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Die Ukraine nach Selenskis WahlsiegSprachlos in Kiew

Die Ukraine wird von einem Serienhelden regiert, der mehr von russischen Comedians versteht als vom eigenen Land. Ein intellektuelles Desaster.

Newcomer auf der politischen Bühne: Wolodimir Selenski Foto: dpa

I m April 2019 wählte die Bevölkerung der Ukrai­ne einen neuen Präsidenten. Wolodimir Selenski, Komiker und Fernsehproduzent ohne politische Erfahrung, setzte sich deutlich gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko durch, und im Sommer eroberte seine Partei „Diener des Volkes“ die absolute Mehrheit im ukrai­nischen Parlament. Nun ist die Ukraine seit einiger Zeit wieder in den Schlagzeilen. Doch der Wirbel betrifft fast ausschließlich ein Telefonat zwischen dem amerikanischen und dem ukrainischen Präsidenten und dessen mögliche Auswirkungen auf die amerikanische Innenpolitik.

Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass es in dem Telefonat um Panzerabwehrwaffen für das ukrainische Militär ging, um der russischen Aggression zu begegnen. Und auch die aktuellen Zugeständnisse des ukrainischen Präsidenten gegenüber Putin müssen erwähnt werden, mit der er Bewegung in die Verhandlungen über die Ost­ukraine bringen will. Dieses Entgegenkommen sehen viele Ukrainer skeptisch, vor allem jene, die für eine demokratische Zivilgesellschaft auf dem Maidan eingetreten sind, unter ihnen auch zahlreiche SchriftstellerInnen und Intellektuelle.

Die Skepsis hängt mit der Sensibilität von Intellektuellen für das Spiel mit Fiktion, virtuellen Welten und medialen Blasen zusammen. Die Wahl Selenskis zum Präsidenten ist solch ein Spiel mit virtueller Realität. In der Fernseh-Satire „Diener des Volkes“ spielt Selenski einen leicht tollpatschigen Geschichtslehrer, der von der Politik genervt ist und ständig Schimpftiraden loslässt, die seine Schüler heimlich filmen und bei YouTube hochladen. Daraufhin wird der unerfahrene, aber ehrliche Lehrer zum Präsidenten gewählt und tritt an zum Kampf gegen Korruption und Oligarchen.

Es ist eine hübsche Geschichte, vor der jedoch ukrainische AutorInnen wie Juri Andrucho­wytsch, Oksana Sabuschko oder Serhij Zhadan warnen. Denn im April wurde eher der Serienheld gewählt als ein echter Präsidentschaftskandidat. Selenski und sein Team konstruierten sehr erfolgreich eine Scheinwelt, an die sie offensichtlich selbst glauben. Das Erwachen in der Wirklichkeit könnte jedoch sehr enttäuschend werden für die Bevölkerung.

Der Nutzen intellektueller Tätigkeit

Intellektuelle sollten nicht zu begeistert von Regierungen sein, gerade wenn sie deren Werte teilen. Eine kritische Haltung gegenüber der Regierung und allem, was sie tut, ist der eigentliche Nutzen intellektueller Tätigkeit. Eine Auswechslung politischer Eliten erfolgt allerdings nur durch die Mehrheit der Wählerschaft. In seltenen Fällen spielen dabei Vertreter der intellektuellen Minderheit eine Rolle.

Präsident Selenski gibt sich als volksverbundener Präsident, und deshalb scheinen ihm die Themen, die Intellektuelle und KünstlerInnen ansprechen, kaum nachvollziehbar oder seriös. Von manchen hört und sieht er überhaupt zum ersten Mal. Er kann nicht mit ihnen kommunizieren, und die negative Haltung des überwiegenden Teils der ukrainischen Intellektuellen gegenüber dem Präsidenten lässt sich ganz gut mit dem Sprichwort fassen: „Wie der Ochs vorm Berg.“

Und tatsächlich steht Selenski vor einem Berg von Ereignissen, Menschen und Situationen, die die ukrainische Gesellschaft gerade durchgemacht hat oder durchmacht und die von Intellektuellen bereits vielfach kommentiert wurden. Doch beim Präsidenten hat man den Eindruck, er hört und sieht das alles zum ersten Mal.

Selenski ist der Präsident der KonsumentInnen, die nichts zu nah an ihre Komfortzone heranlassen wollen

Der Kern des Problems ist nicht einmal, dass er als Newcomer die politische Bühne betritt. Mit Ausnahme des Apparatschiks Leonid Krawtschuk war kein ukrainischer Präsident jemals Berufspolitiker. Die ukrainische Gesellschaft ist in dieser Hinsicht erfrischend unkonventionell. Es geht vielmehr darum, dass die Gesellschaft mit der Präsidentenwahl ein Konsumverhalten an den Tag legte.

