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Prozess zu AbmahnungenDie Deutsche Umwelthilfe darf das

Die Deutschen Umwelthilfe macht Profit, wenn sie Unternehmen verklagt. Rechtswidrig? Der Bundesgerichtshof sieht das anders.

Unter anderem das Autohaus Kloz hatte Spritverbrauch und CO2-Ausstoß nicht korrekt angegeben Foto: dpa

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) handelt bei der Abmahnung von Unternehmen nicht rechtsmissbräuchlich. Ein entsprechendes Urteil zeichnet sich nach der mündlichen Verhandlung am Bundesgerichtshof (BGH) ab. Das Urteil wird in einigen Wochen verkündet.

Im konkreten Fall hatte die DUH 2016 das Autohaus Kloz in Fellbach abgemahnt, weil bei einer Annonce der Spritverbrauch und der CO2-Ausstoß nicht korrekt angegeben waren. Inhaber Felix Kloz räumte zwar den Fehler ein, weigerte sich aber, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Er lehne das „Geschäftsmodell“ der DUH ab. Daraufhin klagte die DUH und gewann bisher in allen Instanzen. Doch Kloz gab nicht auf und erhob mit Unterstützung der Kfz-Innung Stuttgart Revision zum BGH.

Bei der Umwelthilfe sind sieben von rund hundert Mitarbeitern mit Marktüberwachung beschäftigt. Als eingetragener Verbraucherschutzverband achtet die DUH etwa darauf, dass in der Werbung für Autos, Immobilien und Kühlschränke der Energieverbrauch korrekt angegeben wird. Pro Jahr verschickt die DUH rund 1.500 Abmahnungen. Im relevanten Jahr 2016 erzielte der Verband dabei Einnahmen von 2,4 Millionen Euro, was nach Abzug der Kosten einen Überschuss von 422.000 Euro ergab. Diese Überschüsse flossen nach Angaben der DUH in den umweltbezogenen Verbraucherschutz. So wurden Verbraucher vor dem Kauf von Autos mit manipulierter Abgassteuerung gewarnt. In Prozesse für Dieselfahrverbote seien diese Einnahmen nicht geflossen.

Toyota als ehemaliger Großspender wurde nicht geschont

Beim BGH machte Kloz’ Anwältin Brunhilde Ackermann geltend, die Klage der DUH sei „in der Gesamtabwägung rechtsmissbräuchlich“. Die DUH verfolge sachfremde Zwecke und versuche vor allem Einnahmen für politische Kampagnen zu erwirtschaften.

DUH-Anwalt Norbert Tretter versuchte, die Vorwürfe zu entkräften. Das Gehalt von DUH-Geschäftsführer Resch entspreche dem, „was für ein mittelständisches Unternehmen üblich“ ist. Der ehemalige Großspender Toyota sei nicht geschont worden, „es gab mehr als 300 Abmahnungen gegen Toyota-Händler“.

Der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch sagte, nach vorläufiger Betrachtung seien „keine durchgreifenden Gründe“ für einen Rechtsmissbrauch ersichtlich. Dass die DUH bei der Marktüberwachung Überschüsse erzielt, sei jedenfalls kein Indiz hierfür. Die DUH müsse mit der Beanstandung von Verstößen nicht aufhören, wenn ab einem bestimmten Punkt ihre Personalkosten gedeckt seien.

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8 Kommentare

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  • Tja. Der Staat setzt seine Gesetze nicht mehr selber durch, sondern ermächtigt private Berufsschnüffler dazu, in die Autohäuser zu gehen und horrende Konventionalstrafen einzutreiben, wenn neben irgendeinem Auto irgendein Schild nicht angebracht worden ist, s. z. B. hier: www.suedkurier.de/...art372512,10107529

    Wo ist eigentlich bei solchen Vereinen der Unterschied zu "Bürgerwehren"? Ich weiß, die Deutsche Umwelthilfe "darf das". Aber wo bleibt der Protest von links dagegen, dass anstelle staatlicher Behörden, für die bei Bagatellverstößen das Opportunitätsprinzip und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelten, Private, die auf eigene Rechnung arbeiten, die Einhaltung der Gesetze kontrollieren und bei jedem Formfehler eines Kleinunternehmers vierstellige Beträge kassieren? Ein solcher Protest findet leider nicht statt. Sobald "Umwelt" draufsteht, scheint jedes Mittel gerechtfertigt zu sein.

