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Dessau-Konzert von Feine Sahne FischfiletPfeffi fürs Bauhaus, Party für alle

Das Bauhaus Dessau wollte sie nicht spielen lassen. Feine Sahne Fischfilet nutzten das zu ihrem Vorteil und feierten eine antifaschistische Party um die Ecke.

Statt vor 150 Leuten konnten Feine Sahne Fischfilet vor 600 Menschen spielen Foto: dpa

Dessau taz | Dienstagnachmittag in Dessau, Sachsen-Anhalt. Die Straßen sind leer. Kaum Menschen sind zu sehen in der Gegend rund um den Hauptbahnhof. Nur aus Richtung des Anhaltischen Theaters ist Stimmengewirr zu hören. Manchmal pfeift jemand, ein Polizeiauto fährt einsam durch den Nebel in die Richtung, aus der das Pfeifen kommt. Stille. Dafür, dass es in den letzten Wochen einen riesigen Medienrummel um die Absage des Feine Sahne Fischfilet-Konzerts in der Aula des Bauhaus Dessau gegeben hat, und dafür, dass in wenigen Stunden, begleitet von Demonstrationen, das Ersatzkonzert in der nahegelegenen ehemaligen Schultheiß-Brauerei stattfinden soll, ist es ziemlich ruhig.

Rund 200 Menschen sind dem Aufruf des Bündnisses Dessau Nazifrei gefolgt und haben sich unter dem Motto „Stabil bleiben. Gegen den Rechtsruck und für die Kunstfreiheit“ vor dem Anhaltischen Theater gesammelt. Die Stimmung ist friedlich und der ehemalige Dessauer Bauhaus-Direktor Philipp Oswalt ist sauer. „Wer sich mit der AFD gemein macht, ist mit dem Bauhaus-Erbe nicht kompatibel“, sagt er auf der Bühne und fügt hinzu: „Nicht die Band Feine Sahne Fischfilet passt nicht zu Bauhaus. Es ist der Stiftungsrat Rainer Robra (CDU), der nicht zum Bauhaus passt.“ Die Absage des Konzerts habe den Ruf des Bauhaus laut Oswalt stark beschädigt. Was war passiert?

Seit 2011 zeichnet das ZDF in der Reihe ZDF@Bauhaus Konzerte auf. Explizit politische Bands wie die Fehlfarben oder Kettcar spielten dort schon, genauso wie die Straßenrapper Sido und Kontra K. Probleme gab es nie. Am 6. November sollte auch die Punk-Band Feine Sahne Fischfilet in der Bauhaus-Aula vor knapp 150 Menschen ein Konzert geben. Doch daraus wurde nichts. Nachdem rechte Gruppen wie „Patriotisches Köthen“ ihren Unmut über die Einladung der Band äußerten, die sich klar antifaschistisch positioniert, sagte das Bauhaus die Veranstaltung ab. „Um nicht erneut zum Austragungsort politischer Agitation und Aggression zu werden“, wie es in einer Pressemitteilung vom 18. Oktober hieß. Man wolle die Rechten vom Bauhaus fernhalten, sagte die aktuelle Direktorin Claudia Perren wenig später der Zeit. Robra pflichtete ihr auf MDR Kultur bei und sagte, dass eine politische Konfrontation mit dem Bauhaus nicht vereinbar sei. Beide hatten die Entscheidung vorher gemeinsam besprochen.

Nun löste die Absage aber genau diese politische Konfrontation aus. Nicht etwa auf der Straße, sondern ganz offiziell in einer Debatte im Sachsen-Anhaltinischen Landtag. AFD- und CDU- Mitglieder beschwerten sich über die in ihren Augen linksextreme Band, SPD- und Grünen-Abgeordnete ärgerten sich wiederum darüber. Es folgte ein Shitstorm. Die Bauhaus Universität in Weimar und das Bauhaus Archiv in Berlin boten der Band Raum für ein Konzert. Nur Feine Sahne Fischfilet zeigten sich von all dem Trubel recht unbeeindruckt. „Egal wie… Wir werden am 6. November in Dessau sein“, schrieben sie unter anderem in einem Statement auf Facebook.

Rechte Demo kurzfristig wieder abgemeldet

Nun sind sie da. Vor dem Theater neigt sich die knapp einstündige Demonstration dem Ende entgegen. Die sehr junge Dessauer Band Radikale Autonome Mitte (RAM) spielt und Jan „Monchi“ Gorkow stand kurz zuvor plötzlich auch auf der Bühne, um sich für die Unterstützung seitens der Dessauer zu bedanken. Dann Covern RAM einen Feine Sahne Fischfilet-Song. Zur Einstimmung für den Abend. Claudia Perren lässt sich vor dem Theater nicht blicken. Dabei hätten die Aktivistinnen und Aktivisten von Dessau Nazifrei ihr gerne ihre Meinung gesagt. „Die Absage des Konzerts durch Frau Dr. Perren hat zu einer deutlichen Wahrnehmung des Rechtsrucks in der Dessau-Roßlauer Bevölkerung geführt, insbesondere, da ein Facebook-Post ausreichte, um eine solche Reaktion auszulösen“, sagt ein Sprecher der Gruppe gegenüber taz.

Claudia Perren war dafür unter den knapp 50 Demonstrierenden am Zyklon B-Mahnmal in Dessau, um den Opfern des Nazionalsozialistischen Terrors zu gedenken. Sie ergriff kurz das Wort, äußerte sich zu Naziangriffen auf das Bauhaus. Dann löste sich die Gruppe wieder auf. Eine von Rechten angemeldete Demonstration, die in der Nähe stattfinden sollte, wurde kurzfristig wieder abgemeldet. Die Sorge von Perren, dass als Reaktion auf das Feine Sahne Fischfilet-Konzert ein rechter Aufmarsch folgen wird, bestätigt sich nicht. Nur ganz kurz standen knapp zwanzig Rechte vor dem Dessauer Brauhausgelände, zündeten Fackeln an, machten Fotos und verschwanden wieder. Auf ihrem Banner stand: „Danke Bauhaus – Linksterroristen keine Bühne bieten“.

