Corona-Infektionen an Hamburger Schulen: Studie soll Risiko klären
Schulsenator Ties Rabe (SPD) legt Daten vor, die die These der sicheren Schulen untermauern sollen. Derweil protestieren Lehrer der Ida-Ehre-Schule.
Als Beleg führt Rabe an, dass 292 Schüler jeweils die einzigen Fälle ihres Jahrgangs waren. „Dann muss man ganz nüchtern sagen: Dann kann man sich eigentlich in der Schule gar nicht infiziert haben.“ Das sei bei fast drei Viertel der 171 betroffenen Schulen so gewesen. Bei den übrigen 116 Infizierten gab es an der Schule mindestens einen weiteren Coronafall. 36 davon holten sich laut Rabe das Virus nachweislich in ihrer Freizeit. Damit könnten lediglich die übrigen 80 Fälle auf eine Infektion in der Schule zurückgehen.
Auffällig war Rabe zufolge auch, dass sich jüngere Schüler unter zwölf Jahren nur halb so häufig infiziert hätten wie ältere. Und Infektionen an Gymnasien seien seltener als an Stadtteilschulen. Die Gründe dafür müssten nun untersucht werden. Auch die Frage, warum jene 292 Schüler tagelang zur Schule gingen und vermutlich niemanden ansteckten, müsse geprüft werden.
Man habe hier nur einen „ersten Aufschlag“, sagte Rabe. Nun müssten Wissenschaftler dies evaluieren. Die Daten überlasse Hamburg der Kultusministerkonferenz (KMK) für eine Studie. Angefragt sind das Helmholtz-Institut und die Uni Köln.
Hybrid-Unterricht für die Oberstufen
Rabe räumte ein, man wisse zu wenig über „die Rolle des Schulbetriebs in der Pandemie“. Es könne sein, dass nicht alle schulinternen Infektionen erkannt wurden, weil Schüler keinerlei Symptome zeigten. Schwer einschätzbar sei auch die Rolle der Pädagogen, die oft in verschiedenen Klassen unterrichten. Darüber soll die externe Studie nun „Klarheit“ bringen.
Doch ob das den Streit um die Corona-Schulpolitik beruhigt? Immerhin gab es auch an diesem Donnerstag 49 Neuninfektionen an 39 Schulen. CDU-Politikerin Birgit Stöver sagte, eine Studie zur Nachbetrachtung helfe nicht, die Lage an Schule spitze sich jeden Tag weiter zu. Die Linke Sabine Boeddinghaus sprach von „Schönwetterzahlen“. War es doch im August warm und trocken.
Und GEW-Lehrer der Ida-Ehre-Schule wollen am Freitag vorm Schultor für geteilte Lerngruppen protestieren. An der Eimsbüttler Schule blieben zwei Wochen lang alle zu Hause, nachdem bei einem Massentest am 6. November bei 55 Kindern und Erwachsenen das Virus gefunden wurde. Nun, da am Montag der normale Schulalltag wieder starten soll, fordern sowohl der Elternrat als auch die GEW-Betriebsgruppe, die Behörde möge erlauben, dass in verkleinerten Gruppen gelernt wird, als Hybridunterricht teils in der Schule, teils zu Hause.
Ties Rabe sagte bei seiner Pressekonferenz, alle Ministerpräsidenten und die Kanzlerin hätten sich darauf geeinigt, am Präsenzunterricht festzuhalten. Der Hybridunterricht habe sich nicht bewährt. Allerdings hatte am Montag das Kanzleramt in diese Richtung gedrängt.
Für manche überraschend: Ausgerechnet Rabe, der hier als Hardliner gilt, soll einen Plan erarbeiten, auf den sich alle Länderchefs einigen. Rabe veröffentlichte sein Konzept im Abendblatt. Demnach soll es Präsenzunterricht geben bis zu einem Inzidenzwert von 200. Wird der erreicht, soll es Hybridunterricht ab Klasse 11 geben, Maskenpflicht ab Klasse 5, Verzicht auf klassenübergreifendes Lernen und Überprüfung des Musik- und Sportunterrichts.
Nach der Forderung aus der Ida-Ehre-Schule gefragt, sagte Rabe, er habe gerade die 14 Sprecher der Schulleitungen der 120 weiterführenden Schulen gesprochen: „Alle sagten:,In unseren Schulen wünscht eine große, manchmal übergroße, manchmal sehr eindeutige Mehrheit das unbedingte Festhalten am Präsenzunterricht'.“ Bei drei, vier Schulen sei die Stimmung halbe-halbe, alle anderen seien hier sehr klar.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung des Textes fehlte die Einschätzung von Ties Rabe zu asymptomatisch infizierten Schülern und zu Lehrern, die in verschiedenen Klassen unterrichten.
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