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Kampf gegen Corona in DeutschlandDie Stunde des Föderalismus

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Das föderale System ermöglicht dezentrale Maßnahmen – beim Kampf gegen die Corona-Ausbreitung, die die WHO nun als Pandemie einstuft, eine Chance.

Test de luxe: Aus dem Auto steigen ist in der Münchner Drive-in-Corona-Teststation nicht mehr nötig Foto: Peter Kneffel/dpa

ber den deutschen Föderalismus wird gern und viel gemeckert: Kleinstaaterei, föderaler Wirrwarr, abschaffen! Auch angesichts der Ausbreitung des Coronavirus, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Mittwoch als Pandemie einstufte, fühlen sich KritikerInnen wieder bestätigt: Wieso gibt es keine zentral gesteuerten Notfallpläne, wieso schweigt die Kanzlerin so lange? Um dann neidvoll nach Italien zu blicken, wo Ministerpräsident Giuseppe Conte als oberster Krisenmanager das Land flächendeckend unter Quarantäne gestellt hat.

Doch ausgerechnet jetzt ist Kritik am Föderalismus völlig unberechtigt. Deutschland ist eben kein Einheitsstaat mit starker Zentralregierung wie Italien. Entsprechend zurückhaltend tritt die Kanzlerin auf. Mehr noch: Der Föderalismus ist sogar das bessere System, um solch eine Krise zu überstehen. Da behält Angela Merkel, die sich am Mittwoch in der Bundespressekonferenz endlich doch noch zu Wort meldete, recht.

Deutschlands föderales Prinzip ist von Vorteil, weil es dezentrales und dem Problem angepasstes Handeln ermöglicht. Im konkreten Fall heißt das, dass Merkel eben nicht wie Conte in Italien entscheiden kann, dass etwa flächendeckend Schulen und Kitas geschlossen werden. In Deutschland entscheiden darüber die Bundesländer und ihre regionalen Ämter, die die Lage vor Ort am besten einschätzen können.

Merkels Zurückhaltung ist richtig

Wieso sollte auf Hiddensee, wo noch keine Coronavirusinfektion gemeldet wurde, der Unterricht genauso ausfallen wie aktuell im Kreis Heinsberg, dem Epizentrum der Epidemie. Das wäre völlig überzogen. Kann deshalb jedes Land und jede Kommune handeln, wie es beliebt? Natürlich nicht. Der deutsche Föderalismus ist ein kooperativer und kein dualer wie in der Schweiz.

Das heißt, es geht nicht vorrangig um Vielfalt und Wettbewerb – auch wenn das im Bereich der Bildung anders erscheinen mag –, sondern die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern steht im Mittelpunkt. Diese Zusammenarbeit funktioniert in der bisherigen Krise bisher ganz gut. Die Große Koalition hat sich am Sonntag auf ein erstes, schnelles Milliardenpaket geeinigt, um die wirtschaftlichen Einbußen abzufedern. Kurzarbeitergeld kann leichter beantragt werden und Unternehmen bekommen Liquiditätshilfen.

Gesundheitsminister Jens Spahn hat zudem empfohlen, Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 TeilnehmerInnen abzusagen. Und binnen drei Tagen haben das alle Bundesländer auch mehr oder weniger so umgesetzt, wenn auch manchmal erst nach Ermahnung. (Berlin, echt jetzt!) Am Donnerstag treffen sich die MinisterpräsidentInnen und die KultusministerInnen der Länder, um sich untereinander weiter abzustimmen.

Das heißt nicht, dass die nächsten Wochen nicht hart werden und viele Menschen, darunter jene, die in Gesundheitsämtern und Krankenhäusern arbeiten, an die Grenzen der Belastbarkeit und darüber hinaus kommen werden.

Dem jahrelangen Personalabbau im öffentlichen Dienst und dem zu großen Teilen privatisierten und auf Renditeerwartungen ausgerichteten Gesundheitssystem liegt aber nicht die Idee des Föderalismus zugrunde, sondern die Ideologie des Neoliberalismus. Und die kann man gerade in einer nationalen Krise wie dieser noch einmal zu Recht kritisieren.

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34 Kommentare

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  • Personalabbau im Gesundheitswesen?

    Haben Sie, Frau Lehmann nicht mitbekommen, dass händeringend in der pflegenden und medizinischen Branche Personal gesucht wird? Sowohl im privaten wie im staatlichen Bereich!