Vor allem für Feine Sahne Fischfilet ist es ein Riesenvorteil, dass sie nicht im schicken Bauhaus spielen, sondern in einer abgeranzten Halle. Denn plötzlich haben über 600 Menschen Platz und außerdem Infostände von antifaschistischen Initiativen aus der Gegend. Ein Mann namens Micha, der für den Erhalt des Hausprojekts „Hasi“ in Halle Unterschriften sammelt, sagt, dass sie ihren Stand im Bauhaus wohl nicht hätten aufbauen können. Nun hätten sogar schon 60 Menschen unterschrieben. Immerhin.

Im Brauhaus ist es laut und kalt. Die Backsteinwände sehen verlebt aus, das Publikum – quer durch alle Altersgruppen – dafür umso glücklicher. Ein Altpunk mit St. Pauli-Pullover steht wie selbstverständlich neben einem gestylten Jungen mit weißen Sneakern. Gerade hat die Hamburger HipHop-Gruppe Neonschwarz zu spielen begonnen. Sie schaffen es, politische Statements in ihrer Musik cool klingen zu lassen, halten sich mit Ansagen während des Konzerts aber zurück. Und dann kommen auch schon Feine Sahne Fischfilet auf die Bühne. „Danke GEZ“- und „Support your local Antifa“-Banner werden von Fans in die Kameras des ZDF gehalten. Das Kamerateam ist einfach mit ins Brauhaus umgezogen. Hunderte Menschen schreien: „Alerta Alerta Antifaschista“

Antifaschistische Party, verewigt vom ZDF

Bevor es losgeht, sagt Sänger Gorkow noch einmal, das völlig klar sei, wie scheiße es ist, dass sich das Bauhaus von Nazis agitieren ließe. Dann schiebt er in seiner direkten Art hinterher: Die AFD und die CDU hätten sich den Arsch abgefeiert, weil seine Band nicht auftreten durfte und jetzt ja wohl „das Kotzen“ bekommen würden, weil plötzlich sechsmal so viel Leute da sind. Die knapp 600 Menschen in der Halle grölen zustimmend.

Dann wird gepogt. Gitarren- und Trompetensounds hallen durch das Gebäude und Gorkow singt. In seinen einfach gehaltenen Songs geht es um Zusammenhalt, die geilen Leute, die was reißen und um Bier. Die große Stärke der Band ist, das fällt auch an diesem Abend auf, nicht in erster Linie ihre Musik. Die große Stärke ist es, als Reaktion auf eine von rechten und konservativen Kräften befeuerten Konzertabsage in einer Stadt wie Dessau eine riesige antifaschistische Party auf die Beine zu stellen, die auch noch im Fernsehen laufen wird.

Plötzlich sind auch die vier Mitglieder der Radikalen Autonomen Mitte wieder auf der Bühne und dürfen einen Song mitsingen und anschließend durch die Menschenmenge stagediven. Gorkow habe sie spontan nach der Demo am Theater eingeladen, sagen sie der taz wenig später aufgeregt. In Dessau und Umgebung gebe es ansonsten ziemlich wenige Möglichkeiten, um aufzutreten.

Feine Sahne Fischfilet haben in Dessau erneut den Gegenwind von rechts zu ihrem Vorteil umgedeutet. Das Konzert konnte erst im Brauhaus zu einer politischen Veranstaltung mit großer Aufmerksamkeit werden. Im Bauhaus dagegen wäre es wohl bei etwas Stadionpunk vor 150 Menschen ohne großen Backlash geblieben. Als Dank stellten sie dem Bauhaus Dessau eine Urkunde für die PR-Aktion des Monats aus und spendierten eine Flasche Pfefferminzlikör.

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4 Kommentare

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  • Bin verwirrt...sehe ich da in der Bildmitte zwei rechte Arme+Hände nach oben gereckt und noch eine Faust...ich dachte die wären links...?

  • die Fehlfarben?

    • @Theloneous Honk:

      Die da oben", von denen die reden



      Die sich geistig wenig bewegen



      Die sind ja nicht oben, die sind doch das letzte



      Vom menschlichen Eintopf sind sie die Reste



      Verfault und verschimmelt und lebensgefährlich



      Dazu auch noch häßlich, sonst wär's noch erträglich



      Weil auf der Straße niemand mit ihnen spielte



      Bilden sie heute die Abschaum-Elite



      Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel



      Stinken auch so, daß es dich ekelt



      Behaupten dann ganz dumm und dreist



      Es wär Platz an der Spitze, mit ein bißchen Ehrgeiz

      Ich seh' keine Ehre, sehe nur Geiz



      Sehe nur Leere, nichts, was mich reizt

      Da treiben Gärtner und Böcke



      Ein gemeinsames Spiel



      Machen jeden zur Schnecke, der anderes will



      Sie teilen, sie herrschen, sie suhlen in Macht



      Von Ihresgleichen geifernd bewacht



      Keiner gab ihnen das Recht es ist selbst verliehen



      Drum sei ihnen ins Gesicht gespien



      Und sind auch nur Worte, vielleicht kommt der Tag



      Da trifft den richtigen der richtige Schlag

    • @Theloneous Honk:

      Die haben 1982 gesungen: "neu ist mir (Izmir) in der DDR , Atatürk der neue Herr".



      Na das sollte mal heute jemand bringen. Todal political incorrecht hoch zehn. Zeiten ändern sich, manches nich.