzen, aber der Koalitionszwang…) noch zu ihrer Regierungszeit den letzten Sargnagel für die Dörfer und die ganze Region platziert.

  • Erholungsorte

    Es gibt auch großzügige Entschädigungen und Renaturierungen.



    Sollte man mal dabei sagen, um Einseitigkeiten zu vermeiden.



    Viele sehr gut besuchte Erholungsgebiete mit Seen usw. sind zwischen Aachen und Köln entstanden, fir niemand missen möchte.

    • @Hartz:

      Noch mehr Zynismus geht wohl kaum…

      Naturnahe Erholung findet sich in der direkt angrenzenden Eifel en masse auf Premium-Niveau, aber der Erholungswert und die Lebensqualität einer alten Kulturlandschaft ist unwiderruflich dahin. Hier gibt es noch nicht einmal so etwas wie Zonenrandgebietförderung, wenn quasi die Hälfte des Einzugsbereiches plötzlich wegbricht. Und ansonsten hat man hier kaum trostlosere Orte gesehen, als die Retortendörfer der Umgesiedelten namens Keyenberg (neu), Kuckum (neu) usw.



      Schreibweise wie auf den neuen Ortsschildern, die alten Original-Ortsschilder hat RWE schon vor langer Zeit entfernt.

      Auch die "Renaturierungen" sind nur ein schlechter Scherz: Beliebeiges Bedarfsgrün, das wohl gerade besonders billig zu kriegen war, wird ohne großes landschaftsgärtnerisches Geschick dahergepflanzt (z.B. in der Nachbarschaft des gnädigerweise von RWE stehengelassenen Alibi-/Denkmalschutzdorfs Kaster). Der ökologische Schaden infolge massiv absinkenden Grundwasserspiegels reicht im Radius von 60km rund um die Braunkohlegruben und sorgt für trockenfalldende Flüsse und Bäche, Tümpel und Teiche, große Moorflächen wie im Nationalpark De Meinweg, wo im Sommer große Brände wüteten und nicht zuletzt für existenzielle Probleme für die Landwirtschaft. Die Sümpfungen aus Grubenwasser bzw. Rheinwasser sind hier wirklich nur der Tropfen auf dem heißen Stein. Früher galt der Niederrhein als feuchte Landschaft, heute müssen wir schon sehr wit fahren, um überhaupt mal wieder grüne Wiesen zu sehen, auch unabhängig von den letzten Sommern.

      • @Khaled Chaabouté:

        Da sagen die Erholungssuchen aber was ganz Anderes! Im Sommer ist es knackevoll! Der Bedarf ist also da, überzeugen Sie sich mal selbnst. Und wenn man von Köln bis in die Eifel fährt, dann ist die zusätzliche Umweltverschmutzung durch die entstehende Blechlawine riesengroß...



        Da werden dann die Umweltschützer zurecht jammern. Diesen gelebten Zynismus auf Kosten der Natur wollen wir Umweltschützer nicht!

        • @Hartz:

          Im Gegensatz zur anekdotischen Evidenz der Expertise von "Die Erholungsuchenden" oder gar "wir Umweltschützer" beschäftigen wir uns im Naturpark Schwalm-Nette und im angrenzenden Nationalpark De Meinweg (NL) sowie im Nationalpark Eifel mit Analyse und Lenkung des Naturtourismus.

          Die blumigen Verspechen von Seen und Erholungsgebieten entsprechen in keinster Weise den jetzt schon konkreten Planungen der Nach-Braunkohlezeit, wie sie z.B. im Zweckverband Landfolge von den angrenzenden Städten und Gemeinden vorgenommen wurden: Es wird im Kernbereich einen einzigen riesigen Endsee geben, während rundherum versucht wird, die alten Strukturen aus Landwirtschaft, Gewerbe und Wohnen wiederherzustellen.

          Dass die Eifel "kackevoll" von Erholungsuchenden ist, kommt auf den Standpunkt an. Für die Gemeinden im Nationalpark ist der Fremdenverkehr eine willkommene wirtschaftliche Belebung, die aufgrund strenger Regelungen so naturverträglich wie möglich erfolgt.



          Auf ähnliche Weise perfekt organisiert ist der Wassersporttourismus an den niederländischen Maasseen (Maasplassen) und der Naturtourismus im Naturpark Schwalm-Nette mit seinen Premium-Wanderwegen. Es ist wohl kaum davon auszugehen, dass die Erholungsuchenden aus Köln den viel weiteren Weg zu irgendwelchen theoretisch neu zu schaffenden Erholungsgebieten bei Erkelenz auf sich nehmen werden.

    • @Hartz:

      Baggersee, warum nicht? Aber dann doch bitte bspw. Marienburg (Köln), Autobahnen oder Autoindustriegelände wegbaggern anstatt Kohle. ;-)



      de.wikipedia.org/w...enburg_(K%C3%B6ln)

      • @Uranus:

        Und die Arbeitnehmer sofort entlassen...

        • @Hartz:

          Das ginge theoretisch auch. Die könnten sich dann hinter Solar- und Windenergietechniker*innen am Amt einreihen. Oder aber, sie hätten damit zu tun, Marienburg & CO wegzubaggern ... ;-)

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    >Zerstört wird so das Gedächtnis von Generationen.<



    Die CDU ist konservativ, sie steht für Familie, christliche Werte, Tradition, Heimat, innere Sicherheit - solche Sachen. Theoretisch auch für die Bewahrung der Schöpfung (wo das nicht mit den Interessen größerer Wirtschaftsakteure kollidiert). Für Gedächtnis von Generationen? Wo kämen wir da hin?

    • @90946 (Profil gelöscht):

      Mit Schöpfung ist offenbar Wertschöpfung gemeint ;-/

  • "Ein internes Memo des Bundeskanzleramts macht klar, dass die Zerstörung der Dörfer allein den Profitinteressen des Braunkohlekonzerns RWE dient."

    Das war ja von Anfang an sonnenklar. Und dass Altmeier da als Cheflobbyist deren Interessen in der Regierung durchboxt war auch deutlich zu erkennen - und gleichzeitig wird die Regenerative Energie mit allen Mitteln gebremst, zehntausende von Arbeitsplätzen vernichtet (Solar und Wind), zukunftswichtige Technologien ins Ausland verdrängt, damit der Kohlestrom konkurrenzfähig bleibt gegenüber dem viel billigeren Sonnenstrom.

    Ganz toll gemacht, Altmeier. Als Wirtschaftsminister alles kaputt gemacht, was greifbar war.



    Hat die CxU eigentlich irgendwelche Minister, die IRGENDwas richtig machen? Verkehr? Landwirtschaft? Wirtschaft? Mir fällt einfach nichts ein.

    Die Einzige, die sich richtig reinhängt ist Umweltministerin Svenja Schulze - SPD.

    • @Mitch Miller:

      Das Memo belegt zudem, dass Merkel von der Zurückhaltung des Gutachtens wusste. Und dass das geschah, ohne Rücksprache mit Laschet zu halten - na, wer das glaubt, für den habe ich eine Villa in Keyenberg zu einem sagenhaft niedrigen Preis anzubieten, nur schlappe 23 Millönchen.