    Allgemein auch bekannt unter dem Begriff „Pflegenotstand“

  • Ich hätte mir eine solche kraftvolle Rede auch bei uns gewünscht.



    www.youtube.com/watch?v=X7KCyRxOoJw



    Bei uns wird jedoch nur lamentiert.

  • "Und binnen drei Tagen haben das alle Bundesländer auch mehr oder weniger so umgesetzt,"

    Genau... "mehr oder weniger" und nicht sofort, sondern "binnen 3 Tagen". In diesen 3 Tagen wurde der Virus weiterverbreitet. Dass hier nicht auf die Erfahrungswerte in China und Italien und auf die Aussagen der Epidemologen und des RKI sofort reagiert wird und klare Ansagen sofort umgesetzt werden, ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit.

    • @Jossi Blum:

      Das Problem ist eigentlich eher, dass Herr Spahn sich erst geäußert hat, als in Italin das Kind im Brunnen lag. Die Empfehlung hätte auch schon 14 Tage früher kommen können. Aber die Krankheit wurde ja als Chinesisch eingestuft, und die Maßnahmen der dortigen Regierung als Freiheitsberaubung eingestuft.

  • Hier scheint der Föderalismus doch eher nicht wirklich zu funktionieren. Wie die Autorin doch selbst schreibt: "Berlin, echt jetzt!". Im Zweifelsfall verhindert der Föderalismus hier sogar von der WHO und vom Robert Koch-Institut empfohlene Maßnahmen, da sich irgendein Lokalpatriot mit besonders eigensinnigen Entscheidungen profilieren will. So unverantwortliche Gestalten sind nicht in der Politik? Na dann empfehle ich den Blick über den großen Teich in die USA falls Berlin nicht ausreicht. Tatsächlich ist zu dem Zeitpunkt, als ich das hier schreibe, auch Berlin zur Besinnung gekommen.

    Ich weiss nicht, warum man den beiden oben genannten Organisationen nicht folgen sollte. Beide sind für mich darüber erhaben eigensinnige Entscheidungen zu treffen. Vielleicht manchmal falsche, aber bestimmt keine, die auf den eigenen kurzfristigen politischen Vorteil ausgelegt sind.

    Davon abgesehen: Ausfälle durch die (jetzt auch offizielle) Pandemie sollen vom bundesdeutschen Steuerzahler getragen werden. Aber die Länder selbst sollen über die Eindämmungsmaßnahmen entscheiden? Na da freuen sich die Leute, die in Bundesländern wohnen die jetzt hart reagieren aber im Besonderen, wenn die langfristigen Kosten dann in besonderer Höhe in den Ländern anfallen, die jetzt zögern. Soviel auch zum Föderalismus.

  • Was sich mir an dem Argument nicht ganz erschließt. Warum sollte ein zentralisierteres System nicht auch in der Lage sein, lokale Entscheidungen zu treffen. Das war ja in China und Italien auch so. Erst einzelne Dörfer, dann ganze Provinzen und schließlich das ganze Land. Das Wichtigste ist halt, dass die entsprechenden lokalen Daten vorliegen. Aber da wird es in einem zentralisierten System doch sicher auch Schnittstellen geben, selbst wenn die Entscheidungsgewalt woanders liegt, oder nicht?

  • 8G
    80851 (Profil gelöscht)

    Das wird bestimmt gut mit der Epedemiebekämpfung im Föderalismus. Das wird bestimmt genauso gut wie bei der Bildung.

  • Das Problem ist nicht mehr oder weniger Föderalismus. Problematisch ist, dass uns hier die geeignetsten Maßnahmen nicht zur Verfügung stehen. Die wirksamste Lösung müsste leider so aussehen, wie die Chinesische:

    Jeder, der das haus verlässt, hat eine App auf dem Handy. diese verfolgt, wer wem begegnet und wer wann wo war. Das alles ein großes Datensilo gekippt und schon gibt es eine Echtzeit-simulation der Virenverbreitung. Dazu noch regelmäßige eingabe der Körpertemperatur und schon hat man alles für ein individual risk assessment.



    Wird jemand positiv getestet, erhalten alle, die er zuvor getroffen hat einen roten Label mit der Aufforderung, sich direkt beim Test Center zu melden. Alle Kontakte 2. Grades bekommen orange -> häusliche Quarantäne (die dann auch überprüfbar wäre. Abhängig von dem Ergebnis der Tests des 1. grad - Kontaktes wirds dann nach 1-3 tagen wahlweise grün oder rot....



