piwik no script img

Streitgespräch über das Streiten„Vor Argumenten warne ich immer“

Wie zofft man sich eigentlich richtig? Antworten von Paartherapeutin Berit Brockhausen, Philosoph Philipp Hübl und Ex-Rapperin Reyhan Şahin aka Lady Bitch Ray.

Streit? Lady Bitch Ray, Philipp Hübl und Berit Brockhausen auf dem taz-Dach Foto: Anja Weber
Stella Schalamon
Interview von Stella Schalamon

taz am wochenende: Frau Brockhausen, Sie schreiben in Ihrem Buch „Schöner streiten“, dass es für einen Streit drei Voraussetzungen braucht: zwei Menschen, die einander wichtig sind, ein Thema, das beiden sehr wichtig ist, und einen Anlass, der nicht unbedingt etwas mit dem Thema zu tun haben muss.

Berit Brockhausen: Es gehört noch dazu, dass man das Gegenüber dazu bringen will, einzusehen, dass man selbst richtig liegt. Das Gegenüber sieht das aber überhaupt nicht ein, sondern will ebenso recht haben. Wenn diese Situation immer erfolgloser und emotionaler wird, die Spannung immer mehr zunimmt, dann haben wir keine Meinungsverschiedenheit oder Auseinandersetzung mehr, sondern einen Streit.

Reyhan Şahin: Wie auf Twitter. Da geht es auch oft darum, seine eigene politische Meinung zu stärken, indem man Menschen überzeugen möchte, das genauso zu sehen. Auf Twitter streiten sich aber auch Menschen, die sich nicht wichtig sind, weil sie sich gar nicht kennen oder gar nicht mögen.

Brockhausen: Vielleicht müssen sich die Leute wenigstens wichtig ­genug sein, um zu streiten, und das kommt häufig vor, wenn ihnen das Thema wichtig ist.

Im Interview: Expert:Innen-Battle

Die Psychologin Berit Brockhausen hat in über dreißig Jahren als Paar- und Sexualtherapeutin viele Paare streiten sehen. Sie hat ein Buch mit dem Titel „Schöner Streiten“ geschrieben.

Der Philosoph Philipp Hübl erforscht unter anderem die Philosophie des Geistes, die Sprach- und die Moralphilosophie. Er findet, dass wir in einer immer polarisierteren Welt leben. Davon handelt sein Buch „Die aufgeregte Gesellschaft“.

Die Sprachwissenschaftlerin Reyan Şahin forscht zu Rechtspopulismus, Islam und Gender. In ihrem Buch „Yalla, Feminismus“ empowered sie Frauen, People of Color, trans Menschen und andere Marginalisierte, ihre Meinung kundzutun. Als Rapperin Lady Bitch Ray weiß sie, wie man sich battled.

Philipp Hübl: Wenn wir streiten, dann geht es fast immer um Moral oder noch allgemeiner um Normen. Wir streiten uns ganz selten um reine Fakten, sondern besonders um das, was wir richtig und falsch, gut und schlecht finden.

Brockhausen: Bei einem Streit in der Partnerschaft wird die Moral jedoch in den Raum gebracht, um das eigene Bedürfnis zu unterstützen. Dabei ist es gar nicht moralisch. Eine beliebte Streitkeule ist es, dem Gegenüber Respektlosigkeit vorzuwerfen, aber in Wirklichkeit geht es darum, dass der andere die Spülmaschine einräumt.

Es gibt also Unterschiede zwischen dem Streiten im öffentlichen und privaten Raum.

Şahin: Ich finde schon. Bei Streitereien in Partnerschaften sind zum Beispiel Emotionen viel akzeptierter. Auf Social Media hingegen wird man dauernd darauf hingewiesen, dass man nicht so persönlich oder emotional werden, sondern bei den Fakten bleiben soll. Auch wenn man über moralische Dinge redet, über Sexismus oder Rassismus. Insbesondere wird dies bei Frauen getan!

Hübl: Das sehe ich genau umgekehrt. Gerade auf Social Media eskaliert es doch extrem schnell und die kleinste Gegenmeinung wird überpointiert verstanden. Wir fragen nicht fair nach: Wie meinst du das eigentlich? Sondern viele lesen immer das Schlimmste in Aussagen hinein und nehmen an, der andere will sie besonders tief treffen.

Brockhausen: Im Streit bin ich ab einer bestimmten Stelle so emotional, dass ich bereit bin, das Gegenüber zu verletzen, herabzuwürdigen oder persönlich zu werden. Ich entscheide mich dafür, Regeln und Werte, die ich habe, zu missachten. Das ist für mich der Unterschied zwischen einer Auseinandersetzung und einem Streit.

