piwik no script img

Deutsche horten immer mehr GoldEine glänzende Illusion

In den vergangenen Jahren haben die Deutschen nochmals 246 Tonnen angeschafft – aus Angst vor einer Krise. Klingt schlau, ist es aber nicht.

Nur die Italiener haben noch mehr in Gold investiert als die Deutschen Foto: imago-images/Ikon Images/Simon Critchley

BERLIN taz | Erstaunlich viele Deutsche glauben noch immer, dass Gold nicht nur glänzt, sondern auch reich machen würde. Die Bundesbürger haben inzwischen die Rekordmenge von 8.918 Tonnen gehortet, wie eine Umfrage der Steinbeis-Hochschule ergab. Davon wurden 4.000 Tonnen zu Schmuck verarbeitet; der Rest sind Barren und Münzen. Damit belegen die Deutschen Platz zwei im Europa-Ranking; nur die Italiener haben pro Kopf noch mehr Geld in Gold investiert.

Allein in den letzten drei Jahren haben die Deutschen nochmals 246 Tonnen Gold angeschafft, weil sie fürchten, es könnte eine Inflation oder eine neue Finanzkrise ausbrechen. Dieses Kalkül klingt vielleicht schlau, ist aber irrational.

Gold wirft bekanntlich keine Zinsen oder Dividenden ab, sondern verstaubt nur im Tresor. Der stolze Besitzer muss also hoffen, dass das Gold seinen Wert behält – und am besten gar steigert. Doch ein Blick in die jüngste Geschichte zeigt, dass der Wert des Goldes keineswegs stabil ist. Im Jahr 2011 lag die Feinunze bei 1.921 Dollar; jetzt sind diese 31 Gramm Gold nur noch 1.283 Dollar wert. Da hätte jede Aktie mehr gebracht.

Zudem hat Gold nur Wert, weil es künstlich knapp gehalten wird. Ein relevanter Teil lagert nämlich gar nicht bei Privatleuten, sondern bei den staatlichen Notenbanken. Allein die Bundesbank besitzt derzeit 3.370 Tonnen; die USA verfügen über 8.133 Tonnen.

Verschwörungstheorien

Offiziell ist das Bundesbank-Gold 121,45 Milliarden Euro wert, was nach einem reichen Schatz aussieht. Doch ist der Bilanzwert geschönt: Auf dem Papier würden die Reserven zwar Milliarden bringen, doch faktisch ist das Gold unverkäuflich. Sobald die Bundesbank anfinge, ihre Bestände aufzulösen, würde der Markt kollabieren und der Goldpreis in die Tiefe rauschen. Daher haben sich zwanzig europäische Notenbanken in einem „Goldabkommen“ verpflichtet, gemeinsam höchstens 400 Tonnen Gold pro Jahr zu veräußern.

Tatsächlich verkauft die Bundesbank sogar noch viel weniger Edelmetall: Jährlich reicht sie nur etwa vier Tonnen Gold an die Bundesregierung weiter, die dann Gedenkmünzen prägt und veräußert. 2018 spülte dies einen Gewinn von 127 Millionen Euro in die staatlichen Kassen, was umgerechnet rund 1,50 Euro für jeden Deutschen waren. Also nichts.

Der Preis von Gold steigt genau so lange, wie panische Anleger glauben, dass sein Preis steigt

Obwohl das Bundesbank-Gold fast nutzlos ist, erregt es die Gemüter. Durchs Internet geistern Verschwörungstheorien, dass das staatliche Gold in Wahrheit längst verschwunden sei oder für windige Finanzmarktgeschäfte genutzt würde. Deswegen hat die Bundesbank kürzlich eine „Transparenzinitiative“ gestartet. Goldfetischisten können jetzt online eine Liste einsehen, in der jeder einzelne Goldbarren mit Nummer verzeichnet ist: Es sind monotone 2.394 Seiten.

Aber am Grundwiderspruch ändert auch diese Liste nichts: Gold hat nur Wert, solange es nicht verkauft wird. Denn einen echten Nutzen gibt es nicht. Früher wurde wenigstens Zahngold benötigt, doch inzwischen ist die Dentaltechnik längst auf andere Füllungen umgestiegen. Auch die Elektroindustrie behilft sich meist mit Ersatzstoffen, und selbst Eheringe werden jetzt oft aus anderen Metallen hergestellt.