    Wobe das nur sinnvoll ist, jeder mitmacht (mitnachen muss). Das ist aber einfach erreichbar: Transportmittel, Arbeitsplätze, Praxen und Geschäfte darf man dann eben nur noch betreten, wenn man das Grün-signal der app vorzeigen kann.

    Nicht wirklich menschenrechtskonform, abrr das beste, was man machen könnte, solange keine pharmakologische Lösung vorhanden ist.

    An Italiens hilflosen Versuchen sieht man, dass unser auf persönlichen Freiheiten und Persönlichkeitsrechten basierendes System hier an Grenzen gerät. Gerade fordert doe Lombardei einen kompletten Lockdown, abrr mit ausnahmen für Geschäft, Apotheken etc.... wo dann trotzdem ein Infizierter hin geht. Maxinale Kosten (nicht nur in €) und vager Ausgang.



    In der Provinz Hubei nehnen inzwischen die Firmen die Arbeit wieder auf - eben weil man eine sehr große Sicherheit hat, dass diejenigen, die an der Arbeitsstelle erscheinen und grün sind, tatsächlich nicht infektiös sind.

    Ich mag aber wetten, dass man sich hier für die wahrung der Persönlickeitsrechte und somit auch für den vermeidbaren Tod vieler alter Menschen entscheidet.

    • @Navitrolla:

      Argentinien verhängt hohe Geld- und Gefängnisstrafen, wenn Menschen die vorgeschriebene Quarantäne nicht einhalten. Ich verstehe auch nicht, wieso durchaus unbequeme, aber wirksame Maßnahmen gegen eine rasche Verbreitung des Virus als Freiheitsberaubung und undemokratisch eingestuft werden. Unsere Gesundheit ist das höchste Gut.

    • @Navitrolla:

      Hey, ja klar, DIE Gelegenheit diese nervige Demokratie abzuschaffen.

    • @Navitrolla:

      Genaus so ist es, hier wird meiner Meinung nach vieles verschlafen und nicht gehandelt, wo man doch sieht, was die bessere und erfolgversprechendere Verhaltensweise ist. Nun warten wir alle ab, bis der große Knall mit Tausenden Erkrankten kommt, die Kliniken kollabieren, die Alten und Schwachen lässt man ins Feuer laufen, anstatt die Bürger JETZT wo es noch geht zu schützen. Dann kann das Virus erst gar nicht weiter kommen. Es traut sich wohl nur keiner in unserer Regierung, zu Handeln. Genau wie bei der Flüchtlingskrise. Föderalismus ist richtig, aber es muss trotzdem eine klare Führung geben. Die erkenne ich gerade auch nicht.

    • @Navitrolla:

      Klar. Man kann das so machen wie die Chinesen. Die Vorstellung von einer Pandemie und wie man ihr begegnet, ist ja auch nicht neu: Da gab es in Literatur und Film viele Beispiele. Der Westebn (was immer das konkret heißt) hat sich irgendann entschlossen, die Freiheitsrechte des Einzelnen sehr sehr hoch zu schätzen. Ich stimme dem zu. Im einem Sysem, wie China möchte ich nicht leben. Da stebe icfh lieber an Corona. Und: Ob die Chinesen mit ihrer faschisoiden Handhabng ERfolf gehabt haben, wird man erst in Jahren festestellen. Oder glauben Sie ernsthaft der Zahlen eines diktatorischen Regimes?

    • @Navitrolla:

      Und wer überprüft, ob ich im Bus, am Arbeitsplatz, im Geschäft tatsächlich mein eigenes Smartphone vorweise und nicht das meines cleanen Angehörigen?



      Im Übrigen entscheiden sich jährlich sehr viele gegen eine Grippeschutzimpfung oder wie zuletzt wieder gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen und nehmen ihren eigenen Tod oder den ihrer Mitmenschen in Kauf. Dafür müssen wir noch nicht einmal Persönlichkeitsrechte bemühen.

  • 0G
    09617 (Profil gelöscht)

    Der Föderalismus ist eine Chance. Zentralgesteuerte Systeme sind schwerfällig und unbeweglich, es sei denn eine autoritäre Staatsmacht wie China ordnet drastische Quarantänemassnahmen an, die die Freiheiten des einzelnen Bürgers stark einschränken und auch vor harten Strafen nicht zurückschrecken. Das andere ist eine Mentalitätsfrage. In einem Land, wo die Leute auch dann nicht bei Rot über die Strasse gehen, wenn weit und breit kein Auto in Sicht ist, kann man bestimmte Massnahmen besser durchsetzen als in einem Land, wo jeder quer über die Strasse rennt, wie es ihm passt. Wenn man dann noch dazurechnet, dass die Gesundheitssysteme in Südeuropa noch maroder, dank neoliberaler Sparpolitik, sind als in Nordeuropa, dann kommt da eine Mischung zusammen, die höchst explosiv ist.