KonsumentInnen sind offensichtlich in der Mehrheit und ihre Interessen sind natürlich nicht nur werbekonform oder auf feste Gehälter, regelmäßigen Urlaub, niedrige Preise für Strom und Heizung und dergleichen ausgerichtet. KonsumentInnen wollen keine Kämpfe und keine Aufarbeitung individueller und kollektiver Traumata, sie wollen keine sozialen Herausforderungen bestehen, sich mit gesellschaftlichen Missständen, auch zukünftigen, auseinandersetzen, sie wollen nichts zu nah an ihre Komfortzone heranlassen.

Bild: privat
Larysa Denysenko

ist Schriftstellerin, Funk- und Fernsehjournalistin, Rechtsanwältin und NGO-Aktivistin. Sie lebt in Kiew.

Das ist natürlich eine grobe Verallgemeinerung. Darum zurück zur öffentlichen Rolle der Intellektuellen. Sie sollten allgemeinverständlich eine kritische Sicht auf das aktuelle politische Geschehen formulieren und sich entgegen dem verbreiteten Konsumverhalten auch für soziale und kulturelle Ziele einsetzen.

Bild: privat
Alexander Kratochvil

ist Slawist und Literaturübersetzer. Er lebt in Berlin.

Wie der Ochs vorm Berg

Der gegenwärtige Präsident der Ukraine ist ein Mensch mit einem anderen soziokulturellen Code. Mit den kulturellen Grundwerten europäischer PolitikerInnen hat er nur wenig gemeinsam.

Während viele europäische PolitikerInnen zumindest vorgeben, das kulturelle Gedächtnis mit den Intellektuellen und KünstlerInnen in ihrem Land zu teilen und Debatten über soziale und kulturelle Werte nachvollziehen zu können, weiß der ukrainische Präsident nichts davon. Er steht wie der Ochs vorm Berg. Seine Referenz sind russische Comedians. Aber hat er schon einmal etwas von den ukrainischen DissidentInnen Iwan und Nadija Switlitschnyj gehört? Das ist eine andere Art der Kommunikation und Sprache.

SchriftstellerInnen und Intellektuelle arbeiten mit Sprache. Wenn man zum ersten Mal einen Menschen trifft, hört man nicht nur, was er sagt, sondern nimmt auch wahr, wie er es sagt. Wie der Präsident spricht und wie er kommuniziert, ist für die Mehrheit der Intellektuellen in der Ukraine unannehmbar. Es ist eine sprachliche und intellektuelle Vergewaltigung. Dass dies passieren konnte, dafür fühlen die Intellektuellen und Künstler eine Schuld. Sie ärgern sich über sich und andere, sie schämen sich für ihr Land – und vor allem vor sich selbst.

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29 Kommentare

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  • Ein sehr guter Artikel. Der Autor hat sich wirklich mit dem Thema in unserem Land tief und gründlich auseinandergesetzt. Besonders genau getroffen ist die Beschreibung der Reden vom amtierenden Staatsleiter "Es ist eine sprachliche und intellektuelle Vergewaltigung." Genauer kann man es nicht formulieren! Die leichte Ironie, die man in dem Artikel auch spürt, hilft den Ukrainern, die mindestens etwas in der „Birne“ haben, die jetzigen „lustigen“ Zeiten nicht nur zu überbrücken, sondern auch aktiv Wiederstand zu leisten. Eigentlich ist es nicht so schlecht mal zu erfahren, wieviel Prozent der Bevölkerung zu den Bürgern des Staates und wieviel nur zu den Einwohnern des Staates gehören. Wenn man das realistisch kennt, kann man etwas damit anfangen.



    Ich habe aber ein paar Anmerkungen zu den Wörtern im Text. Die Hauptstadt der Ukraine heißt Kyiv (Київ). Der Gründer dieser Stadt ist Fürst Kyi aus dem 4ten Jahrhundert, also die Stadt von Kyi (wessen Stadt?) Und nicht die Stadt von Kie – solchen Namen gibt es nicht und gab es nie. Genauso, wie der Gründer von einer anderen Stadt ist Fürst Lev und seine Stadt heißt entsprechend Lviv (in der ukrainischen Grammatik wird das "e" reduziert). Wenn die Stadt von einem Heinz gegründet würde, so würde sie Heinziv heißen :). Genau so, z.B. Tarasiv Sad (Tarasses Garten), Jaroslaviv Sobor (Jaroslavs Kathedrale) usw.



