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Kommentar Maaßen und ChemnitzDer Diener der Rechten

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Nicht nur Verfassungsschutz-Präsident Maaßen ist untragbar. Die ganze Institution ist nicht gewappnet, dem Rechtsextremismus zu begegnen.

Willfähriger Helfer der Rechtsextremen: Verfassungsschutz-Präsident Maaßen neben Horst Seehofer. Foto: dpa

N ur da, wo es keine Wahrheit und keine Objektivität mehr gibt, können Lügen und Hetze ihre ungestörte Ausbreitung finden. In diesem Wissen führt die extreme Rechte seit Jahren einen erfolgreichen Feldzug gegen faktenbasiertes Wissen und jene, die dieses verbreiten: die Medien. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat dieser Strategie zu einem Durchbruch verholfen. Indem er wider alles Wissen die rassistischen Hetzjagden von Chemnitz infrage stellt, rüttelt er zusammen mit den selbst erklärten Feinden von Demokratie und Rechtsstaat an ebenjenen Grundpfeilern.

In nur vier Jahren sind die rechten Strategen weiter gekommen, als sie je hoffen durften. Alles begann 2014 im Zuge des Ukraine­krieges mit einem Aufruf zu einem „digitalen Guerillakrieg“ gegen die deutschen „Propagandamedien“, die, so der Vorwurf, einseitig zuungunsten Russlands berichteten. Mit den Verschwörungstheoretikern der Montagsmahnwachen und mit Pegida wurde der Hass auf die „Lügenpresse“ weiter angestachelt. Selbsternannte alternative Medien wie die Rechtspostille Compact stilisierten sich dagegen zu Verteidigern der Wahrheit und bereiteten der AfD den Weg, die jubilierend folgte.

Hans-Georg Maaßen hat sich nun zum willfährigen Helfer der Rechtsextremen gemacht. Er hat nicht nur Teil eins ihrer Strategie übernommen, indem er Fakten anzweifelte, sondern auch Teil zwei, die Gegenpropaganda: Das Video, das die Jagd deutscher Nazis auf Migranten zeigt, diene womöglich dazu, „die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“, hatte er gesagt. Übersetzt heißt das: Die Lügenpresse denunziert deutsche Bürger, um Taten von Flüchtlingen unter den Teppich zu kehren. Das ist das Denken des Mobs und der AfD. Ihnen steht der Verfassungsschutzchef Maaßen näher als der Kanzlerin, die nach den Ereignissen von Chemnitz selbst von einer „Hetzjagd“ gesprochen hatte.

Untragbar, ungewappnet

Dass der Mann untragbar ist, müsste allen klar sein. Allen vielleicht außer dem verantwortlichen Innenminister Horst Seehofer (CSU). Beide interessieren sich nicht für die pogromartige Stimmung in Chemnitz – und schützen somit die Täter.

Wer will, kann wissen, dass es Hetzjagden gegeben hat. Neben den Migranten wurde auch eine Gruppen von Sozialdemokraten angegriffen, linke Gegendemonstranten wurden an verschiedenen Stellen durch die Stadt getrieben. Nicht weniger verachtenswert ist der Angriff auf ein jüdisches Restaurant.

Maaßen sollte den Verfassungsschutz nach dem NSU-Debakel neu aufstellen. Stattdessen traf er sich zu Beratungsgesprächen mit der Führungsriege der AfD. Der Dienst ist weiterhin in keiner Weise gewappnet, den Gefahren des Rechtsextremismus zu begegnen.

Der Chef Maaßen ist ein Problem – so wie der Verfassungsschutz an sich.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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21 Kommentare

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  • 9G
    96486 (Profil gelöscht)

    also wenn das so unklar ist mit den Quellen habe ich eine Empfehlung.

    HINFAHREN, ERLEBEN UND SPÜREN WIE AUS berechtigter WUT unverständlicher HAß geworden ist!