Gold neigt zur perfekten Blase. Sein Preis steigt genau so lange, wie panische Anleger glauben, dass sein Preis steigt. Leider ist dieser Unsinn nicht folgenlos, denn noch immer wird neues Gold gefördert. Fast alle Minen hinterlassen Giftmüll wie Zyanid, Quecksilber und Schwermetalle; viele zerstören Naturreservate oder vertreiben Ureinwohner. Gold glänzt nicht, es sieht nur so aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

38 Kommentare

 / 
  • Das Gold ist deswegen so interessant weil wir überschuldet sind. Der Euro endet über kurz oder lang in einer Währungsreform, mit eventuell vorhergehender Hyperinflation. Gold ist nie nichts wert. Selbst wenn die Bundesbank ihr Gold auf den Markt werfen würde, der Kurs hätte sich binnen zwei Jahren erholt.

  • Es gibt verschiedene Gründe Gold zu kaufen. Ich betrachte Gold als Wertanlage. Sein Wert steigt i.d.R. mit der Inflation und das dürfte genug sein, wenn es z.B. darum geht seinen Nachfahren die Erbschaftssteuer zu ersparen.

    Natürlich sollte man Gold nur in wirtschaftlich hervorragenden Zeiten kaufen, da ist es am günstigsten. Der Wertzuwachs pro Jahr liegt über einen Zeitraum von 30 Jahren im Mittel bei etwa 2%. Wie gesagt: Wertanlage, kein Investment.

  • Geld dagegen ist gedeckt durch Versprechungen, und denen kann man bedenkenlos vertrauen. Das zeigt die Geschichte, und das wird bewiesen durch die fantastische Lebensdauer und Stabilität der der einzelnen Währungen.

    • @Gregor Tobias:

      Geld ist gedeckt von der Verpflichtung, Steuern in einer Währung zu bezahlen. Deswegen wird's von Privatpersonen als Bezahlung für staatliche Aufträge akzeptiert, ebenso wie von anderen Privatpersonen.

    • @Gregor Tobias:

      ¼ Gold, ¼ Immobilien-(fonds), der Rest in Aktien-(fonds), global und thematisch gestreut. -meine Meinung.

      • @Gregor Tobias:

        1/4 Gold, 1/4 Immobilien- und Konsum-Schulden (Auxmoney / Estateguru), 1/4 ETF, 1/4 Rücklage für Eigenanteile Immobilien.

  • Ist doch alles Theorie. Nehmen wir doch mal ein Praktisches Beispiel - Türkei.



    Stellen sie sich vor sie hatten 2014 1 Mio Türkische Lira (ca 330.000 €). Einmal auf der Bank, einmal zu Hause im Tresor als Geldscheine und einmal in Form von Goldmünzen.Was war sinnvoller? Oder nehmen sie Venezuela? In einer Kriesensituation wird Gold immer mehr wert sein als Papiergeld.



    p.s. Goldverbot - bedeutet ja nur, das ich mein Gold nicht verkaufen kann. Ob ich Gold zu Hause habe, kann der Staat ja nicht feststellen. Und es gibt immer ein Ende des Goldverbots - dann habe ich immer noch den Gegenwert. Wieviel Wert meine Geldscheine oder die Zahlen auf meinen Bankkonto haben ???

    • @Vladimir Z.:

      Und was machen Sie dann mit dem Gold? Wenn die Geldwirtschaft nicht komplett zusammengebrochen ist, nimmt kein Einzelhändler Gold als Bezahlung an, also müssen Sie das Gold im Endeffekt doch wieder in die Währung umtauschen, die Sie so enttäuscht hat.

  • Ich würde mal zwei Fälle trennen:



    1.) Geldanlage: Schwachsinn.



    2.) Krisenwährung. Ja, aber: Definieren Sie bitte Krise: Muss ich aus DE flüchten wegen MOrd und Verfolgung? Ja dann ist es nicht schlecht dem Käptn des letzten auslaufenden Schiffs schnell ein paar Goldstücke bieten zukönnen. Bei "normaler" Wirtschaftkrise? Siehe 1, das kriegt man in den Griff.



    Fazit: Für Apokalyptiker geeignet als Panik-Blocker und Prozac-Ersatz.

    • @Tom Farmer:

      Schauen sie nur in die Türkei. Es muß keine Endzeit herrschen. Ein Verfall der Währung reicht.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Dagobert Duck kann sich wohl kaum irren.