    Auch möchte ich darauf hinweisen, dass der Vorname des jetzigen Präsidenten Wolodymyr lautet. Diesen alten Namen trug noch Fürst Wolodymyr, der im 10. Jahrhundert das Christentum als offizielle Religion in der Rus (nicht mit der Moskovija verwechseln, die sich selbst seit dem 18. Jahrhundert als "Russland" benennt!) eingeführt hat. Wie man diesen Namen richtig schreibt, kann man heute noch sehen, wenn man vor der alten Mauer der heiligen Sophien-Kathedrale (südliche Chorempore) aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts steht. Alles andere sind die freien und wesentlich späteren Improvisationen unseres Nachbarlandes.

    • @Lastivka:

      Ich muss meinen Kommentar etwas korrigieren und ergänzen: die Stadt Lviv wurde vom König Danylo gegründet, aber seinem Sohn Lev gewidmet. Alles weiteres ist richtig: wessen Stadt? Levs Stadt, also Lviv Stadt. Sie fragen, haben die Deutschen die Stadt mit einem anderen Namen verbunden und nannten sie deswegen Lemberg? Gar nicht. Die älteste Form war auch Levs Stadt – Leonburg. In den deutschen Unterlagen aus den 1387, 1390, 1409 usw. kann man das heute noch lesen. Erst später ist daraus über die Formen Lemburg, Lamburg und Lamberg der Name Lemberg entstanden :)

  • Ich habe den Eindruck, dass hier wieder einige Sofa-Experten schnell aus der Hüfte schießen, ohne sich je wirklich mit der Ukraine und ihrer Entwicklung seit dem Maidan und der dortigen politischen Landschaft beschäftigt zu haben. Geschweige denn, dass sie je dort waren. Ich finde es enorm, was die Ukrainer in den wenigen Jahren seit dem Maidan geleistet haben. Trotz Putins Terrorkrieg im Dombas und dem Landraub auf der Krim. Man hat es geschafft, viele der russischen "Funktionäre" in Politik, Verwaltung und Militär aus dem Land zu jagen, die das Land klein und unter russischer Kontrolle halten sollten. Man hat es geschafft, die ECHTE Putin-Marionette Janukowitsch davonzujagen, auch wenn der Preis mit 100 Toten dafür hoch war. Janukowitsch lebt seither im russischen Exil unter Putins "Schutz". Wenn es Karma geben sollte, mache ich mir um seine gerechte Strafe keine Sorgen. Aber zurück zum Thema: Ich sage der Ukraine eine ernorme Entwicklung voraus. Wer global denkt, keine Scheuklappen hat und die Möglichkeit dazu, sollte dort investieren. Daran werden weder Putin, noch alle Ukraine-Kritiker nichts ändern können. Denkt einfach an meine Worte in den nächsten 30 Jahren. PS: ich bin gespannt, ob mein Kommentar hier überhaupt auftauchen wird :-)

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Ich fühle mich stark an "Dombrowski for President"-Schilder erinnert (gemeint ist die Kunstfigur von Georg Schramm, s. Bundespräsidenten-Wahl 2012).

    Hr. Schramm hat allerdings klar gemacht das seine Kunstfigur nicht wählbar ist und seine Aufstellung als Kandidat abgelehnt.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Die Erkenntnisresistenz der Ukrainer hat offenbar ein westliches Vorbild: Schland.

  • "Das Erwachen in der Wirklichkeit könnte jedoch sehr enttäuschend werden für die Bevölkerung"

    Na ja, die Leute sind ja schon öfters enttäuscht worden. Nach der EU-Euphorie die Steigerung der Gaspreise und die gewalttätigen Nationalisten. Die Unterdrückung der russischen Sprache, die Zensur der Presse. Das hat alles mit den westlicherseits geschürten Hoffenungen des Maidan nicht viel gemeinsam.

  • Leider muss man den Artikel mehrfach lesen, um eine Ahnung zu bekommen, was die Autoren uns eigentlich mitteilen wollen.



    Ich vermute, sie wollen den ukrainischen Intellektuellen mitteilen, dass der Präsident vom Volk und nicht vom PEN Klub gewählt wurde und es daher keinen Anspruch darauf gibt, dass der Präsident ihr abgehobenes Gelaber toll findet.