  • „Die ganze Institution ist nicht gewappnet, dem Rechtsextremismus zu begegnen.“

    Das war im Grunde ja auch von Anfang an nie ihr Ziel gewesen - ganz im Gegenteil.



    Bereits vor der Gründung des Bundesamtes für Verfassungsschutz im November 1950 auf Initiative der Alliierten Hohen Kommissare Mc Cloy, Kirkpatrick und François-Poncet hatte die Unites States Army in Deutschland eine Tarneinrichtung namens „Amt für Verfassungsschutz“ betrieben, um Informationen über die 1945 wieder zugelassene KPD einzuholen.



    Obwohl der „Verfassungsschutz“ bis 1955 von den Alliierten kontrolliert wurde, beschäftigte er zahlreiche ehemalige Mitarbeiter der Gestapo als freie Mitarbeiter oder in Tarnfirmen. 1963 wurden noch 16 Mitarbeiter als ehemalige Mitglieder von Gestapo, SS oder SD ermittelt. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher gewesen sein.



    Ab 1955 [Anm.: Wiederbewaffnung Deutschlands, Gründung der Bundeswehr] stand NSDAP-Mitglied und SA-Stürmer Horst Schrübbers dieser Behörde vor, bis 1972 seine Verwicklungen in die NS-Justiz [Stichwort: Furchtbare Juristen] öffentlich thematisiert wurde.



    Eine vom Präsidenten Heinz Fromm 2009 einberufene Kommission, die Bezüge zur NS-Zeit aufklären sollte, konnte erst 2011 ihre Arbeit aufnehmen. In der Zwischenzeit wurde wohl erstmal gründlich geschreddert. Die beauftragten Bochumer Historiker Constantin Goschler und Michael Wala mussten einen „durch vielerlei Umstände stark reduzierten Quellenbestand“ feststellen. Durch intensive Auswertung des vorhandenen Datenmaterials konnte immerhin noch bei 13 % aller BfV-Mitarbeiter ein NS-Hintergrund festgestellt werden. Nur soviel zur „demokratischen Tradition“ in dieser Behörde.



    Wer glaubt, dass Nazis jemals die Verfassung schützen, der glaubt auch, dass Schweine durchs Weltall fliegen können, wenn nur der Wind stark genug ist.

  • Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen mit CSU Minister Seehofer sind überfällig. Da ist sich die TAZ Community sehr wahrscheinlich einig. Aber mit dem Versagen von Maaßen die Medien insgesamt reinzuwaschen, geht dann doch zu weit. Denn was der Springer Konzern mit BILD, Welt usw. jeden Tag raushaut, passt auf keine anständige Kuhhaut mehr. Bezeichnend ist dabei, dass Maaßen sich gerade über die BILD des Springerkonzern an die Öffentlichkeit gewandt hat.



    Die Frage ist auch, wieso hat sich der Chef des Innengeheimdienstes -das ist der Verfassungsschutz – überhaupt direkt über die Bildzeitung an die Öffentlichkeit gewandt.

    • @Nico Frank:

      Sollte mich gar nicht wundern, wenn das so mit IM Seehofer abgesprochen war.

  • O ha! Es sind also „die Medien“, die „Wahrheit und [...] Objektivität […] verbreiten“. Tatsächlich? Alle Medien? Die Bild-Zeitung auch?

    Nicht allein die „extreme Rechte“ führt „seit Jahren einen erfolgreichen Feldzug gegen faktenbasiertes Wissen“ und "Objektivität", scheint mir. Auch die Verlagsleiter, die Ressortchefs und die Redakteure geben ihr Bestes.