    Deshalb setze ich auf Bargeld. Das hat den Vorteil, dass man ein schönes Bad drin nehmen kann.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Bargeld ist wohl eines der dreckigsten Alltagsgenstände überhaupt, danach kann man direkt ein richtiges Bad nehmen.

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Frisches Geld natürlich.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Haben Sie da Bezugsquellen bei Giesecke & Devrient? ;-)

          • 8G
            88181 (Profil gelöscht)
            @Sven Günther:

            Meine Bezugsquelle ist hier:

            www.muenze-berlin.de/Muenzen.htm

            Heute früh hatte ich ein Bad in Gedenkmünzen: "125 Jahre Strahlen elektrischer Kraft - Heinrich Hertz"

            Sehr erfrischend.

            • @88181 (Profil gelöscht):

              Nicht schlecht, für eine Badewannenfüllung benötigt man ungefähr 50 kg Münzen, leider stehen die Maße der Gedenkmünze nicht im Informationsblatt.

              Daher habe ich mal mit den Maßen der 2 Euro Münze gerechnet und das auf ihre Gedenkmünze umgerechnet.

              50 kg Münzen sind 5883 Münzen, ihre Gedenkmünze kostet 19 EUR, Kosten also ohne Rabatt 111.777,- EUR, die Münzen sind aber nur 58.830,- EUR Wert, ihr Bad kostet also 52.947,- EUR.

              Allerdings ist es Wiederverwendbar, eine Pluspunkt und wenn es hilft ;-)

              • 8G
                88181 (Profil gelöscht)
                @Sven Günther:

                Ach wissen Sie, ich achte nicht so aufs Geld...

                • 8G
                  88181 (Profil gelöscht)
                  @88181 (Profil gelöscht):

                  Aber gut gerechnet!

                  • @88181 (Profil gelöscht):

                    Kleines IT Programm geschrieben, damit verdien ich inzwischen gutes Geld ;-) Wesentlich besser als bei der BW vorher

  • Goldverbote gab es in der Vergangenheit viele.



    Einfach bei Wikipedia vorbeischauen und staunen.



    Gold ist eigentlich Otto Normalverbraucher immer nur dann erlaubt,wenn alle genug von allem haben.

  • Gold hat seit Jahrtausenden eine Faszination auf den Menschen. Warum? Keine Ahnung. Da sich zwar die Zeiten ändern, der Mensch aber kaum, dürfte die Faszination auch in Zukunft bestehen. Zudem ist Gold in Krisenzeiten der einzige Wert, den man mitnehmen kann. Aufgrund der hohen Dichte klein und gut versteckbar. Braucht man das? Vermutlich nur, wenn man wirklich große Verwerfungen erwartet. Dann stellt es eine Art Versicherung dar. Und Versicherungen braucht man nur, wenn der Schaden eintritt. Ansonsten war es hinausgeschmissenes Geld.

    • @Strolch:

      Aber auch der Wert von Gold hängt extrem vom Glauben etwaiger Käufer ab, wie von Herrmann dargelegt. Wenn niemand mehr Nahrungssüberschüsse etc. erzeugen kann, ist Gold direkt wertlos.

  • Gold ist top, ganz wichtig für korrosionsbeständige Kontakte zum Beispiel. Für nicht-technische Anwendungen allerdings völlig überbewertet und eigentlich nutzlos.

    • @sachmah:

      Deshalb wird es ja auch weiter gebraucht und nicht wertlos.

  • Cool, die H-IVler sammeln Gold.



    Sorry, es ist absurd in diesem Fall von "die Deutschen" zu schreiben.



    Ein Großteil hat kaum Gespartes und andere schauen, wie sie über die Runden kommen.



    Gold ist erst recht weit oben (Top 1-2%) ein echtes Thema.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Es gibt drei sichere Investments Munition (und Waffen), Essen und Medizin. Das sind Dinge die selbst dann noch was wert sind wenn Gold keinen Wert mehr hat (da reden wir aber schon vom Zivilisationszusammenbruch).

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Ich würde ja eher auf Pfeil und Bogen setzen, weil man sich da seine Projektile selbst herstellen kann. Und Wasser wäre bestimmt eine ziemlich interessante Sache. :)

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Der Redaktionschef Stelter vom Manager-Magazin empfiehlt Gold als d i e Investition in Zeiten des bevorstehenden "monetären Endspiels".



    www.manager-magazi...vor-a-1256273.html

    Vorausgesetzt, der private Goldbesitz wird nicht politisch eingeschränkt, was ja auch schon mal vorkam in der Geschichte.