  • Danke! Was wir an unserem Föderalismus haben, wird gerade JETZT deutlich. Das kann in Zeiten, in denen rechte, autoritäre Ideen immer weiter um sich greifen, gar nicht oft genug gesagt werden. Ich wage die Vorhersage, dass nach dem Überstehen der Pandemie Föderalismus weltweit einen erheblich besseren Ruf genießen wird...

    • @boidsen:

      Ohne ein gutes Haar an China finden zu können, die Epidemie wurde dort nicht durch Abwägen eingedämmt.



      Wenn es schlimm kommt und eine unkontrollierte Verbreitung stattfindet, dann fällt uns das auf die Füße, die Rufe nach einer starken Hand kommen dann ganz von alleine, aber den Falschen!



      Auch demokratische Strukturen können und müssen durchgreifen können, wenn es nötig ist. Es ist temporär. Wenn die Politik sich die Handlungsmacht aus den Händen nehmen lässt, ist sie bestenfalls angezählt...

  • Hm, ich halte viel vom Förderalismus, allein die mehrfachen medizinieschen Strukturen die wir dadurch in D haben sind jetzt von Vorteil.



    Aber in diesem Fall, wenn es um eine Bekämpfung einer exponientiell sich ausbreitenden Erkrankung geht, ist Entscheidungsvielfalt nicht von Vorteil.



    Eine Seuche bekämpft man nicht durch Diversität, es gibt in diesem Fall nur schwarz oder weiß. Wenn der erste Fall aufgetreten ist, gibt es schon eine unbekannte Anzahl weiterer Infizierter, dann erst zu reagieren ist zu spät.



    Angenommen es ist Konsenz den Virus zu bekämpfen, dann richtig sofort wenn nicht, warten wir ab. Zum Glück ist es nicht Ebola.

    • @nutzer:

      Es gibt NIE schwarz oder weiß. Ich bin sicher, dass werden wir sehen, wenn der chinesische Propaganda-Nebel verschwunden ist und wir tatsächlich erkennen, was dort geholfen hat und was nicht ...

    • @nutzer:

      Wie wärs mal mit etwas mehr Vertrauen in die Menschen, die jetzt Entscheidungen zu treffen haben?



      Und selbst wenn etliche davon schwere Fehler machen sollten, wirken sich Fehlentscheidungen in einer Struktur verteilter Verantwortlichkeiten ungleich weniger drastisch aus, wie in einem zentralistisch organisierten System...

      • @boidsen:

        das Vertrauen wird davon beeinträchtigt, dass die lokalen Gesundheitsämter sich aus Angst vor zu zahlendem Schadensersatz bei knapper Kassenlage sich oft nichr an Absagen heranwagen. Also zermürbt nan Veranstalter in dee Hoffnung, dass die es selber tun mit Auflagen.... das ist doch der Konstruktionsfehler im System....

    • RS
      Ria Sauter
      @nutzer:

      Schliesse mich Ihren Worten an.



      Es ist in diesem Fall nicht zu begrüssen, im Gegenteil.



      Es herrscht Unklarheit.

      • @Ria Sauter:

        Kommentar entfernt. Bitte beachten Sie die Netiquette.

        • @boidsen:

          politisch gesehen teile ich ihre Sicht. Nun hat aber ein Virus, der es schafft alle x Tage die Fallzahlen zu verdoppeln, aber nichts mit Demokratie zu tun.



          Wenn durch Verzögerung und die geschieht genau durch den doppelten Kompetenzen die Fallzahlen zu hoch für unsere Krankenhäuser werden sollten (Konjunktiv!), dann sehe ich allerdings sehr wohl die Gefahr, das eben jene, die die sie gerade erwähnt haben ihr Süppchen darauf kochen werden.

          • @nutzer:

            Ergänzung: Stellen Sie sich einmal vor, die deutsche und die französische Regierung würden, was ich übrigens für durchaus realistisch halte, virusbedingt arbeitsunfähig. In welchem Land wären wohl die Folgen dramatischer?

          • @nutzer:

            Alles ist Politik! Gerade Notsituationen werden durch verteilte Verantwortlichkeiten und flache Hierarchien am erfolgreichsten bewältigt. Das hat sich in der Geschichte der Menschheit unzählige Male bestätigt.

