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Kommentar Mietendeckel in BerlinZu billig

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Der Mietendeckel ist erfreulich für MieterInnen. Aber Suchenden oder jenen, denen eine Eigenbedarfskündigung droht, ist damit nicht geholfen.

Der Mietendeckel für die Tonne? Für Suchende und Betroffene von Eigenbedarfskündigung schon Foto: dpa

D as neue Gesetz in Berlin will die Mieten in der Hauptstadt für fünf Jahre einfrieren, und es kommt überraschend schnell. Bei Älteren weckt das nostalgische Erinnerungen an das alte West-Berlin, wo man durch die damalige Mietpreisbindung in Altbauten billig, geräumig und angstfrei hauste und schon eine Mieterhöhung von zehn Mark im Monat als Wucher galt.

Die Mieten sind in Berlin schon lange gestiegen, die Angst auch, und das neue Gesetz schafft nun eine gewisse Erleichterung für diejenigen, die ihre Miete nur mit Mühe bezahlen können, sich vor jeder Erhöhung fürchten, und betrage sie nur fünf Prozent. Auch größere Mieterhöhungen durch Modernisierungen werden erschwert, wobei Vermieter aber Instandsetzungen nach wie vor auf die Miete umlegen können.

Das Gesetz ist schön für die MieterInnen, aber es hilft nicht denjenigen, die wegen einer Eigenbedarfskündigung Existenzängste haben oder dringend eine Wohnung suchen. Die Bestandsmiete liegt im Schnitt bei 6,70 Euro pro Quadratmeter kalt. Die Miete in den Wohnungsinseraten hingegen beträgt laut dem Portal Immowelt in Berlin im Mittel 11,70 Euro.

Wer sucht, ist immer teuer unterwegs. Er oder sie wird frustriert, weil der Neubau viel zu oft aus Betonblöcken mit bodentiefen Fenstern besteht, einförmig wie früher der soziale Wohnungsbau, in Wirklichkeit aber asozialer Wohnungsbau mit Kaufpreisen, die man sich nur als Oberschichtler leisten kann. Dieser Neubau verschlingt Flächen, die einem mietpreisgebundenen Wohnungsbau dann für immer entzogen sind.

Das politische Gebot der Stunde lautet daher, subventionierten Neubau anzuregen, mit niedrigen oder zumindest mittelschichtskompatiblen Mieten. Der Mietendeckel darf den Blick darauf nicht verstellen. Denn der Deckel bringt zwar politische Kosten mit sich durch die Sozialismus-Vorwürfe der Immobilienbranche, er kostet aber kaum Steuergeld. Doch so billig ist Wohnungsbaupolitik in einer Metropole eben nicht zu haben.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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14 Kommentare

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  • Mehr Klimaschutz würde derzeit z.B. wenig in Berlin einfliegende Partytouristen bedeuten, weil es noch keine elektrischen Passagiermaschinen gibt. Das würde auch die Mietnachfrage reduzieren, nicht nur bei AirBnB.

    Bahnreisende würden öfters auch mal in mittelgroßen Städten aussteigen, die auf der Route liegen. Allein solche Entlastungen auf der Nachfrageseite sind wirksamer als jedes Doktern an den Symptomen.

    Wenn es mehr Nachfrage gibt als Platz für neue Wohnungen, muss es zwangsläufig Wege geben, das zu rationieren, die dann meist die sozial schwächeren besonders treffen.

  • Da kriege ich immer einen ganz dicken Hals, wenn jemand (meistens ein Politiker oder Spekulant, hier gar eine Journalistin!) eine in die Diskussion eingebrachte Maßnahme miesmacht, weil sie nicht ALLE Probleme des Wohnungsdilemmas löst! Merke:

    - Eine Deckelung der Bestandsmieten oder eine Enteignung der Immo-Heuschrecken hilft Bestandsmietern gegen willkürliche Erhöhungen und trickeiche Entmietung. Drückt zugleich auf den Mietspiegel. Punkt.

    - Gegen trickreiche Eigenbedarfs-Behauptungen hülfe ggfs. eine rechtliche Verschärfung.