Şahin: Das ist für mich zanken. Im Rap würde man sagen: Beef haben.

Hübl: Ich dachte, der Beef ist meist etwas Inszeniertes.

Şahin: Der eigentliche Beef zwischen Rapper:innen, ursprünglich Vendetta zwischen verschiedenen Clan-Mitgliedern, ist nicht inszeniert. Der ist echt. Rap ist dadurch entstanden, dass die Schwarzen und Latein­ame­rikaner:innen in den damaligen sozialschwachen Gegenden sich nicht erschossen haben, wenn es zum Konflikt kam, sondern ihn kreativ ausgebadet haben: durch Battle-Raps. Mehrere oder zwei sind gegeneinander angetreten. Solche Battles gibt es auch in Deutschland. Wer die besseren Reime und Sätze hat, schneller, cooler und witziger rappen kann, hat gewonnen. Man kann sich sogar beschimpfen, aber kreativ gereimt. Das ist die Kunst: sich verbal battlen, nicht schlagen. Das ist auch eine Art Blitzableiter.

Hübl: Eigentlich eine sublime Kulturtechnik, mit Aggressionen umzugehen. Dass eben nicht mehr jede kleinste Beleidigung sofort zum Duell führt, wie in einer „Kultur der Ehre“, sondern dass der zivilisatorische Fortschritt darin besteht, die physische Aggression in eine intellektuelle, künstlerische Aggression umzuwandeln.

Kreativ werden, nicht handgreiflich. Gibt es Regeln für einen guten Streit?

Şahin: Ich finde es total wichtig, jemanden nicht zu beleidigen, nicht auf die persönliche Ebene zu gehen, höchstens durch Humor oder durch ein gutes Argument. Das macht es saftig. Es ist Streit, da muss auch mal auf den Tisch gehauen werden.

Brockhausen: Das löst bei manchen Leuten aber Stress aus, sie fühlen sich bedroht.

Şahin: Im Privaten finde ich das auch nicht witzig. Aber bei öffentlichen Streitgesprächen wäre das mal gut.

Berit Brockhausen: „In Wirklichkeit geht es darum, dass der andere die Spülmaschine einräumt“ Foto: Anja Weber

Brockhausen: Okay, in Auseinandersetzungen ist es natürlich super, wenn mal jemand Klartext spricht. Für mich ist der Begriff Streit aber schon damit verbunden, dass die Leute dazu nicht mehr in der Lage sind, sie letztendlich ihr Thema verlieren, weil sie so sehr damit beschäftigt sind, etwas beim Gegenüber zu erreichen. Dann ist die Spannung so hoch, dass sie sogar hochfahren. Das hat etwas Destruktives.

Hübl: Im öffentlichen Diskurs, zum Beispiel in Talkshows und den sozialen Medien, geht es fast immer nur um Meinungen. Viel wichtiger aber ist: Was sind denn die Gründe für eine Meinung? Das könnte man aus der Philosophie lernen, die Argumentebene von der persönlichen Ebene zu trennen. Und dann für seine Position zu argumentieren.

Brockhausen: Vor Argumenten warne ich in meiner Arbeit immer. Wenn Paare zu mir kommen, sind Argumente die sicherste Methode, dauernd zu streiten. Denn wenn der eine Partner zum dritten Mal erklären muss, wieso der andere die Spülmaschine einräumen soll, ist klar, dass es nicht am Verstehen hapert. Es ist auch immer schön zu sehen, wie Paare Kurse in gewaltfreier Kommunikation machen und dann diese Regeln als Waffen im Streit einsetzen. Sie sagen dann: Ich habe das Gefühl, dass du mich hier demütigen willst. Das ist aber keine Ich-Botschaft, das ist kein Gefühl, das ist ein Vorwurf.

Warum streiten wir überhaupt?

Şahin: Ich glaube, alle, die streiten, möchten was verändern.

Hübl: Und das können sie. Die Studie „Deutschland spricht“ der Zeit hat das gezeigt. Da haben Leute, die sich vorher nicht kannten, miteinander über moralisch aufgeladene Themen diskutiert, etwa, wie viele Flüchtlinge man aufnehmen sollte oder ob man Fleisch essen darf. Und sie haben sich durch das Gespräch signifikant angenähert. Doch die Forschung zeigt auch: Sobald jemand als Vertreter einer Gruppe spricht, und weiß, die eigene Gruppe schaut zu wie auf Twitter, dann geht es nicht mehr darum, die Gegenseite zu verstehen, sondern nur noch darum, die richtigen Signale an die eigene Gruppe zu senden. Dieses „Virtue signalling“ ist ein Hauptgrund, warum viele Debatten in den sozialen Medien so polarisieren und so schnell eskalieren.

