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Reaktion auf Werbung von JaguarDas Automobil, neu definiert

Jaguar wünscht sich für den voll-elektrischen Geländepanzer I-Pace eine „neue Begrifflichkeit von Auto“. Können sie haben.

Von wegen Neudefinition: Mit solchen Jaguaren könnten wir auch leben Foto: dpa

I ch habe lange mit mir gerungen. Und verloren. Soll ich auf so eine plumpe Werbemasche reinfallen? Dem Autobauer Jaguar eine Kolumne als unbezahlte Werbung schenken? Dann fiel mir Klaas Heufer-Umlauf ein: Der Komiker mit dem Image des aufrechten SPD-Malochers bekommt von Porsche einen Porsche, weil er Werbung für Porsche macht, indem er sagt, Werbung für Porsche, „das bin ich nicht“.

Also gut: Jaguar sucht eine neue Definition für das Auto. Denn das Oxford Dictionary beschreibt ein „Auto“ als Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Jaguar aber ist so stolz auf seinen neuen elektrischen Stadtgeländepanzer I-PACE, dass sie das ändern wollen. Gleichzeitig suchen sie unter #RedefineTheCar „eigene Vorschläge für eine neue Begrifflichkeit“.

Also, Miezekatze, Du hast es so gewollt.

Au|to; das, -s, -s (griech.) kurz für Automobil) Ein Fahrzeug, das mit einem Motor angetrieben Personen und Lasten transportieren kann. Hat viele Menschen mobilisiert.

Das A. ist an 23 Stunden am Tag ein Stehzeug. Mögliche Nutzungen: Regenschutz, Stauraum, Übernachtung, Fortbewegung, Fortpflanzung.

Ein A. ist eine Konstruktion aus einer Tonne Stahl, Gummi und Kunststoff, die mit großem Energieaufwand 80 Kilo Mensch bewegt.

99,5 Prozent der weltweiten A. (Ausnahmen: Norwegen und Beverly Hills) fahren mit einem Verbrennungsmotor. Dabei entsteht ein Giftcocktail aus Kohlenmonoxid, Stickoxid, Ozon, unverbrannten Kohlenwasserstoffen, VOCs etc. Der Verkehr, hauptsächlich also A.s, verursacht etwa 14 Prozent aller CO2-Emissionen.

A.s töten weltweit jedes Jahr eine Million Menschen, schätzt die Weltbank, mehr als Krieg oder Terrorismus. 40 Millionen Fahrer, Fußgänger und Radler werden von A.s verletzt.

Auch Elektro-A.s erzeugen beim Reifenabrieb Feinstaub. Sie sind leise, parken aber trotzdem die Städte zu und rauben Fußgängern, Radfahrern, Bussen und Straßenbahnen den knappen Platz. Ohne einen großen Anteil Ökostrom in Netz verursachen E-A's mehr CO2-Emissionen als Verbrennungsmotoren. In ihren Batterien finden sich jede Menge Rohstoffe, die bei Herstellung und Recycling Teufelszeug sind.

Rund um das A. ist eine Kultur der Raserei und der Beschleunigung entstanden, die uns durchs Leben hetzt. A-Konzerne samt ihrer Gewerkschaften gehören zu den mächtigsten und skrupellosesten Lobbyisten.

Sie sehen: Werbung, das bin ich nicht. Immer, wenn ich bei meinem Jaguar den Tiger in den Tank packen will, kommt nur der innere Schweinehund zum Vorschein. Jetzt muss ich aber los. Mal sehen, ob sie meinen I-PACE schon geliefert haben.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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20 Kommentare

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  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Wenn man/frau -in diesem Falle- der „Falle“ einer inhaltlichen Diskussion entkommt: Jaguar kann geholfen werden! Ich würde die Kiste „I MAD“ nennen. Denn elektrisch oder nicht: Niemand benötigt einen etwas abgespeckten Panzerspähwagen, um morgens in einer Großstadt erst die Kinder zur Schule zu bringen - und dann sich selbst zur Arbeit.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    reaktion auf werbung von...



    egal wem:



    bullshit ist es, immer.



    jedes kleinkind versteht schon den kapitalismus: nimm viel, gib wenig.



    die wirklichen glanzleistungen menschlichen denkens sind anderswo zu finden.

  • Soviel Testosteron ähää Diesel in der Luft :-)

  • 55 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor gegen 55 Millionen Autos mit Elektromotor auszutauschen mag zwar physikalisch eine Leistung darstellen, für Umwelt und Klima ist das aber eine weitere Katastrophe.



    Daher: Individualverkehr abschaffen. Alles andere ist Volksverdummung durch die Verblödungsaktivisten des Kapitalismus.

  • Bei der Rohstoffgewinnung für E-A.s wird doppelt so viel Umwelt zerstört, wie für fossile A.s.



    Die von A.s verursachten gesellschaftlichen Kosten (Landschaftszerschneidung, Flächenversiegelung, Unfallschäden, Lärm...) werden nicht durch A-Steuern und Abgaben gedeckt, sondern von der Allgemeinheit bezahlt.



    Weniger als 1/7 der Menschheit besitzt ein oder mehrere A.s. Für deren anteilige Folgeschäden und -kosten des Klimawandels werden zukünftige Generationen zahlen.



    Die Freiheit der A-FahrerInnen endet mit leerem Tank oder Akku.

  • 6G
    65572 (Profil gelöscht)

    Schön, daß die Oberlehrer aus den großen Ferien zurück sind und wieder fleißig kommentieren.