    "Gold neigt zur perfekten Blase. Sein Preis steigt genau so lange, wie panische Anleger glauben, dass sein Preis steigt."



    Das ist in einer Krise der Fall. Es fängt schon wieder an. Stelter und andere Finanz-Apokalyptiker heizen die Nachfrage weiter an.



    Der Goldkurs hat sich nach dem Kollaps der 9/11-bedingten Investitionsblase von 1200 Dollar je Unze im letzten Jahr auf 1300 Dollar je Unze in diesem Jahr gesteigert. Auch Russland und China kaufen dem Vernehmen nach in letzter Zeit sehr viel Gold.

    Sieht für mich aus wie eine gute Investition - zur Zeit. Nach der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verheerenden nächsten Krise sollte der glänzende Schatz selbstverständlich baldigst wieder verkauft werden.

    Das gilt natürlich nur für jene, die Geld zum Investieren haben - also nicht für die ärmeren 50% der deutschen Bevölkerung.



    Außerdem muss man(n), wie Frau Herrmann es sehr richtig bemerkt, die notwendige Skrupellosigkeit und ethische Korrumpiertheit besitzen, um die Folgen des Goldabbaus zu ignorieren. Dies sollte für die Mehrzahl der Deutschen aber ein weitaus geringeres Problem darstellen, als das fehlende Investitionskapital.

  • Es gibt in der Praxis schon einige Vorteile von Gold,die in dem Artikel nicht genannt werden und ich werde auch einen Teufel tun die hier jetzt runterzubeten.



    Wenn es ernsthafte Verwerfungen in der Welt geben sollte,dann sind die sogenannten "seriösen Goldhandelshäuser" die Ersten,die entweder die Türen fest geschlossen halten oder vor deren Türen man sich die Beine in den Bauch steht ,um dann unglaublich zur Ader gelassen zu werden.

    • @Markus Müller:

      Um vor ernsten Verwerfungen geschützt zu sein, ist es sinnvoller sich ein paar Zentner Linsen in den Keller zu legen um sie sich dann in Gold aufwiegen zu lassen.

      • 8G
        83191 (Profil gelöscht)
        @luetzowplatz:

        Beides richtig. Prinzipiell alle Physischen Werte (neben genannten auch Gebrauchsgegenstände wie Batterien, Angeln u.ä.).

        Wenn man Gold noch mit anderen, deutlich häufiger genutzten Metallen ersetzt (Silber, Chrom) hat man zwar mehr zu schleppen, aber auch eine leichtere Portionierung.. mit nem 100g Barren kannste halt nicht beim Bäcker einkaufen. Und auch 20 Goldmünzen bringen dich bei so einem Kurs nur über 2-3 Wochen.

        • @83191 (Profil gelöscht):

          Solange es noch Bäcker gibt,gibt es auch Stellen,wo man Gold in aktuell gültige Währung tauschen kann.

        • 8G
          84935 (Profil gelöscht)
          @83191 (Profil gelöscht):

          Prepper unter sich...

          • 8G
            83191 (Profil gelöscht)
            @84935 (Profil gelöscht):

            Ich wollte nicht die Sinnhaftigkeit der Aktion selbst sondern nur des Wie etwas hervorheben..

            Außer Batterien hab ich tatsächlich nix gebunkert.. und die für einen ganz anderen Zweck ;-)

        • @83191 (Profil gelöscht):

          Noch besser, bewaffnen und Linsen und Gold abgreifen :D

  • Ich teile den Tenor des Artikels nicht. Gold wird nicht erworben um ertragreich zu sein, sondern um Sicherheit zu bieten. Und da macht Gold keine schlechte Figur, denn wertlos wird es nicht werden.

    Die hier beschriebene Kritik sollte sich lieber mal am Eigenheim als Geldanlage abarbeiten, das ist nämlich wahrlich unsinnig und wird noch von viel mehr Leuten betrieben.

    • @emanuel goldstein:

      Gold ist so viel wert, wie der Käufer glaubt, dass es wert ist. Ein Eigenheim hingegen stellt eine Behausung dar, Schutz vor der Witterung und so. Deutlich nützlicher als Gold.

    • @emanuel goldstein:

      und sich dann aufregen, wenn die Mieten steigen. Ich muß bald nur die Nebenkosten und Gas/Wasser/Strom bezahlen - weil ich mein Haus abbezahlt habe. Außerdem kann ich Solarzellen aufs Dach packen oder eine Anlage für Warmwasser.