    - Gegen den Mangel an neuen Wohnungen hilft nur Bauen - aber bitte reguliert mit Sinn und Verstand, und allenfalls zu geringen Anteilen im Luxussegment.

    Jedes für sich ist sinnvoll, nebeneinander. Ist das "sozialistisch"? Nein - es ist sozial getreu dem Auftrag des Grundgesetzes. Der "Markt" kann hier - getreu seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten - nichts anderes als versagen.

    • @Bitbändiger:

      Ja, die Welt wird nicht durch eine einzige Massnahme verbessert. Das stimmt schon, aber wenn man wie Sie Massnahmen fordert, die zusammengenommen nicht verwirklicht werden koennen, dann streut das Sand in die Augen und verbessert die Situation auch nicht. Wenn Sie einerseits verstaatlichen wollen und andererseits staatlichen Neubau, dann muessen Sie erklaeren woher Sie ploetzlich das Geld nehmen 20mrd zur Entschaedigung und 20 fuer den Neubau..? Und wel her Investor gibt Berlin das Geld dafuer zu welchen Zinsen, wenn das Eigentum nicht si her ist? Und wie kommt es, dass Sie die angeblich zur Verfuegung stehenden 40mrd nicht gleich fuer Neubau einsetzen wollen? PlAtz ist noch genug. Tempelhofer Feld fuer 100.000 Wohnungen ist sakrosankt, sagen Sie? Weil? Die Feldmaus hoehersteht als der Wohnungssuchende?

      • @Frank n.:

        Ich rede nicht über Berlin, sondern über das generelle Problem (übrigens nicht nur in Deutschland!) und über das immer wieder an den Haaren herbeigezogene Mantra, DER MARKT müsse das regeln. Es sind exakt die "Marktgesetze", die dieser asozialen Illusion widersprechen, und der Staat muss sich endlich herbeilassen, einzugreifen.

        Geld? Ist im Überfluss vorhanden, wenn man einerseits die unglaubliche Steuerverschwendung z.B. für die lächerliche Kleinstaaterei ("Föderalismus") stoppt und andererseits es da einsammelt, wo es bei Beendigung aller Schlupflöcher zu holen wäre, statt es zum Zocken im globalen Kasino sinnfrei rotieren zu lassen.

        "Platz ist noch genug"? Ok, darf aber nicht dazu führen, dass die Republik flächendeckend - nach Profitabilität - zubetoniert wird; hier ist strenge Regulierung gefragt.

        Und ja: Die Feldmaus ist mir wichtiger als der Shareholder Value irgendwelcher Immobilien-Heuschrecken.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    6,7 Euro pro qm im Schnitt sind für eine Stadt wie Berlin sehr, sehr wenig.

  • Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, muss leider davon ausgegangen werden, dass eine Deckelung wie vorgeschlagen von den Gerichten wieder kassiert wird.



    Jedoch könnte man eine Deckelung dadurch erreichen, indem man die Regeln zur Erstellung des sog. qualifizierten Mietspiegels ändert, und darüber eine Senkung der Mietpreise herbeiführt.



    Denjenigen, welche ach so wunderbare Argumente gegen eine Deckelung und/oder Mietsenkung überhaupt anführen, sei entgegengerufen: Alles so zu belassen wie es ist, hat doch erst zu den völlig überhöhten Mieten geführt! Denn trotz aller Möglichkeiten führte der neoliberal geführte Mietmarkt nicht zu einem Mehr an Mietwohnungen; schon gar nicht an bezahlbaren Mietwohnungen.



    Beweis: der Mietwohnungsmarkt in unseren Städten!