            • @boidsen:

              Richtig, klare Ansage hilft, wenn man zielgerichtet die richtigen Maßnahmen anordnet. Problematisch ist, dass die meisten Maßnahmen, die der Politik zur Verfügung stehen relativ viel Einschnitt mit relativ schwachem Ergebnis - und riesigen Schadenersatzforderungen bedeuten.



              Für viele besser wirksame Maßnahmen fehlt die gesetzliche Grundlage, Personal oder Infrastruktur.



              Oder findet das in Ordnung, dass findige Geschäftsleute alle FFP-3 Masken aufgekauft haben und jetzt für 30€ je Stück verkaufen?



              Mein Bauch sagt mir, dass da 10 min nach einstellen des Angebotes die Polizei das Lager leer räunen sollte - zugunsten von medizinischem Personal oder Pflegeheimen, die schon jetzt knapp sind.



              Und die Hürde, sich da weitreichende Befugnisse zu schaffen, wurden dank unserer Geschichte relativ hoch gelegt.

              • @Navitrolla:

                Um neoliberalen Auswüchsen zu begegnen, muss man weder das föderale System, noch die Demokratie aushebeln. Dafür reichen schon die ersten 20 Artikel unseres Grundgesetzes...

            • @boidsen:

              Ist das so? Wie war das bei der Jahrhundertflut 2002? Da lag die Verantwortlichkeit für den Hochwasserschutz bei den Landkreisen, in irgend welchen Abteilungen und es gab keine klaren Melderegeln. Landkreis A hatte keine Ahnung, dass Landkreis B gerade durchgespült wurde. War aber superflach, die Hierarchie. Aus Erfahrung ist man offenbar klüger geworden, hat entsprechende Leitstellen und Meldeketten eingerichtet.



              Wie wir jetzt erfahren dürfen, liegt die Entscheidungsbefugnis für weitreichende Eingriffe in das Wirtschafts-, Sozial- und Kulturleben auf höchstens Amtsleiter-Ebene einer Kreis- oder Gemeindebehörde, bei Hochschulrektoren, bei Regionalkirchenämtern. Je nachdem, ob dort Hasardeure oder Hasenfüsse sitzen, düfen wir uns über einen Flickenteppich von Entscheidungen wundern. So lange, bis eine "Empfehlung" von übergeordneter Instanz, die aber eigentlich nicht entscheidungsbefugt ist, mit kaum verhohlener Unmissverständlichkeit alle Akteure auf Linie bringt. Warum nicht gleich für den Epidemiefall eine klare Informations-, Melde- und Weisungskette temporär in Kraft setzen? So ein Virus stoppt ja nicht an Landkreisgrenzen und die Berufspendler, Touristen, usw. auch nicht.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Eben gerade den Berliner Bürgermeister Müller gesehen, der Richtlinien und nicht nur Empfehlungen von Spahn wünscht. Der hat Schiss vor eigenen Entscheidungen.



    Toller Förderalismus.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Nein, da geht es um Kohle. Sagt Müller ein Fußballspiel ab, muss Berlin Entschädigung zahlen.



      Würde - was er aktuell nicht darf - Spahn alle Spiele absagen, dürfte der Bund zahlen.



      Damit der Bund das darf, müsste aber erst Katastrophenfall ausgerufen werden uns dann das Infektionsschutzgesetz bemüht werden. dann gehen aber auch ganz andere Dinge ..

      • @Navitrolla:

        Bitte nicht alles durcheinander bringen: Der Katastrophenfall würde die Bundesregierung nur sehr begrenzt ermächtigen, was an der derzeitigen Lage kaum etwas ändern würde. Tatsächlich etwas ändern würde die Anwendung der Notstandsgesetze von 1968. Das wiederum aber wäre erstens verfassungsrechtlich hochumstritten und zweitens wegen der in dem Artikel beschriebenen und von mir hier dargelegten unschätzbaren Vorteile des Föderalismus ganz sicher nicht wünschenswert!

        • @boidsen:

          Sorry, habe das in der in der Tat was überlesen... Wenn der nationale Pandemieplan in kraft gesetzt wird, darf der bind ein bisschen mehr, aber richtig in die Grundrechte eingreifen können dann auch wieder nur die Länder.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Stell Dir mal vor, Müller wäre Spahn und wir hätten ein zentralistisches System! Merkst Du was?

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @boidsen:

        Zweitklassige Entscheider haben wir für 15 Bundesländer genug. Das zeigt die Schulpolitik