    Leider kommen die Autoren damit nicht auf den Punkt und streuen obendrein einige kritikwürdige Oberflächlichkeiten in den Text.



    Die gut versteckte Kritik könnte daher durchaus zutreffen, aber für ein Intellektuellenbashing hat der Artikel nicht die notwendige innere Qualität.

    Nicht umsonst halten die meisten Kommentatoren dies für einen Artikel über Selenski und nicht über die ukrainischen Intellektuellen.

    • @Sonntagssegler:

      Sehr gut auf den Punkt gebracht. Danke Sonntagssegler. Leider habe ich den Eindruck, dass sich der Autor wenig mit dem Thema und noch weniger mit Wolodymyr Selenskyj beschäftigt hat. Echte Comdedy ist hochintelligent und hat vielleicht mehr Intellekt, als man sie bei manchen "Intellektuellen" finden kann. Intellektuell ist die Ukraine ohnehin nicht aus der Krise zu führen, da sind Lösungen gefragt. Diebszüglich macht Selenskyj seine Sache gar nicht so schlecht, wie ich finde. Und allemal besser, als jeder "Präsident", den die Ulraine je hatte.

  • Vielleicht aber sollte man den Spieß auch mal umdrehen und fragen, was denn der ganze hübsche Intellekt so bisher bewegt hat?



    Es gehört mehr dazu, im politischen Alltagsgeschäft zu überleben. Aus dem Elfenbeinturm kann man es halten wie die Elche.



    Aber wer sich politisch engagiert, wer bereit ist sich auf die Institutionen und die Märsche durch sie einläßt, dem sollte doch mehr Anerkennung gezollt werden.



    Ich selbst mußte mir eingestehen, dass ich für politische Bühnen nicht das Stehvermögen hatte. Da mag man mich als Weichei verlachen wollen. Aber Leute wie Selinski sind mir immer noch lieber als Salzwundenstreuer, die sich nicht weiter einbringen als nur mit Leid(!)artikeln...

    • @Vidocq:

      D'accord! :-)

  • Ein paar Beispiele für die aufgestellten Behauptungen wären nicht schlecht gewesen. In der deutschen Presse ist ja die Tagespolitik in der Ukraine nicht gerade regelmäßiges Thema.

    Bisher habe ich nur gelesen, dass der Mann dumm, russische Marionette und von beratenden Oligarchen umgeben sei.

    Beurteilen lässt sich das von außen nicht.

    • @Sven2000:

      da sich die taz nun schon 'ne Weile an die antirussischen Falken ranwanzt, muß man hier natürlich auch intellektuell denunzieren. Dabei wäre die entscheidende Farge: Macht er's besser als sein Vorgänger? Bzw. welcher Kandidat wäre denn besser gewesen? (Wie isses eigentlich mit dem intellektuellen Stehvermögen bestellt bei Karrenbauer und unserem sonstigen Personal? Wurde da jemals einer wegen mangelnder Bildung kritisiert? Ist eher selten, oder? Bei Selensky ist das aber wichtig, weil Entspannung mit Rußland, daß kann ja nur mit intellektueller Minderleistung erklärbar sein.

      • @eremit:

        "da sich die taz nun schon 'ne Weile an die antirussischen Falken ranwanzt"

        Kritik an der militaristischen Politik des nationalchauvinistischen Putin-Regime als "antirussisch" zu verunglimpfen, ist zutiefst totalitär, da dies ein Gleichheitszeichen zwischen Russland und der aktuellen russischen Regierung(slinie) impliziert. Das ist genauso absurd, wie Kritik an Merkel "antideutsch" zu nennen und zudem noch offensichtlich antirussisch, denn Russland ist so viel mehr als Putin.

        Der einzige Zweck dieser Phrase ist die Delegitimierung von Kritik, mithin die Grundvoraussetzung für eine demokratische Debatte.

        Dass jemand so etwas schreibt, der in einer Diktatur aufgewachsen ist... aber auf Deutsch ist das schon ein bedenkliches Zeichen, dass der autoritäre Geist in Deutschland immer noch umgeht.

        • @robs67:

          Der autoritäre Geist Ihres Kommentars ist aber auch nicht ohne.



          Diejenigen, die ins alte Horn des Militarismus blasen in Verbindung mit Russophobie , natürlich völlig losgelöst von historischen Reflektionen, sind für mich wirklich ein erhebliches Problem.



          Das ist die neue alte Form des Rechtsnationalismus in neuem Gewand.