    Wie jedes andere Produkt, das sich am Markt behaupten muss, sollen auch Zeitungen immer kostengünstiger (um nicht zu sagen: billiger) hergestellt werden. Schließlich soll auch bei zurückgehender Nachfrage und Inflation am Jahresende ein gewisses Wachstum bekanntgegeben werden. Das muss der Konkurrenz signalisiert: „Gebt euch gar nicht erst Mühe. Uns kriegt ihr ohnehin nicht überholt!“ Und den Geldgebern soll es sagen: „Hier her mit eurem Geld, hier ist es halbwegs sicher!“

    Im Ergebnis fallen dann manche Recherchen doch überaus dürftig aus – wenn sie denn überhaupt noch stattfinden. Mehr oder weniger freie Journalisten müssen immer schneller immer simpler gehaltene Artikel liefern, um noch auf ihre Kosten zu kommen. Nichts, was einen juristen auf den Plan rufen könnte, wird abgedruckt oder ausgestrahlt. Und was das Publikum nicht honoriert, wird überhaupt nicht mehr „gemacht“. Informations- oder gar Bildungsauftrag? War gestern, als es noch Staatsfernsehen gab. Heute ist Hofberichterstattung: Es wird wahlweise aus der Schlossküche, dem Pferdestall, dem Konferenzraum, dem Herren- oder dem königlichen Schlafzimmer berichtet.

    Ja, wo es keine Objektivität mehr gibt, können Lügen und Hetze ihre ungestörte Ausbreitung finden. Es wird ja doch niemandem mehr geglaubt. Schon zweimal nicht den „etablierten Medien“. In nur vier Jahren sind die rechten Strategen weiter gekommen, als sie je hoffen durften. Aber Schuld, nicht wahr, sind ja an allen Übeln immer ausschließlich die Anderen.

    • 9G
      96486 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Objektivität würde zu der Erkenntnis führen, daß das aktuell dominierende Denken gescheitert ist.

      Wer gesteht sich schon ein, daß die eigene Lebenslüge Ursache und Folge des eigenen Scheiterns ist?!

  • Der Maassen hatte auch jahrelang keinerlei Erkenntnisse über die Verbindung von "Reichsbürgern" zu rechtsextremen und Nazi-Strukturen.

    Schon über die Funktion von rechter Musik / "Rechtsrock" bei der Rekrutierung von jungen Menschen für rechte Gruppierungen musste das "Bundesamt für Aktenvernichtung" auch erst von der Antifa aufgeklärt werden.

  • Wozu noch AfD wählen?



    Die Schwerstverbrecher sitzen bereits ganz oben...



    Bald wird der "Deutsche GruSS" wieder zur Normalität in dem Land, wo die Mutter aller Grausamkeiten zu Hause ist.



    Der Tod bleibt ein Meister aus Deutschland!

  • 9G
    99663 (Profil gelöscht)

    sowas kommt von sowas. hätte die oligarchenpresse nicht so dreist und durchschaubar - exemplarisch im fall des umsturzes in der ukraine - agiert, hätte dieses bewusstsein in teilen der öffentlichkeit, massiv manipuliert zu werden, auch nicht von rechts instrumentalisiert werden können.

  • Ich bin weit vom rechten Rand entfernt und verurteile jegliche rechte Hetze.



    Was aber Videos von Hetzjagden angeht, so sieht man in den Medien immer nur den kurzen Clip ("Hase bleib hier...").



    Den kann man aufgrund seiner mangelnden Länge nun breit interpretieren; genauso gut könnte es auch sein, daß hier jemand verjagt wird, der provoziert hat.

    Was ich hingegen schlimm finde, daß ich mir "Beweisvideos" erst selbst aus youtube suchen muss, um mir ein Bild machen zu können.



    Da waren doch genügend professionelle Journalisten unterwegs und haben bestimmt massenhaft Filmmaterial.



    Wo sind dann die Videos, das belastende Material.

    Dem braunen Pack kommst du doch nur bei mit klaren Fakten......

    • @Juhmandra:

      Die Diskussion über Begrifflichkeiten ist jedenfalls eine erfolgreiche Ablenungsstrategie. Zweifel sähen und Focus verlegen. Die Wahrheit ist letztendlich jetzt egal.

    • @Juhmandra:

      Zwei Anmerkungen zu Ihrem Post.