Brockhausen: Hat das vielleicht auch etwas damit zu tun, dass meine Werte mitbestimmen, wer ich bin?

Hübl: Ja, die moralischen Werte machen eine Person aus, unsere Identität, und deshalb wollen wir sie um jeden Preis schützen. Wenn uns jemand sagt, „Du hast etwas falsch gemacht“, sagen wir selten „Lass mich darüber nachdenken, du hast recht“, sondern reagieren mit einer sehr starken Abwehrhaltung, mit Identitätsschutz. Es erfordert sehr viel Stärke und Übung, das zu reflektieren.

Reyhan Şahin: „Alle, die streiten, möchten was verändern“ Foto: Anja Weber

Mit manchen Menschen will man sich dann lieber gar nicht erst streiten.

Şahin: Ich würde beispielsweise nie mit einem AfD-Abgeordneten wie Gauland streiten oder mit einem Typen wie Sarrazin. Weil ich weiß, dass es nichts bringen würde. Aber es ist wichtig, auch mit solchen Menschen Streitgespräche zu führen. Vorausgesetzt es geht wirklich um Argumentationen und nicht, wie in Talkshows, nur darum, dass sich rechte Menschen und Sexisten auch noch präsentieren können.

Hübl: One on one ist das Beste. Unmoderiert, in einem Take aufgenommen, ungeschnitten. Beide können das sagen, was sie denken, und ihre Argumente bringen. Ich finde auch radikale Meinungen spannend, weil ich eine neue Position erst einmal kennenlernen will. Was sind Argumente dafür und was spricht dagegen? Stichwort „mit Rechten reden“: Ich würde gerne mal ein Gespräch sehen, in dem jemand gut vorbereitet die Widersprüchlichkeit der Rechtsradikalen argumentativ komplett zerlegt. Für die offene Gesellschaft sprechen die besseren Argumente, daher dürfen Progressive das öffentliche Streitgespräch nicht meiden.

Funktioniert das irgendwo schon ganz gut

Hübl: In der Wissenschaft hat man über viele Jahre gelernt, die Argumente von der persönlichen Ebene zu trennen. Auf Konferenzen hört man oft: Ich halte deinen Ansatz für vollkommen falsch. Und danach geht man trotzdem zusammen ein Bier trinken. Im Alltag hat das nicht jeder gelernt und im partnerschaftlichen Streit funktioniert es selten, die Argumente von der Beziehungsebene zu trennen.

Şahin: Man muss aber auch gucken: Wer sind die Menschen, die sich da streiten? Bei wem ist Streit anerkannt? In der Wissenschaft sind das die etablierten Professoren, überwiegend weiße cis Männer. Allgemein ist es im öffentlichen Raum viel akzeptierter, sogar angesehen, wenn Männer sich streiten. Bei Frauen ist das etwas anderes. Es wird schon noch stigmatisiert, wenn Frauen wütend und laut werden. Da heißt es dann „Zickenkrieg“ oder „Bitchfight“. Dabei ist Streiten eine ganz wichtige Kompetenz.

Kann man Streiten denn lernen?

Şahin: Es gibt Menschen, die das von klein auf durch die Familie gelernt haben, aber es gibt auch eine ganze Reihe an Menschen, die das nicht können, und ganz wenige, die dann Paartherapie machen, um das zu lernen. Wenn ein Mensch in einer Liebes- oder What­ever-Beziehung nicht streiten kann, kann er das auch in öffentlichen Debatten schlecht.

Hübl: Im Angelsächsischen gibt es tatsächlich Debattierclubs an Schulen und Universitäten. Man ist in Teams eingeteilt, das Thema lautet, sagen wir: Ist Abtreibung erlaubt? Dann wird zugeteilt: Pro oder Contra. Man nimmt die Position ein, vielleicht wird sogar gewechselt. Man muss die Position gar nicht selber vertreten, aber man kann üben, die stärksten Argumente zu finden. Das ist eine Technik, Argumente von der persönlichen Involviertheit zu trennen und sich in beide Richtungen zu schärfen. So eine Kultur ist in Deutschland selten, wir verbinden Argumente viel mehr mit der Person, die sie vorbringt.