          • @Rolf B.:

            Wer Militarismus predigt, ist zu verurteilen. Ihr Trick besteht darin, Widerstand gegen Oppression pauschal als Militarismus zu verunglimpfen, und legitime Kritik an konkreten Regjerungen als Kritik an einer Ethnie. Pauschalität, schwarz-weiß-Denken und totalitäre Kurzschlüsse.

  • Diejenigen ukrainischen Intellektuelle, welche unbedingt mehr Härte gegenüber Russland sehen wollen, beweisen, dass politische Intellektuelle keineswegs links stehen müssen.



    Auch die deutsche Geschichte ist reich an rechtem und reaktionären Intellektualismus: Von J.G. Fichte ("Schlagt die Franzosen tot!"), H. Treitschke ("Die Juden sind unser Unglück") über das gerade intellektuell sehr willkommene "Augusterlebnis" 1914 bis hin zur "Konservativen Revolution" in der Weimarer Republik.



    Aktuell stehen Botho Strauß und Uwe Tellkamp für diese Strömung.



    Manchmal ist es also beruhigend, wenn Intellektuelle in der Minderheit sind.

    • @Linksman:

      Sorry, "Linksman", aber der platte Versuch, Widerstand gegen eine militaristische Kolonialmacht, die durch militärische, völkisch begründete Interventionen Menschen in "schwächeren" Ländern ihre Selbstbestimmung entzieht, pauschal als "rechts" abzustempeln, der zieht schon lange nicht mehr, und ist, ehrlich gesagt, selbst ziemlich rechts (was sich außerhalb der Hardcore-Autoritären glücklicherweise schon rumgesprochen hat, auch dank der wertvollen Arbeit der Rosalux, Stefan Liebich und den hervorragenden Berichten in der taz)

  • Das Echo vieler Medien hier auf die Wahl von Wolodimir Selenski habe ich von Anfang an als sehr ambivalent empfunden. Offenbar fehlt einigen kalten Kriegern und Transatlantikern die extrem aggressive Haltung des korrupten Oligarchen Poroschenko gegenüber Russland. Wolodimir Selenski erzielt doch peu a peu kleine Erfolge. Wäre das nicht ein Grund, ihn mehr zu unterstützen?



    Dass die hier nicht näher genannten ukrainischen Intellektuellen offensichtlich wie die Faschisten unzufrieden sind mit Wolodimir Selenski, könnte auch positiv gewertet werden.

    Für mich ist dieser Bericht über die Ukraine größtenteils kaum nachvollziehbar. Er hinterlässt viele Fragen.

    • @Rolf B.:

      ts ts ts, wird jetzt schon wieder jeder Dissens mit der Linie des Kremls(?) als faschistisch eingestuft? Von Erfolgen, abgesehen von Gefangenenaustauschen, die es auch unter Poroschenko gegeben hat, hab ich noch nichts gehört. Hat aber auch keiner erwartet, ist auch wohl mit Putin als Verhandlungspartner kaum zu erwarten. Wer mit dem Teufel isst, braucht eine langen Löffel. Vor großartigen Erfolgen zum Preis weiten Entgegenkommens ist nur zu warnen, sie könnten sich schnell als Desaster herausstellen.

      • @ingrid werner:

        ts ts ts, machen Sie ruhig Werbung für Poroschenko und den kalten Krieg. Ist ja momentan angesagt in bestimmten Kreisen.

  • "Diener des Volkes" ist eine schöne, romantische Geschichte, ein nettes Märchen. Die Menschen haben sich also für die Flucht aus der Wirklichkeit und für einen professionellen Kabarettisten entschieden, der sicherlich subjektiv seriöse Absichten hatte - siehe: www.kyivpost.com/u...html?cn-reloaded=1



    Es gab ein paar wenige Maidan-Aktivist*en mit Substanz, die schon einige Tests bestanden hatten, kaum einer wurde überhaupt erst Kandidat (okay, der ehemalige Verteidigungsminister Grizenko galt als glaubwürdig: www.deutschlandfun...:article_id=445056 ).

    Wissen ist Macht, aber wenn ein Land statt Wissen die Unterhaltung wählt, ist es verloren. Der Weg aus Krisen ist immer schmerzhaft, besonders wenn der gefährliche Nachbar einen Krieg anfängt, dem Land wichtige Stücke entreisst, es über zwei Millionen IDP's gibt (internally displaced persons, also Flüchtlinge), die Energiepreise massiv steigen, während die ukr. Währung nach dem Einsickern der grünen Männchen 2014 und 15 zwischen 70 und 90% zum Dollar verlor (inzwischen hat sie sich etwas stabilisiert).



