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NPD-Demo gegen JournalistenRechte dürfen sich maskieren

Bei einer Demo der NPD in Hannover macht die Polizei für die Rechten eine Ausnahme vom Vermummungsverbot. Diese wollten nicht fotografiert werden.

Durften sich vermummen: Teilnehmer der NPD-Demo gegen Journalisten Foto: Ole Spata/dpa

Hannover taz | Vermummung ist nicht gleich Vermummung. In Hannover durften Rechtsextreme bei einer Demonstration ihr Gesicht maskieren. Der Polizei genügte als Begründung, die Teilnehmer an dem NPD-Aufmarsch gegen die öffentlich-rechtlichen Medien und einzelne Journalisten wollten sich nicht von der Presse fotografieren lassen.

Am Samstag vor einer Woche waren an die 9.000 Menschen in Hannover gegen die knapp 120 NPD-Anhänger auf die Straße gegangen. Schon vor Beginn des Aufmarschs versuchten mehrere Rechte den Journalisten David Janzen, der zu den namentlich genannten Journalist*innen gehört, beim Fotografieren zu behindern. Andere Rechtsextreme begannen, weitere Medienvertretrer*innen zu schubsen und wegzudrücken. Ein Journalist erhielt eine Kopfnuss. Die Polizei schritt ein und schob die Journalist*innen weg.

Später ordnete sie eine Distanz zu dem Marsch von 20, 30 Metern an. Einzelne Rechtsextreme – voll vermummt – fotografierten derweil die Pressevertreter*innen. Auf Twitter versuchte die Polizei ihr Verhalten zu erklären: „Unsere Kollegen haben mit den vermummten Personen gesprochen, demnach diente die Vermummung nicht zur Verhinderung der Identitätsfeststellung.“

Auf Nachfrage des Journalisten Patrick Gensing hieß es dann weiter: „Die Teilnehmer gaben an, dass sie nicht auf Bildern der Medienvertreter erkennbar sein wollten.“ Über 650 Twitter-Kommentare folgten – zwischen Empörung und Fassungslosigkeit.

Bei Nazis okay?

Mittlerweile verweist die Polizei auf das niedersächsische Versammlungsgesetz, nachdem eine Befreiung vom Vermummungsverbot möglich sei, wenn keine Gefahr für die öffentliche Ordnung bestehe. Die Kommentatoren bei Twitter fragen, ob die Polizei mit zweierlei Maß messe: „Bei Nazis ist das okay, bei Gegendemonstranten oder linken Demonstrationen nicht?“

Und es wird auf den G20-Gipfel verwiesen. In Hamburg hatte die Polizei bei der „Welcome to Hell“-Demonstration versucht, das Vermummungsverbot durchzusetzen und so eine Straßenschlacht mit vielen Verletzten ausgelöst. Andreas Speit

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27 Kommentare

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  • um was genau ging es ...

    um ein verbot des vermummungsverbots, oder um das verbot des verbots um das vermummngsverbots.

  • Armes Deutschland, wohin driftest du ab!



    Die wirtschaftliche Konkurrenz aus dem Ausland wird sich freuen, wenn man Deutschland wieder als Nazistaat Brandmarken kann und zum Boykott deutscher Produkte aufrufen kann!

  • Sind Polizeibeamte bei besonders heiklen Einsätzen nicht zu ihrem eigenen Schutz vermummt?



    Für den Betriebsfrieden bei der Polizei wäre es sicher nicht so gut, wenn die Kollegen von der Einsatzgruppe in den blauen Uniformen, die von der in den schwarzen Uniformen wiedererkennen würden...

  • Man kann die zuständige und verantwortliche Person wegen Diskriminierung und Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verklagen...

  • Da zeigte sie sich wieder: Die rechte Seite der sog. 'Ordungshüter'.

    Man stelle sich vor: Weil Nazis nicht fotografiert werden wollen, wird das Vermummungsverbot aufgehoben!

    • @fvaderno:

      Es gibt im Niedersächsischen VersG kein direktes Vermummungsverbot bzw. ist dieses gesondert geregelt und keine direkte Straftat. Anders als in HH, dort gilt das VersG des Bundes und somit auch Vermummungsverbot. In NI vermummt sich auf jeder Demo Hans und Franz und keiner sagt was, weil er nicht unbedingt muss....

    • @fvaderno:

      Das niedersächsische VersG sieht kein direktes Vermummungsverbot vor. Erst wenn dieses seitens der Polizei direkt ausgesprochen wird, ist man im Bereich der Ordnungswidrigkeit. Anders in HH, dort gilt das VersG des Bundes und ein damit einhergehendes Vermummungsverbot bzw. Straftat. Polizei ist nunmal Ländersache und somit auch Teile der Gesetzte. Die Polizei in NI lässt also wie bei vielen Demos für alle Seiten die Vermummung durchgehen ohne gg. das Gesetz zu verstoßen.

  • www.haz.de/var/sto...teaser_article.jpg

    "Vermummungsverbot aushebeln! Linke Protestkultur stärken!" hieß es auf einer Demo heute in Hannover im Zusammenhang mit der NPD Demo.

    Ist das nun eine linke Kulur dieses Vermumungsgedöns?

  • Wahrscheinlich wollte die Polizei nur nicht, dass man alle Kollegen erkennt, die da in der Freizeit für die NPD marschieren.

