piwik no script img

Bildmanipulation beim MDRAb auf die Antifa-Couch

Bei der Sendung „Sachsenspiegel“ wurde das Plakat antifaschistischer Demonstranten retuschiert. Es ist nicht der erste Fehlgriff dieser Art.

Das retuschierte weiße Banner beim „Sachsenspiegel“ Foto: mdr/screenshot: taz

Berlin taz | Jeder Mensch macht Fehler. Ständig. Aber wenn jemand immer wieder denselben Fehler macht, dann gibt das Anlass, am Fehlercharakter der Fehler zu zweifeln.

Der Jemand, der wiederholt ähnliche Fehler macht, ist der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR). Dem ist bei Berichterstattung über die antifaschistischen Proteste gegen den Dresdner Naziaufmarsch anlässlich des 75. Jahrestages der Bombardierung der Stadt wieder einmal ein Fehler im Bereich Rechtsextremismus unterlaufen.

Am Samstag strahlte er in der Sendung „Sachsenspiegel“ einen Beitrag über die Ereignisse des Tages aus. Auf einem Foto, das als Moderationshintersetzer genutzt wurde, waren antifaschistische Demonstranten mit einem schwarzen und einem weißen Transparent zu sehen, vor ihnen eine Reihe Polizisten.

Während auf dem schwarzen Transparent ein Schriftzug zu sehen war, war das weiße blank. Wie später auf Hinweis von Twitter-Nutzern klar wurde, hatte der MDR auf dem weißen Transparent das Konterfei von Georg Elser retuschiert, jenem Hitler-Attentäter, der sein Ziel am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller knapp verfehlte und 1945 im KZ Dachau ermordet wurde.

Das unbearbeitete Bild mit dem Konterfei von Georg Elser auf dem Banner Foto: xcitepress/mdr

Man bitte um Entschuldigung für das bearbeitete Foto, erklärte der MDR daraufhin auf Twitter. Ein Grafiker habe versucht, das Bild so zu bearbeiten, dass es in den dafür vorgesehenen Rahmen passe. Die Bearbeitung sei „ohne Rücksprache mit der Redaktion“ geschehen, die Redaktion hätte „diese Bearbeitung nicht geduldet“.

Der MDR entschuldigte sich also, genauso wie sich ein MDR-Sprecher nach der Sachsen-Wahl für ein anderes vermeintliches Malheur entschuldigt hatte. Und beteuert hatte, dass es ein „Versprecher“ gewesen sei, als die Moderatorin Wiebke Binder nach der Landtagswahl in Sachsen in einer Livesendung von einer „stabilen bürgerlichen Koalition“ aus CDU und AfD gesprochen hatte. Journalisten und Zuschauer kritisierten daraufhin, dass Binder die AfD damit als „bürgerlich“ statt „rechtspopulistisch“ oder „rechtsextrem“ labelte – eine berechtigte Kritik.

Selbst wenn hinter diesen Fehlern keine Absicht steckt: Sigmund Freud schrieb einmal von Wiederholungszwang, Akte, die die Handelnden bewusst als fehlerhaftes Verhalten wahrnehmen, die jedoch vom Unterbewusstsein gesetzt werden. Vielleicht sollte sich der MDR mal auf die Therapiecouch legen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • richtig gelesen - ich finanziere mit meinen Gebühren Paintshop für einen "öffentlich rechtlichen" Sender....?!!

  • Sorry, ich bin ja sonst der TAZ gegenüber durchaus leidensfähig aber hier ist die Aufmachung wohl eher dem Ressort "Meinungsmache" zuzurechnen.



    " Es ist nicht der erste Fehlgriff dieser Art." - "dieser Art" -also der inhaltlichen Änderung von Bildinhalten. Ok, aber



    wann war denn der erste "Fehlgriff dieser Art" ?



    Oder ist ein akustischer Fehlgriff jetzt von der gleichen Art wie eine Bildmanipulation ?

    Hier wird ja ganz offenbar bewusst der Eindruck geschürt beim MDR würden ständig Bildinhalte manipuliert.

    • @Bolzkopf:

      Das verstehe ich jetzt nicht?



      Was wäre hier Meinungsmache? Die im Artikel beschreibenen Vorfälle haben doch stattgefunden und sind dokumentiert. Oder meinst du das sind fake-news?



      Ich fand es sehr interessant zu erfahren. Kann ja auch sein, dass es nur ein reiner Zufall ist.

      Danke Herr Agar für den Artikel!

  • Vielleicht haben die Datenschutzbeauftragten beim MDR hier ein Wörtchen mitgeredet: zum Schutz der persönlichen Daten (und zu persönlichen Daten zählt auch die Abbildungs des Gesichts) wurde die Abbildung von Georg Elser gelöscht, um zu vermeiden, dass die abgebildete Person klagen kann. Was wiederum dafür spricht, dass der MDR nicht wusste, wer da abgebildet ist.

    Alle anderen, Polizei und Demonstranten, sind von hinten zu sehen.

    Die Erklärung des MDR ist nur peinlich. Aber anscheinend war es ihnen peinlicher zuzugeben, dass ihnen Georg Elser unbekannt ist? Sein Name (persönliche Daten!) steht ja auf dem unretouchierten Plakat.

  • Bei so viel Engagement gegen die Antifa in Sachsen kann ja einer AfD-Herrschaftsbeteiligung nichts mehr im Wege stehen.

  • Was haben die denn um Himmels willen gegen Elser?! Wussten die beim MDR überhaupt, wer da abgebildet war? Den erkennt ja auch nicht jeder... Oder wollten die auf diesem Foto einfach gar kein Gesicht zeigen? Rätselhaft! Das mit dem Grafiker und "in den Rahmen passen" ist jedenfalls Quatsch -- durch das Löschen wird das Bild ja nicht schmaler oder sowas.

    • @miri:

      Da war wohl der politische Rahmen gewisser Kreise beim MDR gemeint, in den Georg Elser nicht hineinpasst...

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @miri:

      Ich vermute mal die haben nicht erkannt wer das ist und interpretierten das Banner als gegen eine Person gerichtet (wegen dem roten Ramen) und dann um keinen Aerger zu bekommen haben sie es wegretuschiert.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Ja, da stimme ich mit Ihnen überein. Die Verwendung eines kreisrunden roten Rahmens legt ein "Verbot" oder Missbilligen des Motivs im Inneren des Kreises nahe. Sehr unglücklich gewählt, besonders weil der Name von Georg Elser den meisten noch politisch interessierten halbwegs bekannt sein wird, aber wohl nicht sein Aussehen.

        • @weaver:

          Ja, aber auch erwarte ich von einem Fernsehsender, dass er das Bild unretouciert wiedergibt. Egal eigentlich wer oder was da abgebildet wird!!

  • Was sollte der Zweck, der Retouchierung sein? Mir fällt keiner ein....