Hasskommentare und Homöopathie: Goodbye, Mithulogie
Es war großartig, Mithulogie zu betreiben. Es ist Zeit, über andere Wege der Kommunikation nachzudenken. Bis dahin: Danke!
E s ist so weit! Ich bin wegen euch in Therapie. Okay, das ist eine Übertreibung, aber ich habe mir ernsthaft eine Supervision besorgt, weil mich die Reaktionen auf nicht nur meine, sondern alle hier geäußerten Meinungen echt verblüffen. Natürlich bilde ich mir nicht ein, dass ihr euch an den Kopf schlagt und die Welt anders seht, bloß weil ich hier ein paar mehr oder minder pointierte Zeilen hinschreibe. Ehrlich gesagt hatte ich damit gerechnet, dass diese Kolumne weitgehend ignoriert wird.
Stattdessen führte etwa die letzte zum Thema Homöopathie dazu, dass Twitter von erzürnten Kommentaren so überschwemmt wurde, dass ich es eine Woche lang nicht nutzen konnte. Die zivileren Twitterati schrieben mich an und verlangten Beweise für meine Aussagen. Also schickte ich ihnen die betreffenden Studien. Interessanterweise machte das sie nur noch wütender. Kann ja sein, dass die Studien Bullshit sind, aber ich hatte gar nicht behauptet, sie seien heißer Scheiß, sondern schlicht, dass es sie gibt. Es sollte doch möglich sein, sich auf so basale Dinge zu einigen. Anscheinend nicht!
Vor Kurzem las ich den Satz: Fakten können keine Meinungen ändern. Nun ist mein Ziel überhaupt nicht, irgendjemandes Meinung zu ändern, und erst recht nicht eure oder Ihre. Aber es wäre interessant herauszufinden, womit wir stattdessen so nahe an Ansichten herankommen, dass diese weich werden und andere Sichtweisen zulassen. Die Antwort scheint zu sein: Gerüche!
Bei einem Experiment wurden Versuchspersonen politische Fragen gestellt, während sie mit unangenehmen Gerüchen bedampft wurden – mit dem Ergebnis, dass sie deutlich konservativere Antworten gaben als die Kontrollgruppe, die in einem weniger miefigen Raum befragt wurde. Damit will ich nicht sagen: Lüften Sie mal. Aber doch, dass wir uns breitere Gedanken machen sollten, als nur weiterhin aufeinander einzureden.
Andere Wege der Kommunikation
Vielleicht sollten wir erst einmal dafür sorgen, dass Menschen sich sicher und entspannt fühlen, bevor wir politische Diskussionen beginnen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich nicht weiter Meinungen raushauen will, bei denen mir diejenigen zustimmen, die sowieso meiner Ansicht sind, und sich die anderen vor den Kopf gestoßen fühlen.
Ich möchte über andere Wege zu kommunizieren nachdenken. Und da Schreiben nun einmal das ist, was ich tue, werde ich das schreibend tun. Aber bis ich eine Lösung gefunden habe, nicht mehr in Form dieser kurzen, polarisierenden Kolumne.
Deshalb bleibt mir nur, die letzten 300 Zeichen dafür zu nutzen, trotz allem Danke zu sagen für eure Wut. Danke für eure dadaistischen Gedichte. Danke, dass ihr euch an mir gerieben und mir dadurch das Gefühl gegeben habt, dass Journalismus wirklich etwas in Menschen auslöst.
Es war großartig, Mithulogie zu betreiben. And who knows: I might come back.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Obergrenze für Imbissbuden
Kein Döner ist illegal
Wahl in den USA
Sie wussten, was sie tun
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Ausschreitungen in Amsterdam
Ein hitziges Nachspiel
Regierungskrise in Deutschland
Ampel kaputt!
Streitgespräch über den Osten
Was war die DDR?