    Warum hat Selenski die Erpressung durch Trump nicht gleich öffentlich gemacht? Hat er sich von diesem aufgeblasenem Wichtigtuer im Weißen Haus unter Druck setzen lassen? US-Demokraten, die UN und die EU hätten Selenski unterstützt; einzige Frage, hätten sie auf den 400 Mio. Militärhilfe bestehen können?

    • @Ataraxia:

      &Däh&Zisch - Mailtütenfrisch -

      taz.de/Die-Ukraine...bb_message_3876911



      BEAM ME UP SCOTTY: "Wissen ist Macht, aber wenn ein Land statt Wissen die Unterhaltung wählt, ist es verloren. " Dann sind wohl alle verloren, denn wer will von Wissen noch was wissen? Es will auch niemand mehr glauben und selbst der Papst predigt Tauben. Zwar hat sich Habermas bemüht, doch was er leider auch nicht sieht: "the best show wins." It`s the entertainment stupid. Die Welt ein Circus Maximus. Brot und Spiele und Tod im Orgasmus. Das wünscht "der Mensch" sich heut als Schluss.



      Das Leben ist ein (F)Lachbildschirm.“

      unterm——



      Marcel Pagnol war der erste - der den Unterschied Theater - Film // Tiefe - Fläche - seherisch etwa so formulierte:



      Im Theater sieht jeder Zuschauer je nach Sitzplatz/Blickwinkel - ein individuelles anderes Stück … Im Film via Leinwand (Bildschirm dito) sieht jeder nur ein & dasselbe Stück. - Wohl wahr.

  • "...und tritt an zum Kampf gegen Korruption und Oligarchen."

    Das ist vordringlich. Sonst kommt das Land nie auf die Beine.

    Natürlich ist es möglich, dass eine solche Arbeit für die selbst ernannte intellektuelle Elite zu profan ist. Aber sie muss getan werden. Wer das nicht verstehen möchte, ist vielleicht doch nicht so klug, wie sie/er meint.

  • "... jene, die für eine demokratische Zivilgesellschaft auf dem Maidan eingetreten sind, unter ihnen auch zahlreiche SchriftstellerInnen und Intellektuelle."



    ... gemeinsam mit den Rechtsradikalen und Neofaschisten des rechten Sektors.



    "Das Erwachen in der Wirklichkeit könnte jedoch sehr enttäuschend werden für die Bevölkerung."



    ... könnte es nicht auch sein, daß die Bevölkerung schon längst in der Wirklichkeit angekommen ist (desillusioniert genug, um einen Kabarettisten zum Staatsoberhaupt zu wählen) und dieses schmerzhafte Erwachen der Intelligenzia noch bevorsteht ?



    "Präsident Selenski gibt sich als volksverbundener Präsident und deshalb scheinen ihm die Themen, die Intellektuelle und KünstlerInnen ansprechen, kaum nachvollziehbar oder seriös. Von manchen hört und sieht er überhaupt zum ersten Mal. Er kann nicht mit ihnen kommunizieren, ..."



    Kommunikation ist nunmal eine bilaterale Angelegenheit. Wenn also "Intellektuelle und KünstlerInnen" (wieviele und welche eigentlich, gibt es dazu Umfragen ?) nicht mit Selenski kommunizieren können, er aber mit der Mehrheit der Bevölkerung, dann wirft das kein gutes Licht auf die Kommunikationsfähigkeit der ukrainischen Intelligenzia.

    • @jhwh:

      Sehe ich auch so.

    • @jhwh:

      Sehr merkwürdiges Fazit. Also dasselbe passiert bei Trump und ich vermute mal, dass es auch da nicht an der "Intelligenzia" liegt, sondern eher am Präsidenten. Es ist schlimm, dass es solche Typen zu so einem Posten geschafft haben. Traurig

      • @Merke:

        Warum kommen denn Außenseiter auf solche Posten? Doch nur, weil große Teile des Wahlvolkes (in der Ukraine 75%!) das Vertrauen in die "normalen" Politiker verloren haben.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          und das zurecht.

          Übrigens in Deutschland auch.

          Die AfD lebt von der Schwäche der Anderen und die sind irgendwo alle korrumpiert und schwach.

          • @Sonntagssegler:

            Auch wenn man den "normalen" Parteien nicht traut, ist das noch lange keine Rechtfertigung der AfD, also noch viel größeren Gaunern, hinterher zu laufen.