  • Das Interessante ist ja, dass man vor ein paar Jahren den SUV, Jaguar, BMW und sonst was immer schön vor der Tür stehen ließ damit Nachbar und Passant erfürchtig erstarren und heute geht es zack zack in die Garage damit man nicht als Umweltsau erkennbar wird.

    Und auch in Sachen E-Antrieb gilt: Verschwendung ist Verschwendung.

  • 0G
    07552 (Profil gelöscht)

    Da bei der Produktion Teile aus aller Welt aufwendig von Diesel angetriebenen Maschinen abgebaut werden muessen, an einen bestimmten Ort transportiert werden, dann noch viel Muell entsteht, der sicher nicht bio ist, die Firma sicher auch nicht nur mit Oekostrom laeuft, kann man den neuen Jaguar, der auch kein Tier ist, Nicht-Biomuell-Nicht Oekostrom-Nicht-Auto-Nicht-Tier nennen - kurz NBNONANT.



    Und bitte baut fuer den Reporter und mich nicht extra einen! Ich fahre weiter mit dem Fahrrad und mach Wal-Kampf .)

  • Schwach, sehr schwach. Die üblichen Versatzstücke, die wir schon tausendmal gehört haben.

  • "A.s töten weltweit jedes Jahr eine Million Menschen, schätzt die Weltbank, mehr als Krieg oder Terrorismus. 40 Millionen Fahrer, Fußgänger und Radler werden von A.s verletzt."

    Aber dann tötet doch auch die Taz:

    "Nun wird gut zwei Autobahnstunden von Berlin entfernt gedruckt, in Wittenburg bei Schwerin."

    taz.de/!5262132/

    Ich Dummerle dachte zwar immer, dass LKWs höchstens 80 fahren dürften, aber der Taz-LKW scheint wohl mit Blaulicht unterwegs zu sein.

    Mein Navi gibt die Fahrtdauer für einen PKW mit 2:21 Stunden an.

    Wie viele tausend LKW-Fahrten waren denn eigentlich für den Taz-Neubau nötig?

    Mit etwas Engagement der Mitarbeiter hätte das Baumateriel und Aushub doch von den Mitarbeitern per Handzugwagen (vegan, ohne versklavte Tiere) von und zum nächsten Güterbahnhof transportiert werden können.

    Denn:

    "Auch Elektro-A.s erzeugen beim Reifenabrieb Feinstaub. Sie sind leise, parken aber trotzdem die Städte zu und rauben Fußgängern, Radfahrern, Bussen und Straßenbahnen den knappen Platz. Ohne einen großen Anteil Ökostrom in Netz verursachen E-A's mehr CO2-Emissionen als Verbrennungsmotoren. In ihren Batterien finden sich jede Menge Rohstoffe, die bei Herstellung und Recycling Teufelszeug sind."

    Pyramiden und Chinesische Mauer wurden u.A. auch ohne A.s gebaut.

    • @DJ Boemerang:

      Verstehe nicht, worauf Sie mit dem LKW herauswollen, aber der Grundton Ihres Kommentars scheint zu sein, dass die taz kein Recht hat, problematische Zustände zu kritisieren, wenn sie selbst einen Anteil daran hat, und wenn er noch so unbedeutend klein ist.

      Eine solche Reaktion spricht, wie ich finde, nach einer Abwehrreaktion einer Person, die gerne Auto fährt und sich von einem taz-Artikel persönlich angegriffen fühlt.

      Seien Sie unbesorgt, die taz nimmt Ihnen nicht das Auto weg, auch wenn es vielleicht zum Besten wäre.

      • @mutabilis:

        Vielleicht aber nur gelbe-Weste-unterm-Bett-Syndrom. Weit verbreitet dieser Tage.

        Wir bitten um Nachsicht ;-D

  • Hui, da kann aber Einer heute Abend gut einschlafen, nach so einem Rundumschlag, bei dem buchstäblich Alle ihr Fett wegbekommen haben.



    Aber Sie haben eine Huldigung an Greta vergessen, also setzen, sechs!

    • @Weidle Stefan:

      Haben Sie an dem Artikel Fehler festgestellt? Ich nicht. Scheint inhaltlich korrekt. Was ist also Ihre Kritik? Oder nervt es Sie, dass das alles stimmt? Oder nervt es Sie, weil es schon so oft gesagt wurde? Das mag sein, aber wenn Sie es halt noch nicht verstanden haben...

    • @Weidle Stefan:

      Wer ist „Alle“? Der Duden kennt dieses Wort, wenn nicht am Satzanfang, nur als „alle“!

  • "A-Konzerne samt ihrer Gewerkschaften gehören zu den mächtigsten und skrupellosesten Lobbyisten."

    "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod", verkündete seinerzeit ein Sprachlehrer. So etwas lassen für die sprachliche Volksbildung zuständige Journalisten nicht auf sich sitzen und kehren die Sache einfach um.



    Mal im Duden nachgeschlagen, erfährt man:



    "samt - Präposition mit Dativ"



    Korrekt hieße es also:



    "A-Konzerne samt ihreN Gewerkschaften gehören zu den mächtigsten und skrupellosesten Lobbyisten."

    • @Heinrich Ebbers:

      Etwas weiter geforscht, vielleicht 30 Sekunden länger als Dr. Watson, findet man auch dieses:

      mediawiki.ids-mann...Gra/index.php/Samt

      Letztlich wird das Wort "samt" auch mit dem Genitiv verwendet und Sprachgebrauch sollte schon etwas mit Sprachregelung zu tun haben.



      Ähnlich verhält es sich mit dem Wort "selber" als Variation des Wortes "selbst".