Philipp Hübl: “Empörung ist moralische Wut“ Foto: Anja Weber

Brockhausen: Da muss ich reingrätschen: Aus meiner Sicht ist Streiten eine Kompetenz, die gar nicht gelernt werden kann. Es geht nicht um Technik. Es geht nicht um Ich-Botschaften. Es geht um die Haltung. Stehe ich zu dem, was ich denke, erlaube ich mir eine Meinung zu vertreten, die vielleicht auch in meiner Peergroup Schwierigkeiten schafft? Im Debattierclub geht es um nichts.

Welche Rolle spielen Aggressionen im Streit?

Brockhausen: Eine wichtige Zutat von Streit ist das emotionale Durchdrehen. Manche Streite entstehen auch als Blitzableiter für Aggressionen. Früher, als ich viel U-Bahn gefahren bin, da hab ich oft gedacht, okay, komm mir nur in die Quere, ich brauche gerade was. Ich hatte diese Spannung und wartete nur darauf, dass mir jemand die Gelegenheit gab, sie loszuwerden.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Şahin: Wieso früher? Ich kenne das so gut. Ich bin sehr oft wütend und finde es wichtig, diese Wut rauszulassen, statt sie gegen mich selbst zu richten. Das kann durch Streit sein, aber mich persönlich befriedigt dieser Wutausbruch über Streit nur mäßig. Ich habe für mich gewählt, dass ich kreativ werde und meine Wut durch Rap oder andere Kunstformen ausdrücke.

Brockhausen: Wut und Aggression ist keineswegs per se schlecht, sondern überlebensnotwendig und wichtig.

Hübl: Emotionen wie Wut bewerten ja automatisch immer meine Umwelt für mich, sagen mir, dass etwas nicht stimmt. Empörung ist moralische Wut.

Brockhausen: Aber es sollte nicht dieser ständige Zorn sein, den manche gegen egal was empfinden, um sich lebendig zu fühlen, und der jedes Gespräch kaputt macht. Es geht darum, die Botschaft zu formulieren und eine Form zu finden, durch welche die Aggression nützlich wird.

Şahin: Andererseits wird dann die nichtkreative Aggression wieder nicht akzeptiert. Wenn ich den Battle-Rap von heute vergleiche mit vor 15 Jahren, dann wollen die meisten Rapper:innen so wenig Ärger wie möglich. Da denke ich: Oh Mann, streitet doch mal wieder!

Wie ist das in unserer Gesellschaft allgemein? Gibt es eher die Tendenz, weniger zu streiten oder mehr?

Şahin: Weniger, leider. Ich würde ja gerne mal richtig streiten, aber es will niemand.

Hübl: Das finde ich gar nicht, wir streiten eher mehr! Früher gab es ein paar wenige Leute, die ihre Meinung in Zeitungen und im Fernsehen gesagt haben, und dann gab es vielleicht noch Kleingruppen: Stammtisch, Fußballverein, Familie, Freundeskreis. Durch die sozialen Medien können heute viel mehr Menschen an Diskussionen teilnehmen. Man kann sich mit Leuten auf der ganzen Welt streiten. Außerdem gibt es einen großen Wertewandel, der sich extrem beschleunigt hat in den letzten zwanzig Jahren.

Das heißt?

Hübl: Wir sehen negative Dinge wie Rassismus und Sexismus, die vor wenigen Jahrzehnten kaum Thema waren. Kleinere Gruppen, die bisher marginalisiert waren, mischen sich ein, erstmals gibt es eine Auseinandersetzung um die Deutungshoheit des Diskurses, um Privilegien, um Positionen. Das erzeugt Konflikte und Aushandlungsprozesse. Wenn wir die hunderttausend Jahre Menschheitsgeschichte mit einem Hundertmeterlauf vergleichen, haben wir erst auf den letzten zehn Zentimetern angefangen, über diese ganzen universellen Fragen zu reden. Frauenwahlrecht gibt es erst seit 100 Jahren, noch in den 50er Jahren war Homosexualität weltweit fast überall eine Straftat, erst seit 2006 gibt es eine Antidiskriminierungsstelle in Deutschland.

Aber warum erst so spät?

Hübl: Zivilisationsfortschritt hat auch immer mit materieller Sicherheit zu tun. Es gibt sehr, sehr arme Regionen in der Welt, aber im Mittel sind wir weltweit so wohlhabend wie nie zuvor in der Geschichte. Zum ersten Mal haben sehr viele Menschen Zeit und Mittel, sich über solche Dinge Gedanken zu machen.