      Es lohnt nicht, Beweisvideos auf Youtube zu suchen. Es gibt wohl kaum eine Plattform, auf der mehr und schamloser gelogen wird. Wenn Sie dort irgendwas gefunden haben, müssen Sie trotzdem erstmal an anderen Orten suchen, ob sich der Wahrheitsgehalt verifizieren lässt. Da können Sie auch gleich woanders suchen, es spart Zeit und Ärger.

      Zum anderen: Dem braunen Pack kann man mit überhaupt nichts kommen, schon gar nicht mit klaren Fakten. Dann erfindet er sich eben "alternative Fakten" oder erklärt einen zum Büttel der "Lügenpresse" oder geht sonstwie in die Verleugnung. Diese Leute sind für Diskussionen nicht zu haben.

      • @Stechpalme:

        Der harte ieologisch besetzte Kern gewiss nicht.

        Ob das stimmt, das weiß ich nicht, aber ich vermute, dass insbesondere diese stark persönlichkeitsgestört ist und destruktive Phantasien auslebt.

        Auf der anderen Seite aber auch die (Menschen), die scheinbar unreflektiert, aber zumindest voreilig, von s.g. Hetzjagd und s.g. Rechten spricht, Menschen (ebenfalls) diffamiert. Erscheint mir auch nicht gesund.

  • Wenn sogar Frau Andrea Nahles die beiden Männer auf dem Foto als ungeeignet für deren Ämter hält, dann muss über personelle Wechsel ernst nachgedacht werden.

    Ob Deutschland weiter nach rechts rücken wird, hängt stark von Politikern ab. Dass heißt aber nicht, dass die gesamte Bevölkerung das akzeptieren würde.

  • Richtig der Präsident des Verfassungsschutzes schützt unsere Verfassung, d.h. auch den Artikel 3 GG:



    "(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner - Rasse, - seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."



    Ohne diese Regelung könnten unsere Politiker den Rassismus nicht pflegen. Auch Hunde haben verschiedene Rassen. In Großdeutschland schützt die AfD einen Verfassungsteil, den wir seit 1945 abschaffen wollten?



    In deren Program für Deutschland steht: "7.1 Deutsche Kultur, Sprache und Identität erhalten" Die Rasse ist die Identität aller Hunde z.B.?

  • Auf dem Foto ist nicht der Diener der Rechten, auf dem Foto sind die Diener der Rechten!

  • Was sollte daran neu sein? Diente das Schreddern der NSU-Akten der Aufklärung? Ich kann mich noch an die Reaktion erinnern. Es hieß, der Fehler war nicht, dass dort Informationen (es ist ein Nachrichtendienst) vernichtet wurden, sondern dass dies publik wurde und sich nicht sämtliche Ämter beteiligten. Das erinnert wiederum an den Abu-Ghraib-Folterskanda. Auch dort wurde bemängelt, dass die Bilder an die Öffentlichkeit gelangten, nicht die Umstände unter denen sie entstanden.

  • Heute im Autoradio (glaube radioeins): der Sprecher erzählt von dem Vorfall und von den diversen Politikern, die Maaßens Rücktritt fordern, weil dieser die Echtheit eines Videos angezweifelt hat, das "Hetzjagden von Rechtsextremen auf Ausländer zeigen soll."



    Hat geklappt, sein Plan...

  • Yep. Der ganze Verfassungsschutz geht gar nicht. Man kommt sich vor wie bei Max Biedermann und die Brandstifter.

  • Vielleicht hätte guter Journalismus geholfen, diese Taktik unwirksam zu machen.

    Die Kritik am Journalismus kommt bei weitem nicht nur von rechts.

  • Zustimmung!



    Ich halte es auch für sehr wichtig, die Rolle der verschwörungs-rechts-esotherischen "Montagsmahnwachen für den Frieden" und deren Protagonisten als Bodenbereiter und deren glübige AnhängerInnen als nützliche Idioten für die neue Rechte klar zu benennen.