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Sanktionen gegen Nord Stream 2USA doch im Recht

Ein Bundestagsgutachten sagt: US-Sanktionen gegen deutsche Unternehmen, die am Bau von Nord Stream 2 beteiligt sind, sind nicht völkerrechtswidrig.

Bauabschnitt der North Stream 2 Pipeline in Russland, 2019 Foto: Alexander Demianchuk/ITAR-TASS/imago

Berlin taz | Die USA drohen deutschen Unternehmen mit Sanktionen gegen die fast vollendete Ostseepipeline Nord Stream 2. Doch einen Verstoß gegen das Völkerrecht sieht der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags darin nicht. Solange die USA maßvoll agierten und sich auf den Schutz nationaler Sicherheitsinteressen und die negativen Auswirkungen auf die eigene Wirtschaft beriefen, „kann das Völkerrecht dem Ergreifen von extraterritorialen Sanktionen nur wenig entgegensetzen“, heißt es in einem Gutachten. Dieses hatte die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dağdelen in Auftrag gegeben.

Trumps Vorwurf: Deutschland lasse sich militärisch von den USA vor Russland schützen, importierte aber gleichzeitig Gas von dort. Seine Kri­ti­ker*innen sagen dagegen, es gehe dem US-Präsidenten nur um den Verkauf von US-Flüssiggas in Europa. Extraterritoriale Sanktionen sind rechtlich umstritten, da sie nicht direkt dem Schutz des Gebietes, der Staats­bürger*innen oder Unternehmen des sanktionierenden Staates dienen.

Die Bundesregierung lehnt extraterritoriale Sanktionen ab, aus der EU-Kommission gab es Äußerungen, die solche Sank­tio­nen als völkerrechtswidrig einstuften. „Auch wenn eine direkte Auswirkung des Nord-Stream-2-Projekts auf die nationale Sicherheit der USA fernliegt, so sind mittelbare Auswirkungen nicht auszuschließen“, argumentieren die Gutachter*innen dagegen.

Durch Ausnahmeklauseln im Freundschaftsvertrag mit der BRD von 1954 und durch WTO-Bestimmungen könnten die USA ihre nationale Sicherheitslage eigenständig definieren. Es existierten keine objektiven völkerrechtlichen Kriterien, „um die Auslegung und Anwendung des Schutzprinzips rechtlich einzuhegen“.

Die Gutachter*innen empfehlen der Bundesregierung, eine diplomatische Lösung mit den USA anzustreben. Sevim Dağdelen fordert die Bundesregierung auf, trotzdem vor den Internationalen Gerichtshof zu ziehen, falls die angedrohten Sanktionen gegen die Betreiberfirma des Hafens auf Rügen umgesetzt würden. „Die Bundesregierung darf nicht vor US-Präsident Trump und seinen dreisten Sanktionsdrohungen einknicken“, sagt sie. (mit dpa)

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6 Kommentare

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  • Statt ein Vermittlungsinstanzen anzurufen, täte eine Oppositionspartei besser daran, gegen die Übergriffe der USA zu mobilisieren und Argumente zu äußern. Ein Eigentor - das womöglich auch noch absehbar war. Nach Lektüre des des angesprochenen Vertrages (Deutschland- oder Freundschaftsvertag sind schon von Adenauer gewünschte wohlwollende Framings dieses Vertrages über die Beziehungen zwischen der BRD und den Drei Mächten) scheint mir die Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes sehr weit hergeholt zu sein, zumindest fehlt im Artikel jedes Argument, das die Behauptungen dieses Dienstes stützen könnte. Wenn der Dienst bezüglich der WTO-Bestimmungen Recht hätte, wäre das umso schlimmer – hieße das doch, dass die WTO doch imperialistisches Agieren „rechtlich“ absichert.

  • Hallo? Was geht Trump das an, woher DE Erdgas bezieht? Oder Telefone oder 5G? Oder ob es Öl in USD abrechnet? Freie Handelswege, my ass. Darüber ist hier mal ein Präsi gestolpert.

    Vielleicht ist mal eine klare Antwort nötig, damit das Trump-Regime wieder auf den Teppich kommt und begreift, dass es hier drüben nicht mit Schulkindern zu tun hat.

    Schritt 1: Die Ami-Werbedrecksbuden halten die DSGVO ein, oder sie sind raus aus der EU. Sucht euch nen anderen Milliardenmarkt, auf dem Mond. Privacy Shield war gestern und genauso bewusster, absichtlicher Fake wie der Vorgänger Safe Harbour.

  • Unfassbar. Sitzen da nur Transatlantiker im WD des Bundestages?



    Die Forderungen von Sevim Dağdelen müssten eigentlich von allen Abgeordneten und Abgeordnetinnen unterstützt werden, immerhin nennen sie sich Volksvertreter und sind nicht den ökonomischen Interessen der USA verpflichtet.

  • Vielleicht hilft die Energiecharta weiter.

  • Aus der Feststellung, dass die Sanktionen nicht völkerrechtswidrig seien, eine Headline "USA doch im Recht" zu stricken, scheint ein mustergültiger Fall von Framing zu sein.

  • Der "wissenschaftliche Dienst" arbeitet wohl eng mit US-Diensten zusammen. Nach dem Motto: Stets zu Diensten...