Impeachment-Anhörung in den USA: Spitzendiplomat belastet Trump

Der Spitzendiplomat William Taylor bringt neue belastende Details gegen den US-Präsidenten hervor. Trump bestreitet diese.

William Taylor gestikuliert bei seiner Anhörung im Impeachmentverfahren gegen US-Präsident Donald Trump.

US-Diplomat William Taylor bei seiner Anhörung im Impeachment-Verfahren Foto: Susan Walsh/ap

WASHINGTON ap | Der US-Spitzendiplomat in der Ukraine, William Taylor, hat Präsident Donald Trump mit neuen Details in der Ukraineaffäre belastet. In seiner öffentlichen Aussage vor dem Gremium sagte Taylor am Mittwoch, Mitarbeiter seines Stabs hätten gehört, wie Trump sich am Tag nach dem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski beim EU-Botschafter der USA, Gordon Sondland, über die „Ermittlungen“ erkundigt habe. Sondland habe geantwortet, die Ukraine sei bereit, diesen weiter nachzugehen. Dieses Detail war bisher nicht bekannt gewesen.

Am Mittwoch hatte der öffentliche Teil der Ermittlungen zu einer möglichen Amtsenthebung Trumps begonnen. Ihm wird vorgeworfen, Selenski in einem Telefonat im Juli Ermittlungen gegen seinen demokratischen Gegner Joe Biden und dessen Sohn nahegelegt zu haben. Die zentrale Frage sei, ob der Präsident sein Amt für seinen politischen Nutzen missbrauchte, sagte der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, zum Auftakt der öffentlichen Anhörungen. Trump nannte die Untersuchung den „größten Schwindel in der politischen Geschichte der USA“ und erklärte, die Freiheiten in den USA seien in Gefahr wie nie zuvor.

Er bestritt, sich nach dem Telefonat mit Selenski über „Ermittlungen“ in der Ukraine erkundigt zu haben. „Ich weiß nichts darüber“, sagte Trump am Mittwoch. „Ich höre zum ersten Mal davon.“ Aus mit der Sache vertrauten Kreisen heißt es, bei dem Mitarbeiter, der Trumps Nachfrage gehört habe, handele es sich um David Holmes, den politischen Berater der Botschaft in Kiew. Er soll am Freitag vor dem Kongress aussagen.

George Kent, ein ranghoher Mitarbeiter des US-Außenministeriums, der ebenfalls am Mittwoch aussagte, ging nicht auf das Telefonat zwischen Trump und Selenski ein. Er sagte aber, die US-Regierung dürfe seiner Ansicht nach nicht andere Länder zu politisch motivierten Untersuchungen gegen Gegner drängen. Zudem wies er einen Vorwurf Trumps gegen Biden zurück, nämlich dass die US-Regierung von Barack Obama mit Biden als Vizepräsident den Gaskonzern Burisma vor Ermittlungen geschützt habe, weil dort Bidens Sohn Hunter im Verwaltungsrat saß. Er wisse von keinerlei Versuchen in diese Richtung, sagte Kent.

Wer war der Whistleblower?

Großes Streitthema bei der Anhörung war auch die Identität des Whistleblowers, der den Fall ins Rollen gebracht hatte. Der republikanische Abgeordnete Michael Conway forderte, dass die unbekannte Person ebenfalls öffentlich aussage. Schiff wies das zurück. „Wir werden alles Nötige tun, um die Identität des Whistleblowers zu schützen.“

Trump weist jedes Fehlverhalten zurück und wertet die Ermittlungen in der Ukraine-Affäre als neuen Versuch der Demokraten, ihn zu Fall zu bringen, nachdem das mit der Untersuchung zur russischen Einmischung in die Wahl 2016 nicht geklappt habe. In einer Videobotschaft auf Twitter sagte er zu seinen Anhängern: „Die Demokraten wollen euch eure Waffen wegnehmen, sie wollen euch eure Gesundheitsversicherung wegnehmen, sie wollen euch eure Wählerstimme wegnehmen, sie wollen euch eure Richter wegnehmen.“

Auch der Spitzenrepublikaner im Geheimdienstausschuss, Devin Nunes, sagte, die Demokraten verfolgten eine Strategie der „verbrannten Erde“, mit dem Ziel, Trump aus dem Amt zu befördern. Im Keller des Kapitols, wo bisher Zeugen hinter verschlossenen Türen befragt wurden, herrsche eine „sektenartige Atmosphäre“, sagte Nunes.

Dritte Impeachment-Anhörung der US-Geschichte

Abschriften dieser Befragungen wurden freigegeben, seit Mittwoch sind die Anhörungen erstmals öffentlich. Die Amerikaner können sich über Fernsehübertragungen und Live-Feeds nun selbst ein Urteil darüber bilden, ob sich Trump in der Ukraine-Affäre etwas zuschulden kommen hat lassen, und wenn ja, ob seine Verfehlungen für eine Amtsenthebung ausreichen. Es ist erst das dritte Mal in der Geschichte, dass es eine solche öffentliche Anhörung zu einem Impeachment-Verfahren gibt, und das erste Mal in der digitalisierten Welt des 21. Jahrhunderts.

Trump sah sich die Liveübertragung nach eigener Aussage nicht an. Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch im Weißen Haus sagte er, er sei zu beschäftigt gewesen und habe nicht eine Minute der etwa sechs Stunden dauernden Anhörungen gesehen. Er setzte allerdings zahlreiche Tweets und Retweets zum Impeachment-Verfahren ab.

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