    Schließlich sei noch bemerkt, dass alle Wirtschaftsfachleute die Regierung seit Jahren anmahnen, Regierung und Wirtschaft müssten für deutlich mehr Inlandsnachfrage sorgen; was seit Jahren nicht geschieht. Und jetzt wird die Inlandsnachfrage noch zudem dadurch weiter gemindert, indem 50% des Lohns für die Miete drauf geht und ein erheblicher Teil für das Pendler-Benzin.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Will man sozialsichere und bezahlbare Mieten muss der Staat Wohnungen bauen und vermieten, nichts anderes funktioniert. Das kostet Geld und selbst der wohlmeindendenste Politiker muss feststellen das Plannungsverfahren langwierig und Handwerker und Bauunternehmen rar sind. Das würde aber wunder für Wahlkämpfe wirken wenn die Politiker dann nicht mehr das Blaue vom Himmel den Mietern versprechen können.

  • Die Politik, auch linke Politik denkt über den kommunalen Hutrand nicht hinaus.

    Mietenbändigung hilft weder ...

    ... den Regionen mit Wohnungsleerstand und Arbeitslosigkeit

    ... noch den dort Wegziehenden die keine Arbeit finden und keine Wohnungen finden in den überfüllten Städten und

    ... ganz sicher nicht den Bewohnern der Städt, die sich dem Druck ausgesetzt sehen ihre einigermaßen funktionierenden kommunalen Strukturen durch den Kahlschlag von Grünflächen, Bauverdichtung, zunehmendenm Lärm und Verkehr. bedroht sehen und dies wegen der angeblichen Notwendigkei der Weiterführung dieser Sackgasse auch noch hinnehmen sollen.

  • Mietendeckel und Wohnungsbau - schön aber das reicht nicht: die Ursache der steigenden Mieten ist ständige Zuzug von gut verdienenden Arbeitskräften in die Metropolen. Die Ursache dafür ist, dass Investoren in den Metropolen ein Bürohochhaus nach dem anderen in den Himmel wachsen lassen, was wieder Firmen und Behörden in die Metropolen lockt. Also: einfach keine weiteren Baugenehmigungen für Bürogebäude! Dann gleicht sich Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt irgendwann aus und die Mietenexplosion ist gestoppt! Die Entvölkerung der Provinz auch. Mehr dazu: zukunftdeswachstum...d-entvolkerte.html

    • @Jooi:

      Gründsätzlich ist der größere Zusammenhang richtig erkannt.

      Aber nicht die Investoren "lassen ein Bürohochhaus in den Himmel wachsen"



      Es sind die Kommunen selber, die Bebauungspläne beschließen, welche Bürohochhäuser erlauben.

      Firmen werden auch nur dann in Kommunen eine Sitz aufmachen, wenn es entsprechende von den Komunen ausgewiesene gewerbeflächen gibt.

      Dies bedeutet: Für die Entvölkerung von Regionen in Ostdeutschland sind die großen Komunen (als insbesonder die Größstädte, hier besonders Berlin und Hamburg), also deren Bevölkerung und Politik mit ihrer Flächenpolitik direckt mit für verantwortlich. Ebenso für die Folgen in den Komunen, sprich Bevölkerungszuwachs, Wohnungsmange und Mieterhöhung.



      Nicht zu vergessen die Landesplanung und die Zuständigen für Raumordnung (Seehofer) im Bund.

      Diese Politik wird ungeregelt so weiter verfolgt und per Symtombehandlung versucht in den Griff zu bekommen.

  • Es reicht.

    Längst geht es nicht nur um Mietendeckel sondern Entschädigung, Ausgeichsmechanismus für Unwuchten - Entkoppelung von Lohn- , Mietentwicklung, bei der das Recht auf Wohngeld seit 1962 ein zusätzliches Bonbon für Vermieter ist - im Wohnungsmarkt seit Währungsreform Juni 1948 in westdeutscher Tri Zone zu Kaufkraft Lasten von Mietern zu Gunsten Vermietern.

    Wenn Wohnungswirtschaft Haie waggonweise erbeutete Mieter Moneten in Müllverbrennungsanlagen verheizen lassen, würde alle Welt aufschreien wenn sie dasselbe durch Spekulation im globalen Wohnungsmarkt tun ist das der Politik seit Jahrzehnten im günstigsten Falle schnuppe, wenn nicht gar zu Nebenbi Visavi Parteifinanzierung recht?