    • @Budzylein:

      im übrigen darf das jeder.



      Es gibt für verschiedenste Themen Abmahn-Anwälte, die damit ihr Geld verdienen.



      Oft sogar durch die Abmahnung uninformierter Kleinabieter/ Bürger, die dem nichts entgegen setzen können.



      Die persönliche Motivation der Abmahner spielt keine Rolle.



      Soweit diese "Privatisierung der Rechtsdurchsetzung" erlaubt ist, wirkt das Vorgehen der DUH zumindest gesellschaftlich nützlicher...

    • @Budzylein:

      Ich bin da ganz bei Ihnen!



      Die DUH ist m. E. ein sehr fragwürdiges, aber reines Geschäftsmodell, klingt nur plausibel, weil es angeblich um "Umwelt" geht.



      Und Sie haben recht, dass der Staat (er ist "nah" genug an allem dran) sich um Gesetzesübertretungen zu kümmern hat.



      Das "riecht" für mich nach Denunziation mit Gewinngarantie im kleinteiligen Bereich. In der Größe (Staatsversagen, Kungelei der Industrie) gibt es Stellen, die "verklagen"|überprüfen können und MÜSSEN. Aber die Privat"wirtschaft" hat in Staatsangelegenheiten auch m. E. nichts zu suchen.

      • @Frau Kirschgrün:

        Mit "Staatsangelegenheiten" meine ich natürlich die Strafverfolgung, die allein dem Staat obliegt/obliegen sollte.

    • @Budzylein:

      Wenn ich Sie richtig interpretiere, sollen solche Verstöße gegen Rechtsvorschriften gefälligst ungeahndet bleiben - nicht durch die Ordnungsbehörden, für die das Opportunitäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip zu gelten hat, und erst recht nicht durch Verbraucherschutzverbände (ein solcher ist auch die DUH), die sich auf's Panier geschrieben haben, dass Informationspflichten gegenübr Verbrauchern einzuhalten sind?

      Also noch mehr Bananenrepublik als eh schon?

      • @Bitbändiger:

        Nein. Wenn Sie mich richtig interpretieren, sollen Verstöße gegen Rechtsvorschriften vom Staat geahndet werden und nicht von privaten Hilfssheriffs. Die staatliche Kontrolle durch die Marktüberwachungsbehörden und die Ahndung von Verstößen als Ordnungswidrigkeiten sind im Übrigen auch gesetzlich (nämlich im Energieverbrauchskennzeichungsgesetz) vorgeschrieben. Und ein mangelnder Gesetzesvollzug rechtfertigt es nicht, unter dem Label "Verbraucherschutz" bei jedem noch so kleinen Verstoß 5.000,01 EUR einzustreichen - zumal das an den Defiziten beim Gesetzesvollzug durch den Staat nichts ändert.

        • @Budzylein:

          "...staatlicher Behörden, für die bei Bagatellverstößen das Opportunitätsprinzip und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelten..."

          "...sollen Verstöße gegen Rechtsvorschriften vom Staat geahndet werden..."

          Schauen Sie's nochmal an und finden Sie den Fehler. Er liegt vermutlich in Ihrer paranoiden Abneigung gegen Vorschriften zum Schutz der Umwelt.

        • @Budzylein:

          Man kann darüber diskutieren, ob und inwieweit hier Staatsversagen vorliegt. Gerade mit dem Recht zu Abmahnungen fördert der Staat ja auch die Kontrolle der Märkte und ihrer Regeln durch Private. Weil die eben näher dran sind. Beim Thema Auto schmeckt diese Kontrolle vielen natürlich aber nicht, allzu viele wären bereitwillig mit den getürkten Emisdionswerten weitergefahren und auch der letzte Versuch von Scheuer, die Grenzwerte zu verwässern und so Fahrverbote zu verhindern hat ja einigen Beifall bekommen. Spätestens dagegen sollte man dann wahrlich protestieren. Die Arbeit der Umwelthilfe hingegen dient eindeutig der Einhaltung von Gesetzen und zwar auf dem Rechtsweg. Weder handelt es sich bei den "Fehlern" um Bagatellen noch sind die genannten Summen besonders hoch.