    Ich hoffe, dass hat im Landtag ein Nachspiel.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    „Unsere Kollegen haben mit den vermummten Personen gesprochen, demnach diente die Vermummung nicht zur Verhinderung der Identitätsfeststellung.“

    Es sind wohl religiöse Gründe, die die Nazis dazu bringen, sich zu vermummen.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      .



      Ich bin für ein Verdummungsverbot

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @61321 (Profil gelöscht):

        Um das durchzusetzen bräuchte man intelligente Polizeieinheiten.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Einfach nicht so angebräunte würde schon reichen.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    es geht schon lange so einiges mit der rechten begründung gegenüber den bullen.

  • 6G
    64662 (Profil gelöscht)

    Für Leute, die es immer noch nicht gemerkt haben:



    Deutschland ist eben ein RECHTSstaat!

    Sollten eines Tages tatsächlich die Interessen der Reichen, der Banken und der Konzerne durch fortschrittliche Politiker ernsthaft bedroht sein, dann müssten eben leider, leider gewisse Kräfte von der Kette gelassen werden! Die Verantwortung dafür trägt ganz allein der Wähler!

  • 7G
    75064 (Profil gelöscht)

    So langsam fängt bei mir das (Fremd-)schämen für die unglaubliche Blödheit der für diesen Schwachsinn verantwortlichen Menschen an.



    Oder sind da am Ende Faschisten in den Reihen unserer rechtsstaatlichen Polizei am Werke?



    Ich mag es nicht glauben...

    • @75064 (Profil gelöscht):

      ...das Ende ist nah. Sehr nah.

  • Ich würde sagen ich bin sprachlos, aber das stimmt nicht, ich habe nur Schwierigkeiten Worte zu finden die nicht unflätig sind.

    Linke Demonstranten werden verhaftet weil sie Regenschirme haben, das ist dann (wahlweise) eine "Schutzbewaffnung" oder eine "Passivbewaffnung". Ebenso Sonnenbrillen an einem sonnigen Tag.

    Ich erinnere mich auch an eine Demo von Flüchtlingen vor Jahren, denen sogar Sitzkissen weggenommen wurden, sowie Jacken die sie gegen Kälte brauchten.

    Aber Nazis dürfen, von der Polizei abgesegnet, gegen das Vermummungsverbot verstoßen? Wenn man dann noch bedenkt dass noch vor Kurzem dem VVN die Gemeinnützigkeit abgesprochen wurde wird mich sehr sehr schlecht.

    Ich schliesse mich Frau Bejarano bei der Frage "Wohin steuert die Republik?" an. Wobei diese ja eher rhethorisch ist.

    • @Yodel Diplom:

      "mir sehr schlecht". Fehler die einem immer kurz nach dem Abschicken auffallen..

  • Die "Straßenschlacht" nach der "Wellcome to hell" -Demo war sehr einseitig: PolizeibeamtInnen haben wie entfesselt auf DemonstrantInnen eingeprügelt.



    Aber richtig ist: Die ganz offizielle Begründung war, die Vermummung von Mensch in der Demo. Wobei bis heute nicht aufgeklärt werden konnte, wie viele der "Vermummten" Polizeibeamte in Zivil waren. Unbestritten war es aber eine größere Anzahl von Personen.

    • @Wagenbär:

      200 von 10.000 haben trotz Verhandlungen die Vermummung nicht abgenommen. Die Polizei hatte einen Ermessensspielraum. Aber Herr Dudde eben auch ein Ziel.

  • Der Artikel liest sich für mich ein wenig "recycelt"…



    taz.de/Neonazi--un...Hannover/!5640428/



    Rechtsradikale vermummt.



    Was denken sich die Verantwortlichen? Nichts?



    Macht mich sprachlos.



    Wo bleibt die Staatsanwaltschaft?



    Kann das auch eine Bürger*in zur Anzeige bringen?



    "…eine Befreiung vom Vermummungsverbot möglich sei, wenn keine Gefahr für die öffentliche Ordnung bestehe."



    Bei Rechtsextremen besteht keine "Gefahr für die öffentliche Ordnung"?



    Wahrscheinlich "nur" für die Demokratie, für die Vielfalt, für Menschen mit Migrationshintergrund, für Linke, für Schwarze, für Schwule … … … Na, dann geht's ja…



    GRM.

    • @Frau Kirschgrün:

      Kann das auch eine Bürger*in zur Anzeige bringen? Würde mich auch interessieren.

  • Die deutsche Polizei kommuniziert wieder einmal deutlich, wo sie politisch steht und dass die Rechtsstaatlichkeit ihr in diesem Zuge nichts gilt... Deutschland zieh' dich warm an!

  • Das dient nicht der Verhinderung der Identitätasfeststellung, die wollen nur nicht erkannt werden.



    So viel Verständnis bekommen in D nur ausgewählte Gruppen von der Polizei.

  • Neoliberale - faschistische - "Kapital"-schützende Nazi-Schutzmaßnahme.

    Ein weiteres Beispiel dafür, dass unser Staat fortgesetzt auf dem rechten Auge blind bleiben WILL und auf dem linken Ohr taub ist.



    Und dies trotz der ja auch offiziell bestätigten Tatsache, dass von RECHTS deutlich mehr politisch motivierte Gewalttaten ausgehen.