Şahin: Es stimmt zwar, dass mehr Menschen, die vorher vielleicht nicht die Beachtung bekommen haben, durch Social Media die Möglichkeit haben, sichtbar ihre Meinung zu äußern. Aber qualitative Streitgespräche gibt es relativ wenig. Wie oft wird in solchen Gesprächen wirklich gestritten? Vieles wird, wie im Battle-Rap heute, totgeschwiegen, weil es peinlich ist, weil dann gesagt wird, ich will mich jetzt nicht auf das Level dingsen.

Brockhausen: Das ist eine ganz mächtige Waffe: Du, darüber streite ich nicht mit dir.

Da ist der Streit schon zu Ende, bevor er anfangen kann. Wie kann man einen Streit denn überhaupt beenden?

Şahin: Im Battle-Rap will ich gewinnen. Dafür würde ich über Leichen gehen. In der Wissenschaft ist es eine Mischung zwischen verstanden werden und gewinnen. Auf der Ebene der Liebespaare oder Freund:innen wäre mir wichtig verstanden zu werden.

Brockhausen: Oh. Das ist das sichere Rezept, ganz lange zu streiten.

Hübl: Ich würde auch sagen: Man muss gewinnen wollen, aber mit fairen Mitteln. Während man in einer Partnerschaft vielleicht nicht immer die allerfairsten Mittel verwendet.

Brockhausen: Es kommt auch auf das Thema an. Ich sehe viele Paare, die streiten, um sich nicht mit den Dingen auseinandersetzen zu müssen, die richtig Angst machen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • "Während man in einer Partnerschaft vielleicht nicht immer die allerfairsten Mittel verwendet."

    Bitte was?

    Das hört sich so an wie, Beziehung heißt sich so gut es geht auf den Gegner einzustellen, Moment Partner heißt es offiziell.

    Gerade in meiner Beziehung, achte ich doch auf die Wahl meiner Mittel und wenn es sein muss, zieht man eben nicht voll durch.

    Was sind denn das für "Siege?"

    • @Sven Günther:

      Das habe ich auch gedacht! In einer Beziehung siegen zu wollen, zeugt von Machtansprüchen. Und die haben in der Liebe am wenigsten zu suchen!

  • welche Dinge machen richtig Angst?

  • Interessant dass hier die wichtigsten Fragen kaum berührt werden. Was ist Streit überhaupt wert und unter welchen Bedingungen ist er nichts mehr wert? Positiv könnte man zum Beispiel formulieren: Streit ist ein Indiz für die Abwesenheit von Macht. Negativ formuliert: gestritten wird besonders gerne, wenn die Gefahr gering ist. In der Anonymität des Netzes ist der Streit zum Beispiel ganz billig. Aber was sind dort vermeintlich errungene Siege noch wert? Nichts und das ist übrigens auch die Ursache von Frustration, Wut und Hass. In der wirklichen Welt sieht es ja auch ganz anders aus. Mit dem Chef wird nicht gestritten, da gibt es höchstens inszenierte Pseudo- Diskussionen, und die auch nur nach Rangfolge. An solcher Un- Kultur scheitern dann nicht nur ganz viele Fortschritte, sie dient auch eigentlich nur dem Erhalt der Machtstruktur. Auch in Beziehungen wird eher weniger gestritten, die möglichen Verluste wiegen zu schwer. Wird gestritten, dann vorzugsweise über Ersatzthemen, über eher symbolische Fragen und rituell. Die Frage ist auch dabei natürlich, was so etwas nützen soll. Aber auch hier geht es vor allem um die Bestätigung der Beziehung und innerhalb dessen um Fragen der Macht und Deutungshoheit. Eigentlich betrifft die Diskussion die Frage, wer mehr zu riskieren bereit ist. Risiko ist überhaupt ein interessanter Begriff um Streit und seinen Nutzen zu beschreiben. Natürlich ist es auch ganz schön zu erleben, dass der Andersdenkende kein ganz übler Mensch ist, von daher sind solche Aktionen wie die der Zeit schon sinnvoll. Wirklich überzeugend sind aber doch nur Menschen, die für ihre Haltung in zentralen Fragen auch etwas riskieren. Die heute gerade mal wieder vielgepriesene Meinungsfreiheit ist eigentlich das genaue Gegenteil davon. Die ist ein Nebeneinander, eine scheinbare Gleichwertigkeit von Meinungen, die dann auch tendenziell mehr Accessoire sind als Überzeugung und daher auch in möglichst bequemer und chauvinistischer Ausprägung bevorzugt werden.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Allerdings!