    Wieso müssen Mieter nachdem sich Vermieter jahrzehntelang die Taschen vollgestopft haben, auch noch unlimitiert auf Ewig für Modernisierungskosten zu deren Vergoldung aufkommen?

    Warum sind Vermieter nicht gesetzlich verpflichtet, neben Instandsetzung auch für Modernisierung Rücklagen zu bilden, allein um die Flut an Moneten Richtung Spekulation zur Verheizung dereguliert "erbeuteten" Geldes an globalen Finanzmärkten einzudämmen?

  • Mietendeckel - Verstaatlichung,



    nur weiter so mit diesen unsinnigen Vorschlägen. Wer in Berlin-City keine für ihn bezahlbare Wohnung findet, könnte sich ja mal im Umland umsehen,



    da gibt es reichlich Leerstand zu fastgeschenkt Mieten. Das will der urbane Mensch natürlich nicht, verstehe ich schon. Andererseits kann nicht jeder am Starnberger See oder am Wannsee eine bezahlbare Wohnung bekommen. Ein bißchen Mobilität sollte schon sein.

  • Angesichts jahrzehntelanger Unwuchtem im Wohnungsmarkt seit westdeutscher Tri Zonen Währungsreform Juni 1948, entgegen Art. 28 GG Grund, Boden sind grundsätzlich von Kommunen nicht zur Haushaltsstabilisierung schon gar nicht zu Spekulationszwecken zu veräußern, außer in befristeter Erbpacht, gilt es jetzt nicht Klein zu denken, sondern im Großen, Ganzen, für den Wohnungsmarkt einen Ausgleichsmechanismus zu schaffen, finanziert durch einen Fonds deutscher Gesellschaft, branchenübergreifender Wirtschaft, der nicht nur für stabile Verhältnisse in diesem Marktsegment sorgt, sondern bei himmelschreienden Ungerechtigkeiten, u. a. bei Dieselgate, die einen stopfen sich als Autobauer, Vermieter ungeniert die Taschen voll, bis die Geldsäcke nutzlos inflationär in Korridoren lagern, die anderen die Autokäufer, Mieter nagen am Hungertuch, weil über 50 % dynamisiert von Lohn, Einkommen in diesen Autobauer- , Vermieterwahn eingespeist werden, ohne dass der Politk bisher ein Kraut wächst, diesen Wahn zu beenden.

    Da hilft nur Schubumkehr: Statt dass Wohnen durch Verknappung bezahlbaren Wohnraums immer teurer wird, werden Mieten fürs Wohnen solange über den Mietspiegel proportional abgesenkt, bis der Wohnungsnotstand beendet ist. Gleichzeitig wird die Wohnungswirtschaft fiskalisch so in die Lage versetzt, die Beseitigung dieses Notstandes in eigener Verantworung u. a. durch gesetzliche Auflage erweiterter Rücklagenbildung zu wuppen. Wer da mitmacht, dem wird die Lizenz zum "Gelddrucken" als Akteur in Wohungsmarkt Spekulation entzogen?

    Auf geht`s, damit Politik in Bund, Ländern, untereinander abgestimmt, als gemeinsamer Chor die steuerliche Subvention von Immobilien, Wohnungsleerstand beendet, diesen Leerstand, zweckentfremdeten Wohn- als Büroraum, Ferienwohnung in Mietspiegel zu Null Mieteinnahme einpreist, diesen abzusenken, die Wohnungswirtschaft sich selber in Verantwortung nimmt, solche Notstände vorsorglich krisenfest zu hindern.

  • Es wäre besser gewesen, viel mehr Mieter und Journalist*en hätte vor sieben Jahren die Deckelung der Mieten wenigstens offensiv debattiert, dann hätten wir heute nicht diese Zuspitzung der Situation.



    Als nächstes muss unbedingt die Deckelung der Gewerbemieten kommen; viele Geschäfte mit Charakter geben auf, und werden es in der aufkommenden Rezession erst recht tun.



    Immerhin hat der Berliner Mieterverein viel mehr Mitglieder als die SPD, aber für jahrzehntelange politische Lethargie müssen alle jetzt einen hohen Preis bezahlen.